Zusammenfassung
Der Schule kommt eine Schlüsselfunktion in der Rechtsextremismusprävention zu. Sie hat einen bildungspolitischen Auftrag zur kontroversen Auseinandersetzung mit politischen, sozialen und ethischen Fragen. Schule soll keinesfalls eine neutrale, unpolitische Haltung fördern, sondern pluralistische, demokratische und menschenrechtsorientierte Haltungen und Werte vermitteln. Dazu bedarf es nicht nur entsprechenden Unterrichts, sondern dies ist eine Aufgabe der Schule als Institution. Entsprechendes deklaratives Wissen, Handlungskompetenz, Professionsverständnis und pädagogische Reflexivität sollten deshalb fachübergreifend Teil der Lehrkräftebildung sein.
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Notes
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Oft wird stattdessen von (Rechts)extremismusprävention gesprochen. Allerdings geht die Etablierung des Begriffs mit einer Verschiebung hin zu einem Sicherheitsdispositiv einher. Vgl. zur Kritik Achour und Gill 2019.
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Mit dem Begriff des Antiziganismus wird eine spezifische Form des Rassismus gegenüber sozialen Gruppen bezeichnet, die mit dem Stigma ‚Zigeuner‘ oder anderen verwandten Bezeichnungen belegt werden (vgl. Allianz gegen Antiziganismus 2017, S. 5). Der Terminus steht in der Kritik, weil er durch die Reproduktion des Wortelements „zigan“ rassistische Sprache reproduziert. Zum Teil wird deshalb von „Rassismus gegen Sinti und Roma“ gesprochen. Demgegenüber ist Antiziganismus jedoch ein präziserer Begriff, weil er zum einen nicht zwischen gesellschaftlichen ‚Zigeunerbildern‘ und Roma und Sinti unterscheidet und damit den projektiven Charakter dieser Zuschreibung verdeckt, zum anderen, da nicht nur Menschen, die sich als Roma und Sinti begreifen, von Antiziganismus betroffen sind (vgl. End 2014, S. 34).
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Extrem rechts ist eine Bezeichnung, die sich bewusst abgrenzt vom extremismustheoretisch konnotierten Rechtsextremismusbegriff und stattdessen eine bewegungstheoretische Perspektive einnimmt, die neben extrem rechten Akteur*innen bspw. auch politisch-institutionelle und kulturell-diskursive Gelegenheitsstrukturen in den Blick nimmt (vgl. dazu Schedler in diesem Band).
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Es ist daher zu begrüßen, dass im neu aufgelegten Programm „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Demokratieförderung im Bildungsbereich auch Projekte unterstützt werden, die gezielt Schulen einbinden.
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Schedler, J., Elverich, G., Achour, S., Jordan, A. (2019). Rechtsextremismus und Schule: Herausforderungen, Aufgaben und Perspektiven. In: Schedler, J., Achour, S., Elverich, G., Jordan, A. (eds) Rechtsextremismus in Schule, Unterricht und Lehrkräftebildung. Edition Rechtsextremismus. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-26423-9_1
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