1 Einleitung

Studierende zeigen Vielfalt in einer Vielzahl an persönlichen Merkmalen. Hattie (2015) fand in einer Synthese von Metaanalysen für den tertiären Bildungssektor, dass es die Merkmale von Studierenden sind, die mit über 50 % den mit Abstand größten Varianzanteil am Lernen aufklären. Die Heterogenität von Studierenden ist daher ein wesentlicher Punkt, wenn es um Fragen von Studienerfolg geht. Heterogenität hat dabei viele Facetten; betrachtete Merkmale von Lernenden können beispielsweise demografischer, kognitiver, motivationaler, (bildungs-)biografischer oder sozioökonomischer Art sein.

Das vorliegende Kapitel fokussiert als studiengangsspezifische Arbeit in seinen Forschungsfragen und Auswertungen auf die heterogenen Voraussetzungen von Mathematikstudierenden des gymnasialen Lehramtes und ihre Auswirkungen auf ihren Studienerfolg und Studienverlauf. Beigetragen werden soll so zu Grundlagen für die Diskussion von Zielsetzungen, Ideen und Konzepten zur Weiterentwicklung der fachmathematischen Lehramtsbildung.

2 Studienerfolg und Studienverlauf

Studienerfolg kann aus verschiedenen Perspektiven betrachtet und unterschiedlich operationalisiert werden. Als Kriterien kommen beispielsweise Studiennoten, Studienabschluss, Studiendauer, Studienzufriedenheit, Abbruchneigung und Berufserfolg in Betracht (Trapmann 2008).

Es zeigen sich, bezogen auf die fachwissenschaftlichen Studiengänge, hohe Studiengangwechselquoten in Mathematik (Dieter 2012) und hohe Studienabbruch- und Schwundquoten in mathematisch-naturwissenschaftlichen Studiengängen ingesamt (Heublein und Schmelzer 2018). Besonders hoch ist die Abbruchquote mit 54 % im Fach Mathematik (Heublein und Schmelzer 2018). Für Lehramtsstudiengänge liegt die fachübergreifende Studienabbruchquote bei lediglich 15 % (Heublein und Schmelzer 2018). Leistungsprobleme bzw. Überforderung stellen über alle Studiengänge hinweg den bedeutendsten Grund für Studienabbruch dar, in besonders deutlichem Maße trifft dies für den MINT-Bereich zu (Heublein et al. 2017). Rach und Heinze (2013) vermuten, dass Probleme im Lehramtsstudium Mathematik auf mangelnde Passung zurückzuführen sind. Auf die Notwendigkeit wechselseitiger Adaption von Lernenden und Lehrangebot weist der CHE Diversity Report hin (Berthold und Leichsenring 2012). Dass Adaption nicht nur auf Seiten der Studierenden notwendig ist, sondern auch auf Seiten der Institution, darauf weisen insbesondere für mathematisch-naturwissenschaftliche Studiengänge Ulriksen et al. (2010) hin. Im Bereich des Lehramtes zeigt der MINT-Bereich die ungünstigste Adaptionssituation von Lehramtsstudierenden gegenüber fachwissenschaftlichen Studierenden (Berthold und Leichsenring 2012).

Wir fokussieren im Folgenden auf eine Auswahl an demografischen kognitiven und bildungsbiografischen Heterogenitätsmerkmalen zu Studienbeginn und ihren Einfluss auf verschiedene Kriterien des Studienerfolgs bzw. -verlaufs.

Abiturnoten gelten als bester Einzelprädiktor für Studienerfolg, ebenso stehen, in etwas geringerer Ausprägung, einzelne Kursnoten der Schule, und hier insbesondere schulische Mathematiknoten, in Zusammenhang mit späterem Studienerfolg (Trapmann et al. 2007). Für das Mathematiklehramtsstudium fand Blömeke (2009) einen starken Zusammenhang von Abiturnote und Staatsexamensabschlussnoten als auch, schwächer, von eA/LK-Kurswahl zur Staatsexamensabschlussnote.

Für eine aus fachwissenschaftlichen Mathematik-, Physik-, Informatikstudierenden und Mathematikstudierenden des Lehramtes zusammengesetzten Stichprobe von Propädeutikumsteilnehmenden zeigt Pustelnik (2018) einen Unterschied des mathematischen Vorwissens in Abhängigkeit des besuchten Mathematikkurses in der Oberstufe zugunsten von Studierenden, die einen eA/LK-Kurs besuchten haben. Das mathematische Vorwissen zeigt dabei zusammen mit der Note der Hochschulzugangsberechtigung (HZB-Note) und Mathematikkursnote Zusammenhänge zu Kriterien des Studienerfolgs in Form von Prüfungsteilnahme, Prüfungsbestehen und Prüfungsnoten (Pustelnik 2018). Lehramtsstudierende der Mathematik zeigen dabei ein geringeres mathematisches Vorwissen als fachwissenschaftliche Studierende der Mathematik (Pustelnik 2018). Studierende mit einer nicht-gymnasialen Hochschulzugangsberechtigung brechen häufiger ihr Studium ab (Heublein et al. 2017).

Dell’Mour und Landler (2002) fanden in studiengangsübergreifender Auswertung einen starken Zusammenhang von Alter und Studienabschluss zuungunsten älterer Studierender. Dieter (2012) fand Geschlechtsunterschiede hinsichtlich Abbruch und Studiengangwechsel fachwissenschaftlicher Mathematikstudierender zuungunsten von Frauen.

Das Studium eines MINT-Faches parallel zu Mathematik kann ggf. Lerngelegenheiten zum Kompetenzerwerb in Mathematik eröffnen, ggf. können sich die Studienaktivitäten gegenseitig unterstützen. Unter Kontrolle von Geschlecht, eA/LK-Wahl und Abiturnote fanden Blömeke et al. (2012) für das Studium eines MINT-Faches als zweites Fach neben Mathematik jedoch keinen signifikanten Einfluss auf die Kompetenzentwicklung im Lehramtsstudium Mathematik.

Lehramtsstudierende des gymnasialen Lehramtes und solche der fachwissenschaftlichen Studiengänge besuchen an der betrachteten Universität gemeinsam die fachwissenschaftlichen Pflichtveranstaltungen des ersten Fachsemesters (FS). Buchholtz und Kaiser (2013) fanden in einem Gruppenvergleich von Lehramtsstudierenden der Mathematik und fachwissenschaftlichen Studierenden der Mathematik Geschlechtsunterschiede mit einem deutlichen höheren Anteil an Studentinnen im Lehramt und keine Unterschiede in Hinblick auf HZB-Note und Alter. Fachwissenschaftliche Studierende der Stichprobe haben in der Oberstufe häufiger einen eA/LK-Kurs in Mathematik besucht als die Lehramtsstudierenden und weisen durchweg höhere Mathematiktestleistungen auf. Klusmann et al. (2009) fanden zwischen Studierenden des gymnasialen Lehramtes und fachwissenschaftlichen Studierenden an Universitäten keinen Unterschied in HZB-Note und Mathematikleistung. Ebenso fanden Ebenso fanden Roloff Henoch et al. (2015) keinen Unterschied in kognitiven Fähigkeiten von Lehramts- und fachwissenschaftlichen Studierenden im MINT-Bereich. In Hinblick auf Absolventinnen und Absolventen von Lehramt-Mathematik und Diplom-Mathematik fand Blömeke (2009) keine Unterschiede der HZB-Note und Mathematikkurswahl.

Als Grundgesamtheit, u. a. für amtliche Statistiken, werden die für einen Studiengang und das jeweilige Abschlussziel immatrikulierten Studierenden betrachtet. Dabei kann unterschieden werden zwischen solchen Studierenden, die ein Studium tatsächlich aufgenommen haben, und solchen, die sich zwar formal immatrikuliert, das Studium jedoch nicht tatsächlich aufgenommen haben. Dieses Phänomen wird insbesondere im Bereich der Physik unter dem Stichwort „Parkstudierende“ diskutiert (Düchs und Ingold 2018).

2.1 Forschungsfragen

Wir betrachten für die 2-"-Fä"-cher"–Ba"-che"-lor"-stu"-die"-ren"-den des Lehramtes Mathematik als kurz-, mittel- und langfristige Kriterien des Studienerfolgs und -verlaufs Teilnahme, Bestehen und Note der Prüfungen der Pflichtveranstaltungen des ersten Semesters, Rückmeldung in das dritte Semester nach Studienbeginn und Erreichen des Studienabschlusses innerhalb von acht Semestern nach Studienbeginn und ggf. zugehörige Abschlussnote in Mathematik.

Für diese Kriterien fragen wir nach dem Einfluss einer Auswahl an demografischen, kognitiven und bildungsbiografischen Heterogenitätsmerkmalen zu Studienbeginn, nämlich Alter, Geschlecht, HZB-Note, gymnasialer Hochschulzugangsberechtigung (HZB-Art), Studium des betrachteten Studienganges als Erststudium und MINT-Wahl des zweiten Studienfaches.

Auf Grundlage der Literatur sind die Hypothesen, dass steigendes Alter einen negativen, gute HZB-Noten und eine gymnasiale HZB einen positiven Einfluss auf die Erfolgskriterien haben. Die Richtung des Einflusses von Geschlecht, Vorliegen eines Erststudiums und MINT-Wahl des zweiten Studienfaches bleiben offen.

Hinsichtlich des Phänomens von Parkstudierenden fragen wir explorativ nach dem Anteil nichtaktiver Studierender unter den immatrikulierten Studierenden und nach Ähnlichkeit bzw. Unterschieden in Hinblick auf die genannten Heterogenitätsmerkmale zwischen aktiven und nichtaktiven Studierenden.

Hinsichtlich des angesprochenen gemeinsamen Studiums von Lehramts- und fachwissenschaftlichen Studierenden zu Studienbeginn in gemeinsamen Lehrveranstaltungen fragen wir nach Ähnlichkeit bzw. Unterschieden in Hinblick auf die genannten Heterogenitätsmerkmale und den realisierten Studienerfolg der beiden Gruppen in der Studieneingangsphase. Bei nicht einheitlicher Befundlage setzen wir die Hypothesen so, dass es neben einem Geschlechtsunterschied mit höherem weiblichen Anteil bei Studierenden des Lehramts in Hinblick auf die Eingangsvoraussetzungen und den Studienerfolg Unterschiede zwischen Lehramtsstudierenden und fachwissenschaftlichen Studierenden zugunsten der fachwissenschaftlichen Studierenden gibt.

3 Methode

Die hier vorgestellte Untersuchung ist Teil des Forschungsprojekts gla, das in Studiengängen mit mathematisch oder naturwissenschaftlichen Studieninhalten zu Fragen von Studienwahl, -verlauf, -zufriedenheit, -erfolg und -abbruch arbeitet (Gerdes und Schneider 2019).

3.1 Stichprobe

Die Stichprobe umfasst \(N=1930\) Bachelorstudierende der Mathematik der Georg-August-Universität Göttingen, die in den Kohorten Wintersemester (WiSe) 2005 bis WiSe 2016 ihr Studium an der betrachteten Universität aufgenommen haben. Der Fokus der Auswertungen liegt dabei auf der Teilstichprobe der \(n_L=1093\) Mathematikstudierenden des gymnasialen Lehramts (Abschlussziel 2-Fächer-Bachelor Profil Lehramt). Die verbleibende Teilstichprobe von \(n_F=837\) fachwissenschaftlichen Mono-Bachelorstudierenden (Abschlussziel Bachelor of Science) dient dem Vergleich.

Für eine Detailauswertung steht für eine Teilstichprobe zweier Kohorten ein erweiterter Datensatz zu aktiver Studienaufnahme der Lehramtsstudierenden (\(n_A=189\), Kohorten WiSe 2010/2011 und WiSe 2011/2012) zur Verfügung.

3.2 Messinstrumente

Die Variablen bzw. die ihnen zugrunde liegenden Ausgangsdaten wurden als Registerdaten den Stamm-, Studienverlaufs- und Prüfungsdaten der Universität entnommen. Die Daten wurden in einem mit dem Datenschutzbeauftragten der Universität abgestimmten Datenschutzkonzept genutzt, das unter anderem die pseudonyme Zusammenführung und anonyme Auswertung vorsieht.

Merkmale der Studierende zu Studienbeginn

Das Geschlecht liegt binär codiert vor. Aus dem erhobenen Geburtsdatum wird das Alter bei Studienbeginn in Jahren berechnet.

Die Art der Hochschulzugangsberechtigung liegt detailliert aufgeschlüsselt vor und wird vorliegend danach binär codiert, ob eine Allgemeine Hochschulzugangsberechtigung eines Gymnasiums vorliegt. Die HZB-Note liegt im Intervall von 1 (sehr gut) bis 4 und ist mit einer Nachkommastelle angegeben.

Abgeleitet aus den Angaben des ersten Semesters einer Studienaufnahme in Deutschland und dem Semester des ersten FS des betrachteten Mathematikstudiums wird mit der Variable Erststudium binär codiert, ob bereits in einem früheren Semester ein Studium in Deutschland aufgenommen wurde.

Das zweite, gleichberechtigte Studienfach zu Studienbeginn neben Mathematik im 2-Fächer-Bachelor Profil Lehramt wird den Studienverlaufsdaten entnommen, und für diese Arbeit wird binär codiert, ob es der Gruppe mathematisch-naturwissenschaftlicher Fächer angehört (Biologie, Chemie, Physik, Informatik).

Studienverlauf und Studienerfolg

Der Status der Immatrikulation im gewählten Mathematikstudiengang im dritten Semester nach Immatrikulation wird aus den Studienverlaufsdaten abgeleitet. Für diese Arbeit wird der Status binär mit Andauern der Immatrikulation (ja, nein) codiert.

Der Studienerfolg wird durch mehrere Variablen operationalisiert. Wir betrachten für die beiden Pflichtveranstaltungen des ersten FS, Differential- und Integralrechnung I (Diff-I) sowie Analytische Geometrie und Lineare Algebra I (AGLA-I), jeweils Klausurteilnahme, ggf. Klausurbestehen und ggf. Klausurnote bzgl. des ersten Prüfungsversuchs innerhalb des ersten Studienjahres (unabhängig vom Prüfungstermin). Für den langfristigen Studienerfolg betrachten wir das Absolvieren des Studienganges innerhalb von acht Semestern nach Studienbeginn (bei einer Regelstudienzeit von sechs Semestern) und ggf. die Abschlussnote des auf die Mathematik entfallenden Studienbereichs.

Die aktive Aufnahme des Studiums über die formale Immatrikulation hinaus wird über das Vorliegen einer Übungsgruppenanmeldung oder eine Klausurteilnahme in mindestens einer der beiden Pflichtveranstaltungen des ersten FS binär operationalisiert.

3.3 Statistische Auswertung

Bei binären abhängigen Variablen (Teilnahme, Bestehen, Rückmeldung) wird zur Modellierung eine logistische Regression gewählt, bei intervallskalierten Variablen eine lineare Regression. Klausur- und Abschlussnoten im Intervall 1 (sehr gut) bis 4 (mit einer Nachkommastelle) werden dabei intervall-skaliert angenommen.

Tab. 15.1 Beschreibung der Teilstichprobe der Lehramtsstudierenden

4 Ergebnisse

Die Teilstichprobe von Lehramtsstudierenden wird in Tab. 15.1 beschrieben. An den Prüfungen der Pflichtveranstaltungen des ersten FS nehmen innerhalb des ersten Studienjahres 61,1 % (AGLA-I) bzw. 60,3 % (Diff-I) der Studierenden teil. Unter den Teilnehmenden bestehen 43,3 % (AGLA-I) bzw. 39,9 % (Diff-I) die Prüfung im ersten Prüfungsversuch. Die Bestehensquoten liegen damit bezogen auf die Gesamtkohorten bei rund einem Viertel (AGLA-I: 26,4 %, Diff-I: 24,1 %). Unter den bestandenen Prüfungen werden im Mittel Noten von 2,99 (0,83) (AGLA-I) bzw. 3,30 (0,79) (Diff-I) erzielt. In das dritte Semester nach Studienbeginn meldet sich rund die Hälfte der anfänglichen Studierenden zurück (54,4 %). Einen erfolgreichen Abschluss im gewählten Bachelorstudiengang innerhalb von acht Semestern seit Studienbeginn erzielt rund ein Drittel der anfänglichen Studierenden (34,8 %) mit einem Notenmittel von 2,56 (0,56).

4.1 Prüfungserfolg zu Studienbeginn

Wir betrachten die Teilnahme an den Modulprüfungen der beiden Pflichtveranstaltungen des ersten FS in Abhängigkeit der Merkmale der Studierenden zu Studienbeginn. Die Ergebnisse der logistischen Regressionen für AGLA-I zeigt Tab. 15.2. Die Wahrscheinlichkeit einer Prüfungsteilnahme steigt mit Vorliegen einer gymnasialen HZB (Odds-Ratio OR=1,74), des Studiums als Erststudium (OR=2,41) und einer MINT-Wahl des zweiten Studienfaches (OR=2,48) und sinkt mit steigendem Alter (OR=0,89) und schlechterer HZB-Note (OR=0,36). Das Geschlecht wird nicht signifikant. Ein identisches Bild zeigt sich für die Diff-I-Prüfung (Tab. 15.2).

Tab. 15.2 Logistische Regressionsmodelle: Teilnahme an der AGLA-I-Prüfung bzw. Teilnahme an der Diff-I-Prüfung

Unter den Teilnehmenden der Prüfungen betrachten wir das Bestehen in Abhängigkeit der Merkmale der Studierenden zu Studienbeginn. Die Ergebnisse der logistischen Regression für AGLA-I zeigt Tab. 15.3. Die Wahrscheinlichkeit eines Bestehens steigt mit Vorliegen einer gymnasialen HZB (OR=2,61) und sinkt mit schlechterer HZB-Note (OR=0,20). Die übrigen Merkmale werden nicht signifikant. Ein ähnliches Bild zeigt sich für die Diff-I-Prüfung (Tab. 15.3). Zusätzlich wird hier das Geschlecht signifikant, wobei weibliche Studierende eine geringere Wahrscheinlichkeit für das Prüfungsbestehen zeigen (OR=0,41).

Tab. 15.3 Logistische Regressionsmodelle: Bestehen der AGLA-I-Prüfung bzw. Bestehen der Diff-I-Prüfung

Unter den Studierenden, die die Prüfungen jeweils bestanden haben, betrachten wir die Prüfungsnoten in Abhängigkeit der Merkmale zu Studienbeginn. Die Ergebnisse der linearen Regression für AGLA-I zeigt Tab. 15.4. Die erzielte Prüfungsnote wird mit steigendem Alter besser (standardisierter Regressionskoeffizient \(\beta =-0{,}15\)), mit schlechterer HZB-Note schlechter (\(\beta =0{,}36\)). Die übrigen Merkmale werden nicht signifikant. Die Ergebnisse für Diff-I zeigt Tab. 15.4. Die erzielte Prüfungsnote wird mit Vorliegen einer MINT-Wahl des zweiten Studienfaches besser (\(\beta =-0{,}31\)), mit schlechterer HZB-Note schlechter (\(\beta =0{,}34\)). Weibliche Studierende erzielen schlechtere Noten (\(\beta =0{,}35\)). Die übrigen Merkmale werden nicht signifikant.

Tab. 15.4 Lineare Regressionsmodelle: Note der AGLA-I-Prüfung bzw. Note der Diff-I-Prüfung

Die Korrelationen der HZB-Note, Prüfungsnoten und Abschlussnote zeigt die Korrelationsmatrix in Abb. 15.1. Es zeigen sich insgesamt hohe Korrelationen, wobei die HZB-Note deutlich stärker mit der über viele Prüfungen aggregierten Abschlussnote als mit den Noten der Einzelprüfungen korreliert.

Abb. 15.1
figure 1

Korrelationsmatrix von HZB-Note, Prüfungsnoten und Abschlussnote

4.2 Rückmeldung in das dritte Semester nach Studienbeginn

In der Teilstichprobe der Lehramtsstudierenden betrachten wir die Rückmeldung in das dritte Semester nach Studienbeginn in Abhängigkeit der Merkmale zu Studienbeginn. Die Ergebnisse der logistischen Regression für die Rückmeldung in das dritte Semester zeigt Tab. 15.5. Die Wahrscheinlichkeit einer Rückmeldung steigt mit Vorliegen einer MINT-Wahl des zweiten Studienfaches (OR=1,52) und sinkt mit schlechterer HZB-Note (OR=0,46). Die übrigen Merkmale werden nicht signifikant.

Tab. 15.5 Logistische Regression: Rückmeldung in das dritte Semester nach Studienbeginn

4.3 Abschluss

Als eine weitere Operationalisierung des Studienerfolgs betrachten wir abschließend den Studienabschluss des Lehramtsbachelorstudiengangs, zum einen binär als Erreichen oder Nichterreichen des Abschlusses in acht Semestern seit Studienbeginn und zum anderen ggf. die Abschlussnote für den Bereich Mathematik.

In der Teilstichprobe der Lehramtsstudierenden der Kohorten WiSe 2005/06 bis WiSe 2013/14 betrachten wir das Erreichen des Abschlusses in Abhängigkeit der Merkmale zu Studienbeginn. Die Ergebnisse der logistischen Regression für den Studienabschluss zeigt Tab. 15.6. Die Wahrscheinlichkeit eines Abschlusses steigt mit besserer HZB-Note (OR=0,26) und mit Vorliegen einer MINT-Wahl des zweiten Studienfaches (OR=1,47). Die übrigen Merkmale werden nicht signifikant.

Tab. 15.6 Logistische Regression: Erfolgreicher Studienabschluss innerhalb von acht Semestern nach Studienbeginn; lineare Regression: Note des Studienabschlusses

Wir betrachten nun die Abschlussnote in Abhängigkeit der Merkmale zu Studienbeginn. Die Ergebnisse der linearen Regression für die Abschlussnote zeigt Tab. 15.6. Die erzielte Abschlussnote wird mit schlechterer HZB-Note schlechter (\(\beta =0{,}64\)) und mit Vorliegen einer MINT-Wahl des zweiten Studienfaches besser (\(\beta =-0{,}20\)). Weibliche Studierende erzielen schlechtere Noten (\(\beta =0{,}34\)). Die übrigen Merkmale werden nicht signifikant.

4.4 Aktive Studierende

Wir gehen anhand einer Teilstichprobe der Frage nach, welcher Anteil der im ersten FS immatrikulierten Studierenden tatsächlich aktiv das Studium aufgenommen hat. Insbesondere hinsichtlich des in der Auswertung beobachteten großen Anteils an Studierenden, die an den Prüfungen der Pflichtveranstaltungen innerhalb des ersten Semesters nicht teilgenommen haben, wird die Frage relevant, ob es sich dabei größtenteils um Studierende handelt, die ihr Studium aktiv tatsächlich aufgenommen, aber z. B. vor den ersten Prüfungen bereits faktisch beendet haben, oder ob es sich um ein Phänomen wie Parkstudierende handelt.

Es zeigt sich in den beiden betrachteten Kohorten im Lehramt Mathematik ein Anteil von 88,9 % an Studierenden, die ihr Studium aktiv aufgenommen haben. Die nichtaktiven Studierenden sind dabei in univariaten Vergleichen bei Immatrikulation im betrachteten Studiengang älter als ihre aktiven Kommilitoninnen und Kommilitonen (OR=0,71), haben häufiger zuvor bereits ein Studium aufgenommen (OR=7,83) und seltener eine gymnasiale HZB erworben (OR=4,06; Tab. 15.7). Insbesondere haben die nichtaktiven Studierenden deutlich seltener einen MINT-Studiengang als zweiten Studiengang gewählt (OR=13,4).

Tab. 15.7 Gruppenvergleich nach aktiver Studienaufnahme hinsichtlich von Eingangsmerkmalen (univariat)

4.5 Vergleich nach Abschlussziel

Lehramtsstudierende und fachwissenschaftliche Mono-Bachelorstudierende besuchen im ersten FS gemeinsam dieselben fachwissenschaftlichen Pflichtmodule.

Anhand gemeinsamer Stichproben der Mathematikstudierenden sowohl des lehramtsbezogenen als auch des fachwissenschaftlichen Abschlussziels gehen wir der Frage nach, wie ähnlich bzw. unterschiedlich diese beiden Gruppen sind. Die Ergebnisse der univariaten Gruppenvergleiche dokumentiert Tab. 15.8. Fachwissenschaftliche Studierende zeigen gegenüber Lehramtsstudierenden bessere HZB-Noten (OR=0,41) und einen geringeren Frauenanteil (OR=0,40). In Hinblick auf Alter, Erststudium und Art der HZB zeigen sich keine signifikanten Gruppenunterschiede.

Bezogen auf die beiden gemeinsam besuchten Pflichtveranstaltungen des ersten FS zeigen sich jeweils Unterschiede bei der Teilnahme an den Prüfungen (OR=1,86; OR=1,89), Bestehen (OR=3,86; OR=4,09) und den Prüfungsnoten (OR=0,53; OR=0,41), jeweils zugunsten der fachwissenschaftlichen Studierenden.

Fachwissenschaftliche Studierende melden sich häufiger als Lehramtsstudierende in das dritte Semester nach Studienbeginn zurück (OR=1,83).

Tab. 15.8 Gruppenvergleich nach Abschlussziel (Lehramt, fachw. Mono-Bachelor) hinsichtlich von Eingangsmerkmalen, Prüfungserfolg und Rückmeldung in das dritte Semester nach Studienbeginn (univariat)

5 Diskussion

5.1 Zusammenfassung der Ergebnisse

Hohe Quoten der Nichtteilnahme an Prüfungen des ersten FS, hohe Quoten des Nichtbestehens von Prüfungen des ersten FS, hohe Schwundquoten zum dritten Semester und geringe Quoten des Studienabschlusses zeichnen anhand der deskriptiven Auswertung für den untersuchten Lehramtsstudiengang ein Bild eines nur eingeschränkten Studienerfolgs der betrachteten Studierenden in dem von ihnen gewählten Studienangebot.

Analysen des Zusammenhangs heterogener Voraussetzungen von Lehramtsstudierenden der Mathematik und verschiedener Kriterien ihres Studienerfolgs und -verlaufs wurden durchgeführt. Eine Zusammenfassung der Befunde gibt Abb. 15.2. Wir sehen für alle untersuchten Merkmale Zusammenhänge zu zwei oder mehr Kriterien des Studienerfolgs und -verlaufs. Merkmale wie das Vorliegen einer gymnasialen HZB, das Alter und das Studium als Erststudium hängen eher mit Kriterien am Studienanfang zusammen. Das Geschlecht zeigt zum Prüfungserfolg der Diff-I-Veranstaltung in Form von Bestehen und Note und zur Abschlussnote Zusammenhänge zuungunsten weiblicher Studierender. Die HZB-Note ist das einzige Merkmal, das zu alle betrachteten Kriterien des Studienerfolgs und -verlaufs von Studienbeginn bis Abschluss Zusammenhänge zeigt. Für die MINT-Wahl des zweiten Studiengangs zeigen sich auffallend viele Zusammenhänge von Studienbeginn bis Studienabschluss. Sofern Zusammenhänge gefunden wurden, entsprechen die Wirkrichtungen bis auf eine Ausnahme (Variable Alter) den Hypothesen. Das Alter ist dabei das einzige Merkmal, für das je nach Kriterium unterschiedliche Wirkrichtungen gefunden wurden (höheres Alter geht mit geringerer Wahrscheinlichkeit von Prüfungsteilnahme und mit besseren Noten in den AGLA-I-Prüfungen einher).

Abb. 15.2
figure 2

Zusammenfassung der Zusammenhänge von Eingangsmerkmalen und Kriterien des Studienerfolgs und -verlaufs. Eingetragen ist jeweils das Vorzeichen der signifikanten Koeffizienten der berichteten Regressionen. Aufgrund der Polung von Noten bedeutet dies: Mit steigender, d. h. schlechterer, HZB-Note sinkt die Wahrscheinlichkeit für Prüfungsteilnahme, -bestehen, Rückmeldung und Abschluss. Mit steigender, d. h. schlechterer, HZB-Note steigen auch die Prüfungs- und Abschlussnoten

Die für eine Teilstichprobe der Lehramtsstudierenden betrachtete aktive Studienaufnahme zeigt deskriptiv, dass nicht alle immatrikulierten Studierenden auch tatsächlich das Mathematikstudium in Hinblick auf die beiden Pflichtveranstaltungen aufgenommen haben (nichtaktive Studierende: 11,1 %). Nichtaktive Studierende sind dabei älter, haben häufiger zuvor ein Studium aufgenommen, haben seltener eine gymnasiale HZB und seltener als zweiten Studiengang einen MINT-Studiengang gewählt.

Lehramtsstudierende und fachwissenschaftliche Studierende besuchen gemeinsam die Pflichtveranstaltungen des ersten FS. Die beiden Gruppen unterscheiden sich, neben der unterschiedlichen Geschlechtsverteilung mit höherem weiblichen Anteil im Lehramtsstudium, hypothesenkonform dabei in dem mit dem Studienerfolg zusammenhängenden Eingangsmerkmal der HZB-Note zugunsten der fachwissenschaftlichen Studierenden. Konsistent zeigen die fachwissenschaftlichen Studierenden gegenüber denen des Lehramts in allen betrachteten Kriterien ein höheres Maß an Prüfungserfolg.

5.2 Limitationen

Die Auswertung umfasst nur eine ausgewählte Universität, die Möglichkeit der Verallgemeinerung ist dadurch eingeschränkt. Ebenso wurde nur das Lehramtsstudium für das gymnasiale Lehramt betrachtet. Es wurden in der vorliegenden Auswertung nur wenige Facetten der Heterogenität betrachtet. Der zur Verfügung stehende Stichprobenumfang bei Auswertungen zu Prüfungs- und Abschlussnoten war wegen hoher Quoten der Nichtteilnahme an Prüfungen und Nichtbestehens von Prüfungen deutlich eingeschränkt. Insbesondere in Hinblick auf den Umfang des Kapitels erfolgten weitere Einschränkungen, u. a. hinsichtlich der Beschränkung auf Bachelorstudiengänge. Auch nähere Aspekte des Studienprozesses und nähere Aspekte das zweite Fach betreffend, wie dortiger Prüfungserfolg, wurden ebenso von den Auswertungen ausgeschlossen. Gleiches gilt für eine nähere Auswertung des Studienverlaufs vor Eintritt in und nach Ausscheiden aus dem betrachteten Studiengang.

5.3 Implikationen

Die gefundenen Zusammenhänge geben u. a. Anschlussmöglichkeit, mit weiteren zu identifizierenden relevanten kognitiven und nichtkognitiven Merkmalen Risikogruppen zu identifizieren, deren Erfolgswahrscheinlichkeit in Prüfungen und Studienfortschritt u. a. in der Studieneingangsphase reduziert ist.

Die gefundenen Unterschiede hinsichtlich der Eingangsvoraussetzungen von Lehramtsstudierenden und fachwissenschaftlichen Studierenden lassen dabei die Prüfung von differenzierenden Maßnahmen zwischen diesen Gruppen in Betracht kommen, siehe hierzu auch Buchholtz und Kaiser (2013).

Aufgrund der unter Kontrolle der übrigen Merkmale gefundenen Zusammenhänge der MINT-Wahl des zweiten Studiengangs zu Kriterien wie Rückmeldung in das dritte Semester und erfolgreicher Studienabschluss sowie zu Prüfungs- und Abschlussnoten kann daran gedacht werden, die Studierbarkeit des Mathematiklehramtsstudiums in Kombination mit Nicht-MINT-Studiengängen zu prüfen und ggf. zu optimieren. Für 2-"-Fä"-cher"–Ba"-che"-lor"-stu"-die"-ren"-de sollte bei wissenschaftlichen Auswertungen die Fächerkombination berücksichtigt werden.

Aufgrund der unter Kontrolle der übrigen Merkmale gefundenen Zusammenhänge von Geschlecht und Prüfungserfolg in Diff-I und Abschlussnote zuungunsten weiblicher Studierender kann daran gedacht werden, die Studierbarkeit für weibliche Studierende zu prüfen und ggf. zu optimieren.

Der gefundene Anteil an nichtaktiven Studierenden, möglicherweise Parkstudierenden, verweist darauf, dass Kennzahlen von Studienerfolg, Abbruch und Schwund ggf. in ihrer Interpretierbarkeit eingeschränkt sind.

6 Fazit und Ausblick

Es wurden Auswertungen zum Zusammenhang von Merkmalen der Heterogenität von Bachelorstudierenden des gymnasialen Lehramts Mathematik und Kriterien des Studienerfolgs und -verlaufs von Studienbeginn bis Studienabschluss vorgestellt und besprochen. Dabei wurde auf eine Auswahl an demografischen, bildungsbiografischen und kognitiven Merkmalen fokussiert. Das Projekt gla umfasst sowohl hinsichtlich der Eingangsmerkmale, der Prozessmerkmale, der Zielkriterien und der betrachteten Studiengänge einen noch breiteren Ansatz und Datensatz. Ausblick ist hier die weitere Analyse u. a. in Hinblick auf nichtkognitive Merkmale und auf Prozessmerkmale wie Workload und Einsatz von Lernstrategien sowie die Betrachtung alternativer Zielkriterien wie Studienzufriedenheit.