Schlagworte

Einleitung

In fast allen Lebensbereichen lassen sich technische Geräte finden – sei es der Wecker, der uns morgens weckt, sei es das Smartphone, das uns mit einem nahestehenden Menschen verbindet, oder der Computer, mit dem wir ins Internet gehen. Diese Technologien helfen uns, uns an Termine zu erinnern oder motivieren uns ein gesünderes Leben zu führen. Dennoch gibt es zwischen der jüngeren (unter 65 Jahre) und älteren Bevölkerungsgruppe (65 plus) immer noch Unterschiede in der Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) wie Smartphone, Tablet oder Computer (Chen & Chan, 2011; Pew Research Center, 2017): Ältere Menschen besitzen moderne IKT-Geräte seltener als jüngere Personen.

Auch wenn ältere Menschen von den heute bedeutsamen Technologien insgesamt weniger Gebrauch machen, nimmt die Bedeutung gerade auch von Technologien zur Unterstützung der Gesundheit im Alter zu, da diese technischen Lösungen zu einem selbstbestimmten und gesunden Altern beitragen können (Appelboom et al., 2014; Fang et al., 2018; Levine et al., 2018). Dennoch zeigen aktuelle empirische Ergebnisse, dass Wearables, wie z. B. Gesundheitsarmbänder und Fitnesstracker sowie Gesundheitsapplikationen auf Smartphones und Tablets, zwar immer wichtiger werden, dass aber auch diese technischen Lösungen von älteren Menschen seltener eingesetzt werden als von jüngeren – z. B. zur Aufzeichnung und Überwachung ihrer körperlichen Bewegung (Seifert et al., 2017).

Der vorliegende Beitrag bespricht die erwähnte Techniknutzung – insbesondere die Nutzung moderner IKT-Technologien wie z. B. die des Smartphones, des Tablets sowie der gesundheitsbezogenen Wearables anhand einer repräsentativen Befragungsstudie aus der Schweiz, in der mehr als 1000 Personen ab 65 Jahren zu ihrer IKT-Nutzung befragt wurden (Seifert et al., 2020). Hierbei soll der Schwerpunkt auf die Nutzung mobiler Geräte und Gesundheitsapplikationen gelegt werden, um die Nutzung der modernen Technologien im Kontext von Bewegung und Fitness im Alter zu beleuchten.

Techniknutzung im Alter

Technische Geräte gehören seit jeher zum Alltag des Menschen. Dennoch zeigt sich, dass gerade ältere Personen seltener als jüngere neuere technische Geräte benutzen, insbesondere jene aus dem Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT). Jüngere Menschen leben heute ganz selbstverständlich in einer digitalen Lebenswelt, was mit einer intensiven Nutzung des Computers, des Smartphones und des Internets einhergeht. Anders ist es bei älteren Personen, die mit diesen Technologien nicht groß geworden sind und somit weniger Berührungspunkte damit haben (Schmidt & Wahl, 2019). Oftmals fehlen ihnen die nötigen Technikkompetenzen oder sie sehen keinen direkten Vorteil im Erlernen des Umgangs mit diesen für sie neuen technischen Geräten (Pelizäus-Hoffmeister, 2013).

Zu dieser geringeren Nutzung tragen nicht nur altersbedingte Einschränkungen bei, sondern teilweise ist dafür auch ein Mangel an Technikerfahrungen verantwortlich; häufig sehen ältere Menschen auch keinen direkten Vorteil im Erlernen des Umgangs mit den für sie neuen technischen Geräten (Seifert, 2016). Dies ist problematisch, da moderne Kommunikationsmittel und andere IT-Anwendungen ein erhebliches Potenzial gerade auch zur Kompensation alterskorrelierter körperlicher, sozialer und kognitiver Einschränkungen bergen (Antonucci et al., 2017; Cotten, 2017; Czaja, 2017; Forsman & Nordmyr, 2017; Hofer, 2017).

Im Alter kann sich die körperliche Funktionsfähigkeit verändern und die Nutzung von Technik eingeschränkt bzw. erschwert sein (Claßen et al., 2014). So können altersbedingte körperliche Beeinträchtigungen (z. B. Seh- oder Höreinbußen oder taktile Einschränkungen) oder kognitive Defizite z. B. die Nutzung des Computers erschweren (Hargittai & Dobransky, 2017). Darüber hinaus können auch sozioökonomische Ressourcen eine Rolle spielen, wenn z. B. ein Internetanschluss aufgrund geringer finanzieller Mittel im Rentenalter nicht finanziert werden kann (Pilgram & Seifert, 2009).

Außerdem können personenbezogene Hemmnisse bestehen, wenn z. B. technische Herausforderungen Angst machen (Nimrod, 2018). Wird die Lerndynamik bei älteren Menschen berücksichtigt (Lindenberger et al., 2011), bedeuten die technologischen Veränderungen nicht nur ein „Neuerlernen“ im Alter, sondern zudem ein „Erlernen“ unter erschwerten kognitiven Bedingungen. Dies führt dazu, dass neue Verhaltensweisen zeitintensiv neu erlernt werden müssen, wobei zudem häufig die Motivation für eine Auseinandersetzung mit der neuen Technik fehlt, da sich die Personen zum Teil sagen: „Es lohnt sich ja nicht mehr in meinem Alter.“

Neben den möglichen altersbedingten Beeinträchtigungen sollte auch die biografische Technikerfahrung berücksichtigt werden. Da jede Generation mit unterschiedlichen technischen Geräten groß geworden ist bzw. sozialisiert wurde, können – je nach Geburtskohorte – verschiedene Technikgenerationen voneinander abgegrenzt werden. Sackmann und Winkler (2013) unterscheiden hierbei die frühtechnische Generation (Personen, die vor 1939 geboren wurden), die Generation der Haushaltsrevolution (Personen, geboren 1939–1948), die Generation der zunehmenden Haushaltstechnik (geboren 1949–1963) sowie die Computergeneration (geboren 1964–1980). Darüber hinaus konnten die Autoren empirisch bestätigen, dass sich eine neue Technikgeneration entwickelt hat, die sogenannte „Internetgeneration“ (geboren nach 1980) (Sackmann & Winkler, 2013).

Heutige ältere Menschen wurden in ihrer Jugend eher durch analoge Massenmedien wie den Fernseher und das Radio sozialisiert; sie haben den Computer oder das Mobiltelefon erst als Erwachsene kennengelernt.

Nachfolgend sind wichtige Einschränkungen bzw. Barrieren der IKT-Nutzung im Alter noch einmal zusammenfassend aufgelistet:

  1. 1.

    Mögliche altersbedingte Einschränkungen

    1. a)

      Sehbeeinträchtigungen (insbesondere erst im Alter auftretende Sehbehinderungen, welche die Nutzung von Technik z. B. durch eine zu kleine und wenig kontrastreiche Schrift oder durch zu filigrane Bedienelemente einschränken

    2. b)

      Hörbeeinträchtigungen (insbesondere mit dem Alter zunehmende Höreinbußen, die eine akustische Wahrnehmung z. B. von multimedialen Inhalten erschweren)

    3. c)

      Körperliche Beeinträchtigungen (z. B. eine eingeschränkte Geschicklichkeit mit den Händen bzw. eine eingeschränkte Feinmotorik, die etwa die Maussteuerung erschwert)

    4. d)

      Kognitive Einschränkungen (z. B. Schwierigkeiten, multiple, zeitlich aufeinanderfolgende Aufgaben zu lösen, Verlangsamung und Begrenzung der Aufnahme neuer Informationen, Konzentrationsschwierigkeiten, Gedächtnislücken)

  2. 2.

    Mögliche sozioökonomische und soziale Einschränkungen

    1. a)

      Ökonomische Ressourcen (fehlende finanzielle Mittel zur Technikanschaffung bzw. -nutzung sowie zur Kompetenzaneignung)

    2. b)

      Soziale Ressourcen (fehlende Unterstützung aus dem sozialen Umfeld für das Erlernen und Nutzen technischer Anwendungen)

  3. 3.

    Techniksozialisation

    1. a)

      Technikbiografie (ältere Menschen sind in ihrer Jugend oder im Berufsleben weniger mit Smartphone und Tablet-Computer sozialisiert worden)

    2. b)

      Technikumfeld (ältere Menschen sind nach ihrer Pensionierung nicht mehr unbedingt auf technische Gerätschaften (z. B. Computer) aus ihrem Berufsalltag angewiesen; es besteht damit kein berufsbedingter Druck zur Technikanwendung)

  4. 4.

    Technikeinstellung

    1. a)

      Technikangst (aufgrund der geringeren Technikerfahrung haben ältere Menschen zum Teil Angst, neue Techniken anzuwenden oder etwas „kaputt zu machen“)

    2. b)

      Nutzenabwägung (ältere Menschen bewerten eine neue Technologie stark nach deren direktem Nutzen für sich selbst; demnach müssen Hard- und Software den Nutzenerwartungen entsprechen)

Neben der Anwender*innen-Seite, also jener Seite, die durch die älteren Personen repräsentiert wird, die neuste Technologien zu nutzen, können Barrieren auch auf der Angebotsseite vorhanden sein. Es kommt insbesondere dann zu einer Behinderung etwa bei der Internetnutzung, wenn beispielsweise keine alternativen Zugänge bereitgestellt werden. Dies ist der Fall, wenn z. B. der Text auf Webseiten oder in Applikationen nicht vergrößert werden kann, oder Inhalte alternativ nicht auch akustisch vermittelt werden können (Seifert et al., 2016). So sollten Anbieter von z. B. Gesundheitsinformationen auf Webseiten ihre Inhalte so aufbereiten, dass auch ältere Menschen diese Seiten benutzerfreundlich nutzen können. Dies betrifft z. B. die Übersichtlichkeit der Seiten, die Lesbarkeit und die Benutzerfreundlichkeit der Navigation. Diese Orientierung auf die älteren Nutzenden sollte auch bei der Entwicklung neuer technischer Lösungen berücksichtigt werden. Werden z. B. Gesundheitstechnologien oder Gesundheits-Apps für ältere Menschen entwickelt, sollten deren Bedürfnisse hinsichtlich dieser Technologien erhoben und Techniken nicht über deren Wünsche hinweg entwickelt werden (Czaja et al., 2019). Dabei müssen solche technischen Entwicklungen nicht zwangsläufig auf Produkte hinauslaufen, die nur für ältere Menschen entwickelt wurden; vielmehr sollten auch hier allgemeine Richtlinien für gutes Design angewendet werden, damit diese „nicht nur“, sondern „auch“ für ältere Personen nutzbar sind (Darvishy et al., 2017).

Mobile Gesundheitstechnologien im Alter

Gesundheit ist für alle Menschen ein wichtiges Lebensthema – und das nicht nur im Alter. Technologien zum umfassenden Vermessen und „Monitoren“ (Überwachen) von Vitalwerten werden heute beim Thema Gesundheitsbewahrung stärker diskutiert – auch weil Technik generell unseren Alltag immer stärker durchdringt und es kaum noch Lebensbereiche gibt, die nicht durch technische Hilfsmittel begleitet sind. Die Anzahl der Personen, die sich heute mit Fitnesssensoren, Schrittzählern, Smartwatches und Applikationen (Apps) auf Smartphones und Tablets über ihre Körperdaten und damit über ihre Gesundheit informiert, steigt stetig (Swan, 2012).

Mobile Technologien wie das Smartphone haben den Prozess der Vermessung, des Monitorings und der Dokumentation digitalisiert und für jedermann günstig und einfach anwendbar und interpretierbar gemacht (Appelboom et al., 2014). Gesundheits-Apps, wie beispielsweise Kalorienzähl-, Fitness- oder Allergie-Apps, erfreuen sich großer Beliebtheit, auch unter den älteren Personen (Preusse et al., 2017; Rasche et al., 2018; Sill et al., 2019; Steinert et al., 2018).

Eine Studie (Seifert et al., 2017) aus der Schweiz konnte z. B. bei 1013 Personen ab 50 Jahren das Vorhandensein von Fitnessarmbändern, Smartwatches und Gesundheits-Apps auf Smartphone und Tablet erheben. Die telefonische Befragungsstudie zeigte, dass 11 % ein Fitnessarmband nutzen, 7 % eine Smartwatch, 45 % ein Tablet und 62 % ein Smartphone. 26 % der Personen, die eine Smartwatch haben, nutzen diese täglich, um ihre Bewegungen und Aktivitäten aufzuzeichnen. Von den Personen, die ein Tablet oder Smartphone besitzen, gaben 15 % an, dass sie damit täglich ihre Bewegung messen. Zusätzlich gaben 16 % der Smartphone- und Tablet-Besitzer an, dass sie täglich mit einer App ihr generelles Wohlbefinden messen. Wiederum 13 % dokumentieren ihr Essverhalten und/oder ihr Gewicht, und 4 % nutzen ihr Tablet oder Smartphone zur Kontrolle der Medikamenteneinnahme. Die Studie zeigt, dass insbesondere „jüngere“ unter den befragten Personen ab 50 Jahren sowie Männer und Personen mit einer hohen Technikaffinität die neuen Formen der Gesundheitssensoren und Gesundheits-Apps nutzen. Für die Nutzung solcher Technologien wurden verschiedene Gründe angegeben. So möchten die Befragten beispielsweise kontrollieren, wie viel sie sich täglich bewegen und wie fit sie sind, aber sie möchten sich auf diese Weise auch motivieren, sich so zu verhalten, dass sie gesund bleiben. Weniger, aber mit 20 % der Nennungen dennoch nicht zu vernachlässigen, wurden Gründe des sozialen Austausches genannt. Zu diesen Gründen gehören einerseits die Option, seine eigenen Daten mit Freunden zu vergleichen, und andererseits die Möglichkeit, die selbst erhobenen Daten mit der Hausärztin bzw. dem Hausarzt auszutauschen (Seifert et al., 2017).

Die selbst gesammelten Gesundheitsdaten dienen dazu, das eigene Leben und Verhalten zu analysieren, neue Zusammenhänge zu erkennen und bessere Entscheidungen im Sinne einer besseren Gesundheit und eines gesteigerten Wohlbefindens zu treffen (Seifert & Meidert, 2018). Dies kann beispielsweise das Ermitteln einer ausreichenden Bewegung sein, eines erholsameren Schlafes oder einer guten Work-Life-Balance (Dobkin & Dorsch, 2011). Ziel der Datensammlung ist meist eine angestrebte Verhaltensänderung, um Defizite zu korrigieren und den eigenen Lebensstil zu optimieren (Drewnowski et al., 2003). Dieser Trend wird auch als „Quantified Self Movement“ (Swan, 2013) bezeichnet. Bei der Selbstvermessung mit „Quantified Self (QS)“-Technologien misst sich eine Person aktiv mit Geräten und Applikationen selbst, um aufgrund der Analyseresultate Wissen zu generieren, das dazu beiträgt, ihren Lebensstil und ihr Verhalten in den Bereichen Fitness, Wellness oder Gesundheit zu optimieren (Meidert et al., 2018).

Die Selbstvermessung mit mobilen Geräten wie dem Smartphone oder Fitnessarmbändern hat große Hoffnungen in den Bereichen der der Gesundheitsförderung und Prävention geweckt. Denn diese kann Personen bei gesundheitsrelevanten Verhaltensänderungen unterstützen, Gesundheitsparameter beobachten lassen und die Gesundheitskompetenz fördern (Dobkin & Dorsch, 2011; Meidert et al., 2018). Insbesondere für ältere Personen (Personen kurz vor dem sowie im Pensionsalter) gewinnt die konkrete Gesundheitsüberwachung an Bedeutung, weil chronische Erkrankungen und Multimorbidität im Alter zunehmen (Jindai et al., 2016; WHO, 2015).

So kann beispielsweise den durch einen ungesunden Lebensstil mit verursachten chronischen Erkrankungen wie Diabetes Typ 2 oder Herz-Kreislauferkrankungen durch eine gesunde und ausgewogene Ernährung sowie eine regelmäßige moderate Bewegung entgegengewirkt werden; dieses Gesundheitsverhalten kann dann durch technische Lösungen begleitet und unterstützt werden (von Storch et al., 2018). Mit Selbstvermessungstools scheint dabei das zu gelingen, was viele Gesundheitsförderungs- und Präventionskampagnen immer schon versucht haben: der Sprung von der „Eigentlich weiß ich das”-Einstellung zur konkreten Verhaltensänderung (Meidert et al., 2018).

Ältere Personen könnten auch von innovativen Ansätzen einer individuellen Messung und individuellen Interventionsplanung profitieren, wenn sie ihre mit dem Smartphone oder dem Fitnessarmband selbst erhobenen Gesundheitsdaten mit ihren Ärztinnen und Ärzten teilen (Seifert et al., 2018). Für das Individuum würde sich hieraus ein Mehrwert ergeben, da der Datenaustausch auch die Entwicklung individualisierter gesundheitsbezogener Interventionen ermöglichen würde. So könnten beispielsweise nach einem Spitalaufenthalt die vor dem Spitaleintritt per Fitnessarmband aufgezeichneten Gesundheitsdaten dem Patienten und den behandelnden Ärzten helfen, individuell zu beurteilen, wie sich der Spitalaufenthalt (z. B. Bewegungsmuster vor und nach dem Aufenthalt) ausgewirkt hat und welche Aktivitäten im Alltag des Patienten als angenehm bewertet werden.

Gerade mobile Alltagsgeräte wie das Smartphone haben dabei den Vorteil, dass sie durch ihre mittlerweile große Verbreitung und die integrierten Sensoren sowie die teilweise fix installierten Gesundheits-Apps vielen Personen den Zugang zur Selbstvermessung ermöglichen, so auch älteren Personen. Wie oben beschrieben, ist bekannt, dass ältere Personen neuere mobile Technologien wie das Smartphone weniger nutzen als jüngere Personen. Wie sieht jedoch die Nutzung und Akzeptanz von technisch unterstützten Selbstvermessungstechnologien bei älteren Personen tatsächlich aus? Diese Frage soll im weiteren Verlauf anhand von Daten aus der Schweiz besprochen werden.

Ergebnisse der Schweizer Studie „Digitale Senioren“

Mit dem Interesse, mehr von der älteren Personengruppe hinsichtlich ihrer IKT-Nutzung zu erfahren, initiierte die Schweizer Fachorganisation für Altersfragen – Pro Senectute Schweiz – 2009 erstmals eine repräsentative Befragungsstudie (Schelling & Seifert, 2010). 2014 konnte diese Studie mit einer zweiten (Seifert & Schelling, 2015) und 2019 mit einer dritten Befragung (Seifert et al., 2020) fortgesetzt werden. Geleitet und durchgeführt wurden die Befragungsstudien jeweils durch das Zentrum für Gerontologie der Universität Zürich. Die hier vorliegenden Ergebnisse beziehen sich auf die Ergebnisse aus dem Jahr 2019 und damit die dritte Befragung innerhalb der Trendstudie „Digitale Senioren“ (Seifert et al., 2020).

Mittels einer repräsentativen telefonischen und postalischen Erhebung in der gesamten Schweiz wurden bei insgesamt 1149 Menschen ab 65 Jahren Informationen zu ihrer Person, ihrem Technik- und Mediennutzungsverhalten sowie ihren Einstellungen gegenüber digitalen Dienstleistungen erhoben. Es konnten sowohl Personen befragt werden, die das Internet nutzen, als auch Personen, die das Internet nicht selbst nutzen. Grundgesamtheit ist die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz ab 65 Jahren. Die Befragung erfolgte in den Monaten August/September 2019. Es konnten insgesamt 1149 Personen ab 65 Jahren in allen Sprachregionen der Schweiz (Deutschschweiz: 779; Romandie: 261; Tessin: 109) vollständig befragt werden. Von den befragten Personen wurden 717 Personen telefonisch (CATI Methode)Footnote 1 erreicht und 432 postalisch. Bei den telefonischen Befragungen wurde eine sehr gute Brutto-Response-Rate von 42.6 % erreicht, bei der postalischen Befragung eine Ausschöpfung von 22.1 %.

Die Stichprobe enthält 51 % Frauen und 49 % Männer. In der vorliegenden Stichprobe sind die jüngsten Personen (aufgrund der methodischen Festlegung) 65 Jahre alt, die älteste befragte Person ist 101 Jahre alt. Im Durchschnitt sind die befragten Personen 74 Jahre alt (Frauen: 74, Männer: 73). Gesundheitliche Probleme und die Untervertretung von Personen in Kollektivhaushalten im Telefonverzeichnis dürften dafür verantwortlich sein, dass Bewohner/innen von Alters- und Pflegeeinrichtungen in der Stichprobe mit etwa 5 % gegenüber 10 % in der Bevölkerung ab 65 Jahren geringer vertreten sind. Alle weiteren Angaben zur Stichprobe können der Originalpublikation (Seifert et al., 2020) entnommen werden.

Allgemeine Technikeinstellung

Die Einstellung zu Technik ist ein wichtiger Faktor bei der Erklärung von Unterschieden in der Techniknutzung. Gerade älteren Menschen wird in der öffentlichen Wahrnehmung oft zugeschrieben, dass sie sich weniger für (moderne) Technik interessieren bzw. eine negativere Einstellung zu Technik hätten und diese deshalb weniger nutzten. Eine andere Erklärung ist, dass die Anwendung von Technik und Technologien weniger direkt mit dem persönlichen Nutzen verbunden wird. Darüber hinaus wird häufig auch angenommen, dass älteren Menschen die Bedienung moderner technischer Geräte schwerer falle (Seifert & Doh, 2016).

Die Befragung in der Schweiz zeigte, dass Aussagen wie „Der technische Fortschritt muss immer weiter gehen“ und „Ohne technische Geräte könnte ich mir mein Leben nicht mehr vorstellen“ von den befragten Personen ab 65 Jahren eher positiv bewertet werden. Der ersten Aussage wurde von 57 % der Befragten eher oder völlig zugestimmt; nur 6 % lehnen diese völlig ab. Männer stimmen dieser Aussage eher zu (67 %) als Frauen (46 %). Auch der Bildungsstand (r = .089, p = .004) und das Einkommen (r = .157, p < .001) nehmen hier einen signifikanten Einfluss: Personen mit einer höheren Bildung bzw. einem höheren Einkommen stimmen der Aussage zum technischen Fortschritt eher zu als Personen mit einem geringeren Bildungsstand bzw. Personen mit einem geringeren Einkommen. Hinsichtlich des Alters ergeben sich keine signifikanten Zusammenhänge.

Die zweite Aussage, „Ohne technische Geräte könnte ich mir mein Leben nicht mehr vorstellen“, wurde auch von 57 % der befragten Personen als zutreffend bewertet. Interessant ist, dass hier das Geschlecht keine signifikant erklärende Variable ist – beide Geschlechter bewerten diese Aussage ähnlich. Jedoch zeigt sich hinsichtlich des Alters eine signifikant negative Beziehung (r = −.097, p = .001): Jüngere Personen stimmen dieser Aussage eher zu als ältere Personen. Hinsichtlich der Bildung und des Einkommens zeigen sich ähnliche Zusammenhänge wie bei der ersten Aussage zur Technikeinstellung, indem auch hier Personen mit höherem Bildungsstand/Einkommen der zweiten Aussage eher zustimmten.

Eine weitere Aussage im Themenfeld Technikeinstellung lautete „Die zunehmende Digitalisierung hat mehr Vorteile als Nachteile für die Gesellschaft“. Mit dieser Aussage sollte insbesondere die digitale Transformation des Alltags mitberücksichtigt werden. Diese Aussage wurde eher ambivalent beantwortet. So sehen 37 % der befragten Personen mehr Vorteile als Nachteile (gemessen an „stimme eher bzw. völlig zu“), aber immerhin 21 % sehen auch eher Nachteile als Vorteile (gemessen an „lehne eher bzw. völlig ab“). Dass die Digitalisierung ambivalent, also mit Vor- und Nachteilen, wahrgenommen wird, zeigt sich an der hohen Anzahl (42 %) von Personen, die hier die Mitte (3) gewählt haben. Hinsichtlich des Alters der befragten Personen ergibt sich keine signifikante Korrelation, jedoch sehen Männer (41 %) etwas mehr Vorteile in der Digitalisierung als Frauen (33 %). Hinsichtlich des Bildungsstands und des Einkommens zeigt sich, dass Personen mit einem höheren Bildungsstand (r = .071, p = .022) und einem höheren Einkommen (r = .130, p < .001) eher der Aussage zustimmen, also mehr Vorteile darin sehen.

Die Einschätzung des eigenen Technikinteresses konnte anhand der Aussage „Ich interessiere mich sehr für neue technische Dinge“ erhoben werden. Bei dieser Aussage sind sich die befragten Personen nicht so stark einig, es zeigen sich stärkere Varianzen im Antwortverhalten: 40 % stimmen dieser Aussage eher oder völlig zu und 29 % lehnen diese Aussage eher oder völlig ab. Jüngere Personen stimmen dieser Aussage eher zu als ältere Personen (r = −.134, p < .001). Männer stimmen der Aussage zur Technikaffinität deutlicher zu als Frauen (53 % der Männer stimmen der Aussage eher oder völlig zu, aber nur 28 % der Frauen). Damit verbunden zeigt sich auch eine positive Korrelation zwischen der Zustimmung zu dieser Aussage und dem Bildungsstand (r = .209, p < .001) bzw. dem Einkommen (r = .223, p < .001). Dies bedeutet, dass Personen mit einer höheren Bildung und Personen mit einem höheren Einkommen eher technikaffin sind. Personen, die angaben, dass sie sich für neue technische Dinge interessieren, stimmen auch eher der ersten Aussage zum technischen Fortschritt (r = .400, p < .001) sowie der zweiten Aussage zur Alltagsrelevanz von Technik (r = .354,, p < .001) zu.

Neben dem Technikinteresse konnte mit einer weiteren Aussage („Die Bedienung moderner technischer Geräte ist für mich schwierig“) erhoben werden, ob die befragten Personen viele Probleme bei der Bedienung von modernen technischen Geräten haben. Es zeigt sich hier ein ähnlich differenziertes Bild wie bei der vorhergehenden Aussage zum Technikinteresse: 39 % stimmen der Aussage eher oder völlig zu; 32 % lehnen die Aussage eher oder völlig ab. Auch bei dieser Aussage lassen sich Zusammenhänge mit Alter, Geschlecht, Bildungsstand und Einkommen nachzeichnen, indem Männer, jüngere Personen, Personen mit einem höheren Bildungsabschluss und Personen mit einem höheren Einkommen am ehesten die Aussage ablehnen; sie empfinden die Bedienung von neuen technischen Geräten häufig als einfach.

IKT-Gerätenutzung

Innerhalb der Befragung konnte die Nutzung diverser IKT-Geräte, die heute in fast allen Haushalten zu finden sind, abgefragt werden. Von den befragten Personen ab 65 Jahren gaben 96 % an, dass sie mindestens einen Fernseher im Haushalt haben, nur 4 % haben keinen Fernseher. Von den Personen, die angaben, einen Fernseher zu besitzen, schalten ihn 86 % täglich ein, 11 % tun dies nur wöchentlich und der Rest seltener (siehe Abb. 1). Ein Radio nutzen 91 % der befragten Personen, davon 76 % täglich.

Abb. 1
figure 1

Nutzung von IKT-Geräten

Ein Festnetztelefon besitzen und nutzen 83 % der befragten Personen. Ein klassisches Mobiltelefon, also kein Smartphone, nutzen 44 % der Befragten. Ein weiteres IKT-Gerät, das heute in fast allen Haushalten zu finden ist, ist der Computer. Dieser steht auch in den meisten Haushalten der älteren Bevölkerungsgruppen: So besitzen und nutzen 74 % einen solchen Computer oder einen Laptop. Dennoch zeigt sich hier auch ein Unterschied beim Alter: So sind Personen, die einen Computer besitzen, im Durchschnitt jünger (72 Jahre) als Personen, die keinen Computer besitzen (78 Jahre).

Das Smartphone ist in den letzten Jahren zu einem wichtigen mobilen Alltagsgerät für die Informationssuche und Kommunikation geworden. Dass das Smartphone nun auch breit in der älteren Bevölkerung angekommen ist, zeigt die Anzahl von 69 % Nutzer/-innen. Auch wird das Smartphone in der Regel täglich (81 %) genutzt (siehe Abb. 1) und ist mittlerweile auch bei der Altersgruppe der 85-Jährigen und Älteren zum Teil angekommen (25 % Nutzerinnen/Nutzer). Dennoch zeigt sich ein deutlicher Altersunterschied: So sind die Personen, die ein Smartphone nutzen, im Durchschnitt jünger (72 Jahre) als die Personen, die kein Smartphone nutzen (78 Jahre).

Dieser Altersunterschied zeigt sich auch bei der Nutzung des Tablets (72 Jahre zu 75 Jahre), dennoch nutzen in der gesamten Gruppe bereits 43 % ein solches Tablet. Männer nutzen häufiger ein Smartphone als Frauen; bei der Tabletnutzung besteht dahingegen kein signifikanter Unterschied zwischen Männern und Frauen. Hatten 2014, bei der letzten Befragung, 32 % der befragten Personen ein Smartphone und 26 % ein Tablet, so gibt es heute bereits 69 % Smartphone-Nutzer/-innen und 43 % Tabletnutzer/-innen. Dies entspricht fast einer Verdoppelung.

Eher seltener bis gar nicht genutzt werden in der gesamten älteren Schweizer Bevölkerung moderne Wearables wie Fitnessarmbänder oder Smartwatches. Dennoch sind auch hier Anstiege in der Nutzung zu vermuten, gerade auch wegen des mit den Fitnessarmbändern (z. B. Schrittzähler, GPS-Uhr, Fitnesstracker) verbundenen Nutzens in der Gesundheitskontrolle und -motivation (siehe Einleitung). Dennoch nutzen auch aktuell nur 8 % ein Fitnessarmband und auch nur 3 % eine Smartwatch; dies ist also ein eher geringer Anteil (siehe Abb. 1). Andererseits verwenden 56 % der Fitnessarmbandnutzer/-innen und 61 % der Smartwatch-Nutzer/-innen ihre Geräte täglich.

In letzter Zeit gewinnen sprachgesteuerte Assistenzen an Bedeutung. Diese mit dem Internet verbundenen Geräte ermöglichen eine sprachgesteuerte Informationssuche und Kommunikation im Haushalt. Zu den bekanntesten Geräten gehören z. B. Amazon Echo (Alexa), Apple HomePod (Siri) oder Google Home („Okay Google“). Diese Geräte werden immer beliebter, werden aber von der älteren Bevölkerung – zumindest nach den Ergebnissen der Schweizer Befragungsstudie – kaum genutzt: Nur 7 % greifen zu einer solchen Sprachassistenz in ihrem Haushalt (siehe Abb. 1). Im Vergleich mit den Fitnessarmbändern sind dies jedoch ähnliche Zahlen, was anzeigt, dass Sprachassistenzen in kurzer Zeit dennoch zumindest teilweise Verbreitung gefunden haben. Auch ist erkennbar, dass einige Personen (8 %) sprachgesteuerte Assistenzen im Haushalt haben, die sie selbst zwar nicht nutzen, vielleicht aber deren Partnerin/Partner oder Mitbewohnende. Auch hier zeigt sich ein Unterschied beim Alter: So sind die Nutzerinnen von solchen Sprachassistenzen im Durchschnitt jünger (72 Jahre) als die Nichtnutzer/-innen (74 Jahre).

Internetnutzung

Neben der Nutzung von technischen Geräten konnte innerhalb der Schweizer Befragungsstudie auch die Internetnutzung abgefragt werden. In der realisierten Stichprobe konnten 922 Personen (80.2 %) als Onliner (Personen, die das Internet nutzen) definiert werden, und 227 Personen (19.8 %) als Offliner (Personen, die das Internet nicht nutzen). Werden nur die Personen berücksichtigt, die das Internet mindestens mehrmals pro Woche nutzen, können noch 70.1 % der befragten Personen ab 65 Jahren in der aktuellen Erhebung als Onliner definiert werden. 60.4 % der Internetnutzer/-innen sind täglich online, 27.0 % mehrmals pro Woche, 9.0 % mehrmals pro Monat und 3.6 % seltener.

Onliner und Offliner unterscheiden sich statistisch bedeutsam hinsichtlich des Alters und des Bildungsstands. Onliner sind meist jünger und weisen einen etwas höheren Bildungsstand auf als Offliner. Neben diesen Merkmalen sind es vor allem die Technikaffinität, die Bedienungsleichtigkeit und die Nutzenbewertung, die eine Internetnutzung bedingen. Personen, die neue technische Geräte interessant finden (Technikaffinität), weniger Schwierigkeiten mit der Bedienung von neuen technischen Geräten angeben und mehr Nutzen im Internet sehen (eine positivere Einstellung zum Internet im Allgemeinen vorweisen), sind eher Onliner als Offliner.

Ein Vergleich der drei bisher durchgeführten Befragungsstudien (2009, 2014 und 2019) zeigt auf, dass sich der Anteil der Onliner in der Altersgruppe 65 plus deutlich erhöht hat. Werden die gewichteten Daten (nach Alter, Geschlecht, Bildung und Sprachregion) der ersten und letzten Erhebungen berücksichtigt, ist der Anstieg deutlich erkennbar: So steigt die Anzahl der Onliner von 37.8 % auf 74.2 %. Die Differenz zwischen beiden Werten entspricht etwa 36 Prozentpunkten bzw. einem relativen Anstieg um 96 %, also fast einer Verdoppelung.

Dennoch kann auch mit der letzten Befragung aus dem Jahr 2019 gezeigt werden, dass nicht alle älteren Personen das Internet nutzen. Dabei zeigt sich die starke Altersabhängigkeit der Internetnutzung auch in der aktuellen Erhebung: Nutzen bereits 95.9 % der 65–69-Jährigen das Internet, sind es nur 38.5 % bei den Personen ab 85 Jahren. Es ist deutlich zu erkennen, dass in der aktuellen Befragungsstudie fast alle unter 75-Jährigen das Internet nutzen, wobei gerade bei Personen ab 80 Jahren die Nutzung noch mäßig ist.

Neben der stationären Internetnutzung gewinnt die mobile Internetnutzung, also die Nutzung des Internets unterwegs z. B. mithilfe eines Smartphones oder Tablets, immer mehr an Bedeutung. Dies zeigt auch die vorliegende Studie, die darlegt, dass von den Onlinern bereits 70.2 % das Internet auch mobil nutzen. Von den Personen, die das Internet auch mobil nutzen, tun dies 31.4 % täglich, 29.8 % mehrmals pro Woche, 15.8 % mehrmals pro Monat und 23.0 % nutzen es seltener.

Wird gefragt, was im Internet genutzt wird, wird deutlich, dass es sich eher um allgemeine Informationssuchen und Kommunikationsmöglichkeiten handelt: Mit jeweils fast 100 % wird die Liste angeführt von den Punkten allgemeine Informationssuche und E-Mails senden und empfangen, gefolgt von den Items Chatten/Telefonieren, Navigation und Abrufen von Fahrplan- und Reiseinformationen. Danach folgen – mit jeweils zwischen 50 % und 65 % Nutzungsanteilen – die Aspekte Informationssuche zu Gesundheitsthemen, Onlinebuchungen, das Lesen von Zeitungen und das Internetbanking. Von weniger als 50 % genutzt werden Angebote wie Onlineservices von Ämtern, der Kauf von Waren und Streamingdienste. Von weniger als 30 % werden Angebote wie Onlinespiele, soziale Netzwerke und der Verkauf von Waren wahrgenommen. Mit 13 % Nutzungshäufigkeit bilden das Kommentieren, Diskutieren und Eintragen von Blogbeiträgen im Internet das Schlusslicht.

63.7 % der befragten Onliner ab 65 Jahren geben an, das Internet für Gesundheitsthemen zu nutzen. Werden die Offliner gefragt, ob sie eine solche Anwendung auch interessant finden und nutzen würden, bejahen 32.3 % dies. Demnach ist die Suche nach Gesundheitsthemen im Internet nicht nur eine aktuell viel genutzte Möglichkeit, sondern auch etwas, das Personen, die das Internet bisher nicht nutzen, reizen würde.

Um mögliche Hindernisse bei der Internetnutzung und damit Gründe für eine Nichtnutzung zu beleuchten, wurden die Offliner nach konkreten Gründen für ihr Verhalten gefragt. Am häufigsten geben die Offliner folgende Gründe an: Kompliziertheit der Benutzung (77 %), Sicherheitsbedenken (74 %) und zu hoher Aufwand beim Erlernen (65 %). Daneben wird aber auch von mehr als 60 % jeweils angegeben, dass eine andere Person Informationen im Internet abruft (65 %) oder dass kein persönlicher Nutzen erkannt wird (61 %). Die anderen Gründe werden seltener genannt, wobei auch die fehlende Unterstützung von immerhin 37 % als Grund für die Nichtnutzung des Internets angegeben wird. Die Faktoren Kosten und gesundheitliche Probleme werden nur von 20–29 % genannt.

Nutzung von und Interesse an Gesundheits-Apps

Ein Aspekt, der bei der aktuellen Befragung berücksichtigt worden ist, ist der Fokus auf Gesundheitsapplikationen, also auf Apps auf mobilen Geräten (z. B. Smartphone, Tablet), die genutzt werden können, um gesundheitsrelevante Informationen zu erfassen, zu speichern und auszutauschen. Diese Gesundheitsapplikationen könnten insbesondere für ältere Menschen von Bedeutung sein, wenn es z. B. darum geht, präventiv oder therapeutisch den Gesundheitszustand zu kontrollieren und sich motivieren zu lassen, diesen zu verbessern (Seifert & Meidert, 2018).

Werden die Onliner (Personen, die das Internet nutzen) gefragt, ob sie bereits Gesundheits-Apps genutzt haben bzw. ob sie diese interessant finden, zeigt sich, dass vor allem Fitness-Apps und Krankenkassen-Apps genutzt werden, auch wenn diese mit 18 % und 13 % nicht sehr verbreitet sind (siehe Abb. 2). Selten bis kaum genutzt werden Apps zur Messung oder Speicherung von Vitalwerten (5 %), Apps zur Kommunikation mit Ärzten/Ärztinnen (2 %) oder zur Erinnerung an die Medikamenteneinnahme (1 %). Dennoch gibt es auch einige Onliner, die diese Apps zwar nicht selbst nutzen, aber interessant finden (siehe Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Nutzung von Gesundheits-Apps

Werden die Verteilungen der Nutzungshäufigkeiten hinsichtlich des Alters miteinander verglichen, zeigt sich bei den Onlinern, dass Personen im Alter von 65 bis 79 Jahren alle Formen von Gesundheitsapplikationen (bis auf Apps zur Kommunikation mit behandelnden Ärzten) häufiger nutzen als ältere Personen (siehe Tab. 1).

Tab. 1 Gesundheits-Apps .

Die Offliner wurden gefragt, ob sie solche Gesundheits-Apps einmal ausprobieren würden. Die Präferenzliste unterscheidet sich hier schon etwas von den tatsächlichen Nutzungszahlen der Onliner: So sind bei den Offlinern Fitness-Apps weniger gefragt, dafür aber Krankenkassen-Apps und Apps zur Medikamentenkontrolle (siehe Tab. 1). Dennoch ist das generelle Interesse an solchen Gesundheits-Apps bei den Offlinern eher auch als zurückhaltend zu bewerten. Hinsichtlich des Alters lassen sich – bis auf die Krankenkassen-Apps (hier sind mehr jüngere als ältere Personen interessiert) – keine signifikanten Unterschiede erkennen (siehe Tab. 1).

Einflussfaktoren auf die Nutzung von Gesundheits-Apps

Werden alle Onliner, die mindestens eine der fünf vorgestellten Gesundheits-Apps (siehe vorheriges Kapitel) nutzen, zusammengezählt, können wir von 263 Personen (22.9 %) ausgehen, die aktuell gesundheitsrelevante Apps verwenden. Wird nun geschaut, wie sich diese Personengruppe von den restlichen befragten Personen unterscheidet, wird deutlich, dass es vorwiegend jüngere Personen, Personen mit einem höheren Einkommen, Personen mit einem höheren Technikinteresse und Personen sind, die weniger Bedienungsschwierigkeiten bei modernen technischen Geräten angeben (siehe Tab. 2). Hierzu wurde eine binäre logistische Regression gerechnet (Modellgüte: Nagelkerkes R2 = .131, Chi-Quadrat = 82.813; p < .001, N = 898).

Tab. 2 Regressionsanalyse mit Nutzung von Gesundheits-Apps (1 = Nutzung, 0 = keine Nutzung) als abhängige Variable

Anhand der Regressionsanalyse ergibt sich für den Gruppenvergleich (Gesundheits-Apps-Nutzende vs. Gesundheits-Apps-Nichtnutzende) folgende Interpretation: Ein höheres kalendarisches Alter reduziert die relative Wahrscheinlichkeit, Gesundheits-Apps zu nutzen; jedoch kann hier nicht von einem linearen Zusammenhang gesprochen werden. Personen, die über ein höheres Einkommen verfügen, nutzen Gesundheits-Apps eher als Personen mit einem niedrigeren Einkommen. Die Werte der unabhängigen Variablen Technikinteresse und Bedienungsschwierigkeiten können folgendermaßen interpretiert werden: Statistisch gesehen haben Personen, die ein Interesse an Technik aufweisen, und Personen, die weniger Schwierigkeiten mit der Bedienung neuer technischer Dinge angeben, eine höhere relative Wahrscheinlichkeit, Gesundheits-Apps zu nutzen im Vergleich zu Personen, die weniger Technikinteresse haben oder Personen, die mehr Benutzungsschwierigkeiten bei technischen Geräten angeben.

Damit wird auch deutlich, dass die Nutzung von Gesundheits-Apps nicht nur vom Alter der Personen abhängt, sondern auch vom Technikinteresse der Personen. Es sind damit heute vorwiegend „jüngere“ ältere Personen mit einer hohen Vorliebe für neue Technologien, die sich mit der digitalen Gesundheitsvermessung beschäftigen. In Anlehnung an Rogers‘ (2010) Diffusionstheorie von Innovationen sind dies „Early Adopters“, die sich durch Neugier für Technik und eine Vorreiterschaft auszeichnen. Im Sinne von Rogers kann daher ein Anstieg der Nutzungszahlen in Zukunft durch Diffusion der Selbstvermessungstechnologien bei älteren Menschen erwartet werden.

Datenaustausch mittels Gesundheits-Apps

Innerhalb der Schweizer Befragungsstudie wurde nicht nur nach der Nutzung von Gesundheitsapplikationen gefragt, sondern auch danach, ob die befragten Personen bereit wären, ihre gesundheitsbezogenen Daten mit Dritten über die App (bzw. über das Internet) zu teilen. Ziel war es, herauszulesen, ob eine Bereitschaft zum Datenaustausch besteht und welchen Personengruppen dabei mehr vertraut wird. Die Daten könnten z. B. geteilt werden, um individuelle Therapien empfehlen zu können. Dazu würden diese Daten eben mithilfe mobiler Apps personalisiert erfasst und an die behandelnden Ärzte weitergeleitet werden.

Bei den Onlinern sind 47.8 % eher bzw. voll und ganz bereit, ihre Daten mit der (Haus-)Ärztin bzw. dem (Haus-)Arzt zu teilen; wiederum 32.5 % wären bereit, ihre Daten mit der öffentlichen Forschung zu teilen und 29.5 % sind bereit, ihre gesundheitsrelevanten Daten ihrer Krankenversicherung zur Verfügung zu stellen. Bei den Offlinern, also jenen, die bisher noch keine Gesundheitsapplikationen nutzen, sieht diese Priorisierung ähnlich aus: 35.8 % würden ihre Daten mit der ärztlichen Seite teilen, 24.5 % mit der Forschungsseite und 28.0 % mit der Krankenkassenseite. Demnach wird bezüglich der Datennutzung der Ärztin bzw. dem Arzt am meisten vertraut – jeweils mehr als den Krankenkassen.

Es ist zu erkennen, dass Onliner insgesamt eher bereit wären als Offliner, ihre Daten zu teilen. Wird hinsichtlich des Geschlechts der befragten Personen unterschieden, wird bei den Onlinern deutlich, dass Männer bei allen Adressaten eher bereit wären als Frauen, ihre Daten zu teilen. Bei den Offlinern zeigt sich dieser Unterschied statistisch signifikant nur bei der Forschung: Hier sind auch mehr Männer als Frauen bereit, ihre Daten der öffentlichen Forschung zur Verfügung zu stellen. Bei Personen, die jünger bzw. älter als 80 Jahre alt sind, und bei Personen, die einen guten bzw. schlechten Gesundheitszustand angeben, zeigen sich keine signifikanten Unterschiede.

Personen, die angegeben hatten, bereits viele Gesundheitsapplikationen zu nutzen, sind auch eher bereit, ihre Daten zu teilen als jene, die nur wenige Gesundheitsapplikationen nutzen (Korrelation: r = .129, p < .001). Demzufolge sehen jene Personen, die bereits ausgiebiger gesundheitsbezogene Applikationen nutzen, vermutlich auch mehr Vorteile im Datentausch.

Fazit und Ausblick

Die Ergebnisse der vorgestellten Schweizer Befragungsstudie konnte das gesellschaftlich wichtige Thema der Techniknutzung im Alter am Beispiel der Nutzung von modernen IKT-Geräten, Wearables und Gesundheitsapplikationen mit repräsentativen Daten bereichern.

Der Vergleich mit den bisherigen zwei Befragungsstudien aus der Schweiz zeigt, dass die generelle Nutzung von modernen mobilen Geräten, wie dem Smartphone oder dem Tablet, in der Bevölkerungsgruppe der 65-Jährigen und Älteren stark angestiegen ist. Dennoch liegen diese Zahlen noch immer hinter der Nutzung innerhalb der jüngeren Bevölkerungsgruppen zurück.

Innerhalb der Befragungsstudie konnte auch die Nutzung von Fitnessarmbändern und Gesundheitsapplikationen (Apps z. B. auf Smartphone und Tablet) erforscht werden. Es zeigt sich, dass bisher nur wenige dieser gesundheits-bezo genen Wearables und Apps genutzt werden. Am häufigsten werden Fitness-Apps und Krankenkassen-Apps verwendet, wenn auch von weniger als 20 %. Nur sehr selten werden z. B. Apps zur Erinnerung an die Medikamenteneinnahme eingesetzt. Generell ist die Nutzung von Gesundheits-Wearables und -Apps eher zurückhaltend bzw. ist hier noch viel Potenzial zu erkennen. Auch wenn diese gesundheitsbezogenen Apps selten herangezogen werden, sind die heutigen Nutzer/-innen, zumindest 48 % von ihnen, bereit, ihre selbst erzeugten und aufgenommenen Gesundheitsdaten mit ihren Ärztinnen und Ärzten zu teilen. Daraus lassen sich auch zukünftige Potenziale für die Nutzung der Telemedizin (bzw. eHealth/mHealth) erkennen.

Die geringe Verbreitung von spezifischen Gesundheits-Apps dürfte unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass über die Validität und Reliabilität der Messungen und Interventionen oft nichts bekannt ist (Meidert et al., 2018). Die allermeisten Apps und Wearables gehören zu den Konsumprodukten. Medizinprodukte, bei denen die Reliabilität und Validität garantiert wird, sind derzeit erst wenige auf dem Markt. Auch ist der nachhaltige Erfolg der erhofften motivationalen Veränderungen umstritten (Free et al., 2013). Es bedarf daher theoretisch fundierter Gesundheits-Apps, die sowohl den Patienten als auch den Gesundheitsfachpersonen ein brauchbares Instrument an die Hand geben.

Auch stellt sich die Frage, inwieweit ein nachhaltiger Effekt auf das Gesundheitsverhalten von älteren Menschen tatsächlich zu beobachten ist oder ob die Fitnessarmbänder bald ihren Reiz verlieren. Dennoch liegt gerade im Austausch mit Gesundheitsfachpersonen ein großes Potenzial, individualisierte Analysen von selbst erhobenen Daten für Interventionen bei Patienten hervorzubringen (Seifert et al., 2018).

Quantified-Self-Anwendungen bieten nicht nur Vorteile und Potenziale für ein gesundes Leben, sondern bergen auch Risiken. Neben ungenauen Messungen und einer manchmal zweifelhaften inhaltlichen Qualität tauchen Fragen zum Datenschutz bei vielen frei verfügbaren Geräten und Apps auf. So werden Daten beispielsweise oft nicht verschlüsselt übermittelt, zusammen mit Daten zur Person in Clouds gespeichert und sogar zweckentfremdet bzw. verkauft – ohne das Wissen der Nutzer/-innen (Meidert et al., 2018). Solche berechtigten Bedenken bezüglich der Qualität und des Datenschutzes sind es denn auch, die eine Diffusion dieser Technologien insbesondere bei älteren Menschen hemmen. So konnte eine Studie aus Deutschland aufzeigen, dass insbesondere ein Mangel an Vertrauen, Datenschutzbedenken und die Angst vor Fehldiagnosen ältere Personen davon abhält, Gesundheits-Apps zu nutzen (Rasche et al., 2018).

Technische Hilfsmittel wie ein Fitnessarmband oder eine Smartwatch können das persönliche Gesundheitsverhalten „sichtbar“ machen und dazu motivieren, sich gesund zu verhalten. Dennoch sollten bei allen Potenzialen und Nutzungsmotiven Datenschutzbedenken und andere ethische Vorbehalte nicht vernachlässigt, sondern diskutiert werden. Das Datensammeln sollte nicht aus einem sozialen Druck oder gar aus dem Druck der Krankenversicherungen heraus entstehen, einen „gläsernen Menschen“ zu schaffen.

Vielmehr sollten ältere Menschen nach ihren Bedürfnissen und Wünschen in Bezug auf den Technikeinsatz befragt und ethische Rahmenbedingungen eingehalten werden (Kricheldorff et al., 2017; Remmers, 2019). Für die Forschung ist es hier wichtig, sich mehr einzubringen und aufzuzeigen, warum es wichtig ist, Technologien und Apps zu entwickeln, die gerontologisch und gesundheitstheoretisch begründet sind und eine nachhaltige und längerfristige gesundheitsbezogene Motivation bei den Nutzerinnen und Nutzern ermöglichen. Die zukünftige Aufgabe liegt demnach darin, Apps und Armbänder zu entwickeln, die individualisierte Interventionen ermöglichen und die Bedürfnisse der älteren Zielgruppe berücksichtigen (Seifert et al., 2019).

Abschließend sollte noch einmal betont werden, dass die gewollte Nichtnutzung von digitalen Angeboten (z. B. Gesundheitsthemen im Internet suchen oder Nutzung von Gesundheits-Apps) oder neuesten Technologien, wie z. B. dem Smartphone oder den Fitnessarmbändern, durch ältere Personengruppen akzeptiert werden sollte. Es sollte vermieden werden, dass diese Personen zunehmend von der Gesellschaft (und damit auch von allfälligen allgemeinen Informationen und Dienstleistungen) ausgeschlossen werden. Es sollten auch weiterhin Alternativzugänge zu Informationen und Dienstleistungen (z. B. der klassische Arztbesuch oder der Besuch einer Selbsthilfegruppe bei chronischen Erkrankungen) erhalten bleiben, sowie Schulungen und Einführungen im Umgang mit neuen technischen Dingen angeboten werden – z. B. von Firmen, die solche digitalen Lösungen zur Verfügung stellen.

Die Zivilgesellschaft sollte für mögliche Schwierigkeiten älterer Menschen im Umgang mit neuster Technik sensibilisiert sein, damit diese nicht als „Randgruppe der Gesellschaft“ aus dem technisch geprägten Alltag ausgeschlossen werden. Auch wenn in Zukunft eine weitere Annäherung der Nutzungszahlen zwischen den Generationen zu erwarten ist, ist dennoch davon auszugehen, dass es immer einen Nutzungsunterschied zwischen älterer und jüngerer Bevölkerung geben wird. Immer neuere und teilweise „kompliziertere“ Techniken und Technologien werden den zukünftigen Alltag bestimmen und damit auch in Zukunft eine Herausforderung gerade für ältere Menschen darstellen, womit das Thema der vorliegenden Arbeit auch weiterhin ein gesellschaftlich wichtiges bleibt.