12.1 Einleitung

Die demografische und die strukturelle Veränderung der Schweizer Wohnbevölkerung prägt auch den Arbeitsmarkt. Eine Verknappung von Fachkräften besteht bereits bei Schweizer Unternehmen. Die im Vergleich zu früheren Jahren niedrigen Geburtsraten und steigende Lebenserwartung verringern das Potenzial des Arbeitsmarktes. Zurzeit kommt die Generation der Babyboomer in das Pensionsalter. Die Zahl der 20- bis 64-Jährigen, welche 2015 noch 62 % der Schweizer Bevölkerung ausmachten, werden im Jahr 2045 noch 54 % der Bevölkerung bilden (Bundesamt für Statistik BFS, 2015).

In vielen Branchen hat sich die Arbeitswelt seit dem Ausbruch der Pandemie drastisch verändert. Der Lockdown hat viele Unternehmen dazu gezwungen, ihre Arbeitsstrukturen und Arbeitsprozesse zu überdenken. Homeoffice war plötzlich notwendig, Bedenkenträger von Homeoffice wurden eines Besseren belehrt. Flexible Arbeitsmodelle und New Work gewinnen an Bedeutung (Avantgarde-experts.de, 2020).

Die Krise hat die Unternehmen gelehrt, dass Bewältigungsstrategien notwendig sind, um den Herausforderungen der veränderten Arbeitswelt gewachsen zu sein. Bereits in den 70er-Jahren kam die Bewegung New Work auf. Der Begründer von New Work Frithjof Bergmann hat damals deutlich machen können, dass sich die Einstellung zur Arbeit verändern wird. Die Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung werden anstelle von unterdrückender Lohnarbeit ihren Weg von starrer Hierarchie hin zur persönlichen Weiterentwicklung und Entfaltung finden (Avantgarde-experts.de, 2020).

Die technologischen Fortschritte und die künstliche Intelligenz versprechen einen Produktivitätsschub und eine Effizienzsteigerung. Damit könnte ein Teil des demografisch bedingten Arbeitskräftemangels aufgefangen werden (Becher, 2018). Die Digitalisierung ist damit unter anderem ein Grund für den Strukturwandel und die steigende Nachfrage nach Arbeitnehmenden mit hoher Qualifikation (Soceco et al., 2017, S. 119).

Die Digitalisierung wird die Arbeitswelt künftig prägen. Sie eröffnet neue Möglichkeiten zur Gestaltung von Arbeitsmodellen. Arbeitnehmende sind durch die neuen technischen Möglichkeiten grundsätzlich nicht mehr an einen Ort gebunden und können somit ortsunabhängig tätig sein. Dies ermöglicht die Flexibilisierung der Arbeit (Schweizerischer Bundesrat, 2017, S. 3).

Die Bedürfnisse und Forderungen der Arbeitnehmenden verändern sich markant. Flexible Arbeitsbedingungen wie Telearbeit werden besonders von den jungen Generationen erwartet (SRF Schweizer Radio und Fernsehen, 2019). Diese Bedürfnisse können unter anderem durch verschiedenste flexible Arbeitsmodelle befriedigt werden. Örtliche Flexibilität bietet das Homeoffice gleichermaßen wie die Arbeit bei Kunden und unterwegs. Die oben erwähnten, bereits weit verbreiteten zeitlich flexiblen Arbeitsmodelle wie Teilzeitarbeit, Jobsharing, Jahres- und Vertrauensarbeitszeiten sind auf dem Vormarsch (Deloitte AG, 2018).

Die Umsetzung flexibler Arbeitsmodelle stellt für viele Unternehmen eine Herausforderung dar. Deloitte erforschte die Umsetzung dieser Modelle in Büroberufen. Die Erkenntnisse daraus waren ernüchternd: Es zeigte sich, dass die revolutionären Änderungen durch die Unternehmen nicht abschließend gedacht wurden. Gemäß Luc Zobrist, Ökonom bei Deloitte Schweiz, müssen sich Unternehmen bezüglich Raum- und Arbeitskonzeption noch stark weiterentwickeln. Die flexiblen Arbeitsmodelle können ihre Wirkung nur dann entfalten, wenn diese vollständig durchdacht und gelebt werden. Dazu müsse die Unternehmenskultur sowie die Einstellung der Mitarbeitenden und der Führungskräfte aktiv angepasst werden (Deloitte AG, 2018).

12.2 Theoretische Grundlagen

Zunächst wird auf die verwendeten Begrifflichkeiten der unterschiedlichen flexiblen Arbeitsmodelle eingegangen. Im Anschluss werden die Modelle in einen rechtlichen Zusammenhang eingebettet.

12.2.1 Flexibilisierung der Arbeitszeit und des Arbeitsortes

Im betrieblichen Gesundheitsmanagement werden betriebliche Arbeitsmodelle als ein wichtiges Erfolgskonzept zur Gesundheitsvorsorge gesehen. Gesunde Arbeit ist ein wesentlicher Bestandteil der Lebensqualität. Die Verbesserung von Arbeitsbedingungen und somit auch die Arbeitsflexibilisierung tragen hierzu wesentlich bei. Der Begriff der flexiblen Arbeit unterscheidet nach Art der Flexibilisierung.

„Der Begriff der flexiblen Arbeit oder FlexWork fungiert als Sammelbegriff für Beschäftigungsformen, die von herkömmlichen Modellen in den folgenden Kategorien abweichen:

  • Flexible Arbeitszeitmodelle schaffen Gestaltungsspielraum bezüglich der Arbeitszeit, zum Beispiel durch Gleitzeit oder Teilzeit.

  • Mobile Arbeit, Homeoffice und Telearbeit eröffnen größere Freiheit bei der Wahl des Arbeitsortes.

  • Flexible Vertragsmodelle erlauben Arbeitgebern eine höhere Flexibilität bei Schwankungen (zum Beispiel saisonal oder projektbezogen). Beispiele sind Zeitarbeit/Temporärarbeit und Wahlarbeitszeit.“ (Kleine, 2020)

Im Bereich der flexiblen Arbeitszeit werden unterschiedliche Formen betrachtet:

  • Gleitzeitmodell: Im Gleitzeitmodell wird den Mitarbeitenden eine gewisse Freiheit bezüglich der Einteilung der Sollarbeitszeit gewährt. Das Unternehmen bestimmt die Kernarbeitszeit. In dieser Kernarbeitszeit müssen die Mitarbeitenden ihrer Arbeitstätigkeit nachgehen. Die Mitarbeitenden können jedoch frei entscheiden, wann sie den Arbeitstag starten und wann beenden.

  • Vertrauensarbeitszeitmodel: Mitarbeitende mit Vertrauensarbeitszeiten haben ein vorgegebenes Arbeitsergebnis und legen die Erreichung ihrer Arbeitszeit fest. Der Fokus liegt dabei nicht auf der Anwesenheit und deren zeitlicher Erfassung, die bei diesem Modell grundsätzlich hinfällig ist (Lienhart, 2015, o. S.).

  • Teilzeitarbeit: Unter Teilzeitarbeit wird verstanden, dass die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit tiefer liegt als die Normalarbeitszeit. Die Arbeitszeit wird in Prozenten zum Vollzeitpensum definiert.

  • Jahresarbeitszeit: In diesem Modell sollen die Anpassungen der effektiven Arbeitszeiten an die Schwankungen aufgrund der saisonalen oder konjunkturellen Lage vorgenommen werden. Der Ausgleich von Mehr- bzw. Minusstunden erfolgt über ein Jahr hinweg.

  • Lebensarbeitszeiten: Das Modell der Lebensarbeitszeit lässt sich vom Modell der Jahresarbeitszeit ableiten. Der Unterschied liegt im Ausgleich des Zeitensaldos. Im Lebensarbeitszeitenmodell wird der nicht ausgeglichene Zeitensaldo auf ein Langzeitkonto gutgeschrieben. Die angesparte Zeit auf dem Langzeitkonto kann für ein Sabbatical, eine längere Freistellung oder die frühzeitige Pensionierung bezogen werden (Wachter, 2019, S. 13 f.).

  • Jobsharing: Im Jobsharing teilen sich mindestens zwei Arbeitnehmende eine Vollzeitstelle. Die Arbeitsteilung kann durch Festlegung von Halbtagen, Abwechslung nach Wochen oder auch durch Wechsel in der Mitte der Woche erfolgen.

Flexibilisierung des Arbeitsortes

Unter Flexibilisierung des Arbeitsortes versteht man, an welchem Ort der Arbeitnehmer seiner Arbeit nachgeht. Folgende Formen der Telearbeit werden hierbei unterschieden:

  • Teleheimarbeit: Der Mitarbeitende arbeitet hauptsächlich von zu Hause aus.

  • Telearbeitszentrum: Vor allem für Vertriebsmitarbeitende stehen lokale Büros mit der entsprechenden Infrastruktur zur temporären Nutzung zur Verfügung. Üblicherweise sind diese Zentren nicht mit fest zugewiesenen Arbeitsplätzen eingerichtet.

  • Mobile Telearbeit: Wie der Name es bereits sagt, wird bei der mobilen Telearbeit von den Mitarbeitenden die Zeit entweder unterwegs in einem Verkehrsmittel, beim Kunden, in Hotels oder an ähnlichen Orten genutzt, um zu arbeiten.

  • Alternierende Telearbeit: Die alternierende Telearbeit beinhaltet alle oben erwähnten Formen der Telearbeit in Abwechslung zur beruflichen Tätigkeit im Betrieb selbst (Stock-Homburg, 2013, S. 754 f.).

12.2.2 Stellenwert flexibler Arbeitsmodelle und deren Umsetzung in der Schweiz

Die Zeit, in der wir aktuell leben, wird durch Megatrends beeinflusst und verändert. Ein Megatrend lässt sich gemäß dem Zukunftsinstitut dadurch definieren, dass die Entwicklung langfristig standhält und eine prägende Wirkung auf alle Zweige der Gesellschaft sowie der Wirtschaft hat (zit. n. Zölch et al., 2017, S. 15).

Die Megatrends, insbesondere der Megatrend Konnektivität, Individualisierung und New Work haben einen gravierenden Einfluss auf das Human Ressource Management und somit auch auf mobile Arbeitsmodelle (Zukunftsinstitut.de, o. J.).

Der Megatrend der Konnektivität und die zunehmende Digitalisierung ermöglichen neue Lebensstile und Verhaltensmuster. Mit dem Megatrend Individualisierung geht einher, dass die Mitarbeitenden eine stärkere persönliche Wahlfreiheit und individuelle Selbstbestimmung von den Unternehmen erwarten. Die Sichtweise hinsichtlich einer klassischen Karriere verschiebt sich hierbei. Die Sinnhaftigkeit der Arbeit rückt immer weiter in den Vordergrund in Hinblick auf den Megatrend New Work.

New Work hat einen geänderten Einfluss auf die Arbeitsmodelle, wie folgende Zahlen aus den Schweizer Unternehmen belegen:

Die Zahlen der Entwicklung von flexiblen Arbeitsmodellen in der Schweiz lassen davon ausgehen, dass auf der Mikroebene das Interesse an einer Flexibilisierung vorhanden ist.

In Betrachtung des Zeitraums vom Jahr 2010 bis 2018/2019 ist die durchschnittliche Anzahl an Erwerbstätigen und Arbeitnehmenden in der Schweiz gemäß dem Bundesamt für Statistik um ca. 10 % angestiegen. Bei den diversen Arbeitszeitmodellen, welche keinen festen Start- und Endzeitpunkt haben, gab es bis zum Jahr 2018 im Vergleich mit dem Jahr 2010 eine Zunahme von ungefähr 25 %. Über denselben Zeitraum stieg der Anteil der Erwerbstätigen mit einem festen Arbeitsplatz um 10 % an. Größer war jedoch der Zuwachs der Erwerbstätigen, welche den Arbeitsort in der privaten Wohnung, unterwegs oder an mehreren Orten haben. Bei dieser Gruppe stieg der Anteil um 18 %. Die Zunahme bezüglich flexibler Arbeitszeitmodelle und auch jene von flexiblen Arbeitsorten war bei den Frauen ausgeprägter als bei den Männern. Die deutlichste Veränderung gab es jedoch zwischen den Jahren 2010 und 2019 bei der Anzahl Teilzeitpensen. Hier zeichnete sich ein Plus von Teilzeiterwerbstätigen von 27 % ab, die einen Beschäftigungsgrad von unter 90 % haben. Außerdem war der Unterschied zwischen den männlichen und weiblichen Erwerbstätigen am auffälligsten. Die weiblichen Erwerbstätigen in einem Teilzeitpensum verzeichneten eine Zunahme von 20 %. Bei den Männern stieg die Zahl der Erwerbstätigen mit einem Pensum unter 90 % um 50 % an. Knapp 60 % der Teilzeiterwerbstätigen arbeiten in einem Pensum von 20 % bis 69 % (Bundesamt für Statistik, 2019a, 2019b; Bundesamt für Statistik, 2020a).

Die Erwerbstätigen in diesen Pensen gehören unter anderem auch zur Gruppe, die am meisten in einem Jobsharing arbeiten. Arbeitnehmende im Jobsharing sind außerdem oft weiblich, haben Kinder, die jünger als 15 Jahre sind, und arbeiten im Büro, im Bereich Erziehung und Unterricht sowie auch in akademischen Berufen. Im Jahr 2016 waren knapp 4 % aller Arbeitnehmenden in einem Jobsharing tätig (Bundesamt für Statistik, 2020b). Auf dem Schweizer Arbeitsmarkt nimmt zudem die Zahl der Erwerbstätigen mit einem befristeten Arbeitsvertrag zu. Waren es im Jahr 2010 noch rund 6,7 % der Erwerbstätigen, welche sich in einem befristeten Verhältnis befanden, ist dieser Prozentsatz bis ins Jahr 2017 auf rund 8 % angestiegen (Bräunlich Keller, 2018, o. S.).

Es lässt sich somit sagen, dass für Schweizer Arbeitgebende branchenabhängig die Entwicklung der Arbeitsmodelle sehr unterschiedlich sein können.

Für die Einführung und das Bestehen von flexiblen Arbeitsmodellen in der realen Arbeitswelt gibt es verschieden Ursachen. Die alternde Belegschaft sowie der Anstieg des Bedarfs an gut qualifizierten Mitarbeitenden führen dazu, dass Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt rar sind. Daher müssen flexible Arbeitsmodelle ausgebaut werden. Hinzu kommt, dass die Loyalität der Arbeitnehmenden abnimmt und Mitarbeitende öfter ihre Arbeitsstelle wechseln als früher. Mit diesem tatsächlichen und künftig zu erwartenden Fachkräftemangel steigt der Wettbewerb um Talente stetig an und verschärft sich zunehmend (Oertig & Zölch, 2017, S. 78, 79; Weber & Wiek, 2017, S. 218–222). Viele Unternehmen wollen sich demnach mit flexiblen Arbeitszeiten oder Arbeitsorten attraktiv auf dem Arbeitsmarkt positionieren. Zum einen tun sie dies, um erfolgreich zu rekrutieren. Dabei zielt man auch auf neue Rekrutierungspools. Als weiterer Aspekt soll mit flexiblen Arbeitsmodellen auch die Bindung der bestehenden Belegschaft sichergestellt werden (Oertig & Zölch, 2017, S. 83; Bauer & Brauchli, 2017, S. 174). Eine Analyse der Meinung von Beschäftigten im Jahre 2017 hat ergeben, dass die Arbeitszufriedenheit sowie die Mitarbeitendenbindung positiv beeinflusst werden, wenn die Mitarbeitenden über eine höhere Flexibilität verfügen (Rüttgers & Hochgürtel, 2019, S. 224).

Die Flexibilisierung im Bereich der Personalressourcen hat auch weitere Treiber. So führt der durch die Globalisierung steigende internationale Wettbewerb dazu, dass der Flexibilisierungsdruck auf der Seite der Unternehmen steigt. Der Grund dafür liegt vor allem darin, dass in den meisten Unternehmen ein hoher Anteil der Gesamtkosten durch die Personalkosten generiert wird. Als Arbeitgebende zielen die Unternehmen darauf ab, mit der steigenden Flexibilität Schwankungen aufzufangen und die Effizienz zu steigern. Zudem können mit der Flexibilisierung von Arbeit Lohn-, Lohnnebenkosten, Rekrutierungsausgaben und Ausgaben für Aus- und Weiterbildung eingespart werden. Diese Einsparungen sind jedoch stark von Art und Grad der Flexibilisierung abhängig (Oertig & Zölch, 2017, S. 78, 81, 83, 99 f.). Um diese Flexibilisierung innerhalb eines Unternehmens zu erreichen, wird nach der Koordinationsflexibilität und der Ressourcenflexibilität unterschieden (zit. n. Oertig & Zölch, 2017, S. 80):

  • Die Koordinationsflexibilität hat das Ziel, auf effiziente Weise genügend Personal sicherzustellen. Damit dies gelingt, muss die Schwierigkeit der Antizipation des zukünftigen Ressourcenbedarfs bewältigt werden. Um die Personalfixkosten moderat zu halten, werden temporäre Arbeitskräfte eingesetzt, oder Outsourcing wird veranlasst. Die Nutzung von flexiblen Arbeitszeitmodellen ist hierbei eine weitere Option.

  • Bei der Ressourcenflexibilität geht es hingegen um die qualitative Personalplanung sowie die Personalentwicklung. Die Reaktion auf eine Unterkapazität erfolgt dadurch, dass Mitarbeitende aus anderen Bereichen einspringen und andere Funktionen und Aufgaben wahrnehmen, um den Kapazitätsengpass in einem bestimmten Bereich auszugleichen. Eine solche Flexibilität fordert polyvalente Mitarbeitende. Dazu müssen die Arbeit und die Organisation entsprechend gestaltet und Maßnahmen zur Qualifizierung sichergestellt werden. Diese Art der Flexibilität fördert die Mitarbeitendenbindung, indem eine hohe Abwechslung, Herausforderung und Entwicklungsmöglichkeit geboten wird.

Welche Flexibilität zur Anwendung kommt, hat mit der Branche der Unternehmung zu tun. Beispielsweise sind Gastronomiebetriebe oder Unternehmen im Baugewerbe einer großen saisonalen Schwankung ausgesetzt. Diese Unternehmen greifen daher fast traditionell auf die Koordinationsflexibilität mit temporären Arbeitskräften zurück. Weiter ist die Ausrichtung einer Unternehmung bezüglich Flexibilität neben der Branche auch von der Menge und dem Qualifikationsniveau der personellen Ressourcen abhängig (Oertig & Zölch, 2017, S. 79 f., 82).

Aus der Sicht des Mitarbeitenden sprechen unterschiedliche Gründe für die Nachfrage nach flexiblen Arbeitsmodellen. Wesentlich für den Wunsch nach Flexibilität erscheinen die Auswirkungen der sich ändernden Vorstellungen und Werte in der Gesellschaft (zit. n. Spiess, 2017, S. 37). Der Megatrend der Individualisierung hat einen großen Einfluss darauf, dass sich Arbeitnehmende mehr Selbstbestimmung wünschen. Vor allem junge Generationen haben neue Vorstellungen, wie ihre Lebens- und Arbeitsmodelle aussehen sollen. Sie gewichten ihre Work-Life-Balance höher, als dies die früheren Generationen getan haben (Lord, 2017, S. 116; zit. n. Rüttgers & Hochgürtel, 2019, S. 225). Die Arbeitsmodelle sollen sich daher an die unterschiedlichen Lebensphasen anpassen lassen. Dabei besteht das Interesse insbesondere darin, die berufliche Tätigkeit mit den anderen Lebensinteressen in Einklang zu bringen. Diese Interessen können in der Familienphase begründet sein. Auch der Berufseinstieg nach erfolgreichem Abschluss einer Ausbildung oder der schrittweise Übergang in die Pension sind Grundlagen für die Nachfrage nach flexiblen Arbeitsmodellen, die auf eine spezifische Lebensphase zurückzuführen sind. Für andere Arbeitnehmende sind es die finanziellen Gegebenheiten oder der Wunsch, sehr unterschiedlichen Tätigkeiten nachzugehen, die das Bedürfnis nach flexiblen Arbeitsmodellen hervorbringt (Bauer & Brauchli, 2017, S. 174 f.).

Die Gründe der Nachfrage nach flexiblen Arbeitsmodellen erhalten durch die alternde Bevölkerung und das Fehlen von Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt starkes Gewicht. Das Machtverhältnis auf diesem Markt verschiebt sich vom Arbeitgebenden hin zum Arbeitnehmenden (Weber u. Wiek, 2017, S. 221).

12.2.3 Herausforderungen der flexiblen Arbeitsmodelle aus rechtlicher Sicht

Der Wandel zu flexiblen Arbeitsmodellen ist nicht auf Unternehmen und Arbeitnehmende beschränkt. Politisch wird in der Schweiz bereits daran gearbeitet, entsprechende Voraussetzung für flexible Arbeitsmodelle zu schaffen, indem parlamentarische Initiativen und Verbandsaktivitäten ergriffen wurden. Diese haben zum Ziel, das veraltete Arbeitsgesetz an die moderneren Gegebenheiten anzupassen. Priorität dabei hat eine Lockerung der Reglementierung bezüglich Arbeitszeiten und Arbeitszeiterfassung. Kein einfaches Unterfangen, wird doch auch der Arbeitnehmerschutz stets hoch gewertet. Weiter lassen sich solche flexiblen Arbeitsmodelle nur umsetzen, wenn auch das Umfeld mitspielt. Die Herausforderung besteht darin, einen gemeinsamen Nenner aller Anspruchsgruppen zu finden. Kundenbedürfnisse müssen in gleicher Termintreue und Qualität erledigt werden, wie dies ohne flexible Arbeitsmodelle erfolgen würde. Gleichzeitig wird ein gewisses Verständnis von Kundenseite für die neuen Gegebenheiten aufgrund der Umsetzung der besagten Modelle unumgänglich (Wilken, 2017, S. 257 f.; Bauer & Brauchli, 2017, S. 187 f.).

Das geltende Arbeitsgesetz hat seinen Ursprung im industriellen Zeitalter. Für Unternehmen besteht daher die Herausforderung, die jeweiligen flexiblen Arbeitsmodelle rechtlich einzuordnen und eine rechtliche Sicherheit zu gewährleisten. Bezüglich Mobilität im Arbeitsverhältnis sieht das Schweizer Recht keine besondere Regelung vor (Hübscher & Kehl, 2017, S. 197). Das geltende Heimarbeitsgesetz findet bloß Anwendung auf Berufe der Industrie und des Gewerbes. Telearbeit für wissenschaftliche, künstlerische, kaufmännische, technische und weitere Berufe ist durch dieses Gesetz nicht geregelt (Bräunlich Keller, 2018, o. S.). Dies führt dazu, dass Eigentumsverhältnisse, Kosten, Verantwortlichkeiten, Datenschutz, Lizenzen sowie Support und Haftung, um nur einige Punkte zu erwähnen, durch das Gesetz nicht eindeutig geregelt sind. Hinzu kommt, dass die meisten Arbeitsverträge für klassische Arbeitsmodelle ausformuliert wurden und dadurch erhebliche Rechtsunsicherheiten bezüglich der Flexibilisierungen generiert werden (Hübscher & Kehl, 2017, S. 197, 210). Auch PWC Schweiz stellte diesen Widerspruch zwischen dem geltenden Recht und den an sie gestellten Anforderungen und Bedürfnisse der heutigen Dienstleistungsgesellschaft fest (Christian Gartmann, 2017, S. 254 f.).

12.2.4 Herausforderung der flexiblen Arbeitsmodelle aus Sicht der Führung, Technologie und gesundheitlicher Aspekte

Für Führungskräfte ergeben sich gewichtige Herausforderungen bezüglich der flexiblen Arbeitsmodelle (Weber & Wiek, 2017, S. 221 f.). Der traditionelle Kontrollaufwand wird für die Führungskräfte demzufolge minimiert, und sie müssen ihren Mitarbeitenden mehr Gestaltungsraum und Flexibilität ermöglichen (zit. n. Hellert et al., 2019, S. 151).

Sofern Unternehmen und Organisationen sich den neuen Arbeitswelten und flexiblen Arbeitsmodellen stellen, werden auch soziale Aspekte und die Humanisierung der Arbeitswelt vorangebracht. Mit New Work soll sich sowohl die berufliche wie auch die private Selbstverwirklichung verändern.

„New Work braucht einen anderen Typ an Führungskräften. Stichwort: New Leadership beziehungsweise Führung 4.0. Eine Führungskraft in einem Unternehmen, das das Konzept von New Work verinnerlicht, sieht sich längst nicht mehr als eine Kontroll- und Weisungsinstanz, sondern vielmehr als Coach und Moderator. Strenge Hierarchien gehören der Vergangenheit an. An die Stelle von Kontrolle setzen die neuen Führungskräfte Empathie und Vertrauen. Aufgabe der Führungskräfte ist es, die Mitarbeitenden zu Eigenverantwortung zu befähigen und ihnen eine klare Vision vorzuleben. Die Zusammenarbeit geschieht in New Work stets auf Augenhöhe.“ (Avantgarde-experts.de, 2020)

Mit dem Ausbruch von COVID-19 waren viele Führungskräfte und Mitarbeitende gezwungen, sich mit Remote Work auseinanderzusetzen. Der technologische Standard ist eine notwendige Voraussetzung, um mobiles Arbeiten erfolgreich zu gestalten.

Die Gegenseite der Medaille „Technik“ ist jedoch eine Herausforderung. So können konkrete technische Schwierigkeiten die Beschäftigten in ihrem Arbeitsablauf behindern und ihre Produktivität einschränken (zit. n. Hellert et al., 2019, S. 152). Eine weitere Herausforderung besteht in der Sicherstellung der Zugriffe sowie des Datenschutzes. Es darf auf keinen Fall die Möglichkeit geben, dass sich Unberechtigte Zugriff auf die Unternehmensdaten verschaffen. Diese Sicherheit zu gewähren ist Pflicht der Arbeitgebenden. Dafür müssen technisch sowie auch organisatorisch adäquate Maßnahmen ergriffen werden (Hübscher & Kehl, 2017, S. 204).

Im Zuge von Remote Work besteht die Gefahr, dass die Qualität der Kommunikation sinkt (zit. n. Hellert et al., 2019, S. 152). Durch die räumliche oder zeitliche Distanz können Tonfall, Körpersprache oder Mimik oft nicht gleich vermittelt werden. Das kann dazu führen, dass wichtige Informationen nicht ankommen. Zudem wird der Raum für den Ausdruck von Wertschätzung sowohl zwischen den Arbeitnehmenden als auch durch Vorgesetzte genommen (Hellert et al., 2019, S. 147; Ferreira & Menig, 2019, S. 424).

Mit der Einführung von flexiblen Arbeitsmodellen können Konfliktpotenziale entstehen. Ganz grundsätzlich entstehen Konflikte bereits in Bezug auf die unterschiedlichen Bedürfnisse von Arbeitnehmenden und Unternehmen, wie dies von der Migros Aare beschrieben wird. Die Bedürfnisse sind aufgrund der gestiegenen Heterogenität ganz unterschiedlich. Um ein Beispiel zu nennen: Es besteht zum einen das Bedürfnis nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie, und gleichzeitig besteht die Forderung nach einem sinnhaften Aufgabengebiet. Aus Sicht des Unternehmens liegt im vorliegenden Beispiel das Interesse der Migros Aare eher darin, durch die flexiblen Arbeitsmodelle die langen Öffnungszeiten gewähren zu können (Kessler, 2017, S. 235). Die gleiche Herausforderung ist konkret auch durch die PWC Schweiz erläutert worden. Die Branche, in der die PWC agiert, verlangt eine hohe Flexibilität von den Mitarbeitenden. Gleichzeitig wird Stabilität von den Kunden hochgeschätzt. Die potenziellen Mitarbeitenden sind auf dem Arbeitsmarkt rar, und das Unternehmen muss sich durch attraktive Arbeitsbedingungen abheben können. Die steigende Variabilität von Lebensmodellen bringt eine zusätzliche Herausforderung für PWC (Christian Gartmann, 2017, S. 254 f.).

Weiters kann jedoch auch die Umsetzung von flexiblen Arbeitsmodellen zu Herausforderungen innerhalb der Belegschaft führen. Ein Team kann beispielsweise aufgrund von flexiblen Arbeitsmodellen mit einer Mehrbelastung konfrontiert sein, da eine aufwendige Koordination sichergestellt werden muss. Im Rahmen der zunehmenden heterogenen Vertragsverhältnisse innerhalb eines Unternehmens besteht zudem die Herausforderung, den Überblick und die Transparenz nicht zu verlieren. Dies erscheint als wichtig, um bei den Arbeitnehmenden nicht das Gefühl der fehlenden Fairness zu provozieren (zit. n. Oertig & Zölch, 2017, S. 98). Zudem muss das Unternehmen sicherstellen, dass die Mitarbeitenden durch die steigende Flexibilisierung nicht in einen Konflikt bezüglich Rolle, Erwartungshaltung oder Loyalität geraten, weil eine Mehrfachzugehörigkeit besteht oder Aufgaben nicht eindeutig zugeordnet wurden. Fehlende Regulierungen zu den flexiblen Arbeitsmodellen können zu Irritation und Unsicherheit bei allen Arbeitnehmenden führen (Eggenberger, 2017, S. 134–135; zit. n. Hellert et al., 2019, S. 151 f.; zit. n. Hellert et al., 2019, S. 151 f.).

Gesundheitliche Belastungen sind in den letzten Jahren verstärkt zu beobachten. Die neue Arbeitswelt hat sich infolge der industriellen Revolution stark verändert. Seit dieser Veränderung konnte ein beträchtlicher Anstieg der psychischen Belastung festgestellt werden. Es bleibt zu befürchten, dass diese Zunahme weiterhin anhält. Indikator hierfür ist die steigende Anzahl von Krankheitstagen aufgrund psychischer Beschwerden. Für diese Entwicklung sind die zunehmende Arbeitsgeschwindigkeit sowie -verdichtung, der höhere Leistungsdruck, Komplexität und Störungen des Arbeitsablaufes mitverantwortlich. Aufgrund der flexiblen Arbeitsmodelle kommen der Verlust von unmittelbarem Austausch, aber auch die verschwindenden Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit – Belastung und Erholung – hinzu (Schaff, 2019, S. 304 f.). Swissport vermutet, dass die steigende Produktivität langfristig eine Belastung für die Belegschaft darstellen wird (Giesen & Riesen, 2017, S. 228).

12.2.5 Zusammenfassende Erkenntnisse der Theorie

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich die flexiblen Arbeitsmodelle in die Kategorien „Flexibilisierung der Arbeitszeit“ und „Flexibilisierung des Arbeitsortes“ einteilen lassen. Die arbeitsrechtlichen und sozialversicherungstechnischen Voraussetzungen können aufgrund der Theorie die Bedürfnisse der aktuellen Arbeitswelt nicht genügend absichern. Die Megatrends Konnektivität, Individualisierung und New Work prägen die Arbeitsmodelle stark. Die Digitalisierung erscheint von all diesen Megatrends die weitreichendsten Einflüsse auf jegliche Entwicklungen zu haben. Es wurde erläutert, dass diese Entwicklung auch die vierte industrielle Revolution genannt wird, in der Arbeitsprozesse global vernetzter werden, Maschinen untereinander kommunizieren und physische Grenzen bedeutungsloser werden. Die zunehmende Bedeutung von flexiblen Arbeitsmodellen in der Schweiz zeigte sich seit dem Jahr 2010 über alle Arbeitsmodelle hinweg. Oft erfolgt die Umsetzung von diesen Modellen jedoch nicht einheitlich im gesamten Unternehmen. Die Arbeitnehmenden, die durch den demografischen Wandel und die steigenden Anforderungen mehr Marktmacht erhalten, erwarten flexible Arbeitsmodelle.

12.3 Empirische Untersuchung

Auf der Grundlage der Fachliteratur und Studien zu flexiblen Arbeitsmodellen werden die theoretischen Erkenntnisse anhand einer empirischen Untersuchung überprüft.

12.3.1 Forschungsdesign

Folgende Forschungsfragen liegen der empirischen Untersuchung zugrunde:

  • Welche Erfahrungen mit flexiblen Arbeitsmodellen liegen vor?

  • Welche flexiblen Arbeitsmodelle werden in den auserwählten Schweizer Unternehmen präferiert?

  • Welche Arbeitsmodelle sind perspektivisch in den Unternehmen angedacht?

  • Mit welcher Zielsetzung verfolgen die Unternehmen flexible Arbeitsmodelle? Welche Beweggründe zur Einführung liegen vor?

Um die Forschungsfragen beantworten zu können, wurden qualitative Experteninterviews durchgeführt. Das Thema fokussiert auf flexible Arbeitsmodelle im Anstellungsverhältnis. Alle anderen flexiblen Modelle im Auftragsverhältnis, wie beispielsweise Plattformarbeit, Crowdwork, Freelancing etc., sind nicht Teil dieser Arbeit. Es werden zudem grundsätzlich nur Schweizer Arbeitgeber berücksichtigt, welche aktuell die Umsetzung von flexiblen Arbeitsmodellen als möglich erachten und mehrheitlich im deutschsprachigen Raum ihren Sitz haben.

Die Datenerhebung wurde mittels qualitativer Methode durchgeführt. Der Grund für die Wahl der qualitativen Methode liegt darin, dass das Ziel der Arbeit das Beschreiben und Verstehen von Herausforderungen mit der Umsetzung von flexiblen Arbeitsmodellen beinhaltete und nicht primär eine Kausalität erklären wollte. Zudem verlangte die Zielsetzung dieses Textes eine fallorientierte Vorgehensweise, wodurch wenige Fälle von A bis Z durchleuchtet werden sollten.

Es wurden Experteninterviews durchgeführt, um persönliche Wahrnehmungen und Erfahrungen mit der Einführung sowie dem Umgang mit flexiblen Arbeitsmodellen aus Arbeitgebersicht zu gewinnen. Die zu Interviewenden wurden mittels einer bewussten Stichprobenziehung ausgewählt. Die Kriterien für die Wahl sind im Voraus festgelegt worden und erfolgten daher gemäß dem Top-down-Verfahren. Folgende Auswahlkriterien wurden festgelegt:

  • Die zu Interviewenden sind aktiv in einem Schweizer Unternehmen, welches flexible Arbeitsmodelle anbietet oder die Einführung aktuell prüft.

  • Die zu Interviewenden haben aktuell eine Position in der Personalabteilung oder einer naheliegenden Entscheidungsposition bezüglich Arbeitsmodellen inne.

  • Die zu Interviewenden sind verfügbar und erklären sich bereit, in einem Interview zum Thema Stellung zu beziehen.

Die Interviews wurden mit einem halbstandardisierten Verfahren durchgeführt. Dazu wurde ein Interviewleitfaden verwendet, welcher die zu thematisierenden Aspekte sowie Fragen beinhaltete. Diese Form von Interviews ließ dem Interviewenden die Freiheit bezüglich Reihenfolge und Formulierung der Fragen und ermöglichte damit, dass sich die Interviewten frei äußern können. Auf persönliche Einwendungen während des Interviews durch die interviewende Person wurde verzichtet. Die Interviews wurden in mündlichen Einzelinterviews durchgeführt, um Nachfragen zu ermöglichen.

Der Interviewleitfaden beinhaltete eine einleitende Frage, gefolgt von weiteren Leitfadenfragen. Diese Fragen decken die wichtigsten Aspekte der Thematik ab. Eine begleitende Checkliste diente zur Kontrolle, dass alle geplanten Inhalte angesprochen wurden, und enthielt Fragen, die das Ziel hatten, das Gespräch aufrechtzuerhalten.

Potenzielle zu Interviewende wurden Mitte Februar 2020 mittels E-Mail angefragt und über Zweck sowie Vorgehen informiert. Die Durchführung des face-to-face oder telefonisch geführten Interviews erfolgte mehrheitlich im März 2020. Die Face-to-face-Interviews wurden vorzugsweise in Sitzungsräumlichkeiten der zu Interviewenden durchgeführt. Vor Beginn des Interviews wurde die Zustimmung zur Audioaufnahme mittels Mobiltelefons sichergestellt.

Im Folgenden wird eine Übersicht über die interviewten Personen und deren Unternehmen gegeben. Aufgrund der versprochenen Anonymisierung werden keine Angaben gemacht, die Rückschlüsse auf das Unternehmen oder die interviewte Person zulassen würden.

  • Einzelinterview 1: Leitung Human Resources, Baugewerbe/Bau (KMU)

  • Einzelinterview 2: Leitung Personalmanagement, Finanzdienstleistungen (KMU)

  • Einzelinterview 3: HR Business Partner, Landverkehr und Transport in Rohrfernleitungen, Schifffahrt und Luftfahrt (Großunternehmen)

  • Einzelinterview 4: Leitung Personalgewinnung und -betreuung, Finanzdienstleistungen (Großunternehmen)

  • Einzelinterview 5: HR Business Partner, Informationsdienstleistungen (KMU)

  • Einzelinterview 6: Operative Leitung, freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen (KMU)

Die gewonnen Daten wurden in einem ersten Schritt mittels Transkription verschriftlicht. Es wurde eine vollständige Transkription durchgeführt, jedoch sind paraverbale und nonverbale Elemente weggelassen worden. Die Transkription erfolgte in Schriftsprache, obwohl die Interviews in Schweizerdeutsch durchgeführt wurden.

Die Auswertung der Transkription erfolgte mittels einer datenreduzierendenden Methode. Konkret wurde die Inhaltsanalyse verwendet. Damit wurde das Ziel verfolgt, die Inhalte der Rohdaten thematisch reduziert zusammenzufassen. Dafür sind Oberkategorien deduktiv festgelegt worden. Basis dafür bildeten die gewonnenen Erkenntnisse aus den konsultierten Literaturquellen. Die Unterkategorien wurden im Verlauf der Datenanalyse induktiv aus den Rohdaten abgeleitet. Die Textstellen der Rohdaten konnten nach Bestimmung der Oberkategorien mittels Codierung thematisch gekennzeichnet und unter der entsprechenden Kategorie zusammengefasst werden.

Folgende Kategorien wurde genutzt:

  • Oberkategorie Umsetzung mit den Unterkategorien Arbeitsmodelle, Organisation, Gründe,

  • Oberkategorie Herausforderungen mit den Unterkategorien Anspruchsgruppen, Führungskraft, Umsetzung,

  • Oberkategorie Zukunft mit den Unterkategorien flexible Arbeitsmodelle, Optimierung, erwartete Risiken.

12.3.2 Ergebnisse

Entsprechend den theoretischen Definitionen zu flexiblen Arbeitsmodellen wurden von den Interviewten die aktuell praktizierten unterschiedlichen Arbeitsmodelle beschrieben. Bedingt durch COVID-19 wurde ein starker Fokus auf Homeoffice gelegt.

Aktueller Einsatz der Arbeitsmodelle

Von den Interviewten wurden die flexiblen Arbeitsmodelle Gleitzeit, feste Arbeitszeiten, Jahresarbeitszeit, Teilzeit, Jobsharing, Telearbeit und auch das Freelancemodell genannt, die vollständig oder teilweise in den jeweiligen Unternehmen zum Einsatz kommen. Wie in der Abgrenzung des Themas bereits erwähnt, wird nicht weiter auf das Freelancemodell eingegangen. Alle befragten Unternehmen verwenden das Modell der Teilzeitarbeit. Jedoch bestehen in der Umsetzung unterschiedliche Einschränkungen, beispielsweise betreffend die Stellenprozente.

Gleitzeitmodelle sind in allen Unternehmen im Einsatz, wobei ein Großunternehmen dies nur beschränkt in einzelnen Abteilungen zulässt.

Telearbeit wird von fünf der sechs befragten Unternehmen praktiziert. Dabei handelt es sich grundsätzlich um alternierende Telearbeit, wobei häufig nicht alle Mitarbeitenden dazu berechtigt sind.

Jahresarbeitszeiten werden in einem Großunternehmen sowie einem KMU praktiziert.

Jobsharing haben drei der interviewten Unternehmen im Einsatz.

Vier der sechs befragten Unternehmen, drei KMUs und ein Großunternehmen, verwenden vier und mehr der erwähnten Modelle. Die übrigen Großunternehmen beschränken ihre Arbeitsmodelle auf Teilzeit, Gleitzeit, Telearbeit oder feste Arbeitszeit.

Wie bereits aus dem Literaturstudium ersichtlich, bestätigt sich, dass die Modelle oftmals nicht einheitlich im gesamten Unternehmen umgesetzt werden. Die angebotenen Arbeitsmodelle sind bei drei Unternehmen positionsspezifisch, und gewisse Modelle sind nur für Kadermitarbeitende möglich.

Von den Interviewten wurde die Nachfrage der Modelle den unterschiedlichen Segmenten zugeordnet. Einerseits erwähnten zwei KMUs aus der Branche Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen sowie der Branche von Erbringung von Finanzdienstleistungen, dass flexible Arbeitsmodelle für den fließenden Übergang in die Pension zum Thema werden. Darüber hinaus wurde erwähnt, dass die Nachfrage nach flexiblen Arbeitszeiten besonders von den jungen Mitarbeitenden kommt, da sich die Älteren bereits in Positionen befinden, in welchen sie über eine hohe Flexibilität verfügen. Weiters sehen sich zwei Unternehmen mit der Nachfrage von flexiblen Arbeitsmodellen aufgrund von familiären Situationen konfrontiert. Dies sowohl durch die Mutter, welche mit einem Teilzeitpensum zurückkehren möchte, als auch den Vater, welcher einen wöchentlichen Vater-Kind-Tag haben will.

Regulierung der Arbeitsmodelle auf betrieblicher Ebene

Betrachtet man die Organisation in Bezug auf die Regulierung, so lässt sich sagen, dass vier Unternehmen über keine ausreichende Regulierung der unterschiedlichen Modelle verfügen. Das heißt, dass nicht genau geregelt ist, welche Mitarbeitenden Anspruch auf ein bestimmtes Modell haben oder welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um den Anspruch geltend machen zu können. Diese fehlende Regulierung oder, wie eine Interviewte sagt, „fehlende Verankerung in der Strategie“, wird bei all diesen Unternehmen durch Entscheidung des Vorgesetzten aufgefangen. Die Regulierung erfolgt dann in einer individuellen Vereinbarung zwischen Mitarbeitenden und Unternehmen.

Neben der Entscheidung des Vorgesetzten ist in zwei Unternehmen auch die Verfügbarkeit von Büroräumlichkeiten ein Faktor, der in die Entscheidung einfließt.

Des Weiteren erklärte eine Interviewte, dass im Unternehmen bei Teilzeitpensen die untere Grenze auf 40 % definiert ist. Mitarbeitenden dieses Unternehmens ist es daher nicht möglich, ein tieferes Pensum als 40 % wahrzunehmen.

Das Unternehmen der Branche Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen erläutert als einziges Unternehmen den Grundsatz, dass die flexiblen Arbeitsmodelle, welche bei ihnen zur Anwendung kommen, als Standard gelten sollen. „Niemand muss betteln.“ Einschränkungen gibt es zwar für gewisse Positionen oder während bestimmter Projektphasen. Diese sind jedoch klar festgelegt. Das Unternehmen der Finanzdienstleistungen hat eine ähnliche Regelung in Bezug auf das Teilzeitmodell. Grundsätzlich hat in diesem Unternehmen jede Person die Möglichkeit, das Pensum von 80 % statt 100 % zu wählen, sofern dies im Betrieb umsetzbar ist.

Beweggründe zur Einführung flexibler Arbeitsmodelle

Die Gründe der Unternehmen für den Einsatz von flexiblen Arbeitsmodellen sind vielfältig. Der häufigste Grund, der genannt wurde, ist das Bestreben nach erhöhter Arbeitsmarktattraktivität, die aufgrund des aktuell umkämpften Arbeitsmarktes als enorm wichtig wahrgenommen wird. Zwei Unternehmen äußern dazu konkret, dass sie das Angebot von flexiblen Arbeitsmodellen zukünftig als Werbeinstrument einsetzen wollen. Zudem erläutern die beiden Unternehmen aus den Branchen Baugewerbe/Bau und Landverkehr und Transport in Rohrfernleitungen, Schifffahrt, Luftfahrt die veränderten Kundenbedürfnisse sowie die positionsspezifischen Aufgaben, die zu Randzeiten erledigt werden müssen. Diesem Umstand kann durch flexible Arbeitsmodelle besser entsprochen werden.

Herausforderungen bei der Umsetzung von flexiblen Arbeitsformen

Aus den Interviews wurde ermittelt, dass die Interviewten eine Herausforderung bezüglich der unterschiedlichen Ansprüche der verschiedenen Anspruchsgruppen sehen. So äußerte sich Interviewteilnehmende Nr. 2 wie folgt im Zusammenhang mit dem Thema Telearbeit:

„Da sind wir vom Unternehmen in einer Zwickmühle: Was kann man zulassen, dass es noch funktioniert?“ (Interviewpartner 2)

In einem anderen Interview äußert das Gegenüber die Herausforderung, den Bedürfnissen von Mitarbeitenden und Kunden gerecht zu werden. Dies trifft auch auf die geschilderte Schwierigkeit zu, die Absprache und Erreichbarkeit intern als auch mit dem Kunden sicherzustellen. Je nach Modell schätzen dies zwei der interviewten Großunternehmen als problematisch ein.

Das Führungsverhalten spielt in allen Unternehmen eine Schlüsselrolle. Bei der Hälfte der Interviews hat sich jedoch herauskristallisiert, dass Führungskräfte diese Entwicklung nicht sonderlich fördern. Zum einen haben die Interviewten in ihren Unternehmen die Erfahrung gemacht, dass die Führungskräfte sich gegen diverse flexible Arbeitsmodelle aufgrund des Aufwands sträuben. Sie befürchten, dass die Erreichbarkeit unter der Flexibilität leiden könnte, aber auch, dass Organisation, Koordination und Kontrolle an ihnen hängen bleibt. Zum anderen sehen Führungskräfte in der zunehmenden Flexibilität bezüglich Telearbeit und Zeiterfassung einen Kontrollverlust. Diese Erfahrung haben die beiden Interviewten der Großunternehmen in den Brachen Informationsdienstleistungen und Erbringung von Finanzdienstleistungen gemacht. Ein Teil der Führungskräfte zeigt gemäß diesen Aussagen Misstrauen gegenüber den Mitarbeitenden. Es wird nicht darauf vertraut, dass die Mitarbeitenden von zu Hause aus effektiv und effizient arbeiten, ohne nebenbei noch andere Tätigkeiten zu verrichten, oder dass diese die Zeiten korrekt erfassen würden. Weiter fehle das Vertrauen, dass die ihnen unterstellten Mitarbeitenden bei Fragen trotz der zeitlichen oder räumlichen Distanz auf die Führungskräfte zukommen oder die internen Standards des Service erreichen würden. Die Herausforderung bestehe weiter darin, die Führungskräfte bezüglich der Wichtigkeit solcher flexibler Arbeitsmodelle zu überzeugen, damit auch künftig gute und motivierte Mitarbeitende gefunden werden können, wie ein Interviewte erklärte.

Organisation und Rahmenbedingungen zur Umsetzung

Die Organisation und Umsetzung flexibler Modelle schafft für die Unternehmen einen zusätzlichen Aufwand durch Absprachen, Planung, und Kontrolle. Dieser Tatsache stimmen gleich zwei Interviewte aus KMU und Großunternehmen zu. Die verantwortliche Person des KMUs erwähnte zusätzlich die steigende Herausforderung bei zunehmender Anzahl an Teilzeitmitarbeitenden, welche am gleichen Projekt arbeiten. Dieses Unternehmen sehe sich ferner damit konfrontiert, dass nicht jedes Arbeitsmodell mit jeder Funktion vereinbar sei. Zu den Herausforderungen bezüglich Organisation gehört zudem das globale Umfeld. Die einzige interviewte Person, welche in einem Unternehmen mit Hauptsitz außerhalb der Schweiz tätig ist, hadert mit der Schwierigkeit der globalen Durchsetzbarkeit von solchen flexiblen Arbeitsmodellen. Die Entscheidungswege dafür seien schlicht zu lang. Zudem sei dasselbe Unternehmen auch dadurch gefordert, dass ein Headcount-System besteht, bei welchem die Stellen jeweils pro Kopf mit einem 100 %-Pensum bewilligt werden. Stellen sie nun jemanden ein, der nur 60 % arbeitet, verliert die lokale Organisation diese 40 %. Dieses System hemmt die Ausbreitung von Teilzeit- oder Jobsharingmodellen.

Die Unternehmenskultur erwies sich als weitere Herausforderung in der Umsetzung. Diese Herausforderungen sind jedoch heterogener, da sich Unternehmenskulturen schon grundsätzlich voneinander unterscheiden. Ein Interviewter sprach sich im Zusammenhang mit der kompletten Flexibilität der Arbeit wie folgt aus:

Im Unternehmen der Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen wird durch die interviewte Person die Herausforderung darin gesehen, die Hemmschwelle zur effektiven Nutzung zu überwinden. Neue Regelungen bezüglich der Arbeitsmodelle führten vorerst zu Unsicherheit, diese auch zu nutzen und neue Wege der Zusammenarbeit zu entdecken.

Zwei Unternehmen äußerten sich in den Interviews zu Herausforderungen, welche die Regulierung betreffen. Ein KMU sowie ein Großunternehmen sind dadurch herausgefordert, dass die staatlichen Regulierungen die neuen flexiblen Arbeitsmodelle nicht stützten. Die Gesetze lassen gewisse Flexibilisierung gerade in Bezug auf die Arbeitszeiten und -tage nicht zu. Zudem fehlt im Arbeitsgesetz eine konkrete Regelung bezüglich Kostendeckung sowie der Zurverfügungstellung von Arbeitsgeräten wie beispielsweise Drucker und Internet, die auch privat benützt werden. Für das Großunternehmen besteht außerdem die Schwierigkeit, dass Sozialversicherung und steuerrechtliche Gegebenheiten bei ortsunabhängigen Arbeitsmodellen schwierig zu handhaben seien.

Die Interviewten eines Finanzdienstleisters und aus dem Baugewerbe/Bau erwähnten Herausforderungen in Bezug auf die Infrastruktur. Zum einen muss das KMU die gegebenen Räumlichkeiten und deren Auslastung planerisch einsetzen, da gewisse Arbeitsplätze nicht in großer Anzahl zur Verfügung stehen. Dies schränkt jedoch die Flexibilisierung ein. Aus Sicht des Großunternehmens sind die technischen Herausforderungen, welche für die Flexibilisierung von Arbeitsmodellen notwendig sind, zu überwinden. Diese Technik muss einwandfrei funktionieren, und bei der Telearbeit ist es unabdingbar, dass auch zu Hause eine gute Infrastruktur vorhanden sei, damit effizient gearbeitet werden kann.

Als letzter Bestandteil der Herausforderungen in der Umsetzung von flexiblen Arbeitsmodellen kristallisierte sich für zwei Unternehmen der Punkt Fairness heraus. konnte konkret, wie die Belegschaft zuerst reagierte, als in einer Abteilung eine moderate Variante von Gleitarbeitszeiten eingeführt wurden:

„Sie haben links und rechts geschaut und gesehen, dass der eine 15 Minuten früher gehen kann. ‚Wieso kann ich nicht?‘ Diese Frage kam sofort.“ (Angabe Interviewpartner)

Diese Fairness für alle Mitarbeitenden zu gewähren ist eine sehr große Herausforderung, wie dieses Unternehmen sowie ein weiteres Großunternehmen berichten.

Zukunftsperspektiven

Der Stellenwert künftiger flexibler Arbeitsmodelle wird steigen.

Vier der sechs Befragten erwarten einen weiteren Nachfrageanstieg von Mitarbeitenden und Kandidaten nach mehr Flexibilität. Flexible Arbeitsmodelle könnten zum Killerkriterium werden, um gute Arbeitskräfte in genügender Anzahl ansprechen zu können. Zwei Fachpersonen erwarten zudem eine Zunahme im Bereich der Telearbeit. Beispielsweise sieht das Großunternehmen der Finanzdienstleistungsbranche vor, in der Zukunft möglichst alle Mitarbeitenden mit einem mobilen Arbeitsplatz oder entsprechenden Zugriffsmöglichkeiten auszurüsten.

Bezogen auf den zeitlichen Aspekt der Flexibilisierung sieht die Fachperson aus der Finanzdienstleistungsbranche das Thema „gekaufte Ferien“ als bedeutenden Aspekt der Zukunft. Beispielsweise ist für diesen Interviewten vorstellbar, dass zukünftig jeder Mitarbeitende die Möglichkeit haben wird, zehn Tage pro Jahr zusätzlichen Urlaub zu beziehen und zwar in Form von unbezahltem Urlaub. Für einen anderen Interviewten ist es vorstellbar, dass es auf lange Frist möglich sein wird, auch am Sonntag statt an einem Wochentag zu arbeiten, dies jedoch unter dem Vorbehalt, dass stets auch die Interessen der Kunden mitberücksichtigt werden. Teilzeitarbeit soll gemäß einer weiteren Fachperson auch für Führungskräfte in Zukunft Alltag sein. Flexible Arbeitsplätze innerhalb des Unternehmens und eine schlanke Belegschaft mit zusätzlichen temporär Mitarbeitenden werden gemäß zwei Aussagen von unterschiedlichen Personen in naher Zukunft auch auftreten. Diese Modelle wurden jedoch im Zusammenhang mit dieser Arbeit nicht behandelt.

Um die Akzeptanz flexibler Arbeitsformen zu erhöhen, benötigt es nicht immer nur neue Modelle, auch die Umsetzung muss laufend optimiert werden. In den Interviews ließen zwei Befragte durchblicken, dass sie künftig mehr Regulierungen der flexiblen Arbeitsmodelle erwarten. Diese Regulierungen werden die wichtigsten Anhaltspunkte für die Fragen, wann ein Modell angewandt wird oder was eingehalten werden muss, festhalten. Zudem wird von zwei Personen die Optimierung durch eine größere Verbreitung der Modelle in der Praxis erklärt. Dabei sollen die bestehenden Modelle angetrieben werden, und dem Mitarbeitenden soll künftig auch mehr Mitbestimmung über die Flexibilität gewährt werden. Dafür werden dessen Eigenverantwortung und Selbstständigkeit angesprochen.

Als wichtigste Optimierungsmaßnahme der Zukunft sieht jedoch die Hälfte der Befragten die Nutzung der Modelle zur Steigerung der Arbeitsmarktattraktivität.

„Für uns ist es sicher, dass es ein Rekrutierungsinstrument werden muss. Wir kommen nicht darum herum, dies anzubieten. Ob wir wollen oder nicht.“ (s. o.)

Dieser Fakt lässt sich auch durch diese Aussage eines Interviewten stützen.

Neben allen positiven Dingen birgt diese gesamte Entwicklung auch Risiken, wie Verlust von Identifikations- und Zusammengehörigkeitsgefühlen, Gefahr von Vereinsamung und Verlust von sozialer Kontrolle. Zudem erwartet eine Interviewte eine zunehmende Spannung zwischen Kunden- und Mitarbeitendenbedürfnissen.

Reflexion und Ausblick

Als gesamthaftes Bild der aktuellen Situation bezüglich flexibler Arbeitsmodelle ergibt sich aus den Interviews, dass Teilzeitarbeit das am weitesten verbreitete flexible Arbeitsmodell darstellt. In allen befragten Unternehmen gibt es diese Möglichkeit der Flexibilisierung. Auch Gleitzeit sowie Telearbeit, grundsätzlich alternierend (?), wird von den meisten befragten Unternehmen angeboten. Drei Interviewte erklärten, dass bestimmte Arbeitsmodelle bei ihnen ausschließlich positions- oder stufenbezogen möglich sind. Die praktizierten Modelle sind aktuell jedoch aus Sicht der Interviewten meist zu wenig reguliert. Dies führt bei diesen Unternehmen dazu, dass Vorgesetzte Entscheidungsfreiheiten haben. Der Grund für die Flexibilisierung liegt bei der Hälfte der befragten Unternehmen in der angestrebten Arbeitsmarktattraktivität.

Die Herausforderungen der flexiblen Arbeitsmodelle sind gemäß den Interviewten sehr vielfältig. Gegensätzliche Ansprüche diverser interner und externer Anspruchsgruppen, Führungskräfte als Schlüsselfaktor herausfordernd durch fehlendes Vertrauen gegenüber Mitarbeitenden sowie deren Konservatismus aus Angst vor Kontrollverlust, mehr Aufwand und etliche Herausforderung bezüglich der Umsetzungen sind genannte Herausforderungen, mit welchen diese Unternehmen konfrontiert sind. Auch Unternehmenskultur, Regulierung und die Infrastruktur von technischen Gegebenheiten sind Themen. Schlussendlich kristallisierte sich die Herausforderung der Fairness für zwei Interviewte heraus, wobei diese in Bezug auf flexible Arbeitsmodelle im Zusammenhang mit den unterschiedlichen Aufgaben und Anforderungen im Unternehmen nur sehr schwierig zu gewährleisten ist.

Die Interviewten erwarten zukünftig eine weitere Verbreitung der flexiblen Arbeitsmodelle. Die Entwicklung soll aufgrund der steigenden Erwartungen und Anforderungen der Mitarbeitenden und Kandidaten erfolgen. Durch Optimierung der flexiblen Arbeitsmodelle mit zunehmender Regulierung sowie Nutzung der Modelle als Instrument zur Steigerung der Arbeitsmarktattraktivität soll die weitere Verbreitung gestärkt werden. Risiken, welche die Unternehmen in Zukunft aufgrund der flexiblen Arbeitsmodellen erwarten werden, bestehen gemäß Aussagen der Befragten vor allem bei den zwischenmenschlichen Beziehungen und der zunehmenden Spannung zwischen Kunden- und Mitarbeitendenbedürfnissen.

Zwischen Theorie und Empirie ergibt sich bei den Herausforderungen für die Unternehmen in Bezug auf flexible Arbeitsmodelle eine mehrheitliche Übereinstimmung. Heterogenität der Anspruchsgruppen sowie Führungskräfte als Schlüsselposition dienen als Beispiel dafür. Grundsätzlich sind die Herausforderungen der Theorie jedoch vielfältiger, was sich beispielsweise durch die zusätzlichen Blickwinkel auf Arbeitnehmende und Gesellschaft zeigt. als dies gemäß den Interviews der Fall war. Durch die aktuelle Situation mit COVID-19 ist das Modell der Telearbeit stark in den Fokus gerückt.