Die vorliegende Untersuchung ist Bestandteil des qualitativen Projektteils des Forschungsprojekts «TRANSITION – Elterliche Unterstützung und motivational-affektive Entwicklung beim Übertritt in die Sekundarstufe I»Footnote 1 (vgl. Buff et al., 2008). Das in Kooperation zwischen der Pädagogischen Hochschule Zürich und dem Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Zürich mit einer Laufzeit von Oktober 2008 bis Oktober 2013 durchgeführte Projekt verfolgte im Kern das Ziel, die Entwicklung der für das Lern- und Leistungshandeln zentralen motivational-affektiven Merkmale von Kindern und Jugendlichen im Zusammenspiel mit der Entwicklung von Merkmalen des elterlichen schulbezogenen Unterstützungshandelns spezifisch im Kontext der Statuspassage von der Primar- in die Sekundarstufe zu beschreiben und zu erklären.

Angesiedelt im öffentlichen Schulwesen des Kantons Zürich (vgl. Abschnitt 3.3), wurden die interessierenden Größen im quantitativ ausgerichteten Projektteil zwischen Ende 2008 und Mitte 2010 ab dem zweiten Drittel der 6. Klasse des Kindes (vor dem Übertritt) in vier ErhebungswellenFootnote 2 und während der 7. und 8. Klasse (nach dem Übertritt) in weiteren drei Erhebungswellen jeweils zwischen den Eltern und Kindern getrennt mittels inhaltlich möglichst paralleler Fragebögen erhoben. Das Sample des quantitativen Projektteils, das sich von der ersten bis zur letzten Erhebungswelle von 490 Eltern-Kind-Dyaden auf 396 verringerte, bildete eine Teilstichprobe der Zürcher Längsschnittstudie (vgl. Angelone et al., 2013; Moser et al., 2011; Moser & Hollenweger, 2008; Moser et al., 2005; Tomasik, Oostlander & Moser, 2018), welche bei rund 2000 Schülerinnen und Schülern, die im Jahr 2003 in die erste Klasse der Primarschule eintraten, mittels Leistungstest und Befragungen den Verlauf des Lernstandes in Mathematik und Deutsch sowie die Entwicklung motivational-affektiver Merkmale in dreijährigem Intervall in fünf Erhebungswellen bis nach dem Berufseintritt nachzeichnete und zu individuellen Merkmalen wie u. a. der sozialen Herkunft in Beziehung setzte. Die an der TRANSITION-Studie beteiligten Schülerinnen und Schüler hatten mit anderen Worten an den Erhebungen in der ersten und dritten Klasse (2003, 2006) teilgenommen und beteiligten sich während der Erhebungszeit ebenfalls an der Lernstandserhebung in der sechsten Klasse kurz vor dem Übertritt im Jahr 2009. In definiertem Umfang durften die Daten der beiden Forschungsprojekte verknüpft werdenFootnote 3.

6.1 Das Setting der Erhebungen des qualitativen Projetteils

Mit der Absicht, die interessierenden Konstrukte sowie weitere den Übertritt betreffende Aspekte noch handlungs- und beobachtungsnaher aus der Perspektive von jenen Eltern und Kindern zu untersuchen, die aufgrund der schulischen Leistungen mit einem unklaren Übertrittsentscheid konfrontiert waren, wurden im qualitativ ausgerichteten Projektteil der TRANSITION-Studie bei einer aus 20 Eltern-Kind-Dyaden (vgl. Abschnitt 4.3) bestehenden sowie den zehn Klassenlehrkräften, auf die sich die Kinder verteilten, im Verlauf des Übertrittsverfahrens – das heißt in den rund acht Monaten vor der definitiven Zuteilung des Kindes zu einer Abteilung der Sekundarschule ( vgl. Abschnitt 3.3) – eine Reihe von Interviews durchgeführt. Auf der Basis möglichst paralleler Leitfäden (vgl. Abschnitt 6.3.1) wurde jeweils immer der gleiche Elternteil (17 Mütter, drei Väter) und das jeweilige Kind (zehn Mädchen, zehn Jungen) von der gleichen Person (sechs Frauen, vier Männer, allesamt Studierende oder Mitarbeitende des Instituts für Erziehungswissenschaft der Universität Zürich) getrennt voneinander und grundsätzlich jeweils möglichst zeitnah zu einem übertrittsrelevanten Ereignis befragt. Das längsschnittliche, getrennte und parallele Befragen der in Familie und Schule aufeinander bezogenen Akteure sollte mit Blick auf die Validität der Interviewäußerungen (vgl. Flick, 2007, S. 492–499) die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass sich zwischen den Interviewpartner*innen ein «Arbeitsbündnis» entwickelt, in dem die Fragenden «eine vertrauensvolle, nicht-strategische Gesprächssituation […] ermöglichen» und die Befragten «wahrheitsgemäß, angemessen und richtig über sich […] erzählen» (Legewie, 1987, S. 146). Die Klassenlehrkräfte (sechs Frauen, vier Männer; Alter: M = 45.5 Jahre, SD = 11.6 Jahre; Unterrichtserfahrung zwischen 1 und 35 Jahren) wurden nach den gleichen Prinzipien und bezüglich der gleichen Inhalte zu drei Zeitpunkten interviewt. Ausfälle waren bei den Probandinnen und Probanden der «Fallstudienstichprobe» bis zum Ende der Erhebungszeit des qualitativen Projektteils keine zu verzeichnen, was daran gelegen haben mag, dass die Kinder für ihre Teilnahme damit belohnt wurden, dass sie das Handy, mit dem sie für die getrennt von den Eltern durchgeführten situationsspezifischen Interviews ausgestattet worden waren, mit Einwilligung ihrer Eltern behalten durften und ihnen ein Gesprächsguthaben von CHF 100 darauf geladen wurde bzw. ein Geldbetrag gleicher Höhe ausbezahlt wurde, sofern sie bis zum Ende der qualitativen Erhebungen dabeiblieben.

Abbildung 6.1 illustriert die Zeitpunkte, die Anzahl, die Form und inhaltliche Ausrichtung der Interviews, die mit den drei Akteuren Elternteil (E), Kind (K) und Klassenlehrkraft (L) entlang der übertrittsrelevanten Ereignisse, wie sie das Übertrittsverfahren der Volksschule des Kantons Zürich vorsieht (vgl. auch Abschnitt 3.3, Tabelle 3.1), durchgeführt wurden. Zu Beginn und am Ende der Erhebungszeit wurden mit allen drei Akteuren zuhause bzw. in der Schule längere face-to-face-Gespräche geführt, dazwischen eine Reihe von situationsspezifischen kürzeren Gesprächen, die mit den Elternteilen und den Kindern, zu einem Zeitpunkt mit den Klassenlehrkräften, telefonisch geführt wurden:

Das Interview G1, das die interessierenden Aspekte auf generalisierter Ebene erhob, dauerte bei den Elternteilen im Mittel M = 60 Minuten (SD = 15 Minuten), bei den Kindern M = 43 Minuten (SD = 13 Minuten) und bei den Lehrkräften M = 85 Minuten (SD = 15 Minuten). Wie die entsprechenden Erhebungen bei den Eltern und Kindern im quantitativen Projektteil wurden diese Interviews zwischen Anfang November und Anfang Dezember 2008 durchgeführt, umfassten im Fall der Eltern die Themenbereiche «Ihr Kind in der Freizeit», «Ihr Kind und die Schule», «Zuhause lernen» sowie «Der Übertritt in die Oberstufe» und verfolgten die Ziele, die Akteure kennenzulernen, ihre Sichtweisen auf Schule, Unterricht, Übertritt und die jeweils anderen Akteure auszuloten und ihre Erwartungen bezüglich der kommenden Monate formulieren zu lassen (Fürrer Auf der Maur, 2012).

Abbildung 6.1
figure 1

Überblick über die Erhebungen und die Erhebungszeitpunkte im qualitativen Projektteil der TRANSITION-Studie

Zwischen Anfang Dezember und Ende Januar, wiederum im gleichen Zeitfenster wie entsprechende Fragebogenerhebungen im quantitativen Projektteil, wurden die Elternteile und ihre Kinder bei zwei Mathematikprüfungen je zweimal während der Vorbereitung und je einmal nach Erhalt des Prüfungsergebnisses telefonisch befragt (vgl. Abbildung 6.1). Diese insgesamt sechs situationsspezifischen Interviews S1 und S2 dauerten bei den Elternteilen durchschnittlich M = 14 Minuten (SD = 6 Minuten), bei den Kindern M = 13 Minuten (SD = 5 Minuten) und verfolgten das Ziel, die Lern- und Unterstützungsprozesse vor der Prüfung sowie die Reaktionen auf mehr oder weniger erwartete Erfolge und Misserfolge in den 20 Familien zu erheben (vgl. Ulmann, 2012; Zaugg, 2014).

Die ebenfalls telefonisch geführten Interviews S3 erfassten die Gespräche, die die Eltern mit ihren Kindern bezüglich des Halbjahreszeugnisses geführt hatten, das Ende Januar 2009 ausgestellt wurde (vgl. Abbildung 6.1). Die Ziele dieser Interviews bestanden wiederum darin, bei den Befragten möglichst detailreiche Schilderungen der selbst gezeigten und beobachteten verbalen und emotionalen Reaktionen auf die Zeugnisergebnisse zu initiieren sowie explizite Deutungen des eigenen Handelns und desjenigen, das beim Gegenüber wahrgenommen wurde, hervorzurufen. Die Befragungen dauerten bei den Elternteilen im Schnitt M = 30 Minuten (SD = 13 Minuten) und bei den Kindern M = 20 Minuten (SD = 8 Minuten).

Die Interviews S4 wurden unmittelbar nach den Übertrittsgesprächen, anlässlich derer die Klassenlehrkräfte den Kindern und ihren Eltern die Gesamtbeurteilung erläuterten sowie letzteren ihre Übertrittsempfehlungen zur Unterschrift vorlegten, um deren Zustimmung zuhanden der Schulbehörden zu beglaubigen (vgl. Abschnitt 3.3), mit den drei Akteuren durchgeführt (vgl. Abbildung 6.1). Die zwischen Ende Januar und Mitte März 2009 telefonisch geführten Befragungen dauerten bei den Elternteilen im Durchschnitt M = 25 Minuten (SD = 9 Minuten), bei den Kindern M = 17 Minuten (SD = 7 Minuten) und bei den Lehrkräften M = 30 Minuten (SD = 10 Minuten). Das Ziel bestand darin, möglichst detailgetreue Schilderungen eigener Handlungen, Gedanken und Gefühle während des Übertrittsgesprächs sowie Begründungen dafür bei den Eltern, Kindern und Klassenlehrkräften hervorzurufen (vgl. Dellios, 2013; Haymoz, 2014).

Die face-to-face-Interviews G2 wurden wiederum mit den Elternteilen und Kindern zuhause bzw. mit den Klassenlehrkräften in den Schulen durchgeführt. Die Gespräche wiesen einen retrospektiven Charakter auf und fanden nach den erfolgten Übertrittsentscheiden statt (vgl. Abschnitt 3.3). Die Interviews verfolgten denn auch das Ziel, bei den Beteiligten bilanzierende, möglichst präzise, an konkreten Ereignissen der vergangenen Monate in Familie und Schule festgemachte Beschreibungen und Beurteilungen des eigenen Handelns, Denkens und Fühlens, des Handels der anderen Akteure sowie Aussagen über die mutmaßlichen Gründe hierfür hervorzubringen. Von Interesse waren ferner veränderte Sichtweisen, die sich seit dem ersten Interview G1 eingestellt hatten (vgl. Curschellas Widmer, 2015; Good, 2014). Es kann davon ausgegangen werden, dass die im Interview G2 gemachten Aussagen, vor allem was das eigene Handeln betrifft, grundsätzlich eine höhere Validität aufweisen, als jene des ersten face-to-face-Interviews: Nicht nur war den Akteuren, wie vor jedem Interview, nochmals bewusst gemacht worden, dass den jeweils anderen Beteiligten fast durchgängig Fragen zu den gleichen Aspekten gestellt wurden, sondern auch der Umstand, dass sie in der Zwischenzeit in den acht telefonischen Interviews situationsnah einen Einblick in ihr mitunter problembeladenes Familien- und Schulleben gewährt hatten, dürfte zu einem höheren Realitätsbezug und einem Ansprechen auch eigener Fehler und Unzulänglichkeiten beigetragen habenFootnote 4. Bis zu diesem abschließenden Interview hatte bereits jede/r einzelne Beteiligte während mindestens 85 Minuten dem/der immer gleichen Interviewer*in Auskunft gegeben: Die Elternteile durchschnittlich M = 193 Minuten (SD = 58 Minuten; Min.: 120 Minuten, Max.: 361 Minuten), die Kinder M = 151 Minuten (SD = 44 Minuten; Min.: 85 Minuten, Max.: 252 Minuten) und die Lehrkräfte M = 146 Minuten (SD = 26 Minuten; Min.: 115 Minuten, Max.: 207 Minuten). Die Anzahl, aber insbesondere auch die Inhalte der Fragen, die sich mehrheitlich um mittlerweile gemachte und z. T. bereits einmal versprachlichte Erfahrungen drehten, sowie der Umstand, dass die interviewende Person in den vergangenen Monaten stetig über die Entwicklungen in der Familie und im Unterricht des Kindes informiert war und nun gezielt nachfragen konnte, dürften die Hauptgründe dafür sein, dass die Interviews G2 durchgängig bei allen Beteiligten die längsten waren: Die Gespräche mit den Elternteilen dauerten im Mittel M = 84 Minuten (SD = 27 Minuten), diejenigen mit den Kindern M = 59 Minuten (SD = 16 Minuten) und diejenigen mit den Klassenlehrkräften M = 96 Minuten (SD = 24 Minuten). Für die inhaltsanalytischen Untersuchungen der vorliegenden Studie wurden einzig die verbalen Daten der Elterninterviews G2 herangezogen.

6.2 Stichprobe

Die 20 Eltern-Kind-Dyaden des qualitativen Projektteils der TRANSITION-Studie wurden im Verlauf von September und Oktober 2008 aus der Gruppe derjenigen rekrutiert, die sich bereits für die Teilnahme an den quantitativen Erhebungen entschieden hatten. Das maßgebliche Kriterium für eine Anfrage waren die Ergebnisse, die das Kind in den Leistungstests in Deutsch, Wortschatz, Lesen sowie Mathematik im Rahmen der Zürcher Längsschnittstudie am Ende der dritten Klasse der Primarschule erzielt hatte. Kinder, deren gemittelte Ergebnisse aus den vier Tests um den Wert von 630 Punkten (+/− 50 Punkte) lagen (der Gesamtmittelwert der Studie lag bei 650 Punkten), erwiesen sich – wie sich in den Gesprächen mit den telefonisch kontaktierten Eltern relativ bald zeigte – offenbar mit einiger Wahrscheinlichkeit als Schülerinnen und Schüler, die nun – rund zwei Jahre später – vor einer unklaren Zuteilung zur Abteilung A, B bzw. C der Sekundarschule (vgl. Abschnitt 3.3) standen. Die meisten Eltern und Kinder bekundeten anlässlich dieses ersten telefonischen Screenings ihre Bereitschaft, an diesen zusätzlichen aufwändigen Erhebungen teilzunehmen, so dass in kurzer Zeit eine entsprechende Liste erstellt werden konnte, die rund sechzig Eltern-Kind-Paare umfasste. In einer zweiten Runde wurde das Sample auf die angestrebten 20 Dyaden reduziert: Nun wurde darauf geachtet, dass sich mindestens zwei Kinder pro Klasse fanden, die über eine Klassenlehrkraft verfügten, welche sich nicht nur bereit erklärte, an den drei Interviews G1, S4 und G2 teilzunehmen, sondern auch selber bestätigte, dass es sich bei den betreffenden Kindern bezüglich des Übertritts um uneindeutige Fälle handelte. Ebenso wurden nun sprachlichen Erwägungen (gute Verständlichkeit der Interviewpartner*innen), einer möglichst gleichmäßigen geschlechtlichen Verteilung der Kinder sowie einer breiten Abdeckung unterschiedlicher soziodemografischer Merkmale der Familien Rechnung getragen.

Die 20 Kinder mit ihren Elternteilen (D11, D12, S11, S12 etc.) verteilten sich auf zehn Klassen (D1, E1, H1, M1, R1, S1, V1, Z1, Z2, Z3), die sich wiederum auf acht Schulhäuser (D, E, H, M, R, S, V, Z) in den Kantonsbezirken Bülach, Horgen, Meilen, Uster und Zürich verteilten.

Unmittelbar nach den Interviews G1 füllten die Elternteile des Fallstudiensamples einen Fragebogen aus, der die sozialstrukturellen Merkmale der Familie erfasste. Die so gewonnenen Daten ergänzten die rund fünf Jahre zuvor im Rahmen der ersten Welle der Zürcher Längsschnittstudie (vgl. Moser et al., 2005) bei den Eltern erhobenen Angaben bzw. dienten zur Validierung derselben.

In Abschnitt 4.3 wurden die Merkmale des teilnehmenden Elternteils (vgl. Tabelle 4.1), seines Partners bzw. seiner Partnerin (vgl. Tabelle 4.2), der Familie (vgl. Tabelle 4.3) sowie des Kindes (vgl. Tabelle 4.4) detailliert dargestellt und erläutert.

6.3 Die Interviews G2 mit den Elternteilen

Das Hauptziel des qualitativen Teils des Forschungsprojekts TRANSITION bestand darin, die in Familien und zwischen Familien und Schulen ablaufenden Anpassungs- und Gestaltungsprozesse hinsichtlich der Anforderungen des vom Bildungssystem vorgegebenen Übertrittsverfahrens (vgl. Abschnitt 2.2) speziell bei einer erschwerten Zuteilungsempfehlung zu einem Schultyp möglichst detailliert zu beschreiben und fall- bzw. typenspezifisch zu erklären (vgl. Gläser & Laudel, 2010, S. 26). Die im Realitätsbereich der Familien gefundenen Mechanismen sollten sodann mit Blick auf die Daten und Befunde des quantitativen Projektteils sowie auf theoretische Überlegungen hinsichtlich ihres Geltungsbereichs eingeschätzt werden. Um das Ziel zu verwirklichen, nicht nur Wahrnehmungen, Einschätzungen und Überzeugungen der Akteure, sondern auch deren konkretes Handeln zuhause und in der Schule zu erfassen, wäre es prinzipiell wünschenswert gewesen, ein Erhebungssetting zu realisieren, das sowohl aus Interviews, Dokumentenanalysen, Fragebögen als auch aus Beobachtungsdaten bestanden hätte (vgl. Döring & Bortz, 2016, S. 215). Der Umstand, dass auch im qualitativen Projektteil mit einem relativ großen Sample gearbeitet und die Daten im Längsschnitt erhoben werden sollten, aber insbesondere in Anbetracht dessen, dass sich die angesprochenen Anpassungsprozesse – namentlich in Form von Gesprächen, die gerade zwischen den Eltern und Kindern fast ausschließlich in informellem Rahmen stattfinden – über die Monate laufend in einer Vielzahl von häuslichen und außerhäuslichen Aktivitäten vollziehen, führte bei der Konzeption des Forschungsprojekts zum Entschluss, aus ökonomischen und praktischen Gründen auf teilnehmende Beobachtungen oder Videografien zu verzichten (vgl. Deppermann, 2013, Kapitel 2). Stattdessen sollten auch die handlungsbezogenen Daten über eine Kombination mehrerer situativer und generalisierter Einzelinterviews mit der stets gleichen befragenden Person sowie mit zwischen den Handlungspartnern möglichst kongruenten Leitfäden erhoben werden. Alle Leitfäden sollten so beschaffen sein, dass sich die Befragten explizit immer wieder auffordert sahen, die angesprochenen Situationen bzw. das eigene und fremde Handeln detailliert zu beschreiben (z. B. «Was hätte ich sehen können, wenn ich dabei gewesen wäre?»), und die Interviewenden daran erinnert wurden, das Gegenüber Bezüge zu früher bereits berichteten Ereignissen und Handlungen herstellen zu lassen (z. B. «Was war jetzt anders, als Sie letztes Mal im Februar…?»).

Eine inhaltliche Kongruenz bestand somit nicht nur zwischen den kind-, eltern- und lehrpersonbezogenen Leitfäden zu einem bestimmten Erhebungszeitpunkt, sondern über alle Erhebungszeitpunkte hinweg: In jedem Interview wurden den Probandinnen und Probanden Fragen gestellt, die vor dem Hintergrund der interessierenden Konstrukte Aspirationen, Erwartungen, Ziele, Kontroll- und Werteinschätzungen, Emotionen, kind- und bildungsbezogene Überzeugungen sowie dem Bestreben entstanden waren, das lern- und leistungsbezogene (Unterstützungs-)Handeln der drei Akteure möglichst facettenreich zu erfassen.

Im Rahmen eines Forschungsseminars des Fachbereichs Pädagogische Psychologie und Didaktik im Frühjahrssemester 2008 wurden vom Autor erste Fassungen von Leitfäden für generalisierte und situationsspezifische Interviews mit Eltern, Kindern und Lehrkräften entwickelt und zusammen mit den Studierenden im Feld erprobt. Ebenso wurde Wissen über Fragetechniken (vgl. Gläser & Laudel, 2010, S. 120–142) erarbeitet und die eigenen Fertigkeiten anhand der Audiofiles der entstandenen Interviews reflektiert und erweitert.

Die meisten der zehn Interviewer*innen ließen sich aus der Gruppe der Seminarteilnehmenden gewinnen. Vor Beginn der Erhebungen durchliefen alle nochmals eine kurze Schulung und besprachen vor jedem neuen Interviewdurchgang die Eigenheiten des jeweiligen Leitfadens, wie die einzelnen Fragen zu stellen seien (vgl. Abschnitt 6.3.1) sowie allfällige inhaltliche und soziale Probleme, die sich bei den vorangegangenen Gesprächen mit ihren beiden Eltern-Kind-Dyaden ergeben hatten. Von sämtlichen Interviews wurde mittels entsprechender Aufzeichnungsgeräte ein digitales Audiofile erstellt (vgl. Kuckartz, 2018, S. 164–166).

In der vorliegenden Studie zur Rekonstruktion des Motivierungshandelns der 20 Elternteile in der Übertrittsphase wurde zur Beantwortung der Fragestellungen in Anbetracht der oben erläuterten Erhebungsbedingungen und der in Abschnitt 6.1 dargestellten Merkmale der verschiedenen Erhebungsschritte auf die verbalen Daten des Interviews G2 mit den Elternteilen zurückgegriffen. Im Folgenden wird der betreffende Leitfaden hinsichtlich seines Aufbaus und seiner Inhalte näher erörtert.

6.3.1 Der Leitfaden und die Durchführung des Interviews

Wie bereits deutlich wurde, kommt der Konstruktion des Leitfadens eine zentrale Bedeutung zu hinsichtlich der thematischen Strukturierung des Gesprächs und der Fokussierung der Befragten auf bestimmte Ereignisse, Probleme und Sachverhalte. Leitfadengesteuerte Interviews werden zu den semi- bzw. teilstrukturierten Formen gezählt, mit denen verbale Daten erhoben werden (vgl. Misoch, 2015, S. 65–66). In Abgrenzung zu standardisierteren Formen des Interviews, in denen die Interviewenden «based on the same research logic as questionnaires» (Brinkmann, 2018, S. 579) möglichst wortgetreu die genau vorgegebenen Fragen und Informationen – und nur diese – übermitteln, orientieren sich leitfadengesteuerte Interviews bei klar unterschiedlichen Rollen zwischen der befragenden und der befragten Person in stärkerem Maß an Alltagsgesprächen:

Compared to more structured interviews, semistructured interviews can make better use of the knowledge-producing potentials of dialogues by allowing much more leeway for following up on whatever angles are deemed important by the interviewee, and the interviewer has a greater chance of becoming visible as a knowledge-producing participant in the process itself, rather than hiding behind a preset interview guide. (Brinkmann, 2018, S. 579)

In Abgrenzung zu gering strukturierten, sog. narrativen Interviews, in denen sich die Rolle der befragenden Person nach dem Gestalten und dem Stellen einer einleitenden Frage vor allem auf das Zuhören und auf gelegentliches verständlichkeitsförderliches Nachfragen beschränkt – die inhaltliche Strukturierung somit weitestgehend bei der erzählenden Person liegt –, erlauben es leitfadengesteuerte Interviews der befragenden Person gemäß ihrer Forschungsinteressen und zwecks der besseren späteren Vergleichbarkeit der Daten, in deutlich stärkerem Maß in den Gesprächsverlauf einzugreifen: «It is […] an interview with the purpose of obtaining descriptions of the life world of the interviewee in order to interpret the meaning of the described phenomena» (Brinkmann & Kvale, 2015, S. 6).

Damit eine möglichst freie Beschreibung lebensweltlicher Phänomene durch die befragte Person geleistet wird, sind bei der Konstruktion und beim Einsatz des Leitfadens eine Reihe von Bedingungen zu beachten. Laut Patten (1990, S. 295) sollten die Fragen mindestens die Merkmale «open-ended, neutral, singular, and clear» aufweisen:

Aus dem für qualitative Ansätze grundlegenden methodologischen Prinzip der Offenheit (vgl. Helfferich, 2005, S. 100–103; Lamnek & Krell, 2016, S. 33–34) folgt, dass die Fragen trotz der Ausrichtung des Leitfadens auf die interessierenden Konstrukte und Fragestellungen so formuliert werden, dass sie möglichst erzählanregend wirken und «das Unglaubwürdige, das Unerwartete und das scheingar Irrelevante» (Reinders, 2005, S. 30) zutage treten lassen:

The truly open-ended question does not presuppose which dimension of feeling or thought will be salient for the interviewee. The truly open-ended question allows the person being interviewed to select from among that person’s full repertoire of possible responses. Indeed, in qualitative inquiry one of the things the evaluator is trying to determine is what dimensions, themes, and images/ words people use among themselves to describe their feelings, thoughts, and experiences. (Patten, 1990, S. 296)

Vorsicht ist laut Gläser und Laudel (2010, S. 128–130) vor allem beim Einsatz dichotomer (ja/nein) und unterstellender Fragen angebracht, insofern sie dem Gegenüber den Eindruck vermitteln können, dass das Abfragen von Wissen oder das Prüfen vorab festgelegter Hypothesen im Mittelpunkt stehe. Misoch (2015, S. 67) fordert, dass das Prinzip der Offenheit ferner auch in der Gestaltung und Handhabung des Leitfadens zum Ausdruck kommen sollte: Neue Informationen aus dem Feld müssten laufend in der Entwicklung der (weiteren) Leitfäden ihren Widerhall finden, ebenso solle die interviewende Person sensibel und flexibel auf den Gesprächsverlauf reagieren, indem sie die Reihenfolge der Fragen laufend anpasse – allerdings ohne zentrale Fragen und Themen zu vernachlässigen.

Neutralität bedeutet, dass «Fragen nicht so formuliert werden [sollten], dass sie [den] Befragten eine bestimmte Antwort nahelegen» (Gläser & Laudel, 2010, S. 135). Suggestivfragen sind in dieser Hinsicht generell zu vermeiden, ebenso sollte insbesondere der Wortlaut von Meinungsfragen und illustrativen Beispielen mit Bedacht gewählt werden, da bereits die Betonung bestimmter Wörter (z. B. «Inwiefern haben Sie dem zugestimmt?») sozial erwünschte Antworten generieren kann. Neutralisierende Formulierungen («Jetzt hört man ja immer wieder, dass …») und das Andeuten, dass man bereits in anderen Interviews von ähnlichem problematischem Verhalten gehört habe, sind Techniken, die das Elizitieren von Sachverhalten fördern, die dem Individuum eigentlich als peinlich und sozial unerwünscht erscheinen mögen (vgl. Gläser & Laudel, 2010, S. 134–135). Damit wird deutlich, dass Interviews bei der Durchführung, aber ebenso bei der Auswertung, stets auch als kommunikative Ereignisse in den Blick zu nehmen sind, bei denen es sich nicht nur um eine blosse Übermittlung von Propositionen handelt, sondern um situierte Arrangements, in denen zwei Handelnde mit spezifischen Selbst- und Fremdzuschreibungen aufeinandertreffen, negotiativ ein gemeinsam geteiltes Verständnis herzustellen versuchen, dauernd soziale Positionierungen vornehmen sowie ein stetiges Eindrucksmanagement betreiben (vgl. Deppermann, 2013; Mey & Mruck, 2018).

Einfachheit und Klarheit sind zwei weitere grundlegende Qualitätsmerkmale von Fragen, welche die Konzentration der Interviewten sicherstellen, ihrer Verwirrung entgegenwirken, Spannungen zwischen den Gesprächspartner*innen verhindern sowie die spätere Auswertung erleichtern (vgl. Patten, 1990, S. 306): Fragen sollten stets nur einen Aspekt fokussieren, eine einfache syntaktische Struktur aufweisen und sich bezüglich des Vokabulars an der Alltagssprache und am Sprachniveau der Befragten anpassen (vgl. Gläser & Laudel, 2010, S. 140–142; Misoch, 2015, S. 67).

Tabelle 6.1 illustriert die vier Themenblöcke des umfangreichen Leitfadens für die Elterninterviews G2 sowie die Fragen und die ihnen unterliegenden Konstrukte und Konzepte. Alle fettgedruckten Fragen ohne Aufzählungszeichen sind Einleitungsfragen und alle fettgedruckten Fragen mit Aufzählungszeichen (bullet points) sind sog. Sondierungsfragen, Erzählanregungen, die meist mit Fragepronomen eingeleitet werden. Alle Fragen dieser beiden Kategorien sollten von den Interviewenden aus Gründen der Standardisierung gestellt werden. Nicht-fettgedruckte Fragen mit Spiegelstrichen waren solche, deren Einsatz fakultativ war und insbesondere in Phasen gestellt werden konnten, in denen die Gesprächspartner*innen von sich aus kaum illustrative, episodische Schilderungen der Sachverhalte in ihre Antworten einbauten, oder in denen sie sich einsilbig oder verschlossen zeigten. Die Reihenfolge, in der Themenblöcke und deren einzelne Abschnitte bearbeitet werden sollten, war den Interviewenden freigestellt. Im Hinblick auf die Auswertung waren sie aber dazu angehalten, die Fragen eines Abschnitts hintereinander zu stellen.

Die in der rechten Spalte aufgeführten Fachausdrücke sollten sodann gegenüber den Befragten nicht gebraucht werden, dienten der befragenden Person aber dazu, zu entscheiden, inwiefern das Ziel der betreffenden Frage erreicht wurde oder ob allenfalls eine entsprechende Nachfrage notwendig sei.

Vor dem Interview fand ein Briefing der Befragten statt, in dem diese über die voraussichtliche Dauer des Gesprächs («ca. 80 Minuten»), über die Ziele («In diesem letzten persönlichen Gespräch geht es mir darum, von Ihnen nochmals bilanzierend zu erfahren, wie Sie Ihr Kind und wie Sie die Beziehung zu seiner Klassenlehrkraft während des Übertrittsverfahrens in den letzten Monaten erlebt haben. Wie Sie feststellen werden, interessieren mich insbesondere Veränderungen, die sich seit unserem letzten Gespräch hier bei Ihnen zu Hause im letzten November ergeben haben.»), mittels zweier Tischvorlagen über die Themen des Gesprächs sowie die jeweiligen Termine und Schritte des konkret erlebten Übertrittsverfahrens sowie nochmals darüber informiert wurden, dass das Gespräch aufgezeichnet werde, «aber weder das Kind noch seine Klassenlehrperson» erfahre, was der Elternteil im Gespräch erzähle.

Die interviewende Person verfasste nach dem Gespräch ein Protokoll, das die Dauer, den Ort, allfällige Störungen und Unterbrechungen sowie ihre Eindrücke festhielt, die sich bei ihr während des Interviews in inhaltlicher, sozialer und emotionaler Hinsicht eingestellt hatten. Ebenso wurden allfällige relevante Aussagen notiert, die von der befragten Person gemacht wurden, nachdem das Aufzeichnungsgerät bereits ausgeschaltet worden war (vgl. Gläser & Laudel, 2010, S. 192–193).

Tabelle 6.1 Fragenkatalog des Leitfadens für das Interview G2 mit den Elternteilen

6.3.2 Die Transkription und Anonymisierung der Interviewdaten

Alle Audiodateien der 20 Interviews mit den Elternteilen wurden nach Abschluss der Erhebungen durch zehn Studierende, die eine eingehende Schulung durchlaufen hatten, entlang eines Notationssystems vollständig transkribiert (vgl. Gläser & Laudel, 2010, S. 193–196). Die mit zwei AusnahmenFootnote 5 in Schweizerdeutsch geführten Gespräche wurden in Anbetracht des pädagogisch-psychologischen Forschungsinteresses und der nachfolgenden primär inhaltlichen Analysen möglichst nahe am Wortlaut in die deutsche Standardsprache und -orthografie übertragen. Auch wenn damit ein an konventionellen Textdarstellungen orientiertes Format gewählt wurde und auf die in konversations- und diskursanalytischen Studien gebräuchliche möglichst ungeglättete Verschriftlichung selbst von laut- und parasprachlichen Phänomenen (vgl. Misoch, 2015, S. 254–256) verzichtet wurde, so sollten die an den Vorschlägen von Kuckartz (2010, S. 43) orientierten Transkriptionsregeln dennoch sicherstellen, dass ein möglichst umfassendes Verständnis des vom Individuum Formulierten und Gemeinten möglich blieb:

  • Es wird grundsätzlich wörtlich und möglichst nah an der ursprünglichen Satzstellung transkribiert.

  • Unübersetzbare schweizerdeutsche Ausdrücke werden zwischen zwei Schrägstriche /XY/ gesetzt.

  • Alle genannten Personen, Ortschaften, Jahres-, Monats- und Tagesdaten werden in Kapitalen verschriftlicht, damit sie zu einem späteren Zeitpunkt zwecks Anonymisierung leichter aufgefunden werden können.

  • Längere Pausen werden durch drei Punkte in runden Klammern (…) markiert.

  • Direkte Reden in den Äußerungen der Sprechenden werden mit Doppelpunkt sowie Anführungs- und Schlusszeichen markiert (z. B. «Da meinte sie dann nur: “Ich finde das unfair”.»)

  • Unverständliche Stellen werden mittels (unverst.) gekennzeichnet. Andere Anmerkungen werden in eckigen Klammern festgehalten (z. B. [Briefing des Interviewpartners]).

  • Wort- oder Satzabbrüche werden durch Trennstriche gekennzeichnet.

  • Eingeworfene Äußerungen der jeweils anderen Person werden in runde Klammern gesetzt.

  • Lautäußerungen (insb. Lachen) werden in runden Klammern festgehalten.

  • Redebeiträge der interviewenden Person werden einleitend jeweils mit «I» gekennzeichnet.

  • Redebeiträge des Elternteils werden einleitend mit seinem Kürzel gekennzeichnet (z. B. Z11).

Die Transkription erfolgte mit der Software f4, die ein Textfile in Zeilendarstellung generiert, den jeweiligen Zeitpunkt der Äußerung im originalen Audiofile (time code) erkennt und diesen jeweils am Ende der betreffenden Zeile schriftlich festhält.

Als letzter Schritt der Aufbereitung der Daten wurden diese mittels eines Schlüssels systematisch und möglichst ohne den Sinngehalt der Aussagen zu verändern anonymisiert (vgl. Fuß & Karbach, 2014, S. 95–98): Namen von Personen, Ortschaften, Gebäude und Institutionen wurden durch kodifizierte Kürzel (z. B. Mutter Z11, das Schulhaus 1 von H) oder ihre Funktionsbezeichnungen (z. B. die Schulleiterin, ihr älterer Bruder, ihre jüngere Schwester) maskiert.

6.4 Auswertungsstrategien

Vor dem Hintergrund der beiden Forschungsziele, a) das kontroll- und wertbezogene verbale Handeln von Eltern gegenüber dem Kind im Kontext eines unklaren Übertrittsentscheids möglichst mehrdimensional und facettenreich zu beschreiben und b) unterschiedliche Stile elterlicher verbaler Motivierung zu identifizieren und anhand der Merkmale der Eltern-Kind-Dyaden und der Forschungsliteratur hinsichtlich ihrer Potentiale und Gefahren zu beurteilen, wurde für die Auswertung ein mehrschrittiges Vorgehen gewählt, das sich an der «Typologischen Analyse» von Kuckartz (2010, S. 99–107) orientiert. Ausgehend von textnahen, sog. niedrig-inferenten Analysen des selbstberichteten elterlichen Handelns (Analyseschritt B) und dann voranschreitend zu höher-inferentenFootnote 6, auf Schätzverfahren beruhenden Analysen, die das Typische des individuellen elterlichen Sprechhandelns bezüglich mehrerer Dimensionen fokussieren (Analyseschritt C), werden die Elternteile schließlich gemäß der Ähnlichkeiten und Unterschiede in ihrem Motivierungshandeln während der Übertrittszeit gruppiert (Analyseschritt D), um dann schließlich zur detaillierteren Herausarbeitung der Charakteristika der jeweiligen Motivierungsstile wieder auf die konkreten Äußerungen einzelner Elternteile zurückzukommen. Tabelle 6.2 stellt die Eckpunkte der auf das Datenmaterial applizierten Analysen in einem Überblick dar. In den folgenden Kapiteln werden die vier Analyseschritte, die jeweiligen Phasen, aus denen sie bestanden, sowie die Überlegungen und Maßnahmen zur Sicherstellung einer gehaltvollen und validen Untersuchung eingehend erläutert.

Tabelle 6.2 Überblick über die Analyseschritte

6.4.1 Analyseschritt A: Basiscodierung

Die Basiscodierung, der erste Analyseschritt, hatte zum Ziel, in den 20 Interviewtranskripten alle Textstellen zu isolieren, in denen die Elternteile über ihr eigenes schulbezogenes Unterstützungshandeln während der Übertrittszeit berichteten. Gemäß der in Abschnitt 2.2 dargelegten Bestimmung umfasst dieses alle Handlungen der Elternteile, «die darauf gerichtet [waren], die von ihnen als bedeutsam beurteilten Kompetenzen und Laufbahnschritte beim Kind zu fördern und/oder das Denken und Handeln der schulischen Akteure im Interesse des Kindes zu optimieren». In einem für die strukturierende qualitative Inhaltsanalyse typisch zyklisch-iterativen Vorgehen (vgl. Kuckartz, 2018, S. 100–117; Mayring, 2015, S. 97–103) wurden theorie- und datengeleitet Kategorien und Codierregeln herausgearbeitet (vgl. Steiner, Curschellas Widmer, Dellios, Godenzi & Reusser, 2010), die es erlaubten, alle Stellen zu extrahieren, in denen die Eltern schilderten, wie sie gegenüber ihrem Kind verbal a) auf dessen Bedeutsamkeitseinschätzungen, b) auf dessen Kontrolleinschätzungen, c) auf dessen emotionales Erleben nach Erfolgen oder Misserfolgen sowie d) mittels instruktionalen Techniken auf dessen Lernverhalten Einfluss zu nehmen versuchten. Ebenso wurden alle Stellen markiert, in denen sie davon berichteten, wie sie sich bemühten, sprachlich e) die Bedeutsamkeitseinschätzungen der Klassenlehrkraft im Interesse ihres Kindes zu regulieren (Steiner & Reusser, 2011, 2014, 2015). Insgesamt konnten so in den 20 Transkripten 631 Handlungsepisoden isoliert werden, wobei sich diese inhaltlich, bezogen auf die genannten fünf Handlungszwecke der Eltern, wie folgt verteilten: a) 194 Episoden mit wertbezogener Regulation, b) 104 Episoden mit kontrollbezogener Regulation, c) 40 Episoden mit emotionsbezogener Regulation nach einem Erfolg oder Misserfolg, d) 126 Episoden lernthematischer Regulation sowie e) 167 Episoden, die wertbezogene Regulationen thematisierten, welche an die Klassenlehrkräfte gerichtet waren (vgl. Steiner, 2015).

Für die vorliegende Studie zum verbalen Motivierungshandeln der Eltern wurden lediglich die in der Basiscodierung extrahierten Handlungsepisoden des Typs a), b) und c) in die weiteren Analysen einbezogen. Die Schilderung des analytischen Vorgehens beschränkt sich in der Folge auf diese drei Arten extrahierter Textsegmente.

Die 194 wertbezogenen und die 104 kontrollbezogenen Episoden bildeten die Analyseeinheiten (units of analysis) (vgl. Kuckartz, 2010, S. 30–31) für die fallübergreifenden inhaltlich strukturierenden Untersuchungen zur Beantwortung der Fragestellungen 1 und 2 ebenso wie für die fallspezifischen Fragestellungen 3.1 bis 3.3 (vgl. Abschnitt 5.8), die mit dem Verfahren der evaluativen qualitativen Inhaltsanalyse bearbeitet wurden (vgl. Abschnitt 6.4.3). Die 40 emotionsbezogenen Episoden wurden für die Beantwortung der fallspezifischen Fragestellung 3.4 herangezogen und einer ebenfalls auf Ratings beruhenden evaluativen Inhaltsanalyse unterzogen (vgl. Abschnitt 6.4.3.4).

6.4.1.1 Selektion von Textsegmenten mit Aussagen zur emotionalen Zuwendung nach Erfolgen und Misserfolgen

Im Rahmen der Basiscodierung wurden für die Selektion der emotionsbezogenen Handlungsepisoden jeweils die Antworten der 20 Elternteile auf die beiden folgenden Hauptfragen (kursiv) sowie die Nachfragen des letzten Abschnitts des Themenblocks B des Leifadens (vgl. Tabelle 6.1) benutzt:

  • Wie muss ich mir das vorstellen: Wie läuft das zurzeit bei Ihnen ab, wenn [Ihre Tochter/Ihr Sohn] eine gute Note in Mathematik nach Hause bringt?

  • Was ist für Sie eine «gute Note» in Mathematik?

  • Für Ihren Mann/Ihre Frau?

  • Wie läuft das so ab, wenn sie/er eine schlechte Note in Mathematik nach Hause bringt?

  • Was würde ich beobachten können, was sie/er sagt und wie Sie reagieren?

Die extrahierten Antworten der 20 Elternteile sind im Wortlaut in Tabelle 9.5 im Anhang dokumentiert. Tabelle 6.3 zeigt, in welcher Ausführlichkeit die Elternteile auf die genannten Aufforderungen nach den Situations- bzw. Handlungsschilderungen nach einem Erfolg oder einem Misserfolg bei Mathematikprüfungen reagiert haben. Die isolierten Textsegmente bestehen im Durchschnitt aus M = 396 Wörtern (SD = 160 Wörter), wobei die Mutter D11 mit Abstand am ausführlichsten (716 Wörter) und die Mütter R12 und Z11 am kürzesten auf die betreffenden Fragen geantwortet haben.

Tabelle 6.3 Überblick über die Segmentgröße der emotionsbezogenen Handlungsepisoden

Mit Blick auf die semantische Validität (semantic validity), der Gültigkeit der Rekonstruktion der Interviewäußerungen durch die Codierenden (vgl. Krippendorff, 2013, S. 338–345), ist es notwendig, dass die extrahierten Textsegmente möglichst reichhaltige und differenzierte Aussagen der Elternteile bezüglich des jeweils im Fokus stehenden Konstrukts beinhalten. Zwar reichen mitunter wenige besonders aussagekräftige Ausdrücke und Wendungen für eine sichere Codierung der betreffenden Stelle, doch steigt die Wahrscheinlichkeit, solche deutlichen Aussagen und Indikatoren vorzufinden, je umfangreicher die Analyseeinheit ist. Die vorliegenden Ausschnitte sollten es ermöglichen, die emotionale Zuwendung von Eltern nach Erfolgen und Misserfolgen im Rahmen von Ratings einschätzen zu können. Wie sich bei der Ermittlung der Intercoder-Reliabilität zeigte, gelangten die drei Codierer*innen zu einem hohen Grad an Konkordanz bezüglich des zu beurteilenden Konstrukts bei so unterschiedlich ausführlichen Stellen wie den folgenden der Mütter R12 und Z31 (vgl. Abschnitt 7.3.4):

  • I: Wie muss ich mir das vorstellen, wie läuft das zurzeit bei Ihnen ab, wenn sie eine gute Note in Mathematik nach Hause bringt? 00:26:46–0

  • R12: Ja, dann hat sie neben der Unterschrift eine ganz große Sonne (lacht). 00:26:51–3

  • I: Was ist für Sie eine gute Note? 00:26:53–7

  • R12: Also, wenn sie eine Vier heimbringt, ist das für mich eine gute Note. Und dann können wir uns dann beide wirklich freuen. 00:27:02–6

  • I: Wie läuft das so ab, wenn sie eine schlechte Note mit nach Hause bringt? 00:27:11–4

  • R12: Ja, ich, also ich frag einfach, ob sie das Ganze nicht verstanden hätte oder ob jetzt,- ihr reicht es vielfach zeitlich nicht. Einfach, ja sie braucht einfach mehr Zeit und dann, wenn sie unter Zeitdruck ist, denke ich immer, kommt sie ins Hasten und macht dann noch Flüchtigkeitsfehler, darum. Aber, ich meine, ich schimpf jetzt nicht, ich lasse es so stehen, wie es ist, fertig. Und dann habe ich halt auch schon einen Grumpy [Emoticon, das Ärger ausdrückt] gemacht, nicht nur eine Sonne. 00:27:41–6 (R12, vgl. Anhang, Tabelle 9.5)

  • I: Ja, und- Wie muss ich mir das jetzt vorstellen, wie läuft das im Moment bei Ihnen, wenn er eine gute Mathenote nach Hause bringt? 00:30:24–8

  • Z31: Dann kommt er zur Tür rein und sagt: «Mami, du kannst mir einen /Fünfliber/ [fünf Franken] geben.» (lachen) Dann sage ich: «Wofür? Ich zahle nichts, wenn ich es nicht gesehen habe.» Und dann sagt er: «Ja, da die Prüfung- oder.» Das ist eigentlich alles (lachen). 00:30:42–2

  • I: Ja, das hat sich demnach nicht verändert? 00:30:44–1

  • Z31: Nein, das hat sich nicht verändert (lachen) (I: Hat er nicht vergessen.) Das hat er nicht vergessen. Nein. 00:30:48–8

  • I: Ja, was ist denn für Sie eine gute Note in der Mathe bei K19? 00:30:53–8

  • Z31: Also, bei K19 ist für mich eine gute Note eine Fünf. Aber wenn er eine Vier nach Hause bringt, ist das für mich auch noch gut. Einfach nicht eine Drei. Aber- ja. Also ab einer Vier ist es für mich eigentlich gut. 00:31:07–4

  • I: Und wie ist das für Ihren Mann? 00:31:08–6

  • Z31: Keine Ahnung. (lachen) Der weiß das jeweils gar nicht (lachen). 00:31:15–5

  • I: Und wie läuft das denn ab, wenn er eine schlechte Mathenote nach Hause bringt? 00:31:19–5

  • Z31: Ah, dann frage ich ihn einfach: «Was- warum?» Und dann sagt er immer: «Du musst nicht diskutieren, Mami. Unterschreib jetzt.» (lachen) Und dann- Ja, sage ich jeweils: «Hast du nicht zugehört?» Und dann sagt er: «Ja, bin nicht drausgekommen» oder «das war so schwierig», oder-. Ja, je nachdem, wie dann einfach gerade die Situation ist und was dann dort auch war. Weil meistens hat es ja noch einen Hintergrund von Herrn L10 [Klassenlehrer], dass er vielleicht noch etwas zu dem Ganzen sagt. Dass halt nicht alles auf den Blättern steht, was man machen muss, sondern, dass er vielleicht halt zuerst irgendetwas erklärt und dann sagt: «So jetzt macht ihr», oder. Und eben, wenn man dann halt da nicht richtig zugehört hat, dann weiß man dann halt nicht, was man machen muss. Und dann, wenn es so ist, dann sagt er meistens: «Ja, du musst jetzt nicht diskutieren. Unterschreibe jetzt.» (lachen) Und sonst sagt er: «Ja, Mami, ich bin nicht drausgekommen. Es war sehr schwierig.» oder «Ja, Herr L10 hat es sehr streng benotet» oder so. Ja- 00:32:11–7

  • I: Und er zeigt Ihnen ja dann die Prüfung, oder- ? 00:32:13–8

  • Z31: Die Prüfung, ja. Wir müssen immer jede Prüfung unterschreiben. 00:32:16–2

  • I: Ja. Und Sie schauen es mit ihm dann an oder-? 00:32:18–0

  • Z31: Ich schaue sie dann an. Ja. Und eben, meistens- Also, dann wenn er quasi schuld ist, blöd gesagt, dann- wenn ich es dann so anschaue, dann sagt er: «Du musst jetzt nicht so genau schauen. Unterschreibe jetzt.» (lachen). (Z31, vgl. Anhang, Tabelle 9.5)

6.4.1.2 Selektion von Textstellen mit Aussagen zu verbalen Wert- und Kontrollregulationen

Bedeutend aufwändiger gestaltete sich die Extraktion der wert- und kontrollbezogenen Handlungsepisoden. Im Rahmen der Basiscodierung dienten hier nicht die Antworten auf einzelne Fragen, sondern die gesamten Transkripte der 20 Interviews G2 mit den Elternteilen als Analyseeinheiten. Jedes Transkript wurde von einer der beiden weiblichen Codiererinnen oder einem der beiden männlichen Codierer mithilfe der Analysesoftware MAXQDA10 nach den festgelegten Regeln bearbeitet. Die vier analysierenden Personen waren zuvor nicht nur an der Entwicklung des Kategoriensystems beteiligt gewesen, sondern hatten an der Probecodierung eines weiteren Interviews sowie an der Überprüfung der Intercoder-Übereinstimmung an einem weiteren Interview teilgenommen.

Die in einem Codiermanual (vgl. Steiner et al., 2010) festgehaltenen Kategorien und Anweisungen für die Basiscodierung wurden von einem fünfköpfigen Team zuerst an einigen, bezüglich Länge und Antwortverhalten möglichst unterschiedlichen Transkripten der Elterninterviews G1 (vgl. Abschnitt 6.1) umrissen und erprobt sowie schließlich in mehreren Zyklen an den Transkripten der Interviews G2 mit den Elternteilen D11 und D12 verfeinert und detailliert ausgearbeitet. Die beiden Interviews wurden wegen der Kontraste im Antwortverhalten der beiden Mütter zur Kategorienentwicklung herangezogen: Wie sich bereits bei der Transkription der beiden umfangreichen Interviews gezeigt hatte, antwortete die Mutter D11 mitteilungsfreudig und facettenreich auf die gestellten Fragen und schilderte ihr Handeln sowie dasjenige der anderen interessierenden Akteure ungefragt immer wieder in anschaulichen Vignetten. Die Mutter D12 dahingegen äußerte sich einsilbiger und musste von der interviewenden Person oftmals mit Nachfragen um Konkretisierungen sowie um Situationsschilderungen gebeten werden.

Die im Codiermanual ausführlich erörterten und entlang der Empfehlungen von Früh (2005, S. 141–173) entwickelten Codieranweisungen für die Basiscodierung der Interviews können bezogen auf die beiden hier interessierenden Kategorien Wertregulation und Kontrollregulation wie folgt vereinfacht zusammengefasst werden: Grundsätzlich war die codierende Person dazu aufgefordert, das Transkript Satz für Satz zu lesen bis sie zu einer Textstelle kam, in welcher der Elternteil von einer eigenen verbalen Handlung gegenüber dem Kind berichtete. An der Textoberfläche signalisiert durch die Personalpronomen «ich», «wir» oder gelegentlich auch durch das Indefinitpronomen «man» sowie durch ein Verb des Redens (verbum discendi: z. B. sagen, fragen, behaupten, meinen, antworten, besprechen, motivieren, aber auch Wendungen wie «die Äußerung fallen lassen», «zum Thema machen», «ich musste ihn korrigieren» (V12), «da haben wir schon Diskussionen gehabt, dass…» (V11), «Wir haben Streit /‘Disput’ gehabt, dass…» (R12), «man muss ihn ermuntern zu… (V12), «man muss ihn manchmal holen, indem man…» (V11), «wir haben auch mehr geschaut, dass er…» (S11), «ich erzwinge, dass sie…» (R12), «wir versuchen ihm mitzugeben, dass er…» (V12) (vgl. Steiner et al., 2010, S. 27), wird in der darauf folgenden indirekten (in den Interviews wie in der Alltagskommunikation oft im Indikativ realisiert: z. B. «Ich sagte ihm, er darf das jetzt nicht tun») oder direkten Rede bzw. im darauf folgenden Infinitiv- oder dass-Satz (z. B. «ich forderte ihn auf, … zu tun», «wir fanden, dass er… soll/könne») dem Kind eine wert- oder kontrollbezogene Botschaft übermittelt:

Die Kategorie [Wertregulation] umfasst alle Äußerungen des Elternteils (E) über eigene Unterstützungshandlungen gegenüber dem Kind (K) bezüglich dessen Werteinschätzungen […] mit Blick auf laufende, vergangene oder zukünftige […] Lernaktivitäten oder vergangene bzw. zukünftige Leistungsnachweise und -ergebnisse (Prüfungen, Zeugnis, Übertrittsgespräche) […]. (Steiner et al., 2010, S. 50)

Die wichtigste Strategie zur Ermittlung, ob es sich bei einer vom Elternteil berichteten verbalen Handlung tatsächlich um eine wertbezogene Regulation handelte, bestand darin, zu prüfen, ob sich die in der direkten oder indirekten Rede bzw. als Infinitiv- oder dass-Satz realisierte Äußerung des Elternteils in einen Satz von der Art «Es ist bedeutsam, dass du…» umformulieren ließ.

Die Kategorie [Kontrollregulation] umfasst alle Äußerungen des Elternteils (E) über eigene Unterstützungshandlungen gegenüber dem Kind (K) bezüglich dessen Kontrolleinschätzungen mit Blick auf Lernaktivitäten oder Leistungsnachweise (Prüfungen, Zeugnis, Übertrittsgespräche) bzw. -ergebnisse […]. (Steiner et al., 2010, S. 53)

Das zentrale Prüfverfahren, ob es sich bei einer Stelle tatsächlich um eine kontrollbezogene Regulation handelt, bestand hier im Versuch, die in der direkten oder indirekten Rede bzw. als Infinitiv- oder dass-Satz ausgedrückten Äußerung in einen Satz von der Art «Du hast … gut/schlecht im Griff» umzuformulieren. Aus diesen Prüfverfahren entstand im Verlauf der Basiscodierung die Idee, für die Feincodierung bzw. Dimensionalisierung dieser Stellen die oben bereits erläuterten Frames (vgl. Abschnitte 5.4 und 5.6) zur Paraphrasierung der Originalstellen entlang der interessierenden Konstrukte zu entwickeln (vgl. Abschnitt 6.4.2).

Gemäß des thematischen Codierens, bei dem der inhaltlich-semantische Zusammenhang eines Textabschnitts die Grenzen der Codiereinheit bestimmt (vgl. Früh, 2005, S. 91–92; Kuckartz, 2018, S. 104) war die analysierende Person in der Basiscodierung aufgefordert, auf der Grundlage der Codierregeln so viel Ko-Text um die als verbale Wert- oder Kontrollregulation erkannte Äußerung mitzuextrahieren, wie notwendig war, um diese in den weiteren Verarbeitungsschritten auch unabhängig vom übrigen Text des Transkripts verstehen und als eigenständige Analyseeinheit behandeln zu können. Insbesondere mussten Antworten auf Nachfragen der interviewenden Person, selbstinitiierte Paraphrasierungen, Präzisierungen und Zusammenfassungen durch die Elternteile, Begründungen sowie Handlungsketten, aber auch Aussagen über die Ereignisse, die diese Regulationen ausgelöst hatten, mitcodiert werden (vgl. Steiner et al., 2010, S. 6–18). Häufig war es notwendig, die vorangegangene Hauptfrage der interviewenden Person, manchmal auch Äußerungen des Elternteils, die bereits einige Fragen zuvor erfolgt waren und auf die nun rekurriert wurde, in die Codings einzubeziehen. Entscheidend blieb, dass pro Textsegment jeweils eine Wert- oder Kontrollregulation in all ihren zur Verfügung stehenden Aspekten isoliert wurde. Grundsätzlich konnten in einem Satz, namentlich aber einem Turn des Elternteils, auch mehrere individuelle Wert- oder Kontrollregulationen berichtet werden. Für jede Regulation musste entschieden werden, wie viel Ko-Text zu extrahieren war, damit diese möglichst umfassend als «Einzelereignis» verstanden werden konnte.

Die folgenden Ankerbeispiele vermitteln einen Eindruck von solchermaßen extrahierten Fundstellen, wobei die eigentliche Aussage über die verbale Wertregulation fett hervorgehoben und der Satzteil mit dem verbum dicendi, der bei der Analyse als Indikator für einen möglichen Appell gedient hat, unterstrichen ist:

  • I: Woran entzündet sich dieser Streit denn eigentlich? [01:06:17–9]

  • D11: Meistens, dass sie- oder zu spät ist. Dass sie mitten in der Nacht herausfindet, dass sie noch- und dann auch wach liegt und weiß, dass sie etwas vergessen hat und nicht weiß, was. Und sie findet dann um elf heraus, dass sie am Tag darauf noch eine Prüfung hat, weil sie es nicht aufgeschrieben hat. Das kann dann schon einmal hoch zu und hergehen. Aber Streit ist dann eher so die Angst, weil sie dann um sechs aufstehen und auf die Prüfung lernen muss. (I: Und wie verläuft das so normalerweise?) Wenn es echt zu Streit kommt, ist es meistens, weil sie einfach zu spät dran ist. Und dann gibt es Streit in dem Sinne, dass wir finden, dass sie sich die Zeit etwas besser einteilen sollte. Weil sie gewusst hat, dass es viel ist. (I: Und dann steht sie früher auf?) Sie steht dann früher auf und macht es dann auch. (I: Und kann dann wenigstens gut schlafen?) Ja, und dann schläft sie meistens ein und dann steht sie um halb sieben auf und lernt. (M010, vgl. Anhang, Tabelle 9.1)

  • I: Was ist Ihnen dabei wichtig, wenn Sie das machen? Haben Sie so Grundsätze? [00:55:20–0]

  • D11: Also, wenn ich mit ihr arbeite, sollte sie sagen können, dass sie dabei etwas gelernt hat, dass sie etwas mehr begreift. Ob sie es dann hundertprozentig begreift oder nicht- und es darf keinen Stress geben, das ist ganz klar mit K01 besprochen. Wenn wir Streit bekommen über die Hausaufgaben, dann ist es direkt beendet. Beiden gegenüber. Weil dafür bin ich nicht da und dafür ist sie nicht da, das bringt es dann nicht. (I: Dann brechen Sie ab?) Dann brechen wir ab und teilweise schreibe ich es dann ein. (M014, vgl. Anhang, Tabelle 9.1)

  • I: Was haben Sie mit Ihrem Sohn bezogen auf den Übertritt seit dem letzten November immer wieder besprochen? [00:58:21–7]

  • D12: Wir haben ihm schon gesagt, das hat auch Frau L01 [seine Klassenlehrerin] gesagt, wenn er in die Sek A will, dann muss er sich einfach an die Arbeit machen und etwas tun. Gut sie hat dann, glaube ich, auch das Gefühl gehabt, ich sitze zuhause und habe nichts anderes zu tun als schauen, dass die Kinder lernen und üben. Und das ist nicht so. Das ist ja eigentlich auch nicht der Sinn davon. Gut, sie hat jetzt ja auch selbst gesagt, er sei sehr selbstständig. Ja, wir haben es ihm auch gesagt, er müsse einfach mehr ran, sonst geht es nicht. Aber eben, wenn er jetzt mit wenig Aufwand so weit ist, dann sollte man ja meinen können, dass wenn er sich mehr einsetzt, das ist ja meistens so, dann sind die Noten besser. Also das sehe ich auch. Je mehr man macht, desto besser sind die Noten. Und wenn man nichts tut, dann sind sie eben nicht so gut. (M021, vgl. Anhang, Tabelle 9.1)

Die folgenden drei Ankerbeispiele illustrieren Fundstellen, die in der Basiscodierung als verbale Kontrollregulationen codiert wurden:

  • I: Was haben Sie mit Ihrer Tochter in dieser Zeit bezogen auf den Übertritt immer wieder besprochen? 01:14:28–5

  • D11: Dass wir eigentlich nicht überrascht sind und dass es das ist, was wir uns erhofft haben. Dass wir positiv sind, in dem Sinne, dass es tatsächlich so auf der Kante steht, dass sie viel A-Geschehen drin hat, wo sie eigentlich auch den Übertritt in Richtung Sek A machen könnte, dass es aber auch zur Unterstützung ihres Lerndrucks ist, dass sie im Moment sicher keine A-Schülerin ist, aber eher eine B-Schülerin. Dass sie da auch etwas mehr Zeit mitbekommt, sich entwickeln zu können und ihren Weg zu machen. (F003, vgl. Anhang, Tabelle 9.3)

  • I: Wie muss ich mir das vorstellen, bei welchen Gelegenheiten ist der Übertritt in den letzten Monaten bei Ihnen zuhause zum Thema geworden? 00:56:17–2

  • D12: Ja, vor dem Gespräch und ja schon, wenn er eine Note nach Hause gebracht hat. Eben dort, als er besser gewesen ist, da habe ich selbst gefunden, er könne nun ja wirklich in die Sek A. Ich weiß ja, eine 4.5- wobei eben manchmal entscheiden sie heute anders. Bei meiner Tochter, sie hat nämlich eine 4.5 gehabt und die Lehrerin hat gefunden, sie sei diesem Druck nicht gewachsen. Heute schauen sie auch noch aufs Kind, den Typ des Kindes, wie belastbar es ist oder so. Also ob es dann mit einem riesigen Krampf diese Note hinbekommt oder locker. (unverst.) locker hat. (F014, vgl. Anhang, Tabelle 9.3)

  • I: Über das Fach Französisch, darüber haben wir [vorhin] geredet. 00:46:10–4

  • S11: Sicher ist er auch dort schlechter geworden. Er hat dann scheinbar auch zwei Prüfungen nicht unterschreiben lassen. Ich habe gesagt: «K03, warum?» «Weil sie schlecht waren.» Habe ich gesagt: «Haben wir dich je geschlagen oder so runtergemacht oder wie auch immer?» Klar diskutieren wir, klar bin ich im ersten Moment sauer: «Jetzt Herrgott nochmal.» Klar habe ich ihm schon immer gesagt: «Hast du geübt K03? Bist du sicher? Willst du es mir nochmals sagen?» «Nein, ich habe es geübt, ich kann es.» Es ist eine andere Methode, Französisch zu lernen als Englisch. In Englisch hat er ein Büchlein, im Französisch haben sie ein Buch. Also das große Heft und nicht das kleine Büchlein, das er sonst hatte wie im Englisch – und das ist also – da habe ich manchmal gesagt: «Ja, aber jetzt hast du mir gesagt- hast es geübt und es war doch nicht soHabe ich gesagt letzte Woche: «Ja K03, warum bist du denn nicht zu uns gekommen?» «Ja, ich habe gemeint, vielleicht lasse ich sie doch, sonst bringe ich immer alles heim, wenn ich jetzt zwei Mal etwas nicht mache, macht es nichts.» Habe ich gesagt: «Nein, das geht nicht.» (F018, vgl. Anhang, Tabelle 9.3)

Nach der Erstellung des Kategoriensystems, der Ausarbeitung von Codierregeln sowie nach mehrmaligen gemeinsamen Durchgängen durch schwierige Stellen in den beiden Interviews mit den Elternteilen D11 und D12, codierte jede der vier beteiligten Personen im Hinblick auf ihre Aufgabe, die Basiscodierung der übrigen Interviews möglichst in Einzelarbeit durchzuführen, das gesamte Interview mit dem Elternteil D11 trainingshalber allein nochmals vollständig durch und verglich anschließend ihre Codierung in der QDA-Software mit der zuvor gemeinsam erstellten Codierung. Zur Feststellung der Intercoder-Reliabilität (ICR), welche nicht nur die Sorgfalt und Gleichförmigkeit des Vorgehens der Analysierenden misst, sondern auch ein Maß für die Eindeutigkeit und Verlässlichkeit des Kategoriensystems ist (vgl. Früh, 2005, S. 177; Guest et al., 2012, S. 89), codierten die vier Personen anschließend unabhängig voneinander die gesamten Transkripts der Interviews mit den Elternteilen S12 und H12 durch und berechneten darauf nach der von Früh (2005, S. 179–183) beschrieben MethodeFootnote 7 u. a. die Übereinstimmung für die in der vorliegenden Studie interessierenden Konstrukte. Die Übereinstimmung unter den vier Codierenden betrug bei den wertbezogenen Textsegmenten ICRwert = .89 und bei den kontrollbezogenen Segmenten ICRkonroll = .83. Nach Früh (2005, S. 181) sind diese Werte unter den vorliegenden textlichen Bedingungen als «gute bis sehr gute Qualitätsstandards» für die Codierung zu bewerten.

6.4.1.3 Ausschluss von Fällen für die Analysen, die den elterlichen Motivierungsstil fokussieren

Tabelle 6.4 stellt die Eckwerte der im Rahmen der Basiscodierung insgesamt 298 extrahierten wert- und kontrollbezogenen Textsegmente aus den 20 Interviewtranskripten dar, die in vollem Wortlaut im Anhang dokumentiert sind (vgl. Tabelle 9.1 und Tabelle 9.3). Schon bei der ersten Durchsicht fällt auf, dass sich doppelt so viele Schilderungen von wertbezogenen Regulationen (194 Episoden) isolieren ließen wie von kontrollbezogenen Regulationen (104 Episoden). Im Durchschnitt erzeugten die Elternteile M = 9.7 wertbezogene Episoden (SD = 4.1 Episoden, Median = 9 Episoden) und M = 5.2 kontrollbezogene Episoden (SD = 2.1 Episoden, Median = 5 Episoden) in ihren Interviews.

Für die fallübergreifenden Analysen zu den Fragestellungen 1 und 2, in denen es um die Auftretenshäufigkeit von Inhalten und Überzeugungsstrategien in den wert- und kontrollbezogenen Regulationen der 20 Eltern geht (vgl. Abschnitt 5.8), ergeben sich daraus kaum Probleme: In 194 wertbezogenen und immerhin 104 kontrollbezogenen Episoden dürfte sich ein differenziertes und facettenreiches Bild davon skizzieren lassen, wie Eltern ihre Bedeutsamkeitszuschreibungen und ihre evaluativen Feedbacks gestaltet haben.

Problematischer hinsichtlich der Stichprobengültigkeit (sampling validity) (vgl. Krippendorff, 2013, S. 336–345) ist die teilweise geringe Anzahl an extrahierten Stellen dahingegen mit Blick auf die fallspezifischen Fragestellungen 3.1 bis 3.4 (vgl. Abschnitt 5.8), in denen die individuellen Regulations-Stile der Elternteile im Fokus stehen: «As samples become smaller, the sampling error reduces the sampling validity up to the point at which the resemblance of the sample and the universe is no longer certain» (Krippendorff, 1981, S. 162). Auch wenn es immer darauf ankommt, welches die konkreten Äußerungen sind, die in einer bestimmten Textsequenz vom Elternteil gemacht werden – es gibt bei jedem Elternteil einzelne Textstellen, in denen er auf die zu codierenden Konstrukte bedeutend expliziter, eindeutiger und facettenreicher zu sprechen kommt, als in manchen anderen –, so erscheint es doch unmittelbar plausibel, dass Ratings des «elterlichen Stils der verbalen Regulation» – also der typischen Art und Weise des verbalen Regulierens der einzelnen Elternteile während der Übertrittszeit – umso gegenstandsangemessener vorgenommen werden können, je mehr diesbezügliche Stellen zuvor extrahiert werden konnten bzw. je textreicher diese Stellen ausfallen.

Tabelle 6.4 Überblick über die Anzahl und Größe der als wert- und kontrollbezogene Handlungsepisoden codierten Textsegmente

Während davon auszugehen ist, dass sich der elterliche Stil des kontrollbezogenen Regulationshandelns mit durchschnittlich fünf Episoden ganz allgemein weniger valide oder repräsentativ (vgl. Guest et al., 2012, S. 83) als der elterliche wertbezogene Regulationsstil mit immerhin durchschnittlich fast zehn selbstberichteten Episoden ermitteln ließ – und die Befunde zu kontrollbezogenen Regulationsstilen also entsprechend vorsichtiger interpretiert werden sollten –, so zeigen sich solcherlei Probleme vor allem auf der Ebene der individuellen Elternteile: Es gilt, die Minimalwerte festzulegen, die die Elternteile bezüglich der Segment- bzw. Episodenmenge und bezüglich der Textlänge aufweisen müssen, damit sie in die Analysen einbezogen werden, die den Stil der wert- und/oder kontrollbezogenen Regulation des jeweiligen Elternteils ermitteln sollen.

In Tabelle 6.4 fallen bei einem genaueren Blick erst einmal die Elternteile auf, die hinsichtlich der Menge an produzierten wert- und kontrollbezogenen Episoden als «positive Ausreißer» zu bezeichnen sind: Der Vater V12 hat mit insgesamt 34 Episoden mit großem Abstand sowohl am meisten wert- als auch am meisten kontrollbezogene Regulationen geschildert. Insgesamt ist bei ihm Text im Umfang von 5227 Wörtern in die weiteren Analysen eingeflossen – bei einer durchschnittlichen Zahl von 400 Wörtern pro DIN A4-Seite mit Schriftgrad 12 entspricht dies etwas mehr als 13 Seiten Text. Ebenfalls deutlich über dem Mittel von M = 14.9 Episoden (SD = 5.9 Episoden, Median = 14 Episoden) liegt die Mutter D11 mit insgesamt 24 Episoden bzw. einer gesamten Textgröße von 3604 Wörtern (ca. 9 DIN A4-Seiten). Lässt man die Werte dieser beiden Elternteile, deren Segmentmenge sich über dem Wert einer Standardabweichung vom Mittelwert der 20 Fälle bewegt, zur Einschätzung der übrigen 18 Elternteile beiseite, so zeigen sich folgende Streuungsmaße: Die durchschnittliche Anzahl der produzierten wert- und kontrollbezogenen Episoden beträgt nun M = 13.3 Episoden (SD = 3.2 Episoden). Sodann produzierten die 18 Elternteile durchschnittlich mindestens M = 6.7 wert- oder kontrollbezogene Episoden (SD = 2.8 Episoden) und 3.5 DIN A4-Seiten kontroll- oder wertbezogener Text (SD = 0.9 Seiten).

Für die Entscheidung, ob ein Fall bei den höher-inferenten Analysen ausgeschlossen bleiben sollte, wurde einerseits die Anzahl der Episoden, andererseits der Gesamtumfang der extrahierten Textsequenzen pro Elternteil genauer in Augenschein genommen: Wie die Zeilen «Anzahl wertbezogene Episoden» und «Anzahl kontrollbezogene Episoden» in Tabelle 6.4 offenbaren, lag bei Vater M11 sowie den beiden Müttern S12 und Z21 namentlich die Menge an kontrollbezogenen Stellen unter 3.9 Episoden, was einer Standardabweichung vom Mittelwert der Mindestanzahl an Episoden entsprach. Ein Blick auf die untersten Zeile in Tabelle 6.4 zeigt aber, dass der Umfang der kontrollbezogenen Stellen lediglich bei den beiden Müttern mit 0.8 bzw. 0.9 DIN A4-Seiten sehr gering ausfiel, dass der Vater M11 mit etwas mehr als anderthalb Seiten Text aber doch recht ausführlich und – wie die Originalstellen bewiesen – reichhaltig von seinem kontrollbezogenen Handeln erzählt hat. Sodann äußerte er sich in 13 Episoden detailliert über seine wertbezogenen Regulationen, was ein weiteres starkes Argument war, ihn trotz der geringen Zahl an kontrollbezogenen Stellen im Sample zu belassen. Aufgrund der genannten Kriterien wurden schließlich die Episoden der beiden Mütter S12 und Z21 von der evaluativen qualitativen Inhaltsanalyse ausgeschlossen. Die beiden Elternteile leben mit ihren Familien in eher unterprivilegierten Verhältnissen (vgl. Tabelle 4.3), S12 ist die Mutter eines Jungen, Z21 die Mutter eines Mädchens (vgl. Tabelle 4.4).

An dieser Stelle sei nochmals betont, dass die betreffenden 18 Textsegmente der zwei Elternteile vollumfänglich in die fallübergreifenden Analysen zur Beantwortung der Hauptfragestellungen 1 und 2 einflossen, welche das Spektrum und die Verteilung der Gestaltungsmerkmale der verbalen wert- und kontrollbezogenen Regulierungen der Eltern fokussierten. Ausgeschlossen blieben sie lediglich in den stilbezogenen fallspezifischen Analysen zur Beantwortung der Hauptfragestellung 3 sowie bei der Gruppierung der Elternteile gemäß ihren Ähnlichkeiten und Unterschiede im Motivierungsstil bei einem unsicheren Übertritt (Hauptfragestellung 4).

6.4.2 Analyseschritt B: Dimensionalisierung der interessierenden Konstrukte und Feincodierung der wert- und kontrollbezogenen Episoden

Das Ziel des nächsten Auswertungsschrittes – desjenigen der Feincodierung – bestand darin, die extrahierten wert- und kontrollbezogenen Textsegmente mit Blick auf die Fragestellungen 1 und 2 (vgl. Abschnitt 5.8) einer differenzierteren, «das Wie» der Regulation betreffenden Codierung zu unterziehen (vgl. Kuckartz, 2010, S. 110) und fallübergreifend a) die ganze Bandbreite an Gestaltungsmerkmalen herauszuarbeiten, welche die selbstgeschilderten verbalen Motivierungshandlungen der Eltern aufwiesen, sowie b) die Häufigkeiten der verschiedenen Gestaltungsmerkmale zu ermitteln. Dazu wurden gemäß den oben eingehend erläuterten Überlegungen (vgl. Abschnitte 5.4 und 5.6) die beiden folgenden Frames zur geordneten Paraphrasierung der sich zum Teil bezüglich ihrer Ausführlichkeit und Deutlichkeit stark unterscheidenden Originalstellen (vgl. Anhang, Tabelle 9.1 und Tabelle 9.3) entwickelt:

«Merke dir: Es ist bedeutsam, dass du … [(A) schulischer task, den das Kind verwirklichen soll], weil du … [(B) vom Elternteil zum Ausdruck gebrachter task value]».

«Merke dir: Du hast … [(A) schulischer task] … [(C) Grad der Kontrolle] im Griff, weil du … [(B) vom Elternteil vorgebrachte attributionale Argumente].»

Die beiden Frames ließen einerseits das Episodische der Schilderungen deutlicher hervortreten (indem alle Stellen einheitlich in die Form von Appellen in du-Form und direkter Rede gebracht wurden) und boten den Codierenden andererseits eine heuristische Struktur an, entlang derer sich die elterlichen Situationsschilderungen vergegenwärtigen, möglichst textsensitiv nach den interessierenden Aspekten absuchen sowie schließlich unter bestmöglicher Wahrung des propositionalen Gehaltes reformulieren ließen.

Im Entwicklungsteam, das in dieser Phase vier Personen umfasste, wurden nun entlang der Regeln der inhaltlich strukturierenden Inhaltsanalyse (vgl. Kuckartz, 2018, S. 97–123) an einer Auswahl von ungefähr jeweils 20 % der wert- und kontrollbezogenen Episoden in mehreren Rückkoppelungsschlaufen theorie- und textbasiert die Hauptkategorien sowie deren Dimensionen bzw. Ausprägungen festgelegt und in einem Codierleitfaden definiert. Nachdem die Analysekategorien für die verbalen Bedeutsamkeitszuschreibungen festgelegt waren und sie sich in mehrmaligen Materialdurchläufen bei insgesamt rund 40 Episoden als konsistent und angemessen facettenreich erwiesen hatten (vgl. Kuckartz, 2018, S. 205), wurden zuerst die restlichen 80 % der wertbezogenen Episoden vollständig codiert und die Befunde aufbereitet, bevor in kongruenter Weise die Entwicklung und Erprobung eines Klassifikationssystem für die evaluativen Feedbacks der Eltern an rund 25 Episoden sowie der anschließenden Codierung der übrigen rund 80 % der kontrollbezogenen Episoden in Angriff genommen wurde.

Für die Kategoriensysteme bei den Kontrollregulationen wurden so viele Kategorien wie möglich aus dem Manual zur Codierung der Wertregulationen leicht adaptiert übernommen. Da die Komponenten A beider Frames (vgl. oben) schulische Ziele benannten, die die Elternteile ihrem Kind gegenüber als bedeutsam herausstrichen bzw. zu denen sie ihrem Kind evaluatives Feedback gaben, konnte z. B. das diesbezügliche Kategoriensystem, das für die Analyse der Wertregulationen geschaffen worden war, mit leichten Anpassungen im Bereich der Ankerbeispiele auch für die Codierung der Kontrollregulationen verwendet werden (vgl. Tabelle 6.6 und Tabelle 6.8). Ebenso verhielt es sich bei den Kategoriensystemen «Thematik der Gesprächssequenz» (vgl. Tabelle 6.5 und Tabelle 6.7).

Die Erarbeitung des Kategoriensystems, aber auch die Codierung erfolgten zwecks größerer Übersichtlichkeit im Tabellenkalkulationsprogramm Microsoft Excel. Jeder der 194 wertbezogenen und 104 kontrollbezogenen Episoden wurde im entsprechenden Datenblatt jeweils eine Zeile zugewiesen: In der ersten Spalte wurde die jeweilige Episode mit einer Identifikationsnummer versehen, in der zweiten Spalte wurde die in der Basiscodierung selektionierte Originalstelle abgebildet (vgl. Anhang, Tabelle 9.1 und Tabelle 9.3), in der dritten Spalte hielten die Codierenden ihre geframten Reformulierungen dieser Originalstellen fest und in den folgenden Spalten trugen sie ihre jeweiligen Codierungen ein. Für jede Kategorie standen in der Regel mindestens zwei Spalten zur Verfügung: In der ersten trugen die Codierenden den Wortlaut des von ihnen an der entsprechenden Stelle im Frame eingesetzten Fillings ein – der auf den Frame angepassten, von ihnen reformulierten Aussage des Elternteils zur entsprechenden Kategorie (vgl. Anhang, Tabelle 9.2 und Tabelle 9.4) – und in der zweiten verzeichneten sie den Code, den sie der entsprechenden Aussage zuwiesen. In der obersten Zeile dieser jeweils zweiten Spalten wurden die Codierenden nochmals über die Ausprägungen der jeweiligen Kategorie und die für die Textstelle konkret zu vergebenden Codes informiert und an die entsprechenden Codierregeln erinnert. In der letzten Spalte der Zeile hielten die Codierenden im Sinne eines Memos allfällige Überlegungen und Schwierigkeiten fest, die sich ihnen beim Formulieren der geframten Aussage und/oder beim Codiervorgang selber gestellt hatten.

Grundsätzlich erfolgte die Feincodierung derjenigen Episoden, die nicht bereits in die Entwicklung der beiden Kategoriensysteme einbezogen worden waren, sowie die Ermittlung der Güte der Codezuweisungen durch die Analysierenden nach dem Prinzip des von Hopf und Schmidt (1993, S. 61–63) erörterten Verfahrens des konsensuellen Codierens (vgl. auch Kuckartz, 2010, S. 91), das in ähnlicher Form auch von Guest et al. (2012, S. 89) beschrieben wird und bei ihnen unter dem Term des «sujective assessment» bzw. des «percent agreements» firmiert: Jede der rund 230 Episoden, die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Team gemeinsam analysiert worden war, wurde nun zweimal von verschiedenen Personen hinsichtlich aller Kategorien analysiert. Das Textmaterial wurde dabei so unter die vier Codierenden aufgeteilt, dass jedes Teammitglied mit jedem der drei anderen Mitglieder jeweils eine Menge von ca. 40 Episoden unabhängig voneinander codierte. Jede Person beurteilte mit anderen Worten insgesamt rund 120 Stellen, aber jeweils ein Drittel davon mit einem anderen Partner bzw. einer anderen Partnerin, um der Problematik «fester Paare» (Kuckartz, 2018, S. 211) – eines intern zunehmend gleichförmigeren, aber bezogen auf das Gesamtteam unter Umständen sich verselbständigenden Codierverhaltens der Zweierteams – zu begegnen. Jede Person vergab in der Regel pro Episode zuerst die Codes für alle zur Verfügung stehenden Auswertungskategorien und notierte ihre allfälligen Kommentare und Schwierigkeiten zum betreffenden Textsegment, bevor sie sich auf der nächsten Zeile der Tabelle der Codierung der nächsten Episode zuwandte. Im Rahmen der zweiwöchentlich stattfindenden Teamsitzungen verglichen die jeweiligen Zweierteams ihre Übereinstimmung bezüglich der vergebenen Codes und diskutierten die Differenzen unter Einbezug der jeweiligen Memos und Notizen, bis sie zu einer gemeinsam geteilten Interpretation der jeweiligen Textstelle und einer entsprechend konsensuellen Codierung fanden. Konkret wurden immer zuerst die individuell vergebenen Codes verglichen. Die genaue Formulierung der entsprechenden Fillings wurde erst relevant, wenn die Partnerin oder der Partner eine andere Codierung vorgenommen hatte. In diesem Fall wurde mit Blick auf die Originalstelle eine gemeinsame Reformulierung der geframten Aussage gesucht und der revidierte Code in der Tabelle verzeichnet. Die Zellen der Tabelle, die zuerst diskrepante Codierungen aufgewiesen hatten, wurden farblich hervorgehoben, so dass sich bei jeder Sitzung für jede Auswertungskategorie die prozentuale Adhoc-Übereinstimmung in den Zweierteams ermitteln und im Gesamtteam vergleichen ließ. Der nach jedem Durchgang zwischen den Zweierteams ermittelte prozentuelle Übereinstimmungsgrad diente dem Autor und den übrigen Teammitgliedern in dieser Phase des Analyseprozesses als laufende Kontrollgröße bezüglich der Codierkonsistenz. Die farbliche Hervorhebung der Diskrepanzen beim Erstvergleich machte transparent, wo Codedefinitionen und Codierregeln diskutiert und verfeinert werden mussten (vgl. Guest et al., 2012, S. 90): Nachdem die gemeinsame Entwicklung der Kategoriensysteme und das damit einhergehende Training einmal abgeschlossen war, betrug die durchschnittliche Adhoc-Übereinstimmung zwischen den jeweiligen Zweierteams bezüglich aller Kategorien über die gesamte Codierphase fast zu jedem Messzeitpunkt um 80 %, was gemäß Guest und Kolleginnen (2012, S. 89) als gute Übereinstimmung bewertet werden kann. Lag der im Zweierteam ermittelte Wert bezüglich einer Kategorie zu tief oder konnte im Zweierteam keine Einigung bezüglich der Codierung bestimmter Stellen erzielt werden, so wurde mit den von Hopf und Schmidt (1993, S. 61–63) beschriebenen Vorgehensweisen im Gesamtteam eine Lösung für die betreffenden Episoden gesucht bzw. v. a. zu Beginn der Codierphase noch Anpassungen bei den Codieranweisungen vorgenommen.

Im Zuge der Dokumentation der Feincodierungen (vgl. Überblick in Tabelle 9.2 und Tabelle 9.4 im Anhang) übernahm der Autor für jede Episode jeweils eine der beiden Versionen, mit denen die Codierenden die Originalstelle im Frame reformuliert hatten und nahm zwecks größerer Verständlichkeit gegebenenfalls leichte sprachliche Änderungen vor. Die von den Zweierteams vergebenen Codes wurden vom Autor im Zuge der Dokumentation der Studie unverändert übernommen.

6.4.2.1 Kategoriensysteme für die Feincodierung wertbezogener Episoden

Die folgenden beiden Tabellen dokumentieren die Kategoriensysteme, die für die strukturierende Inhaltsanalyse der elterlichen Bedeutsamkeitszuschreibungen im Zuge der Beantwortung der fallübergreifenden Hauptfragestellung 1 bzw. der untergeordneten Fragestellungen 1.1 bis 1.6 (vgl. Abschnitt 5.8) eingesetzt wurden und auf die Ergebnisdarstellungen in Abschnitt 7.1 Bezug nehmen. Tabelle 6.5 illustriert die Codes, Definitionen und Ankerbeispiele für die Codierung der «Themen der Gesprächssequenzen, in denen die Wertregulationen auftraten». Tabelle 6.6 dokumentiert das Kategoriensystem «Zielbereiche, auf die sich die elterlichen Wertregulationen beziehen», welches in enger Anlehnung an die Klassifikation von Kompetenzen entwickelt wurde, die Erpenbeck und von Rosenstiel (2003) vorgeschlagen haben (vgl. Abschnitt 2.2.2.1). Nicht noch einmal aufgeführt ist das Kategoriensystem «Elterliche Strategien der verbalen Wertvermittlung» (vgl. Abbildung 5.4), welches für die Analysen im Zusammenhang mit den Fragestellungen 1.3 und 1.4 eingesetzt wurde. Dessen Entwicklung und Komponenten wurden in Abschnitt 5.6 mit Bezug zur Theorie des Subjective Task Value (vgl. Eccles, 2005) bereits detailliert erörtert.

Tabelle 6.5 Kategoriensystem «Thema der Gesprächssequenz, in der die Wertregulation auftrat»
Tabelle 6.6 Kategoriensystem «Zielbereiche, auf die sich die Wertregulationen beziehen»

6.4.2.2 Kategoriensysteme für die Feincodierung kontrollbezogener Episoden

Tabelle 6.7 und Tabelle 6.8 illustrieren die beiden Kategoriensysteme «Thema der Gesprächssequenz, in der die Kontrollregulation auftrat» und «Zielbereiche, auf die sich die elterlichen Wertregulationen beziehen». Sie wurden für die Analysen zur Beantwortung der fallübergreifenden Fragestellungen 2.1 bis 2.5 (vgl. Abschnitt 5.8) eingesetzt, welche in den Ergebnisdarstellungen in Abschnitt 7.2 erörtert werden. In Anbetracht der Parallelität, die zwischen den wertbezogenen Fragestellungen 1.1 bis 1.4 und den kontrollbezogenen Fragestellungen 2.1 und 2.4 besteht, unterscheiden sich die Kategoriensysteme hauptsächlich bezüglich der Ankerbeispiele. Die Labels, die Definitionen sowie die Codes sind weitestgehend kongruent zu denjenigen der im letzten Abschnitt dargestellten Instrumente (vgl. Tabelle 6.5 und Tabelle 6.6). Das Kategoriensystem «Elterliche Strategien der verbalen Kontrollvermittlung» (vgl. Abbildung 5.4 und Abbildung 5.3) sowie die «Matrix zur Recodierung der positiv- und negativ-valenten Begründungstypen» (vgl. Tabelle 5.2), die für die Fragestellungen 2.3 bis 2.5 zentralen Analyseinstrumente, werden hier nicht noch einmal dargestellt, nachdem deren Komponenten und die dahinterliegenden Prinzipien vor dem Hintergrund der attributionalen Theorie der Leistungsmotivation und -emotion Weiners (1986, 2012) detailliert ausgeführt wurden (vgl. Abschnitt 5.4).

Tabelle 6.7 Kategoriensystem «Thema der Gesprächssequenz, in der die Kontrollregulation auftrat»
Tabelle 6.8 Kategoriensystem «Zielbereiche, auf die sich die Kontrollregulationen beziehen»

6.4.3 Analyseschritt C: Fallspezifische Ratings bezüglich ausgewählter Dimensionen des elterlichen verbalen Motivierungshandelns

Mit Blick auf die fallspezifische Fragestellung 3 (vgl. Abschnitt 5.8) richtete sich das Interesse im nächsten Analyseschritt auf das Typische und Charakteristische des verbal-appellativen wert- und kontrollbezogenen Handelns der 18 individuellen Elternteile, die in diese weiterführenden stilbezogenen Untersuchungen einbezogen wurden (vgl. Abschnitt 6.4.1.3). Nachdem die fallübergreifenden Analysen Aufschluss darüber gegeben hatten, welche Gestaltungsmerkmale die sprachlich vermittelten Zuschreibungen grundsätzlich aufwiesen – auf welche schulischen Ziele sie sich vor allem bezogen und welche Argumente hauptsächlich verwendet wurden –, richtete sich das Augenmerk im vorliegenden Analyseschritt darauf, a) welche Argumentationselemente jeder einzelne Elternteil in seinen Wert- und Kontrollregulationen während der unsicheren Übertrittszeit typischerweise verwendet hatte (Teilfragestellungen 3.1 und 3.2), b) welche Merkmale für den Kommunikationsmodus kennzeichnend waren, in welchem er dem Kind seine wert- und kontrollbezogenen Botschaften vermittelt hatte (Teilfragestellung 3.3), und c) welchen Grad an emotionaler Zuwendung er in der Regel gegenüber dem Kind an den Tag legte (Teilfragestellung 3.4), was sich daran ermessen lässt, wie sensibel, empathisch und selbstwertdienlich er im Sinne von warmth (vgl. Skinner, E. A. et al., 2009, S. 186) auf Erfolge und Misserfolge des Kindes in der zugespitzten schulischen Situation reagiert hatte (vgl. Abschnitt 5.7).

Zur Ermittlung der elterntypischen Stilelemente der Wert-, Kontroll- und Emotionsregulation wurden die entsprechenden Originaltextstellen jedes Elternteils nach dem Verfahren, das von Kuckartz (2018, S. 123–142) als «evaluative qualitative Inhaltsanalyse» und von Mayring (2015, S. 106–114) als «skalierende Strukturierung» bezeichnet wird, bezüglich insgesamt sieben DimensionenFootnote 8 einem Rating unterzogen:

Anders als bei der inhaltlich strukturierenden Inhaltsanalyse, bei der meistens die Identifizierung von Themen und Subthemen, deren Systematisierung und Analyse der wechselseitigen Relationen im Mittelpunkt stehen, geht es [bei der evaluativen Inhaltsanalyse] um die Einschätzung, Klassifizierung und Bewertung von Inhalten durch die Forschenden: Das qualitative Material wird – in der Regel fallbezogen – eingeschätzt und es werden Kategorien gebildet, deren Ausprägungen meist ordinaler Art sind. (Kuckartz, 2018, S. 123)

In möglichst enger inhaltlicher Anlehnung an die Kategorien und Dimensionen, denen die Textstellen in der Feincodierung zugeordnet worden waren, und mit den Ergebnissen dieser Analysen vor Augen (z. B. «Welche Begründungstypen kamen fallübergreifend besonders häufig vor?» bzw. «Welche waren mit Blick auf das typische bzw. generalisierte Handeln während der Übertrittszeit eher unbedeutend?») schuf das Forschungsteam, das zu diesem Zeitpunkt aus drei Personen bestand, für jede Bewertungskategorie eine Einschätzungsskala, die jeweils aus vier Ausprägungen (tief – eher tief – eher hoch – hoch) bestand und für jede Ausprägung Beurteilungskriterien festlegte, die bei der Lektüre der entsprechenden Textstellen aufmerksamkeitsleitend warenFootnote 9. Je nach zu spezifisch zu beurteilender Dimension waren die Codierenden aufgefordert, a) jeweils sämtliche wert-, kontroll- oder emotionsbezogenen Originalsegmente des entsprechenden Elternteils (vgl.Tabelle 6.3 und Tabelle 6.4) zu lesen, danach b) die geframten Reformulierungen derselben Segmente sowie die entsprechenden Codierungen aus den vorangegangenen Analyseschritten nochmals zu studieren und nun c) mit Blick auf die Codieranweisungen bzw. Definitionen der verschiedenen Ausprägungen eine Einschätzung des Elternteils bezüglich der betreffenden Dimension vorzunehmen.

Die auf der Grundlage der Ergebnisse der Feincodierung sowie der in Kapitel 5 erörterten Postulate und Befunde der Motivationsforschung geschaffenen Kategoriensysteme wurden im Team iterativ verfeinert und erprobt: Jedes Mitglied nahm zuerst eigenständig mit der jeweils vorliegenden Version des Kategoriensystems ein Rating an den Textstellen eines Elternteils vor, auf den man sich zuvor geeinigt hatte (meist handelte es sich wiederum um den Elternteil D11, vgl. Abschnitt 6.4.2), verglich das eigene Ergebnis daraufhin mit demjenigen der Kolleginnen und Kollegen und brachte Vorschläge für Optimierungen von Definitionen und Codieranweisungen ein. Das jeweilige Kategoriensystem wurde nach diesem ersten Durchgang angepasst und dann für die Beurteilung der Textsegmente eines weiteren Elternteils – den umfangreichen des Vaters V12 – angewandt. Nach zwei Diskussions- und Anpassungsrunden wurden mit Hilfe des revidierten Kategoriensystems sämtliche Textstellen der übrigen Elternteile durch die drei Codierenden in individueller Arbeit hinsichtlich der betreffenden Beurteilungskategorie eingeschätzt. Als Arbeitsgrundlage dienten die tabellarischen Übersichten, die bereits bei der Feincodierung zum Einsatz gekommen waren (vgl. Abschnitt 6.4.2). Die Excel-Datenblätter präsentierten den drei Rater*innen sämtliche Originalstellen, geframten Reformulierungen und bisherigen Codierungen für jeden Elternteil in kompakter und einheitlicher Form. Die Einschätzungen wurden jeweils in der Zeile der letzten Originalstelle eines Elternteils in die entsprechende Spalte eingetragen und in der nächsten Spalte im Hinblick auf allfällige Klärungsgespräche bei divergierenden Beurteilungen in einem Memo kurz begründet. Ebenso markierten die Rater*innen diejenigen Episoden eines jeden Elternteils, denen sie bei der Einschätzung erhöhtes Gewicht beigemessen hatten, insofern als in ihnen der fokussierte Aspekt besonders prägnant und deutlich zum Ausdruck gebracht wurde.

In wöchentlichen Treffen wurde jeweils zuerst die Übereinstimmung unter den drei Rater*innen in Form von Fleiss’ KappaFootnote 10 bestimmt und dann die abweichenden Beurteilungen unter Einbezug der Originaläußerungen des entsprechenden Elternteils so lange diskutiert, bis eine gemeinsam geteilte Bewertung vorgenommen werden konnte. Um die Anzahl der Ratings zu erhöhen, auf deren Basis die Interrater-Übereinstimmung ermittelt wurde, wurden jedes Mal auch die Textsequenzen der beiden von den weiteren Analysen eigentlich ausgeschlossenen Elternteile S12 und Z11 einer Einschätzung bezüglich der betreffenden Beurteilungsdimension unterzogen. Die Konkordanz zwischen den Codierenden konnte so immer auf der Grundlage von 18 Fällen ermittelt werden. Wie im folgenden Kapitel noch detaillierter dargestellt, lag die Interrater-Übereinstimmung bei sämtlichen Beurteilungskategorien bei einem Wert von mindestens κ = 0.70. Die auf Anhieb durchgängig substanziellen Konkordanzen dürften namentlich auch dadurch erzielt worden sein, dass die Rater*innen sich an den Ergebnissen der Feincodierung orientieren konnten: Sie hatten vor Augen, welche Ausprägungen der einzelnen Kategorien am häufigsten in den Episoden des jeweiligen Elternteils in den strukturierenden Inhaltsanalysen codiert worden waren und hatten so im Kern vor allem zu entscheiden, welche Einzelepisoden für die entsprechende Dimension des generalisierten Handelns des Elternteils während der Übertrittsphase besonders aussagekräftig waren und inwiefern die jeweiligen Ausprägungen mit Blick auf das Kategoriensystem und auf die übrigen Episoden auch tatsächlich stärker zu gewichten waren (vgl. Abschnitt 6.4.3.1 sowie die Erläuterungen in den tabellarischen Ergebnisdarstellungen in Abschnitt 7.3). Zwei der drei beurteilenden Personen waren sodann bereits an den Feincodierungen beteiligt gewesen und die dritte Person war mit diesem höher-inferenten inhaltsanalytischen Verfahren aus ihrer Arbeit an einer eigenen Untersuchung im Rahmen der TRANSITION-Studie vertraut. In den folgenden vier Kapiteln werden die Kategoriensysteme vorgestellt, die für die fallspezifischen Ratings hinsichtlich der sieben Dimensionen elterlicher verbaler Wert- und Kontrollregulation eingesetzt worden sind.

6.4.3.1 Kategoriensysteme zur höher-inferenten Einschätzung des elterlichen Stils der Wertzuschreibung

Der individuelle elterliche Stil der Bedeutsamkeitszuschreibung während der Phase vor dem Übertrittsentscheid wurde an drei Dimensionen festgemacht. In Anlehnung an das in der Feincodierung eingesetzte Kategoriensystem «Elterliche Strategien der verbalen Wertvermittlung» (vgl. Abbildung 5.4) beurteilten die Rater*innen auf der Basis der Episoden der einzelnen Elternteile, a) mit welchem Aufgabenwert diese die Bedeutsamkeit gegenüber ihrem Kind vornehmlich begründet hatten (Wesentlichkeit vs. Zweckmäßigkeit) sowie b) welche Valenz (positiv vs. negativ) und c) welchen Lokus (internal vs. external) deren wertbezogenen Argumente in der Regel aufgewiesen hatten (vgl. Abschnitt 5.6).

Wie Tabelle 6.9 und Tabelle 6.10 zeigen, bestehen die beiden Kategoriensysteme a) «Einschätzung des Grads an Wesentlichkeit, mit dem die Elternteile ihre Bedeutsamkeitszuschreibungen begründet haben» und b) «Grad der positiven Valenz, die die Elternteile in die wertbezogenen Argumente gelegt haben» lediglich aus den zwei Ausprägungen eher tief (2) und eher hoch (3). Ursprünglich waren die beiden Dimensionen Teil eines gemeinsamen Kategoriensystems namens «wertbezogener Argumentationsmodus» mit vier Ausprägungen gewesen. Aus theoretischen Erwägungen wurden die beiden Dimensionen nach bereits erfolgtem Rating voneinander getrennt, was mit einer Dichotomisierung der Skalen bzw. einer Recodierung der Befunde einherging. Ein eher tiefer Grad an Wesentlichkeit (2) bedeutet demzufolge ein Vorherrschen von Zweckmäßigkeitsargumenten und ein eher hoher Grad an Wesentlichkeit (3) repräsentiert die Dominanz solcher Argumente in den (hervorstechenden) Wertepisoden des jeweiligen Elternteils (vgl. Tabelle 6.9). Gleichermaßen bezeichnet ein eher tiefer Grad an positiver Valenz (2), dass die zentralen Wertepisoden des entsprechende Elternteils vom Argument hoher Kosten geprägt waren, während bei einem eher hohen Grad (3) die angenehmen bzw. als erstrebenswert markierten Anforderungen und Konsequenzen betont wurden. Die Dimension «Grad an Kindbezug, den die Elternteile in die wertbezogenen Argumente gelegt haben» (vgl. Tabelle 6.11) besteht aus vier Ausprägungen, die auf der Grundlage der in der Feincodierung erzielten Befunde konzipiert wurden (vgl. Abschnitt 7.2.2.3) und Unterschiede im Ausmaß repräsentieren, mit dem sich die Elternteile in ihrer Argumentation auf internale bzw. kindinhärente Aspekte beziehen. In den dritten Spalten der Kategoriensysteme werden Indikatoren genannt, die in den Originaläußerungen und in den geframten Reformulierungen jeweils vorkommen und dominieren sollten, damit die Stellen eines Elternteils der jeweiligen Ausprägung zugeordnet werden können. In der zweiten Spalte wird sodann für jede Ausprägung die idealtypische Botschaft formuliert, auf die man die Wertregulationen des Elternteils bei einer adäquaten Zuordnung im Kern verdichten könnte.

Für den Rating-Vorgang waren die drei Codierenden angehalten, sich neben den Kategoriensystemen an folgenden Fragen zu orientieren und sich die Antworten nicht nur zu überlegen, sondern in ihrem Fall-Memo (vgl. Abschnitt 6.4.3) schriftlich festzuhalten: 1.) Welches sind bezogen auf die Übertrittsphase die zentralen Episoden des Elternteils? 2.) Welches sind dabei diejenigen Episoden, die wegen ihrer prägnanten Schilderung von Kommunikationssituationen zwischen dem Elternteil und dem Kind bzw. wegen der Deutlichkeit der zum Ausdruck gebrachten elterlichen Überzeugung nochmals besonders zu gewichten sind? Welchen Begründungstyp bzw. welche Begründungstypen weisen diese Episoden laut den Ergebnissen der Feincodierung auf? 3.) Inwiefern sind diese Begründungstypen repräsentativ für das Argumentieren des Elternteils, wenn man alle, also auch die weniger zentralen Episoden, in den Blick nimmt? 4.) Im Fall, dass sich zwischen den prägnanten übertrittsbezogenen Episoden und den übrigen weniger bedeutsamen klare Unterschiede bezüglich der Begründungstypen zeigen: Welche Tendenzen im Argumentieren sind stärker zu gewichten? Warum?

Die Codierenden wurden aufgefordert, nicht nur ihr Urteil in Form des entsprechenden Codes und in Form des erläuternden Memos festzuhalten, sondern auch den folgenden generalisierten Frame für jeden Elternteil in engem Bezug zu den konkret eingesetzten Argumenten zu vervollständigen und zu notieren:

«Es ist bedeutsam, dass du jetzt (während der Übertrittszeit) diesem Aspekt deines Lern- und Leistungshandelns mehr Aufmerksamkeit schenkst, weil du…» (vgl. Tabelle 7.10).

Die nach Fleiss ermittelte Interrater-Übereinstimmung bei drei Codierenden betrug für die vierstufige Skala des ursprünglichen Kategoriensystems «wertbezogener Argumentationsmodus» κ = 0.78. Nach der Aufteilung des Kategoriensystems entlang der beiden Dimensionen und der damit einhergehenden Dichotomisierung der Skala betrug sie für das Kategoriensystem «Einschätzung des Grads an Wesentlichkeit» (vgl. Tabelle 6.9) κ = 0.70 und für das Kategoriensystem «Einschätzung des Grads an positiver Valenz» (vgl. Tabelle 6.10) κ = 0.90.

Beim vierstufigen Kategoriensystem «Einschätzung des Grades an Kindbezug der Argumentation» (vgl. Tabelle 6.11) konnte zwischen den drei Rater*innen sodann eine Konkordanz von κ = 0.77 erzielt werden.

Tabelle 6.9 Kategoriensystem zur «Einschätzung des Grads an Wesentlichkeit, mit dem die Elternteile in der Regel die Bedeutsamkeit schulischer Ziele begründet haben»
Tabelle 6.10 Kategoriensystem zur «Einschätzung des Grads an positiver Valenz, den die Elternteile in der Regel in ihre wertbezogenen Argumente gelegt haben»
Tabelle 6.11 Kategoriensystem zur «Einschätzung des Grads an Kindbezug, den die Elternteile in der Regel in ihre wertbezogenen Argumente gelegt haben»

6.4.3.2 Kategoriensystem zur höher-inferenten Einschätzung des elterlichen Stils der Kontrollzuschreibung

Tabelle 6.12 illustriert das Kategoriensystem «Einschätzung des Stils elterlicher Kontrollzuschreibung», welches auf der Basis des für die Feincodierung entwickelten Kategoriensystems «Elterliche Strategien der Kontrollvermittlung» (vgl. Abbildung 5.3), der «Matrix zur Recodierung der Begründungstypen in Bezug auf ihre Kontrollförderlichkeit» (vgl. Tabelle 5.2) sowie den in der Feincodierung erzielten diesbezüglichen Befunden zur Auftretenshäufigkeit der einzelnen Begründungstypen (vgl. Abschnitt 7.2.3.4) geschaffen wurde. Für jede der vier Ausprägungen der während der Übertrittszeit von den Eltern dem Kind typischerweise signalisierten Kontrolle nennt das Kategoriensystem Indikatoren in Form der Begründungstypen, die in den wichtigen Episoden des Elternteils dominieren sollten (vgl. dritte Spalte), sowie die idealtypische Botschaft, auf die sich dessen kontrollbezogenen Appelle bei einem entsprechenden Rating im Kern verdichten lassen müssten (vgl. zweite Spalte). Mit anderen Worten ist das Kategoriensystem so angelegt, dass der Grad der vom Elternteil generell vermittelten Kontrolle einem bestimmten attributionalen Argumentationsstil entspricht, der durch die Dominanz einzelner Begründungstypen gekennzeichnet ist.

Tabelle 6.12 Kategoriensystem zur «Einschätzung des Stils elterlicher Kontrollzuschreibung»

Die Codierenden waren aufgefordert, nebst dem Kategoriensystem wiederum die im vorangegangenen Kapitel formulierten Fragen als heuristische Hilfsmittel zu verwenden. Im Tabellenblatt sollten sie sodann wieder nicht nur ihr fallspezifisches Urteil, sondern ebenfalls ihre Gedanken festhalten, die zur Entscheidung für eine der vier Ausprägungen geführt hatten. Außerdem sollten sie auch hier mit möglichst engem Bezug auf die konkreten Argumente des Elternteils jeweils den folgenden generalisierten Frame vervollständigen:

«Du hast die Bewältigung der Lern- und Leistungsanforderungen während der Übertrittsphase eher schlecht im Griff, weil du …».

Die Interrater-Übereinstimmung nach Fleiss belief sich zwischen den drei Codierenden auf κ = 0.73.

6.4.3.3 Kategoriensysteme zur höher-inferenten Einschätzung des elterlichen Kommunikationsstils bei Wert- und Kontrollregulationen

Der individuelle Stil, mit dem die Elternteile ihrem Kind die wert- und kontrollbezogenen Botschaften übermittelt haben – ihr Modus des Appellierens (vgl. Abschnitt 5.7) –, wird mittels der beiden Dimensionen a) «Grad der Diskursivität» und b) «Grad der Assertivität» erfasst.

Die in Tabelle 6.13 und Tabelle 6.14 abgebildeten Kategoriensysteme bestehen wiederum lediglich aus zwei Ausprägungen. Sie waren ursprünglich Teil eines gemeinsamen Kategoriensystems «Grad der Direktivität» mit vier Ausprägungen, wurden aber unter dem Eindruck der in Abschnitt 5.7 erörterten kommunikationstheoretischen Überlegungen nach bereits erfolgtem Rating voneinander getrennt, was eine Dichotomisierung der Skalen und eine Recodierung der Befunde zur Folge hatte. Auf der Grundlage der in der Basiscodierung extrahierten Originalepisoden hatten die Rater*innen bei a) zu entscheiden, ob der betreffende Elternteil bei seinen wert- und kontrollbezogenen Appellen gewöhnlich eher monologisch (dies entspricht einem eher tiefen Grad an Diskursivität) oder verhandelnd-dialogisch (dies entspricht einem eher hohen Grad an Diskursivität) vorgegangen war. Bei b) hatten sie sodann auf der gleichen Datengrundlage eine Einschätzung der Festigkeit vorzunehmen, mit der die Elternteile während der unsicheren Übertrittszeit ihre wert- und kontrollbezogenen Überzeugungen gegenüber dem Kind vertreten hatten. Ein eher tiefer Grad an Assertivität repräsentiert das Relativieren der eigenen Position, sobald beim Kind Widerspruch wahrgenommen wird, und ein eher hoher Grad steht für das standfeste, konsistente Vertreten der eigenen als zutreffend oder produktiv wahrgenommenen wert- und kontrollbezogenen Überzeugungen, selbst wenn der Elternteil damit Widerspruch und Konflikte mit dem Kind heraufbeschwört (vgl. Abschnitt 5.7). In der dritten Spalte wird jede Ausprägung detailliert erläutert und in der zweiten Spalte wird die idealtypische Botschaft wiedergegeben, die der Elternteil mit der betreffenden Ausprägung des Kommunikationsmodus dem Kind gegenüber ausdrückt.

Tabelle 6.13 Kategoriensystem zur «Einschätzung der Diskursivität der elterlichen Wert- und Kontrollregulationen»
Tabelle 6.14 Kategoriensystem zur «Einschätzung der Assertivität der elterlichen Wert- und Kontrollregulationen»

Die Übereinstimmung zwischen den drei Rater*innen betrug für die vierstufige Skala des ursprünglichen Kategoriensystems «Grad der Direktivität» κ = 0.75. Nach der Aufteilung des Kategoriensystems entlang der beiden Dimensionen und der damit einhergehenden Dichotomisierung der Skala betrug der Kappa-Wert nach Fleiss für das Kategoriensystem «Einschätzung des Grads an Diskursivität» (vgl. Tabelle 6.13) κ = 0.89 und für das Kategoriensystem «Einschätzung des Grads an Assertivität» (vgl. Tabelle 6.14) κ = 0.75.

6.4.3.4 Kategoriensystem zur höher-inferenten Einschätzung der emotionalen Zuwendung der Elternteile gegenüber dem Kind

«Emotionale Zuwendung» ist die dritte kommunikationsbezogene Dimension, die in Abschnitt 5.7 als relevant für die Internalisierung der elterlichen wert- und kontrollbezogenen Botschaften durch das Kind herausgearbeitet worden ist. In einer vertrauensvoll-fürsorglichen Beziehung, die bei Fehlern, Misserfolgen, Widerspruch und vermeintlich fehlender Einsicht des Kindes frei von «Kälte» und «Härte» (Tausch & Tausch, 1998, S. 102) ist und diesem stets den Eindruck gibt, als Persönlichkeit anerkannt und wertgeschätzt zu sein, ermöglicht es dem Kind, sich im Rahmen der verbalen Wert- und Kontrollregulationen weniger auf den Selbstwertschutz und die Gesichtswahrung zu konzentrieren und sich stattdessen mit den Botschaften und Argumenten zu befassen, die Eltern gegebenenfalls angstfrei nach weiteren Erklärungen zu fragen und ihnen seine abweichende Sichtweise zu übermitteln (vgl. auch Abschnitt 2.2.2.3). Die Einschätzung des Grades an emotionaler Zuwendung wurde durch die Rater*innen auf der Grundlage der in der Basiscodierung isolierten Antworten der Eltern vorgenommen, die sie auf die Fragen nach ihren typischen Reaktionen auf Prüfungserfolge und -misserfolge des Kindes gegeben hatten (vgl. Abschnitt 6.4.1.1).

Das in Tabelle 6.15 dargestellte Kategoriensystem besteht aus vier Ausprägungen, die vor allem Unterschiede zwischen den Elternteilen in der Bereitschaft der Perspektivenübernahme und dem damit verbundenen Verständnis für die emotionalen Bedürfnisse und die Selbstwertpflege des Kindes bei Misserfolgen und Erfolgen repräsentieren. Die dritte Spalte des Kategoriensystems nennt die zentralen Merkmale für jede Ausprägung und die zweite Spalte wiederum die idealtypische Botschaft, die der Elternteil mit seiner Reaktion auf die Prüfungsergebnisse vermittelt. Nebst ihrem Urteil hielten die Codierenden in einem Memo wiederum die Gründe für ihre diesbezügliche Einschätzung fest.

Die drei Rater*innen erzielten eine Interrater-Übereinstimmung nach Fleiss von κ = 0.76.

Tabelle 6.15 Kategoriensystem zur «Einschätzung des Grads an emotionaler Zuwendung, den die Elternteile bei schulischen Erfolgen und Misserfolgen des Kindes gezeigt haben»

6.4.4 Analyseschritt D: Typenbildung mittels Dimensionsreduktion und Clusteranalyse

Mit dem Ziel, a) das mehrdimensionale verbale Motivierungshandeln nicht nur singulär und abgeschlossen auf der Ebene eines individuellen Elternteils zu beschreiben, zu verstehen und gemäß seiner Motivationsförderlichkeit zu bewerten, sondern auch vergleichend in Relation zum Handeln der anderen Elternteile, und b) gleichzeitig die nach den Ratings der sieben Dimensionen (vgl. Abschnitt 6.4.3.1 bis Abschnitt 6.4.3.4) zutage tretende Vielfalt an Merkmalskonstellationen nach bestimmten Kriterien auf ein verständnisförderliches Maß zu reduzieren, bestand der nächste Analyseschritt darin, die 18 Elternteile hinsichtlich ihres Motivierungsstils in einem transparenten Verfahren zu gruppieren (vgl. Fragestellung 4, Abschnitt 5.8) und eine Typologie schulbezogener verbal-appellativer Motivierung von Eltern bei einem unklaren Übertrittsentscheid zu entwickeln:

Jede Typologie ist das Ergebnis eines Gruppierungsprozesses, bei dem ein Objektbereich anhand eines oder mehrerer Merkmale in Gruppen bzw. Typen eingeteilt wird, so dass sich die Elemente innerhalb eines Typus möglichst ähnlich sind (interne Homogenität) und sich die Typen voneinander möglichst stark unterscheiden (externe Heterogenität). Mit dem Begriff Typus werden die gebildeten Teil- oder Untergruppen bezeichnet, die gemeinsame Eigenschaften aufweisen und anhand der spezifischen Konstellation dieser Eigenschaften beschrieben und charakterisiert werden können […]. (Kluge, 1999, S. 27Hervorhebungen im Original)

Konkret ging es darum, die Elternteile so zu gruppieren, dass sie innerhalb ihres Clusters möglichst große Ähnlichkeit in der Merkmalskonstellation ihres Motivierungsstils aufwiesen – und sich so das Typische bzw. Wesentliche ihres Handelns offenbarte –, andererseits so, dass die Gruppen untereinander eine maximale Distanz bezüglich ihrer Merkmalscharakteristik aufwiesen und so kontrastierend das Trennende zwischen den Gruppen und ihren jeweiligen Mitgliedern deutlich zutage trat (vgl. Kelle & Kluge, 2010, S. 93–96; Kluge, 1999, S. 28).

Entlang des Vorgehens, das Kuckartz (2018, S. 143–161) als «typenbildende qualitative Inhaltsanalyse» bezeichnet, wurde dazu zuerst der Merkmalsraum festgelegt, der insofern konstituierend für jede Typologie ist, als damit der inhaltliche Bezug definiert wird, der zwischen allen Gruppen bzw. den ihnen angehörenden Elementen besteht: «Alle Typen müssen […] anhand der gleichen Merkmale charakterisiert werden können; die Differenz zwischen den Typen entsteht lediglich durch die unterschiedlichen Merkmalsausprägungen, die jeden Typus im Vergleich zu den anderen Gruppen kennzeichnen» (Kluge, 1999, S. 30). In der vorliegenden Studie bot es sich prinzipiell an, die im Rahmen der evaluativen qualitativen Inhaltsanalyse erarbeiteten sieben Dimensionen bzw. Variablen mit ihren jeweils zwei oder vier Ausprägungen als Merkmalsset für die Typenbildung heranzuziehen (vgl. Kuckartz, 2018, S. 154–155). Die Qualität der Daten bot grundsätzlich kein Hindernis, mittels clusteranalytischer Verfahren die 16 unterschiedlichen Merkmalskombinationen, die sich aus den sieben Dimensionen bei den 18 Elternteilen konkret ergeben hatten (vgl. Abschnitt 7.3.5), zu Gruppen zu ordnen. Da allerdings absehbar war, dass sich in Anbetracht der angedeuteten Komplexität der so gebildeten polythetischen Typologie die Interpretation und Darstellung der Ergebnisse schwierig gestalten dürfte, wurde vor dem Einsatz eines statistischen Klassifikationsverfahrens zuerst geprüft, inwiefern sich das kleine Variablenset für eine explorative Faktorenanalyse eignen würde, um die sieben Dimensionen auf zwei oder drei, die Interpretation und Darstellbarkeit des elterlichen Handelns vereinfachende Faktoren zu verdichten, und erst dann mit den resultierenden Faktorwerten eine Gruppierung der Elternteile mittels des Verfahrens k-means Clustering vorzunehmen. Wie sich mit Blick auf die Kennwerte zeigte, erwies sich dieses Vorgehen als vertretbar (vgl. Abschnitt 6.4.4.1).

Auf der Grundlage der in der Faktorenanalyse extrahierten «grundlegenden Dimensionen des schulbezogenen verbalen Motivierens» (vgl. Fragestellung 4.1, Abschnitt 5.8) sowie auf der Basis der in den vorangegangenen fallspezifischen Analysen erarbeiteten Befunde wurden die in der Clusteranalyse erzeugten «Typen elterlicher schulbezogener verbal-appellativer Motivierung bei einem unklaren Übertritt» (vgl. Fragestellung 4.2) schließlich hinsichtlich ihrer Charakteristika (vgl. Fragestellung 4.3) und ihrer Zusammensetzung bezüglich einer Reihe von Merkmalen der Eltern, der Kinder bzw. der Familien (vgl. Fragestellung 4.4) genauer untersucht.

In den drei folgenden Kapiteln werden die zur Bildung der Typologie eingesetzten statistischen Methoden – die explorative Faktorenanalyse und das Verfahren k-means Clustering – sowie die den abschließenden Konfigurations- und Zusammenhangsanalysen zugrundeliegenden Überlegungen näher erörtert.

6.4.4.1 Dimensionsreduktion mittels explorativer Faktorenanalyse

Die explorative Faktorenanalyse ist der Sammelbegriff für eine Reihe von multivariaten Verfahren zur Analyse der Struktur eines Variablensatzes, welche darauf beruhen, dass die Variablen auf eine kleine Zahl voneinander möglichst unabhängigen Faktoren reduziert werden, welche die «überlappenden Anteile» repräsentieren, die jeweils zwischen mehreren Variablen des Datensatzes bestehen:

Statistisch drückt sich dies in Korrelationen zwischen den Variablen aus. Die exploratorische Faktorenanalyse (EFA) versucht, die Beziehungszusammenhänge in einem großen Variablenset insofern zu strukturieren, als sie Gruppen von Variablen identifiziert, die hoch miteinander korreliert sind und diese von weniger korrelierten Gruppen trennt. (Backhaus, Erichson, Plinke & Weiber, 2018, S. 386)

Als Faktoren werden mit anderen Worten die latenten Variablen bezeichnet, die nicht durch die direkte Messung, sondern lediglich rechnerisch aus der Interkorrelation der erhobenen Variablen ermittelt werden (vgl. Diehl & Kohr, 2004, S. 338). Sie stellen die Konstrukte dar, die den jeweils hoch untereinander korrelierenden Variablen einer Gruppe zugrunde liegen. «Werden die Variablen vom Einfluss des Faktors bereinigt, ergeben sich partielle Korrelationen, die diejenigen Variablenzusammenhänge erfassen, die nicht durch den Faktor erklärt werden können» (Bortz & Schuster, 2010, S. 386). Aus den jeweiligen Restkorrelationen – so das Prinzip der Faktorenanalyse – werden sukzessiv weitere, von den bereits errechneten unabhängigen Faktoren extrahiert, bis lediglich ein messfehlerbedingter Rest übrigbleibt (vgl. Bortz & Schuster, 2010, S. 386).

Als Minimalbedingung für den Einsatz faktorenanalytischer Verfahren gilt die Faustregel, wonach die Anzahl der Proband*innen mindestens dreimal so hoch sein soll, wie die Zahl der herangezogenen Variablen (vgl. Rudolf & Müller, 2012, S. 311), was im vorliegenden Fall knapp nicht erfüllt wird. Da die Korrelationsmatrix der sieben Variablen nach dem Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium (KMO) – der auf der Grundlage der Anti-Image-Korrelationmatrix ermittelten Prüfgröße zur Ermittlung der Stichprobeneignung (measure of sampling adequacy) – einen MSA-Wert von .524 auswies (vgl. Anhang, Abbildung 9.1), wurde der Einsatz des Verfahrens dennoch als vertretbar erachtet.

Weniger als rechnerisches, denn «als Problem der Verwertbarkeit der Ergebnisse von Faktorenanalysen» stellt laut Diehl und Kohr (2004, S. 374) der Einsatz ordinalskalierter und dichotomisierter Variablen bei Faktorenanalysen dar:

Der Effekt des Einbezugs qualitativ-dichotomer Daten in eine Faktorenanalyse ist äußerst schwierig zu beurteilen; dies hängt damit zusammen, dass der Produkt-Moment-Korrelationskoeffizient dichotomer Daten, der allgemein als Phi-Koeffizient bezeichnet wird […], nicht wie bei quantitativen Daten in allen Fällen zwischen 0 und 1 variieren kann – er ist durch die Randverteilungen der Variablen im Variationsbereich eingeschränkt. Wenn nun keine Strukturierung der dichotomen Variablen vorliegt, die man in eine Faktorenanalyse einbezieht, so können artifizielle Schwierigkeitsfaktoren extrahiert werden, deren Interpretation leicht zu Fehlschlüssen führen kann […]. (Diehl & Kohr, 2004, S. 373–374)

Die Autoren mahnen entsprechend zur Vorsicht bei der Interpretation der solchermaßen gewonnenen Ergebnisse von Faktorenanalysen (vgl. auch Bortz & Schuster, 2010, S. 397; Rudolf & Müller, 2012, S. 311).

Die zentrale Arbeitsgrundlage besteht in der Korrelationsmatrix der einbezogenen Variablen. Aus ihr soll eine möglichst geringe Zahl an Faktoren gewonnen werden und zwar so, «dass möglichst wenig Information über die Beziehung der gemessenen Variablen untereinander verloren geht» (Diehl & Kohr, 2004, S. 338). Sodann sollen die extrahierten Faktoren in einem weiteren Schritt mittels Rotationsverfahren so formiert werden, «dass sich eine möglichst einfache, sinnvolle und interpretierbare Struktur ergibt» (Diehl & Kohr, 2004, S. 339). Letzteres bemisst sich namentlich daran, dass es mit Blick auf die Kennzahlen zu den Varianzanteilen und Korrelationen der jeweiligen Variablen (Kommunalitäten und Faktorladungen) gelingt, die Faktoren inhaltlich zu bestimmen und zu benennen.

In der vorliegenden Untersuchung wurde die Faktorextraktion mittels der Hauptkomponentenanalyse (principal components analysis, PCA) mit der Software IBM SPSS Statistics 25 vorgenommen (vgl. Output im Anhang, Abbildung 9.1). Die Besonderheit dieser Methode besteht im Vergleich zum oben geschilderten allgemeinen Verfahrensprinzip darin, dass die Faktoren a) wechselseitig voneinander unabhängig sind und b) sukzessiv maximale Varianz aufklären sollen – und deshalb als Hauptkomponenten bezeichnet werden (vgl. Bortz & Schuster, 2010, S. 390). Gemäß dieser Kriterien wird in diesem Verfahren die Gesamtvarianz der Ausgangsvariablen – im vorliegenden Fall mit sieben Dimensionen nimmt diese nach der z-Standardisierung den Wert 7 an – durch Drehung vollumfänglich auf die Hauptkomponenten umverteilt, welche laufend maximale Varianz aufklären und dabei orthogonal bzw. unkorreliert zueinander stehen (vgl. Rudolf & Müller, 2012, S. 311–312). Daraus resultieren gleich viele Hauptkomponenten wie Ausgangsvariablen, wobei die ersten Faktoren den Großteil und die weiteren Faktoren einen immer geringeren Teil der Gesamtvarianz erfassen. Auf der Grundlage der Eigenwerte – der Angaben, wieviel von der Gesamtvarianz aller Variablen durch die jeweiligen Faktoren bzw. Komponenten erklärt werden (vgl. Bortz & Schuster, 2010, S. 393) –, wird im nächsten Schritt mittels des «Scree-Tests» und dem «Kaiser-Guttman-Kriterium» die Anzahl weiterverwendeter Faktoren festgelegt. Während ersterer «die Größe der in Rangreihe gebrachten Eigenwerte als Funktion ihrer Rangnummern» (Bortz & Schuster, 2010, S. 415) darstellt und so die relevanten grafisch von den irrelevanten Eigenwerten zu unterscheiden hilft, besagt letzteres, dass nur diejenigen Faktoren weiter berücksichtigt werden sollten, deren Eigenwerte größer als 1 sind – größer also, als der Wert, den die z-standardisierten Ausgangsvariablen aufweisen (vgl. Bortz & Schuster, 2010, S. 415). Wie Rudolf und Müller (2012, S. 317) betonen, müssen inhaltliche Überlegungen und die Berücksichtigung dieser Indikatoren Hand in Hand gehen, weil nur so später das endgültige Faktorenmuster interpretiert werden kann. In der vorliegenden Untersuchung wurde aufgrund der Kennzahlen (vgl. Anhang, Abbildung 9.1) eine dreifaktorielle Lösung gewählt (vgl. Abschnitt 7.4.1).

Da das Ergebnis der nun mit einer begrenzten Zahl an Faktoren durchgeführten Hauptkomponentenanalyse inhaltlich oft nur schwer sinnvoll deutbar ist (namentlich weil zahlreiche Variablen hohe Faktorladungen auf der ersten Komponente aufweisen), werden zur weiteren Vereinfachung der Faktorenstruktur zusätzlich Rotationsverfahren eingesetzt (vgl. Backhaus et al., 2018, S. 417–420; Bortz & Schuster, 2010, S. 418). Diese verteilen die aufgeklärte Varianz so um, dass a) «auf jedem Faktor einige Variablen möglichst hoch und andere möglichst niedrig laden […]» und b) «auf verschiedenen Faktoren unterschiedliche Variablen hohe Faktorladungen aufweisen» (vgl. Rudolf & Müller, 2012, S. 318). Bei der in der vorliegenden Untersuchung eingesetzten orthogonalen Rotationstechnik Varimax wird die erwünschte Einfachstruktur (simple structure) dadurch erreicht, dass «die Faktoren so rotiert [werden], dass die Varianz der quadrierten Ladungen pro Faktor maximiert wird» (Backhaus et al., 2018, S. 420), ohne dass die Gesamtvarianzaufklärung der Faktoren verändert wird.

Bei der Interpretation lautet die zu beantwortende Frage bei der Hauptkomponentenanalyse: «Wie lassen sich die auf einen Faktor hoch ladenden Variablen durch einen Sammelbegriff zusammenfassen?» (Backhaus et al., 2018, S. 413, Hervorhebungen im Original). Die Kommunalitäten, die Angaben zum Anteil der Varianz der entsprechenden Variablen, der durch die Faktoren gemeinsam aufgeklärt wird, sowie die Faktorladungen, die angeben, wie stark die jeweiligen Variablen mit dem entsprechenden Faktor korrelieren (vgl. Bortz & Schuster, 2010, S. 293), dienen hierbei als wichtigstes Hilfsmittel: Je höher die diesbezüglichen Werte einer Variable ausfallen, desto gewichtiger ist deren Beitrag zur inhaltlichen Bestimmung des entsprechenden Faktors (vgl. Abschnitt 7.4.1).

Nach der Festlegung der Faktorenzahl und deren inhaltlichen Bestimmung richtete sich in der vorliegenden Analyse die Aufmerksamkeit auf die Faktorwerte, die darüber Auskunft gaben, in welchem Ausmaß die in den drei Hauptkomponenten verdichteten Merkmale bei den einzelnen Elternteilen aufgetreten waren. Die Faktorwerte ermöglichten somit die Bestimmung der Position jedes Elternteils im dreidimensionalen Raum, der durch die Komponenten aufgespannt wurde, und bildeten die Grundlage zur Identifizierung von Gruppen unter den Elternteilen bezüglich der Gemeinsamkeiten und Unterschiede, die sie in ihrem verbal-appellativen Motivierungshandeln während der Übertrittszeit gezeigt hatten.

6.4.4.2 Gruppierung der Elternteile gemäß ihrem Stil verbaler Motivierung mit k-means Clustering

Clusteranalyse ist ein Sammelbegriff für eine Reihe von Algorithmen, die dem Aufsuchen von Subgruppen in einem Datensatz dienen: «Die durch einen festen Satz von Merkmalen beschriebenen Objekte (Personen oder andere Untersuchungsobjekte) werden nach Maßgabe ihrer Ähnlichkeit [bzw. ihrer Unähnlichkeit oder Distanz] in Gruppen (Cluster) eingeteilt, wobei die Cluster intern möglichst homogen und extern möglichst gut voneinander separierbar sein sollen» (Bortz & Schuster, 2010, S. 453). Während die explorative Faktorenanalyse ein heuristisches Verfahren zur Reduktion der Anzahl Variablen darstellt, dient die Clusteranalyse der Reduktion der Anzahl Objekte bzw. Fälle, die zur Mustererkennung in Betracht gezogen werden müssen (vgl. Wendler & Gröttrup, 2016, S. 677; Wiedenbeck & Züll, 2010, S. 525).

Die clusteranalytischen Verfahren lassen sich einerseits nach den Gruppierungsprinzipien und andererseits nach den eingesetzten Distanz- bzw. Ähnlichkeitsmaßen (proximity measures) unterscheiden. Bei den häufig eingesetzten agglomerativen hierarchischen Verfahren repräsentieren die Objekte zu Beginn je ein eigenes Cluster. Nachdem die paarweisen Distanzen zwischen ihnen allen ermittelt sind, werden sukzessive jeweils jene beiden fusioniert, die die geringste Distanz bzw. größte Ähnlichkeit aufweisen, wobei sich die Clusterzahl stetig um 1 reduziert, bis schließlich alle Objekte in einem gemeinsamen Cluster zusammengefasst sind. Bei den selten eingesetzten divisiven hierarchischen Verfahren ist das Vorgehen umgekehrt: Aus einem anfänglichen Gesamtcluster werden hier schrittweise Teilcluster aufgeteilt bis keine weitere Verfeinerung mehr möglich ist und homogene Gruppen resultieren (vgl. Bortz & Schuster, 2010, S. 459). In Baumdiagrammen, sog. Dendogrammen, lassen sich bei hierarchischen Verfahren die Reihenfolge und die Distanzmaße der Fusionierungen bzw. der Aufteilungen der Cluster visualisieren und ermöglichen so neben anderen Prüfverfahren die Festlegung einer angemessenen Zahl an Gruppen. Abgesehen vom Umstand, dass die Anzahl der Cluster nicht vorab festgelegt werden muss, besteht ein weiterer Vorteil hierarchischer Algorithmen darin, dass die Position der Objekte im Datensatz keine Rolle spielt und zu Beginn alle gleichermaßen von der Prozedur erfasst werden. Die Nachteile sind insbesondere darin zu sehen, dass die einmal vollzogene Zuordnung eines Objekts zu einem Cluster in diesem hierarchisierenden Verfahren nicht mehr rückgängig gemacht bzw. justiert werden kann. Ebenso gestaltet sich der sukzessive paarweise Vergleich der Distanzen zwischen allen Objekten vor allem bei großen Datensätzen als zeitaufwändig. Und schließlich gilt als weitere Einschränkung, dass die stetigen Variablen in normalverteilter Form vorliegen sollten (vgl. Wendler & Gröttrup, 2016, S. 591). Diesen drei Einschränkungen lässt sich mit dem Einsatz nicht-hierarchischer partitionierender Gruppierungsmethoden begegnen. Bei diesen Verfahren besteht das grundlegende Prinzip darin, dass eine bestimmte Anzahl k Cluster vorgegeben wird und jedes Objekt einem dieser initialen Gruppen zugeordnet wird. Danach werden nach festgelegten Kriterien die Zuordnungen der Objekte zu den Clustern so lange verändert, bis die Qualität der Klassifizierung der Objekte nicht mehr weiter verbessert werden kann (vgl. Bortz & Schuster, 2010, S. 461). Bei k-means, dem Verfahren, welches im vorliegenden Projekt zum Einsatz kam, muss zuerst die Anfangspartition mit k Clustern erzeugt werden, was mit einer Festlegung der Werte für k und für die initialen Clusterzentren einhergeht. IBM SPSS Statistics 25 und IBM SPSS Modeler 18, die Softwarepakete, die dafür herangezogen wurden, übernehmen Letzteres, wobei die initialen Zentren ausgehend von den Werten des ersten Eintrages im Datensatz ermittelt werden. Die Position der Objekte im Datenfile spielt hier demnach eine Rolle. Bortz und Schuster (2010, S. 466) empfehlen, unterschiedliche Startpartitionen zu erzeugen, «welche die Reihenfolge der Cluster und der Objekte innerhalb der Cluster variieren», um dann jene Lösung auszuwählen, welche sich am häufigsten ergibt. Sodann muss der Parameter k – die für den Datensatz passende Anzahl Cluster – von den Anwender*innen selbst experimentell ermittelt werden. Dazu führt man die Prozedur je nach Größe des Datensatzes seriell mit zwei bis ca. acht Clustern durch und entscheidet sich danach aufgrund der Silhouettenwerte der verschiedenen Lösungen sowie inhaltlicher Überlegungen für die angemessenste Clusterzahl. Ausgehend von den definierten initialen Clusterzentren berechnet die eingesetzte Software die quadrierte euklidische Distanz zwischen allen Objekten und jedem Clusterzentrum und ordnet erstere jeweils jenem Schwerpunkt zu, zu dem diese die geringste Distanz aufweisen. Die durch die Verschiebung veränderten Clusterschwerpunkte werden nun neu berechnet und die Objekte wiederum nach denselben Kriterien den jeweils aktuellen Zentren zugeordnet. Die Prozedur endet, wenn entweder eine vorab festgelegte Zahl an Iterationen erreicht ist oder sich bei der Berechnung der Clusterschwerpunkte keine Änderung mehr ergibt (vgl. Bortz & Schuster, 2010, S. 461; Wendler & Gröttrup, 2016, S. 640–641).

Die Faktorwerte, die nach der Hauptkomponentenanalyse in z-standardisierter Form für jeden Elternteil vorlagen, dienten im vorliegenden Projekt als Datengrundlage für die Gruppierung der Fälle nach dem k-means-Verfahren (vgl. Abschnitt 7.4.2). Die Festlegung der Anzahl Cluster ebenso wie die Suche nach der angemessensten Startpartition erfolgten in der oben beschriebenen experimentellen Weise: Zur Lösung des letzteren Problems wurde die Reihenfolge der Fälle im Datensatz variiert und schließlich die anfängliche, nach der Fallnummer geordnete Reihenfolge beibehalten, nachdem sich deren Lösung in fast jedem Durchlauf des Algorithmus bestätigt hatte. Zur Festlegung der Clusterzahl wurde die Software IBM SPSS Modeler 18 hinzugezogen. Die Qualität der Modelle mit unterschiedlichen Werten für k ist in diesem Programm an der Silhouette Ranking Measure ablesbar, einem Maß für die Kohäsion in den Clustern und die Trennung zwischen den Clustern, welches auf der Basis des SilhouettenkoeffizientenFootnote 11 ermittelt wird (vgl. Wendler & Gröttrup, 2016, S. 612). Werte bis 0.25 werden als «schlecht», solche bis 0.50 als «mittel» und solche darüber als «gut» ausgewiesen.

Abbildung 6.2
figure 2

Verlauf der Silhouettenwerte in Abhängigkeit der Clusterzahl

Abbildung 6.2 visualisiert die Veränderung der Silhouettenwerte in einem Liniendiagramm, die k-means für den vorliegenden Datensatz in Abhängigkeit der gewählten Clusterzahl zwischen 2 und 10 ausgibt (für die exakten Silhouettenwerte pro Clusterzahl vgl. Tabelle 9.6 im Anhang): Es zeigt sich, dass ab einer Clusterzahl von k = 3 zwar grundsätzlich eine qualitativ hochwertige Gruppierung der Fälle vorliegt (Silhouettenwert von 0.5377), sich Kohäsion und Separation aber mit einer Clusterzahl von k = 4 weiter steigern lassen (0.5968), bevor diese bei k = 5 Clustern wieder zurückgehen (0.5642), und erst bei einer Clusterzahl von k = 7 schließlich wieder höher ausfallen (0.6126) als bei einer Zahl von k = 4.

Eine Lösung mit vier Typen schulbezogener verbal-appellativer Motivierung von Eltern bei einem unklaren Übertrittsentscheid erwies sich nicht nur bezüglich des «Ellenbogen-Prinzips» und inhaltliche Überlegungen, sondern auch mit Blick auf weitere Kennzahlen als geeignetste und plausibelste Lösung (vgl. Anhang, Abbildung 9.2): Die in drei Iterationen stabilisierte Lösung mit besagter Eingangspartitionierung weist relativ ausgeglichene Indices zwischen 2.134 und 2.676 für die Distanzen zwischen den Clusterzentren auf und die ANOVA-Tabelle belegt, dass alle drei grundlegenden Dimensionen bzw. Komponenten einen signifikanten Einfluss darauf ausgeübt haben, in welche Gruppe die Elternteile einsortiert wurden. Die Cluster weisen sodann verhältnismäßig ausgeglichene Fallzahlen auf: Während Cluster 4 mit sechs Elternteilen einen Drittel der Fälle beinhaltet, verteilen sich die restlichen Zweidrittel auf die übrigen drei Cluster 1, 2 und 3 mit Fallzahlen von fünf, vier und drei Elternteilen (vgl. Abschnitt 7.4.2).

6.4.4.3 Konfigurations- und Zusammenhangsanalysen bezüglich Merkmalen der Eltern, des Kindes und der Familie und den Typen des elterlichen verbalen Motivierens

Im letzten Analyseschritt ging es darum zu überprüfen, inwiefern sich bei den vier gruppenspezifischen Motivierungsstilen bestimmte Bedingungsmuster erkennen ließen (vgl. Fragestellung 4.4). Von Interesse war, wie die Cluster bezüglich einzelner Charakteristiken der Eltern-Kind-Dyaden konfiguriert waren und ob zwischen diesen Merkmalen und den Typen schulbezogenen verbal-appellativen Motivierens, welche die jeweiligen Elternteile in der Übertrittszeit praktiziert hatten, Zusammenhänge feststellbar waren.

Zur Aufdeckung allfälliger Kontingenzen zwischen der (nominalskalierten) Clusterzugehörigkeit und weiterer kategorialer Merkmale der Eltern (vgl. Tabelle 3.2, Tabelle 4.1, Tabelle 4.2 und Tabelle 4.5), der Kinder (vgl. Tabelle 4.4) oder der ganzen Familie (vgl. Tabelle 4.3) wurden Kreuztabellierungen vorgenommen. Mit Kontingenztabellen lassen sich die absoluten und relativen Häufigkeiten der Ausprägungskombinationen grafisch darstellen und bezüglich allfälliger Zusammenhänge explorieren. Die nichtparametrische Chi-Quadrat-Teststatistik ermöglicht es sodann, auf der Grundlage der Differenz zwischen den empirisch beobachteten und den erwarteten Häufigkeiten Aussagen über das Vorliegen und die Stärke eines statistischen Zusammenhangs zu treffen (vgl. Eckstein, 2012, S. 153). Die Erwartungswerte in den einzelnen inneren Tabellenzellen, die sich aus der Randverteilung und der Gesamtzahl der Fälle (Zeilensumme * Spaltensumme / Gesamtsumme) berechnen lassen (vgl. Backhaus et al., 2018, S. 347), drücken aus, wie häufig die betreffende Ausprägungskombination auftreten müsste, wenn Unabhängigkeit bzw. kein Zusammenhang zwischen beiden Variablen vorläge (vgl. Akremi & Baur, 2010, S. 173). Aus den Residuen der tatsächlichen Häufigkeiten und den Häufigkeiten der Indifferenzmatrix – so die Logik des Chi-Quadrat-Unabhängigkeitstests – lässt sich Größe und Art des statistischen Zusammenhangs ermessen: «Je größer die Residuen im Verhältnis zur Gesamtzahl der Befragten sind, desto größer ist der Zusammenhang» (Akremi & Baur, 2010, S. 174).

In Anbetracht der kleinen Stichprobe von weniger als 20 Fällen sowie geringen und teilweise unausgewogenen Zellbesetzungen musste in der vorliegenden Untersuchung allerdings (zusätzlich) auf die wesentlich voraussetzungsfreieren, nicht auf der asymptotischen Prüfverteilung beruhenden exakten Tests nach Freeman-Hallmann zurückgegriffen werden (vgl. Hartung, Elpelt & Klösener, 2009, S. 414; Janssen & Laatz, 2017, S. 816), welche von der Software IBM SPSS 25 angeboten werden und sich grundsätzlich auf beliebige Tabellenformate anwenden lassen (vgl. Mehta & Patel, 1996). Im Gegensatz zum Chi-Quadrat-Test basieren exakte Tests nicht auf bekannten theoretischen Verteilungen, sondern es wird die Wahrscheinlichkeit berechnet, mit der Kontingenztabellen mit gleichen Randsummen und gleichem Tabellenformat wie die tatsächlich beobachtete durch Zufall (Nullhypothese) auftreten. Bei genügend kleinem p-Wert wird die Nullhypothese H0 verworfen (vgl. Hartung et al., 2009, S. 414):

Im ersten Schritt wird die Prüfgröße χ2 für alle denkbar möglichen Kreuztabellen berechnet, die die gleiche Zeilen- und Spaltenanzahl und die gleichen Randsummenhäufigkeiten haben wie die als Stichprobe vorliegende empirische Kreuztabelle. Im nächsten Schritt werden alle Tabellen identifiziert, deren Prüfgröße χ2 gleich bzw. größer ist als die der vorliegenden empirischen Tabelle. Die Häufigkeiten dieser Tabellen reflektieren noch stärkere Abweichungen von der H0-Hypothese als die der empirischen Tabelle. Für jede dieser so bestimmten Tabellen wird dann die (hypergeometrische) Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens berechnet. Die exakte Wahrscheinlichkeit P ergibt sich als Summe dieser Einzelwahrscheinlichkeiten. (Janssen & Laatz, 2017, S. 813–814)

Der p-Wert ist somit die Wahrscheinlichkeit, mit der durch Zufall die empirische oder eine noch unwahrscheinlichere Kontingenztabelle mit gleichen Randsummen auftritt. Bei einem p-Wert kleiner oder gleich dem Signifikanzniveau von α = .05 wird die Alternativhypothese H1 angenommen, andernfalls wird die H0 beibehalten.

Bei sehr kleinen Stichproben besteht allerdings ein großes Risiko, einen β-Fehler bzw. einen Fehler zweiter Art zu begehen. Damit ist gemeint, dass man fälschlicherweise eine Nullhypothese beibehält und die eigentlich zutreffende Alternativhypothese verwirft:

[Mit der Verwendung exakter Tests] ist das Risiko erster Art [d.h. fälschlicherweise eine H1 anzunehmen] exakt unter Kontrolle, aber das Risiko für einen Fehler zweiter Art bleibt dasselbe. Die Konsequenz daraus ist: Ergibt eine kleine Stichprobe ein signifikantes Ergebnis für H1, ist das Risiko eines Fehlers erster Art ebenso gering als hätten wir eine große Stichprobe untersucht. Müssen wir dagegen H0 beibehalten, kann man bei großen und mittleren Stichproben von einem geringen Fehlerrisiko zweiter Art ausgehen, bei kleinen dagegen ist dieses Fehlerrisiko sehr groß. Man sollte daher, wenn die deskriptiven Daten einer Untersuchung mit geringer Fallzahl für eine Hypothese sprechen, nicht voreilig die Hypothese verwerfen, wenn diese nicht signifikant abzusichern ist. Die Praxis, statistisch nicht signifikante Ergebnisse aus kleinen Stichproben nicht zu publizieren, lässt viele relevante Forschungsergebnisse verschwinden. (Janssen & Laatz, 2017, S. 318–319)

Den Bedenken wurde in der vorliegenden Studie so zu begegnen versucht, dass wenigstens beim Vorliegen vergleichsweise kleiner, aber über dem α-Niveau liegender p-Werte zusätzlich in den zugrundeliegenden qualitativen Originaldaten danach gesucht wurde, ob die Elternteile in den entsprechenden Interviewstellen selbst explizit einen Zusammenhang zwischen dem betreffenden Merkmal und ihrem eigenen Motivierungshandeln hergestellt hatten. Sodann wurden bei knapp nicht signifikanten Ergebnissen des exakten Tests auch die Werte des auf der Chi-Quadrat-Statistik beruhenden Assoziationsmaßes Cramers V in Augenschein genommen: Ein zwar knapp nicht signifikanter, aber starker Zusammenhang konnte bei der vorliegenden kleinen Stichprobe als Hinweis gedeutet werden, dass relevante unterschiedliche Verteilungsmuster zwischen den Clustern vorlagen, denen nochmals genauer nachgegangen werden sollte. Cramers V ist ein Index, der für beliebig große Tabellen ermittelt werden kann, bei einer fehlenden Assoziation den Wert 0 aufweist und stets verhältnismäßig einfach interpretierbar bleibt, weil er – anders als der Phi-Koeffizient – den Maximalwert von 1 nicht überschreitet (vgl. Backhaus et al., 2018, S. 351; Janssen & Laatz, 2017, S. 269–270). Generell gilt die Faustregel, «dass ein Wert größer als 0.3 eine Stärke der Abhängigkeit anzeigt, die mehr als trivial ist» (Backhaus et al., 2018, S. 350).

Mit Blick auf die Befunde, welche die empirische Forschung zum Zusammenhang zwischen verschiedenen Bedingungsmerkmalen und dem Motivierungshandeln von Eltern erarbeitet hat (vgl. Abschnitt 4.2), wurden die folgenden 15 Variablen bezüglich der vier Cluster auf Unabhängigkeit untersucht (vgl. Abschnitt 7.4.3):

  1. 1.

    Merkmale der Elternteile

  2. a)

    Geschlecht

    H0: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem Geschlecht der Elternteile und dem Typ ihres verbal-appellativen Motivierungshandelns.

  3. b)

    Wöchentlicher außerhäuslicher Beschäftigungsgrad (vgl. Tabelle 4.1)

    (tief: 0–15h, vs. mittel: 16–29h, vs. hoch: > 31h)

    H0: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem Grad an wöchentlicher außerhäuslicher Arbeitszeit der Elternteile und dem Typ ihres verbal-appellativen Motivierungshandelns.

  4. c)

    Schulabschluss (vgl. Tabelle 4.1)

    (Sekundarstufe I, Grundanforderungen vs. Sekundarstufe I, Erweiterte Anforderungen vs. Sekundarstufe II)

    H0: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem Schulabschluss der Elternteile und dem Typ ihres verbal-appellativen Motivierungshandelns.

  5. d)

    Valenz der unmittelbaren Zuteilung zur erwünschten Abteilung (vgl. Tabelle 3.2)

    (tief vs. hoch vs. sehr hoch)

    H0: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem Grad der Valenz der Elternteile bezüglich einer unmittelbaren Zuteilung ihres Kindes zur aspirierten Abteilung und dem Typ ihres verbal-appellativen Motivierungshandelns.

  6. e)

    Kontrolleinschätzung bezüglich unmittelbarer Zuteilung zur erwünschten Abteilung (vgl. Tabelle 3.2)

    (tief vs. hoch)

    H0: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem Grad der Kontrolleinschätzung der Elternteile bezüglich einer unmittelbaren Zuteilung ihres Kindes zur aspirierten Abteilung und dem Typ ihres verbal-appellativen Motivierungshandelns.

  7. f)

    Wahrnehmung des wert- und kontrollbezogenen Regulationsbedarfs beim Kind (vgl. Tabelle 4.5)

    (tief vs. hoch)

    H0: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung der Elternteile eines wert- und kontrollbezogenen Regulationsbedarfs beim Kind und dem Typ ihres verbal-appellativen Motivierungshandelns.

  8. g)

    Überzeugung, dass Begabung in Mathematik veränderbar sei (vgl. Tabelle 4.5)

    (unterdurchschnittlich vs. durchschnittlich; M = 2.76, SD = .47)

    H0: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem Grad der Überzeugung der Elternteile, wonach Begabung in Mathematik durch geeignete didaktische Maßnahmen und Wissenszuwachs veränderbar sei, und dem Typ ihres verbal-appellativen Motivierungshandelns.

  9. h)

    Überzeugung, dass geringe Begabung in Mathematik durch Anstrengung kompensierbar sei (vgl. Tabelle 4.5)

    (unterdurchschnittlich vs. durchschnittlich; M = 2.29, SD = .42)

    H0: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem Grad der Überzeugung der Elternteile, wonach geringe Begabung in Mathematik durch willentliche Anstrengung des Kindes veränderbar sei, und dem Typ ihres verbal-appellativen Motivierungshandelns.

  1. 2.

    Merkmale der Kinder

  2. a)

    Geschlecht (vgl. Tabelle 4.4)

    H0: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem Geschlecht der Kinder und dem Typ des verbal-appellativen Motivierungshandelns der Elternteile.

  3. b)

    Noten in Mathematik (vgl. Tabelle 4.4)

    («ungenügend» bis «genügend» vs. «mäßig» bis «gut»)

    H0: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen den Zeugnisnoten der Kinder in Mathematik und dem Typ des verbal-appellativen Motivierungshandelns der Elternteile.

  4. c)

    Noten in Deutsch (vgl. Tabelle 4.4)

    («ungenügend» bis «genügend» vs. «mäßig» bis «gut»)

    H0: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen den Zeugnisnoten der Kinder in Mathematik und dem Typ des verbal-appellativen Motivierungshandelns der Elternteile.

  5. d)

    Definitive Zuteilung in eine der beiden Abteilungen der Sekundarschule (vgl. Tabelle 3.2)

    (Abteilung B vs. Abteilung A)

    H0: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem Typ des verbal-appellativen Motivierungshandelns der Elternteile und der definitiven Zuteilung ihrer Kinder zu einer der beiden Abteilungen der Sekundarschule.

  1. 3.

    Merkmale der Familien

  2. a)

    Lernvoraussetzungen (vgl. Tabelle 4.3)

    (eher unterprivilegiert vs. eher privilegiert)

    H0: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen den ökonomischen, kulturellen und sozialen Ressourcen der Familie und dem Typ des verbal-appellativen Motivierungshandelns der Elternteile.

  3. b)

    Migrationsstatus (vgl. Tabelle 4.3)

    (alle Familienmitglieder in der Schweiz geboren vs. Kind und ein Elternteil in der Schweiz geboren vs. Kind und Eltern im Ausland geboren)

    H0: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem Migrationsstatus der Familie und dem Typ des verbal-appellativen Motivierungshandelns der Elternteile.

  4. c)

    Soziokulturelles Milieu (vgl. Tabelle 4.3)

    (vorstädtisch vs. städtisch)

    H0: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem soziokulturellen Milieu der Familie (Wohnort) und dem Typ des verbal-appellativen Motivierungshandelns der Elternteile.

Im Hinblick auf die abschließende Erörterung und Diskussion der ermittelten vier Typen verbal-appellativen Motivierungshandelns (vgl. Abschnitt 8.2) wurden die Konfigurationen der einzelnen Cluster hinsichtlich derjenigen Eltern-, Kind- und Familienmerkmale, bei denen ein signifikanter Zusammenhang zur Clusternummer statisch abgesichert werden konnte, ferner in einer tabellarischen Übersicht dargestellt (vgl. Tabelle 7.20). Anders als die Kreuztabellen gewährt diese Zusammenstellung einen Einblick in den konkreten Beitrag, den die individuellen Eltern-Kind-Dyaden an der Merkmalskonfiguration ihres jeweiligen Clusters geleistet hatten.