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Normative Vorstellungen und deren Auswirkungen in der Institution Schule

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Zusammenfassung

Menschen werden zu dem gemacht, was sie sind, durch die Verhältnisse, wie andere sie und ihre Fähigkeiten definieren. Dadurch können Fähigkeiten zugeschrieben oder aberkannt werden, ohne dass Talente, Interessen, Motivationslagen überhaupt erhoben wurden. Den potenziellen Entwicklungsmöglichkeiten eines Menschen, der unter den Bedingungen von ausschließenden Zuschreibungen lernen soll, werden in diesem Zusammenspiel höchst wahrscheinlich keine adäquaten Entwicklungschancen angeboten. Entwicklung stagniert in einem von außen konstruierten Abhängigkeitsverhältnis des So-Seins und So-Bleiben-Müssens. Vorannahmen über Menschen sowie die damit verbundenen normativen Vorstellungen entscheiden darüber, wie Form und Inhalte der Vermittlung aufbereitet und ausgewählt werden. Es stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, was diese schulische Platzierung begünstigt oder die Ursache für die damit verbundene selektive Vorgehensweise ist.

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Notes

  1. 1.

    Differenzlinien, oder auch Heterogenitätslinien zeigen auf, an welcher Stelle Unterscheidungen gemacht werden. Dies geschieht durch die Konstruktion von binären Ordnungen – in der Schule sind die Unterschiede mehrheitlich in den Zuweisungen im Geschlecht, sozio-ökonomische Bedingungen, natio-ethnische Zugehörigkeit, Beeinträchtigung zu finden, darüber hinaus kommen deutlich mehr dieser Unterscheidungskategorien vor. Diese vier Kategorien sollen als Oberkategorien gelesen werden, unter denen sich weitere subsumieren lassen (Sturm 2016).

  2. 2.

    Das Konzept des Ableism zeigt analytische Chancen auf, um vermeintliche Normalität zu dekonstruieren. Es „erfasst eine historisch spezifische Konstellation von Normalitätsannahmen und problematisiert die Zumutungen, Überforderungen und gar unüberwindbaren Ausschlüsse, mit denen Menschen konfrontiert sind, die dieser Normalität nicht entsprechen können oder wollen. Indem Normalität auf diese Weise als hegemonial und wirkmächtig, aber durchaus nicht notwendig erfahrbar wird, eröffnen sich neue Möglichkeiten der Forderung nach Inklusion als Recht auf bedingungslose Teilhabe[…]“ (Meißner 2015). Ableistische Zuschreibungen ‚funktionieren‘ in alle Richtungen, so werden z. B. Menschen, die als äußerst gutaussehend wahrgenommen werden, auch automatisch als klug und freundlich markiert, oder Menschen, die als Männer gelesen werden, wird unterstellt, auf jeden Fall handwerklich begabt zu sein etc.

  3. 3.

    Vygotskij bestimmt die Zone der nächsten (proximalen) Entwicklung folgendermaßen: „Die Zone der proximalen Entwicklung definiert jene Funktionen, die zwar noch nicht herangereift sind, sich aber im Prozeß der Reifung befinden, Funktionen, die morgen heranreifen werden, sich gegenwärtig aber noch im embryonalen Stadium befinden. Man könnte diese Funktionen eher als ‚Knospen‘ oder ‚Blüten‘ der Entwicklung bezeichnen – im Gegensatz zu ihren ‚Früchten‘. Das aktuelle Entwicklungsniveau charakterisiert die geistige Entwicklung retrospektiv, während die Zone der proximalen Entwicklung sie prospektiv bestimmt“ (Vygotskij 1978, S. 86 f.; Steffens und Jugel in diesem Band).

  4. 4.

    Institutionelle Diskriminierung beschreiben Gomolla und Radke als eine Form der Diskriminierung, aus der der Effekt der täglichen institutionellen Praktiken hervorgeht: „Fest eingebaut in die Organisation ist […] die deterministische Logik, mit der die zugeschriebenen Eigenschaften/Kollektivmerkmale derjenigen, die benachteiligt sind, selbst für die Entscheidung und alle Folgen verantwortlich gemacht werden“ (2009, S. 277).

  5. 5.

    Zur Geschichte der Schule: Ackeren et al. (2015).

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Mannewitz, K. (2019). Normative Vorstellungen und deren Auswirkungen in der Institution Schule. In: Langner, A., Ritter, M., Steffens, J., Jugel, D. (eds) Inklusive Bildung forschend entdecken. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-25515-2_5

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