Die Mitgestaltung der Arbeitswelt erfordert Autonomie und Selbstbestimmung im Berufswahlprozess. Die Erweiterung der politischen Bildung um die Berufsorientierung als Querschnittsmaterie stellt aus bildungspolitischer Sicht einen wichtigen Schritt dar. Trotz der nachweisbaren Tendenz hin zu höheren Bildungsabschlüssen und Berufswünschen mit höherqualifizierteren Bildungswegen, auch unter Jugendlichen aus nicht-akademischen Haushalten, hat die empirische Studie gezeigt, dass das soziale Umfeld den größten Einfluss auf Bildungs- und Berufsaspirationen hat. Als Berufsorientierungsmaßnahme steht die Praxiserfahrung im Mittelpunkt, denn Vorbilder und Erfahrungsberichte aus der Praxis werden von den Viertklässler*innen der Sek I in Wien als ausschlaggebend für die Berufswahl betrachtet. Wichtig ist dabei eine Berufsorientierung, die es den Jugendlichen ermöglicht, sich ein Bild über Berufe sowohl innerhalb als auch außerhalb des eigenen unmittelbaren sozialen Umfeldes zu machen. Die Eigenrecherche im Internet und Nutzung von sozialen Medien, die zur Praxis der Jugendlichen gehört, wenn es um die Informationsbeschaffung zu Berufs- und Bildungswegen geht, stellt die Berufsorientierung vor neue Herausforderungen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Bildungsinstitutionen.

Eine subjektorientierte Berufsorientierung in der Pflichtschule, die den individuellen Lernprozess der Schüler*innen (Butz 2008) berücksichtigt, wird als richtungsweisend für künftige didaktische Überlegungen und eine Ausrichtung der Berufsorientierung gesehen. Die Berufsorientierung nimmt dabei eine wichtige Rolle innerhalb der politischen Bildung ein, da sie die Grundlage für eine aktive Teilhabe am sozialen und ökonomischen Leben darstellt. Darüber hinaus stellt eine institutionalisierte Berufsorientierung die Möglichkeit für junge Menschen dar, sich unabhängig von Herkunft, Gender und Schulform mit gesellschaftspolitischen Themen auseinanderzusetzen und gleichzeitig die eigene Rolle im sozioökonomischen Gefüge zu reflektieren. Die Entfaltung der eigenen beruflichen Identität wird dabei als wichtiger Bestandteil des Bürger*innenbewusstseins gesehen.

Aus der vorliegenden Studie ergeben sich auch für die künftige Forschung weiterführende Fragen. Die Studie hat gezeigt, dass eine subjektorientierte Berufsorientierung im Zentrum künftiger Überlegungen stehen sollte. Es stellt sich somit die Frage, wie eine individuelle Förderung an den Bildungs- und Berufsübergängen allgemein gestaltet werden kann. Was kann getan werden, um die Vielfalt an Berufswünschen unter den AHS-Schüler*innen und PTS-Schüler*innen zu fördern, da diese die geringste Varietät an Berufswünschen aufgewiesen haben?. Vor dem Hintergrund des erweiterten Arbeitsbegriffs für die berufliche Orientierung sind nicht nur die Vorstellungen der Jugendlichen zu ihrer beruflichen Zukunft, sondern auch zu ihrer Lebensplanung insgesamt von Interesse. Wie stellen sie sich beispielsweise ihr Leben in zehn Jahren vor: In welcher Lebensform möchten sie leben? Sehen sie sich als Eltern? Wie wird die Erziehungs- und Fürsorgearbeit aufgeteilt? In welchem Verhältnis stehen Beruf, Freizeit und Familie zueinander?