- Annett Steinführer,
- Meike Hellmich,
- Rosemarie Siebert &
- Reimund Steinhäußer
Zusammenfassung
CC-LandStraD war nicht nur als inter-, sondern auch als transdisziplinäres Projekt konzipiert worden. Das Erfahrungs- und Praxiswissen relevanter, mit Landnutzung mindestens semiprofessionell befasster gesellschaftlicher Akteure wurde für den Forschungsprozess, die Validierung von Zwischenergebnissen und die Praxisrelevanz der zu erzielenden Ergebnisse für so relevant gehalten, dass bundesweite und regional tätige Stakeholder kontinuierlich zur Beteiligung am Projekt eingeladen wurden. Dies erfolgte durch Workshops, leitfadengestützte Interviews und Fokusgruppendiskussionen. Mittels Feedbackbögen und -interviews wurden Erwartungen und erzielte Ergebnisse vergleichend reflektiert. Inhaltlich leisteten die Stakeholder Beiträge insbesondere zu den landnutzungsbezogenen Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen sowie deren Ausgestaltung in den Strategien (Klimaschutz, Bioenergie, Natur- und Umweltschutz, Klimaanpassung). Der Artikel stellt den Prozess und seine Ergebnisse dar und reflektiert die Beteiligung und inhaltlichen Anregungen der Stakeholder sowie methodische Fragen, wie etwa den Übersetzungsaufwand zwischen Modellierungswissenschaften und Anwendungserwartungen.
5.3.1 Stakeholder-Beteiligung in der Umweltforschung
Die Beteiligung unterschiedlicher Akteure von außerhalb der Wissenschaft ist in der sozialökologischen Forschung in den vergangenen Jahren nahezu zur Routine geworden. Die erkenntnistheoretischen und gesellschaftspolitischen Hintergründe dieses Paradigmenwechsels reichen in den Risikodiskurs der 1980er-Jahre zurück. Dieser hatte vor allem die Rückkopplungseffekte hochtechnisierter Systeme sowie ihre von der Wissenschaft nicht intendierten oder ihr unbekannten Folgeprobleme thematisiert. Letztere spielten eine zentrale Rolle für die Erosion des Glaubens an den technischen Fortschritt und die Beherrschbarkeit der (Um-)Welt auf Grundlage naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinns. So entstand eine neue anwendungsorientierte, inter- und transdisziplinäre Umweltforschung, die zur Lösung praktischer Probleme beitragen und dafür naturwissenschaftliche Expertise, sozialwissenschaftliche Methoden und Konzepte sowie das Erfahrungswissen der Praxis möglichst gleichberechtigt einbinden möchte. In Deutschland verbindet sich dieser Zugang bis heute in besonderer Weise mit dem sozialökologischen Paradigma, das explizit nach „neuen Wissensformen“ sucht, „die auf lebenspraktische gesellschaftliche Probleme bezogen sind und zu deren Bewältigung beitragen“ (Becker und Jahn 2006, S. 15). Eine neuere Entwicklung ist die Citizen Science, eine Forschung unter Bürgerbeteiligung, beispielsweise im Bereich gewünschter oder unerwünschter Biodiversität, wenn etwa die Bewohner einer Stadt oder Region gebeten werden, Wildtiere in urbanen Räumen zu zählen oder die Flora von Bergwiesen zu bestimmen (z. B. Finke 2014).
Parallel erfolgte neben der prinzipiellen Hinterfragung und kritischen Reflexion tradierter Wissensquellen und -formen eine Veränderung umweltpolitischer Governancestrukturen: Die „aktive Beteiligung aller interessierten Stellen“, wie die Formulierung beispielsweise in Artikel 14 der im Jahr 2000 verabschiedeten EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) heißt, hat sich mittlerweile als Standardanforderung an die europäische Umweltpolitik durchgesetzt und schlägt sich seit langem in konkreten Instrumenten (etwa der Strategischen Umweltprüfung (SUP) oder der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)) sowie verschiedenen europäischen Richtlinien (wie der Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie (HWRM-RL) oder bereits 1982 der Richtlinie zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen (Seveso-RL)) nieder. Bürgerbeteiligung hat dabei im Zeitverlauf zweifellos an Bedeutung gewonnen. Inwiefern es sich aber bei den zahlreichen Beteiligungsprozessen in den unterschiedlichen Kontexten und Arenen um wirkliche Partizipation oder um Alibipolitik handelt, ist umstritten und im Einzelfall verschieden. Bereits 1969 hatte Sherry Arnstein zwischen echter und vermeintlicher Partizipation sowie Nicht-Beteiligung unterschieden. Lediglich die drei Stufen „Partnerschaft“, „Machtdelegation“ und „Bürgerkontrolle“ definierte sie in ihrer ladder of participation als wirkliche Beteiligung bzw. Mitwirkung. „Vorgänge der Konsultation“ und „Information der Bevölkerung“ zählte sie hingegen nicht dazu, da nicht gesichert sei, dass die Hinweise und Anregungen der Bevölkerung von der Exekutive tatsächlich beachtet würden (Arnstein 1969, bes. S. 217).
Forschungsarbeiten begleiteten die Umsetzung der zahlreichen europäischen Richtlinien und deren praktische Probleme und trugen so ebenfalls zu einer neuen sozialwissenschaftlichen Umweltforschung bei, bei der partizipative Governance, Beteiligung und Nicht-Beteiligung unterschiedlicher sozialer Gruppen sowie deren Bedingungsfaktoren und Hindernisse im Mittelpunkt stehen, etwa im Hinblick auf Wassermanagement (Jessel und Jacobs 2005), Risikoanalysen (Glicken 2000), Prozesse der Risikokommunikation (De Marchi 1991) oder das Management von Hochwasserrisiken (Wehn et al. 2015; Begg et al. 2011; Steinführer et al. 2009). Die von den Umweltproblemen oder der Instrumentenumsetzung Betroffenen werden dabei in unterschiedlichem Maße in die Forschungen mit einbezogen. Ähnlich wie in Arnsteins ladder of participation lässt sich diese Beteiligung von Informiert- über Konsultiert-Werden bis hin zum Mit-Entscheiden abstufen.
In Deutschland hat sich für die Einbindung nichtwissenschaftlicher Akteure in Forschungsprojekte das Konzept der Transdisziplinarität etabliert. Darunter wird ein über Einzeldisziplinen hinausgehender, spezifischer erkenntnistheoretischer und methodologischer Zugang der Umwelt- und Raumwissenschaften verstanden, der sich an praktischen Problemen orientiert. Außerhalb der Wissenschaft tätige Akteure – sogenannte Stakeholder – werden als Praxisexperten und/oder als Vertreter bestimmter Interessen „in einer anderen Rolle als der des Wissenschaftlers an einem Problemlösungsprozess beteiligt“ (Förster et al. 2001, S. 146; vgl. auch Zierhofer und Burger 2007; Renn 2008; Haber und Bückmann 2013, S. 32 f.). Eine Quelle des Konzepts sind Betriebswirtschaft und Strategisches Management, die eine konzeptionelle Erweiterung vom Anteilseigner (shareholder) auf breitere Interessengruppen (stakeholder) vornahmen (Freeman 1984, 2004). Dies hatte zur Folge, dass das Stakeholder-Konzept im Laufe der letzten Jahre sowohl in weitere Felder der Management- und Organisationsforschung als auch in verschiedenste Bereiche der Politik- und Entwicklungsforschung sowie, wie bereits ausgeführt, der Umweltwissenschaften Eingang gefunden hat (Reed et al. 2009).Footnote 56 In den Sozialwissenschaften gilt der Stakeholder als Person oder Gruppe, deren Mitwirkung an politischen Entscheidungsprozessen aufgrund legislativer Vorgaben als notwendig erachtet wird oder deren freiwillige Beteiligung zur Vermeidung oder Verminderung von Konflikten dient. Eine Definition jenseits der Bedeutung von „Anteil haben“ steht aus. Auch fehlt eine theoretische Orientierung, um abzugrenzen, wer woran zu beteiligen ist (Achterkamp und Vos 2008). Im internationalen und mittlerweile auch im deutschsprachigen Umwelt- und Nachhaltigkeitsdiskurs bezeichnet der Begriff „Stakeholder“ Personen oder Organisationen mit einem legitimen Interesse an einer Sache (Brugha und Varvasovszky 2000). Die Legitimität ergibt sich z. B. dadurch, dass diese Personen bzw. Organisationen von Entscheidungen in dieser Sache (etwa eines anderen Landnutzers) direkt oder indirekt in ihren eigenen Interessen (z. B. wirtschaftlicher Art) betroffen sind bzw. sein können.
Im hier dokumentierten Forschungsprozess des CC-LandStraD-Projektes wurden unter „Stakeholder“ einerseits alle organisierten Akteure (z. B. Behörden, Verbände oder andere Interessenvertretungen) verstanden, die ein (semi-)professionelles Interesse an Landnutzung haben und artikulieren, die Landnutzung in der einen oder anderen Form beeinflussen bzw. verändern oder von Landnutzungswandel betroffen sind (vgl. Abschn. 1.3). Dies sind zum einen im Rahmen formaler Organisationen handelnde Akteure, die nicht notwendigerweise selbst direkt von Landnutzungsveränderungen Betroffene sind, sondern als deren Vertreter bzw. in deren Auftrag agieren. Die Formulierung „(semi-)professionell“ zielt darauf, dass die individuellen Vertreter dieser Stakeholder in der Regel in ihrer beruflichen Tätigkeit als Akteure der Landnutzung handeln oder aber, im Falle einer ehrenamtlichen Tätigkeit, einen oft beträchtlichen Teil ihrer Freizeit in diese Aktivitäten investieren. Neben privaten berufsständischen Interessenvertretungen und Zusammenschlüssen in den verschiedenen Landnutzungssektoren wurden auch nicht-private Interessenvertretungen, wie z. B. Träger öffentlicher Belange oder Umweltverbände aus den Landnutzungssektoren Landwirtschaft, Forstwirtschaft sowie Siedlung und Verkehr, eingebunden. Zum anderen wurden auf regionaler Ebene, also in den beiden Fokusregionen, auch nicht-organisierte Akteure, z. B. individuelle Landnutzer wie Land- und Forstwirte, als Stakeholder verstanden und durch das Projekt adressiert.
5.3.2 Ziele des transdisziplinären Diskurses
Das Verbundprojekt CC-LandStraD hatte zum Ziel, nachhaltige und gesellschaftlich akzeptierte Landnutzungsstrategien im Kontext von Klimaschutz und Klimaanpassung zu entwickeln (vgl. Abschn. 1.1). Neben naturwissenschaftlicher und ökonomischer Expertise sowie punktuell den Einstellungen der Bevölkerung (vgl. Abschn. 5.1) sollte hierfür auch das Erfahrungs- und Praxiswissen relevanter – also mit Landnutzung mindestens semiprofessionell befasster – gesellschaftlicher Akteure eingebunden werden. Bei deren Auswahl war der spezifische räumliche Zuschnitt des Projektes mit seinem bundesweiten Ansatz einerseits und der vertiefenden Untersuchung in den beiden Fokusregionen Rhein (Rhein-Sieg-Kreis und Rheinisch-Bergischer Kreis) und Altmark (Altmarkkreis Salzwedel und Landkreis Stendal) andererseits zu beachten (vgl. Abschn. 1.2).
Hauptziel der Stakeholder-Beteiligung war es, die vielfältigen Ansprüche und Erwartungen unterschiedlicher Akteure in Bezug auf aktuelle und zukünftige Landnutzungsentwicklungen zu berücksichtigen. Konkret waren im Projektverlauf Maßnahmen der Landbewirtschaftung (z. B. Ausweisung von Hochwasserschutzgebieten im Sektor Siedlung, bestimmte Durchforstungsstärken im Sektor Forst oder eine angepasste Grünlandnutzung auf organischen Böden im Sektor Landwirtschaft) zu beurteilen. Im zweiten Schritt sollten die Stakeholder die Maßnahmenbündel – also die im Projekt entwickelten und modellierten Landnutzungsstrategien (Klimaschutz/KS, Bioenergie/BE, Natur- und Umweltschutz/NUS sowie Klimaanpassung/KA; vgl. Abschn. 4.1) – anhand verschiedener Kriterien bewerten. Abschließend interessierte ihr Feedback zu den Forschungsergebnissen und deren Praxisrelevanz.
Der transdisziplinäre Diskurs wurde als projektbegleitender Austausch konzipiert, der im Wesentlichen auf sektoralen Workshops sowie Fokusgruppen basierte und durch Interviews ergänzt wurde. Die beiden Prozesse – auf bundesweiter Ebene und in den zwei Fokusregionen – folgten keinem vorab im Detail festgelegten Design, sondern wurden je nach Arbeitsstand und Zwischenergebnissen der Modellierungsbausteine und dem sich daraus gegebenenfalls ergebenden Bedarf der Fachwissenschaftler situativ weiterentwickelt. Die Beteiligungsprozesse auf den beiden räumlichen Ebenen waren aufeinander abgestimmt, unterschieden sich aber in einigen Details (vgl. Abb. 5.10 sowie die weiteren Ausführungen).
Neben der prozessualen Komponente – der Begleitung des Forschungsprojektes und der damit verbundenen kontinuierlichen Übersetzungsarbeit zwischen Modellierungswissenschaften und Praxisinteressen – standen aus einer sozialwissenschaftlichen Perspektive die Bedeutung des Klimawandels in der Tätigkeit relevanter Landnutzungsakteure in Deutschland sowie Fragen inter- und intrasektoraler Landnutzungskonflikte im Mittelpunkt des Forschungsinteresses (Hellmich und Steinführer 2012; Steinhäußer et al. 2015):
-
Klimawandel wird in den Sozialwissenschaften unter zwei Gesichtspunkten diskutiert: als Anpassung an die als unausweichlich erachteten Folgen (wie häufigere und/oder stärker ausgeprägte Extremereignisse, wie Hitzewellen oder Hochwasser) sowie als Anstrengung von Individuen, Unternehmen, Verbänden, Kommunen und Nationalstaaten zur Senkung von THG-Emissionen (Voss 2010). Das Besondere an CC-LandStraD in diesem Zusammenhang war, dass erstmals alle drei großen flächennutzenden Sektoren in Deutschland in ihren Bemühungen um Klimaschutz und, in den Sektoren Forstwirtschaft sowie Siedlung und Verkehr, um Klimaanpassung betrachtet wurden (vgl. auch Gömann et al. 2015).
-
Landnutzungskonflikte waren zunächst von Landnutzungskonkurrenzen abzugrenzen.Footnote 57 Letztere entstehen dadurch, dass Flächen meist für unterschiedliche Nutzungen geeignet sind. So kann ein Acker zur Biomasseproduktion für energetische Zwecke oder alternativ zur Nahrungsmittelerzeugung genutzt werden. Zu Landnutzungskonflikten kommt es, wenn a) unterschiedliche Akteure einander ausschließende Nutzungsinteressen an ein und dieselbe Fläche richten oder wenn b) gesellschaftliche Interessengruppen bestimmte Landnutzungen als Problem erklären und davon ausgehend Nutzungsveränderungen bzw. -einschränkungen oder einen Nutzungsverzicht erreichen wollen (vgl. auch Arlt und Pfeil 1996; von der Dunk et al. 2011). Landnutzungskonflikte sind stets Interaktionen zwischen individuellen oder korporativen Akteuren, die entweder nicht kosten- oder nicht flächenneutral lösbar sind. In diesem Beitrag interessieren uns sowohl intra- als auch intersektorale Landnutzungskonflikte.
5.3.3 Wissenschaft und Praxis in Interaktion: der Prozess
5.3.3.1 Stakeholder-Auswahl
Bundesweiter Beteiligungsprozess
Die Auswahl der bundesweiten Stakeholder fand in einem iterativen Prozess statt. Zunächst erfolgte eine Kategorisierung von Akteuren der Landnutzung nach institutionellen Zugehörigkeiten (Politik, Verwaltung, Interessenverbände und wissenschaftliche Einrichtungen). Außerdem wurden, ausgehend von den drei aus Projektsicht relevanten Hauptsektoren der Landnutzung und unter Berücksichtigung weiterer Flächenansprüche, die Interessenverbände und Ämter in sieben inhaltliche Gruppen unterschieden: Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Siedlung und Verkehr, Natur- und Umweltschutz, Energie und Rohstoffe, Wasser sowie Sonstige (z. B. Tourismusverbände, Versicherungen, Wissenschaft u. a.).
Anhand dieser Systematisierung fand eine Internet- und Literaturrecherche statt, um bundesweit aktive Akteure der Landnutzung zu identifizieren. Diese Recherche ergab eine Liste von insgesamt 147 Organisationen. Diese Anzahl lag bei weitem über der Größenordnung, die für eine aktive Projektbeteiligung (etwa durch Workshops und Interviews) berücksichtigt werden konnte. Ein Auswahlprozess der erfassten Stakeholder nach ihrer Relevanz für das Forschungsvorhaben war notwendig. Deshalb wurde im Projektkonsortium eine Expertenbefragung durchgeführt. Zugleich konnte so sichergestellt werden, dass für alle Sektoren und Teilthemen des Projekts relevante Vertreter ausgewählt werden. Diese projektinterne Bewertung beschränkte sich auf den Bereich der Interessenverbände, da sich die Situation auf Politik- und Verwaltungsebene übersichtlicher darstellte und eine vergleichsweise geringe Anzahl relevanter Akteure identifiziert werden konnte. Für die Auswahl der Interessenverbände wurden drei Kriterien vorgegeben, von denen mindestens eines gelten musste: Die Organisation sollte 1) einen direkten oder indirekten Einfluss auf die Landnutzung in Deutschland haben, 2) in der Landnutzung selbst von Klimawandel betroffen oder Mitverursacher oder beides und schließlich 3) öffentlichkeitswirksam in Bezug auf Landnutzungsoptionen und/oder Landnutzungskonflikte tätig sein. Um auch kleine oder weniger bekannte Verbände zu berücksichtigen, wurde eine Zusatzfrage nach drei Stakeholdern gestellt, die aufgrund besonderer Aktivitäten oder Merkmale nicht vergessen werden sollten. Mit diesem „Joker“ bestand die Möglichkeit, auf Stakeholder zu verweisen, die beispielsweise eine bestimmte, anderweitig nicht berücksichtigte, Landnutzungsform oder Sichtweise auf Landnutzungs- bzw. Klimawandel vertreten. In diesem Zusammenhang trat unter anderem die Frage auf, wie man mit Interessengruppen für Themen, die nur auf lokaler Ebene für bestimmte Regionen hohe Bedeutung haben, bundesweit aber eher vernachlässigt werden können, umgehen sollte. Ein typisches Beispiel hierfür ist der Abbau bestimmter Rohstoffe, wie Braunkohle, und damit verbundener Interessenlagen. Es wurde vor dem Hintergrund der Projektausrichtung und -ziele entschieden, solche Stakeholder nicht zu beteiligen.
Auf diese Weise wurden 62 Verbände und Organisationen als relevant bestimmt. Diese Expertenbewertung stellte die Grundlage für die Auswahl der im Projekt zu beteiligenden Akteure dar, wurde jedoch im späteren Projektverlauf noch geringfügig modifiziert, um ein möglichst vielfältiges und breites sowie aktuelles Spektrum der Landnutzung in Deutschland abzubilden. 70 organisierte Interessenvertreter bildeten den Ausgangspunkt für den bundesweiten Beteiligungsprozess. 51 von ihnen kamen aus den drei im Projekt vorrangig betrachteten Landnutzungssektoren Land- und Forstwirtschaft sowie Siedlung und Verkehr (mit Schwerpunkt auf der Siedlungsentwicklung). 17 Akteure des Natur- und Umweltschutzes wurden ebenfalls adressiert, ohne diesen weiterhin als „Sektor“ zu bezeichnen. Vielmehr wurde Naturschutz als ein an die drei Landnutzungssektoren gerichteter weiterer Anspruch verstanden und mit den sektoralen Perspektiven zusammengebracht (vgl. auch Tab. 5.8). Hinzu kamen zwei weitere Akteure der Kategorie „Andere“ mit einem übersektoralen Landnutzungsbezug.
Tab. 5.8 Beteiligungsformen und tatsächliche Beteiligung am bundesweiten Stakeholderprozess. (Quelle: Thünen-Institut/A. Steinführer)
Regionaler Beteiligungsprozess
Im Vorfeld der Forschungsarbeiten in den Fokusregionen Altmark und Rhein wurde auf Grundlage einer Internetrecherche der Kontakt mit Schlüsselpersonen und -organisationen gesucht. So entstand ein erster Überblick über die regionalen Akteurslandschaften. Als wichtiger Partner in der Region Altmark wurde der Regionalverein Altmark e. V. identifiziert. Er stellt mit über 60 Mitgliedern eine neue Form der regionalen Kooperation dar, in der Unternehmen mit Entscheidungsträgern aus Politik und Verwaltung sowie Verbänden und Vereinen zusammenarbeiten. Zu Projektbeginn wurden auf einer Sitzung des Regionalvereins das Projekt vorgestellt und erste regionale Problemstellungen aus Sicht der Akteure in die Forschungsarbeit aufgenommen. In der Fokusregion Rhein konnte kein in beiden Landkreisen agierender Partner identifiziert werden. Hier war die Unterstützung des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (MKULNV) sehr hilfreich. Das Projekt und seine Ziele wurden 2011 im Ministerium vorgestellt und diskutiert.
In der Startphase wurden in beiden Fokusregionen relevante Experten aus den Bereichen Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Naturschutz, Siedlung und Verkehr identifiziert, erste Ansprechpartner ausgewählt und kontaktiert. Diese stammten aus berufsständischen Interessenvertretungen der Landwirtschaft, unteren Landesbehörden, Landesbetrieben sowie gemeinnützigen Unternehmen mit Landnutzungsbezug sowie aus Naturschutzverbänden. Die Auswahl der Stakeholder für die Altmark wurde mit Ansprechpartnern des Regionalvereins Altmark abgestimmt und auf Relevanz für Landnutzungsentscheidungen in der Region geprüft. Für die Fokusregion Rhein erfolgte die Ansprache der Stakeholder in enger Kooperation mit Wissenschaftlern des Konsortiums, die über spezifische Kenntnisse der Region verfügten.
Nach dieser Startphase wurde die Stakeholder-Auswahl während der nachfolgend durchgeführten Experteninterviews mittels Schneeballverfahren fortgesetzt, indem die interviewten Experten am Ende des Gesprächs auf Nachfrage weitere Personen benannten, die für die Landnutzung der Region als relevant eingestuft wurden (Biernacki und Waldorf 1981).
5.3.3.2 Beteiligungsformen und tatsächliche Beteiligung
Der transdisziplinäre Ansatz in CC-LandStraD setzte vor allem auf interaktive Beteiligungsformen, wie sektorübergreifende und sektorale Workshops, Fokusgruppen, leitfadengestützte Interviews und Feedbackbögen. Ihre Funktionen reichten von wechselseitiger Information über Konsultation bis hin zur Beeinflussung wissenschaftlicher Entscheidungen im Projektverlauf. Darüber hinaus wurden die Stakeholder halbjährlich per Newsletter über den Stand des Projektes und die Fortschritte in den Teilprojekten informiert. Weitere Informationen, etwa Hinweise auf Publikationen oder populärwissenschaftliche Projektergebnisse (z. B. Filme zur Landnutzung oder eine Ausstellung zum aktuellen und historischen Landnutzungswandel), standen auf der Projektwebseite zur Verfügung. Der folgende Abschnitt konzentriert sich auf die interaktiven Beteiligungsformen – also jene mit einem stärker partizipativen Charakter.
Bundesweiter Beteiligungsprozess
Auf Bundesebene wurden sektorübergreifende und sektorale Workshops sowie leitfadengestützte Experteninterviews durchgeführt.
Der sektorübergreifende Auftaktworkshop (2011) sollte die ausgewählten Stakeholder über das Projekt informieren und zur langfristigen Teilnahme am Beteiligungsprozess einladen. Außerdem erfolgte eine Kartenabfrage zu den aus Sicht der Stakeholder bedeutendsten aktuellen Landnutzungskonflikten, den Potenzialen der Landnutzung im Bereich Klimaschutz sowie erwarteten Folgen des Klimawandels. Zur inhaltlichen Vorbereitung der Stakeholder und zur Einstimmung auf das Forschungsprojekt wurde vorab eine Tischvorlage versendet. Diese stellte die Zielsetzung des Projektes sowie wesentliche Trends der Flächeninanspruchnahme in Deutschland dar.
Im Anschluss fanden leitfadengestützte Experteninterviews statt, deren Ziel es war, die Perspektiven und Bewertungen unterschiedlicher Interessengruppen hinsichtlich aktueller sowie für die Zukunft erwarteter sektorinterner und -übergreifender Landnutzungskonflikte im Detail zu erheben. Experteninterviews sind ein erprobtes Instrument in der Umweltforschung, die es Wissenschaftlern ermöglichen, tiefe Einblicke in ihren jeweiligen Untersuchungsgegenstand zu erhalten (Reed et al. 2009; vgl. Tab. 5.8). Der Schwerpunkt des Forschungsinteresses lag auf der Frage, welche flächenbezogenen Maßnahmen die Vertreter unterschiedlicher Landnutzungssektoren für sinnvoll erachten, um einerseits einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und sich andererseits an erwartete Folgen des Klimawandels anzupassen. Da sich für das Gesamtprojekt zu diesem Zeitpunkt eine fachliche Konzentration auf die Sektoren Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Siedlungswesen sowie Natur- und Umweltschutz abzeichnete, konzentrierten sich auch die Interviews auf diese Landnutzungssektoren bzw. -ansprüche. 28 Interviewpartner aus diesen vier Bereichen (sowie zusätzlich ein Vertreter der Bioenergiebranche und zwei aus dem Wassersektor) wurden für ein Interview angefragt. Aufgrund von sechs Ablehnungen konnten 22 Interviews realisiert werden (vgl. Tab. 5.8). Befragt wurden sowohl Akteure von Nichtregierungsorganisationen, Beschäftigte von Bundesbehörden sowie eine Vertreterin einer Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft.
Die Interviewleitfäden basierten auf Sekundäranalysen vorhandener Forschungsliteratur, auf Selbstdarstellungen der jeweiligen Organisation im Internet und, wenn vorhanden, in Verbandszeitschriften sowie auf Diskussionen mit den jeweiligen Fachexperten des Projektkonsortiums. Für jeden Sektor wurde zunächst ein Leitfaden entwickelt, der anschließend auf den konkreten Gesprächspartner zugeschnitten wurde. Dabei kamen weitgehend offene Fragen ohne Antwortvorgaben zur Anwendung – auch Maßnahmen des Klimaschutzes und der Klimaanpassung wurden den Befragten nicht detailliert vorgegeben. Mit einer Ausnahme konnten sich alle Akteure auf diese Interviewoffenheit einstellen. Die Interviews fanden überwiegend in den Geschäftsstellen der befragten Organisationen statt. Sie wurden mitgeschnitten und wörtlich transkribiert. Das auf diese Weise erzeugte Textmaterial umfasste etwa 500 Seiten. Die Auswertung der Interviews wurde mit einem inhaltsanalytischen Verfahren durchgeführt, bei dem eine Kombination aus deduktiver und induktiver Kategorienbildung zur Anwendung kam: Deduktive Kategorien ergaben sich aus den Themenfeldern des Leitfadens, zusätzliche induktive Kategorien entstanden während der Auswertung zu Themen, denen die Befragten im Interviewverlauf eine hohe Relevanz beimaßen.
Ein weiterer sektorübergreifender Workshop (2012) hatte zum Ziel, die Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung, welche in den Interviews und vom Konsortium genannt worden waren, den vier Landnutzungsstrategien von CC-LandStraD (Klimaschutz, Bioenergie, Natur- und Umweltschutz sowie Klimaanpassung) zuzuordnen. Im Anschluss daran wurden die Maßnahmen strategiebezogen in sektoralen Arbeitsgruppen priorisiert und das Ergebnis diskutiert. Hierzu wurden Interviewpartner, Teilnehmer bzw. Eingeladene des Auftaktworkshops und Personen, mit denen das Konsortium in Kontakt stand, sowie einige zusätzliche Stakeholder eingeladen und dabei auf eine relativ ausgewogene Anzahl von Stakeholdern aus den Sektoren Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Siedlung und Verkehr sowie Naturschutz geachtet. Erneut wurde vorab ein Informationstext versendet. Dieser umfasste neben einer kurzen Beschreibung der vier Landnutzungsstrategien die Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung. Diese waren sektoral und nach „modellierbar“ und „nicht-modellierbar“ gegliedert. Zusätzlich enthielt die Liste eine kurze Beschreibung jeder Maßnahme sowie gegebenenfalls eine kurze Begründung ihrer Einordnung als nicht-modellierbar.
Nach der Auswahl und Priorisierung der Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung durch das Konsortium und der Stakeholder begannen die Modellierungen für die jeweilige Referenzprojektion der Sektoren Landwirtschaft, Forstwirtschaft sowie Siedlung und Verkehr (vgl. Abschn. 4.1). Aufgrund der fachlichen Spezifika wurden diese Diskussionen in einer sektoralen Workshopreihe geführt. An drei Terminen 2013 und 2014 wurden Inhalte der land- und forstwirtschaftlichen Modellierung sowie der siedlungsbezogenen Fragestellungen mit Interessenvertretern des jeweiligen Sektors diskutiert. Zu den Workshops der Forstwirtschaft sowie der Landwirtschaft wurden zusätzlich naturschutzfachliche Stakeholder eingeladen. Kernpunkt war jeweils die Vorstellung der Modellierungsergebnisse bezogen auf die Referenzprojektion, um die Weichen für die Maßnahmenmodellierung in den vier Strategien zu stellen. Außerdem standen die Ausprägungen einzelner Maßnahmen in den Strategien, ihr Beitrag zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung sowie die Ausgestaltung der Strategien zur Diskussion.
Alle Workshops wurden mittels Audioaufnahmen und eines Ergebnisprotokolls dokumentiert. Letzteres erhielten die Teilnehmer zunächst in der Entwurfsfassung, um Ergänzungen und gegebenenfalls Richtigstellungen von Aussagen zu ermöglichen. Die endgültige Version wurde allen Eingeladenen zugeleitet.
Die tatsächliche Beteiligung an den verschiedenen Workshops variierte teilweise stark (vgl. Tab. 5.8), ohne dass sich die Zahl der eingeladenen Stakeholder aus den einzelnen Sektoren signifikant änderte.
Regionaler Beteiligungsprozess
In den Fokusregionen wurden leitfadengestützte Experteninterviews, sektorale Fokusgruppendiskussionen und Workshops durchgeführt.
Die leitfadengestützten Experteninterviews zu Beginn der Forschungsarbeiten dienten dem Zweck, die individuelle Problemwahrnehmung und die damit verbundene Einschätzung durch die lokalen Experten zu ermitteln. Außerdem sollten Maßnahmen gesammelt werden, die auf regionaler Ebene dem Klimawandel entgegenwirken. Auch auf regionaler Ebene war das Ziel der Experteninterviews, genauere Einblicke in die Landnutzung, darauf bezogene Konflikte sowie in Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen zu erhalten (Reed et al. 2009).Footnote 58
In der Altmark wurden den Experten ein Anschreiben, eine Projektdarstellung und ein Interviewleitfaden mit Informationen über das geplante Interview zugesandt. Alle Angeschriebenen waren grundsätzlich zu einem Gespräch bereit. In einem Fall erfolgte ein Verweis an eine höhere behördliche Stelle. In der Rhein-Region wurden den Experten zunächst ein Anschreiben und eine kurze Projektvorstellung geschickt. Nach Terminabsprache erfolgte die Zusendung des Interviewleitfadens. Es gab lediglich eine Absage. Sieben Personen leiteten die Anfrage an aus ihrer Sicht kompetentere Ansprechpartner innerhalb ihrer Organisationen weiter. Die Interviews wurden digital aufgezeichnet und transkribiert, um diese gezielt auswerten zu können.
Im Anschluss an die Interviews wurden sechs sektorale Fokusgruppendiskussionen in den Sektoren Landwirtschaft, Forstwirtschaft sowie Siedlung und Verkehr dazu genutzt, die Interviewergebnisse zu validieren, mögliche Maßnahmen für Klimaschutz und Klimawandel zu diskutieren und weitere, im Einzelgespräch nicht erschließbare Informationen zu gewinnen. Da Fragen des Natur- und Umweltschutzes in den Fokusregionen von erheblicher Bedeutung für die Flächennutzung sind und der Natur- und Umweltschutz damit in Konkurrenz zu den drei genannten Sektoren steht, wurde jeweils eine zusätzliche Fokusgruppendiskussion zu dieser Thematik durchgeführt. Zudem wurden die sektorspezifischen Landnutzungspräferenzen der Interessengruppen diskutiert. In der Diskussion ergänzten die Stakeholder die vom Konsortium vorgeschlagenen Landnutzungsmaßnahmen um weitere Maßnahmen, die aus ihrer Sicht den Klimawandel beeinflussen können. In der qualitativen Sozialforschung hat sich die Fokusgruppe als Methode bewährt (insbesondere in der integrierten partizipativen Bewertung), um Interessen von Stakeholdergruppen zu identifizieren und zu analysieren (Morgan 1996; Krueger und Casey 2000).
Die Planung der Fokusgruppen erfolgte in enger Kooperation mit dem Konsortium, um ein Ineinandergreifen der einzelnen Teilprojekte und Arbeitsschritte sicherzustellen. Außerdem sollten Synergieeffekte erzeugt werden, indem die Projektexpertise in Form von Kurzvorträgen während der Fokusgruppen genutzt wurde und so direkt in die Diskussionen einfließen konnte. Jede Fokusgruppe begann mit einem Einführungsteil, der die Ziele des Projektes und des Stakeholderprozesses vermittelte. Nachfolgend wurden die Bedeutung des Klimawandels in den Fokusregionen sowie anschließend mögliche Landnutzungsmaßnahmen vorgestellt, die dem Klimawandel entgegenwirken können. Die Aufgabe der Teilnehmer war es, zu bewerten, welche Maßnahmen als sinnvoll erachtet werden. Zum Abschluss wurden diese Maßnahmen in ein Ranking eingebracht. Die Fokusgruppengespräche wurden transkribiert und auf Basis der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2010) ausgewertet.
Ab 2014 wurden den Akteuren in vier sektoralen Workshops die Berechnungen der Modellierungen zu Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen vorgestellt. Die Workshops beschränkten sich auf die Sektoren Landwirtschaft sowie Siedlung und Verkehr, da nur hier Modellierungen für die regionale Ebene erfolgten. Zudem wurde die Flächenwirksamkeit von Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen diskutiert, um weitere Optionen für die Integration der Maßnahmen in die Modellierung zu eröffnen. Auch Planungs- und weitere Steuerungsinstrumente im Spannungsfeld zwischen Klimawandel und Landnutzung wurden thematisiert. Zur Gewährleistung der Kontinuität des Beteiligungsprozesses wurden in erster Linie die Stakeholder eingeladen, die bereits in der ersten Projektphase involviert waren. So konnte der Anteil an neuen Informationen im Programm hoch gehalten und gleichzeitig die Attraktivität der Workshops gewährleistet werden. Die Einladungen enthielten beispielhaft jeweils ein Modellierungsergebnis, um die Motivation zur Teilnahme weiter zu erhöhen. Die Fokusgruppengespräche wurden mit Hilfe digitaler Audioaufnahmen und in Form eines Ergebnisprotokolls dokumentiert.
Das zahlenmäßige Verhältnis zwischen eingeladenen und tatsächlichen Teilnehmer für die einzelnen Beteiligungsformen im regionalen Beteiligungsprozess ist in Tab. 5.9 dargestellt. Es wird deutlich, dass die Beteiligungsbereitschaft im Zeitverlauf in den Fokusregionen höher war als im nationalen Beteiligungsprozess. Dies könnte darin begründet sein, dass die (unmittelbare) Betroffenheit regional höher ist und dementsprechend eine Beteiligung aus intrinsischen Motiven heraus ausgeprägter war als auf Bundesebene.
Tab. 5.9 Beteiligungsformen und tatsächliche Beteiligung am regionalen Stakeholderprozess. (Quelle: ZALF/R. Siebert)
Ebenenübergreifende Aktivitäten
Eine erste Gesamtschau der Forschungsaktivitäten und -befunde fand 2013 nach zweieinhalb Jahren auf der Zwischenkonferenz statt. Hier wurden Zwischenergebnisse präsentiert und zur Diskussion gestellt, wobei die Veranstaltung einen vorrangig wissenschaftlichen und keinen Workshop-Charakter hatte. Von den eingeladenen 127 Praxispartnern der Bundesebene und aus den Regionen beteiligten sich 23.
Fünf Monate vor Projektabschluss fand 2015 ein sektorübergreifender Workshop statt, zu dem erstmals die Akteure des bundesweiten und des regionalen Beteiligungsprozesses gemeinsam eingeladen wurden. Der Zeitpunkt war so gewählt, dass wesentliche Ergebnisse der Modellierungen bereits vorlagen, zugleich aber noch die Möglichkeit bestand, die Anmerkungen und Kommentare der Stakeholder in die Endphase des Projektes und somit in mögliche Schlussfolgerungen einfließen zu lassen. Der Fokus dieser Veranstaltung lag, wie von einigen Stakeholdern im Feedback zur Zwischenkonferenz gewünscht, auf der Ergebnisdarstellung unter weitgehender Ausklammerung methodischer Details. Im Vorfeld des Workshops erhielten die Teilnehmer erneut eine Tischvorlage mit einem kompakten Überblick über erste zentrale Forschungsergebnisse. Auf dem Workshop wechselten sich Plenumspräsentationen und sektorale Arbeitsgruppen zur Ergebnisdiskussion ab.
Insgesamt wurden 114 Stakeholder eingeladen, wobei mit 58 bundesweit organisierten und 56 regionalen Stakeholdern eine gleichgewichtige Aufteilung zwischen den verschiedenen Ebenen bestand. Im Vorfeld hatte für die Bundesebene eine weitere Internetrecherche stattgefunden, um noch einmal eine breitere Beteiligung zu ermöglichen. 27 bundesweite und 16 regionale Akteure kamen der Einladung nach. Die geringere Beteiligung regionaler Akteure deutete sich im Vorfeld der Veranstaltung bereits an, da einige potenzielle Teilnehmer die Anreise nach Hannover als zu aufwendig erachteten. Die Fokusregionen liegen geographisch weit voneinander entfernt, deshalb musste ein Kompromiss bei der Auswahl des Veranstaltungsortes eingegangen werden. Die Tab. 5.8 und 5.9 zeigen ein verändertes Beteiligungsmuster an diesem Workshop: Während die bundesweiten Akteure im Vergleich zu den regionalen Praxispartnern bei den vorherigen Workshops in geringerem Maße teilnahmen, waren sie beim sektorübergreifenden Workshop stärker vertreten.Footnote 59
5.3.3.3 Feedbackschleifen
Prozessimmanent war eine Reflexion der dargestellten Aktivitäten. Größere Workshops des bundesweiten und regionalen Beteiligungsprozesses, die Zwischenkonferenz und die Abschlussveranstaltung wurden jeweils mit einem Feedbackbogen beendet. Außerdem erhielten die teilnehmenden Stakeholder stets die Gelegenheit, die Protokollentwürfe der Veranstaltungen zu prüfen und zu kommentieren. Mehrfach wurden Einzelaussagen in den Protokollen daraufhin verändert oder ergänzt.
Von besonderer Bedeutung für den Gesamtprozess war das Feedback der Stakeholder während des sektorübergreifenden Abschlussworkshops – zum einen, weil damit die Gelegenheit für eine Reflexion der sich über viereinhalb Jahre erstreckenden Beteiligungsprozesse gegeben war, zum anderen, weil auch das Konsortium zeitgleich einen ähnlichen Fragebogen erhielt. 19 der 40 auf dem Abschlussworkshop anwesenden Stakeholder füllten einen Feedbackbogen aus. Gefragt wurde unter anderem nach der Praxisrelevanz des Projektes, der Bewertung der methodischen Umsetzung des transdisziplinären Ansatzes, der gesellschaftlichen Bedeutung der Projektergebnisse, der allgemeinen Bewertung transdisziplinärer Zusammenarbeit und Optimierungsmöglichkeiten bei der Zusammenarbeit mit Landnutzern. Aus dem CC-LandStraD-Konsortium beteiligten sich acht Wissenschaftler an der schriftlichen Pendantbefragung und beantworteten den Fragebogen.
Vertiefend wurden 2015 außerdem sieben Schlüsselstakeholder der bundesweiten Ebene – überwiegend solche, die kontinuierlich an den Workshops teilgenommen hatten – telefonisch nochmals intensiver zu ihren Reflexionen des Gesamtprozesses und den letztlich erzielten Ergebnissen im Vergleich zu ihren Erwartungen befragt.
5.3.4 Stakeholder-Interventionen
Die Beteiligungsinhalte und die auf den Workshops zur Diskussion gestellten Themenschwerpunkte wurden am jeweils aktuellen Projektstand und den anstehenden Arbeitsschritten ausgerichtet. Aus Sicht des Konsortiums bestanden die Inhalte des transdisziplinären Austauschs vor allem aus:
-
der inhaltlichen Ausgestaltung, Interpretation und Benennung von Maßnahmen, Techniken und Instrumenten der Landnutzung (nachfolgend unter der Sammelbezeichnung „Maßnahmen“ zusammengefasst),
-
der Zuweisung von Maßnahmen zu Landnutzungsstrategien (nur im bundesweiten Beteiligungsprozess für die Sektoren Landwirtschaft sowie Siedlung und Verkehr) bzw. einer Diskussion der konkreten Maßnahmenausprägungen in den Strategien (nur für die nationale Ebene im Forstsektor) sowie
-
einem besseren Verständnis von inter- und intrasektoralen Landnutzungskonflikten.
Als Diskussionsschwerpunkte aus Sicht der Stakeholder sind folgende Themen zu benennen:
-
die in der Modellierung berücksichtigten Maßnahmen der Landnutzung und ihre Ausprägungen,
-
die von CC-LandStraD zur Diskussion gestellten Landnutzungsstrategien (nur auf den Workshops auf Bundesebene sowie dem Abschlussworkshop thematisiert) sowie
-
übergreifende Aspekte.
Anhand dieser Punkte werden nachfolgend, jeweils nach Sektor und räumlicher Ebene getrennt, beispielhaft einige der Diskussionspunkte und, wenn thematisiert, damit verbundene Landnutzungskonflikte nachvollzogen.
5.3.4.1 Sektor Landwirtschaft
Diskussionspunkte auf bundesweiter Ebene
Zentrales und im Prozessverlauf immer wieder angesprochenes Thema waren die für die Modellierung berücksichtigten Maßnahmen, ihre Ausgestaltung und Benennung. Als mehrdeutig wurde z. B. die Maßnahme „Erhöhung der Anbaudiversität“ empfunden, die einerseits die Erweiterung der Fruchtfolgen zur besseren Risikostreuung über das Jahr meinte, andererseits aber auch den Anbau alternativer Bioenergiepflanzen (wie Durchwachsene Silphie; Silphium perfoliatum) umfasste. Vielmehr, so einige Stakeholder, sollte jede Maßnahme nur ein Ziel beinhalten. Zugleich wurde angemerkt, dass das Spektrum der Alternativen zum Energiemais breiter als in der Modellierung berücksichtigt sei. Ein anderes Beispiel war die Maßnahme „Wiedervernässung von Mooren“, deren Benennung und Ausrichtung einzelne Stakeholder in den Diskussionen als zu pauschal und nicht überall umsetzbar bezeichneten, da Wiedervernässung auch negative Folgen für die bestehende Flora und Fauna haben könne. Deshalb gehe es eher um „lokale Strategien zur Bewirtschaftung und Entwicklung von Mooren“. Auch seien die Wechselwirkungen einer solchen Maßnahme mit ökonomischen Aspekten (v. a. den Einkommen der Landwirte) genauer zu prüfen und darzustellen.
Die Ausgestaltung der Landnutzungsstrategien war, obwohl ursprünglich vom Konsortium nicht so gedacht, Thema mehrerer Workshops. So kritisierten die Stakeholder unter anderem die inhaltliche Nähe der Strategien untereinander, die sich durch den Projektschwerpunkt auf die Minderung von Treibhausgasen ergab, und regten eine größere Trennschärfe an, auch wenn der Anwendungsbezug dann geringer wäre. Die relativ lange Laufzeit des Projektes führte dazu, dass die Bioenergiestrategie in ihrem Beitrag für den Klimaschutz im Projektverlauf von den Akteuren immer stärker hinterfragt wurde. Zwar war von Anbeginn auf die negativen Auswirkungen der Flächeninanspruchnahme zur Bioenergiegewinnung und die damit verbundenen Landnutzungskonflikte („Tank oder Teller“) hingewiesen worden, doch problematisierten die Stakeholder zunehmend auch die unerwünschten Folgewirkungen und hier insbesondere die steigenden Agrarflächenpreise, die gegen eine Ausweitung der für die Bioenergie genutzten landwirtschaftlichen Flächen sprächen.
Damit im Zusammenhang wurde die Sicherung landwirtschaftlicher Flächen als übergreifendes Landnutzungsproblem aus Sicht der Stakeholder vor allem des Agrarsektors thematisiert. Sie problematisierten immer wieder den Druck auf landwirtschaftliche Flächen durch Siedlungs- und Infrastrukturprojekte sowie durch naturschutzfachliche Kompensationsflächen. Dies führe, so die Stakeholder, zu einer stetigen Reduzierung landwirtschaftlicher Fläche. Die Erzeugung erneuerbarer Energien im Rahmen der Energiewende erhöhe den Flächendruck weiter. Um die Ernährungssicherheit zu gewährleisten, seien daher eine effiziente Ressourcennutzung und Flächensicherung notwendig. Gleichzeitig aber seien Verfahren bzw. Maßnahmen zu entwickeln, die auch den wachsenden gesellschaftlichen Ansprüchen an die Landwirtschaft, wie zum Beispiel Nachhaltigkeit und artgerechte Tierhaltung, genauso wie einer effizienten Bewirtschaftung gerecht werden. Hinsichtlich der Projektergebnisse regten einige Akteure an, dass die Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen nicht nur auf der landwirtschaftlichen Fläche betrachtet werden sollten, sondern auch die Produktionsketten im landwirtschaftlichen Sektor einen entscheidenden Beitrag leisten können.
Schließlich wiesen die Stakeholder wiederholt auf globale Rahmenbedingungen der Agrarproduktion und landwirtschaftlichen Flächennutzung sowie die damit verbundenen Unsicherheiten für eine Modellierung hin, z. B. auf die weltweite Fleischnachfrage, Importe von Futtermitteln oder Auswirkungen nationaler Politiken auf Landnutzungsänderungen in anderen Teilen der Welt.
Diskussionspunkte auf regionaler Ebene
Im Sektor Landwirtschaft fand eine sehr umfangreiche Maßnahmendiskussion statt. Als bedeutsam wurde die Errichtung von Güllelagern eingestuft. Bei diesem Vorgang kollidieren aus Sicht von Stakeholdern gesetzliche Vorgaben mit den Auffassungen von Politikern und Bürgerinitiativen. Die Akzeptanz in der Bevölkerung für Güllelager sei sehr gering, weil damit intensive Geruchsbelästigung verbunden werde. Die Medien unterstützen nach Meinung zahlreicher Stakeholder die Bevölkerung. Landwirte seien vor einem Bauprojekt gezwungen, „regelrechte Imagekampagnen“ zu starten. Mehr Güllelager bedeuten jedoch aus Sicht der Stakeholder eine effizientere Ausbringung des Wirtschaftsdüngers.
In der Altmark wurden vor allem folgende Aspekte und Maßnahmen diskutiert:
-
Der Wasserhaushalt ist ein zentrales Thema in der Region und wurde sowohl von Stakeholdern der Landwirtschaft als auch des Natur- und Umweltschutzes hervorgehoben. Die Beregnung von Ackerflächen ist für Landwirte in der Altmark deshalb eine Maßnahme, die in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird. Ebenfalls im Zusammenhang mit der Wasserthematik steht die Wiedervernässung von Mooren zu Ersatz- und Ausgleichszwecken. Die Wiedervernässung bleibt jedoch aus Sicht von Stakeholdern nicht auf ehemalige Moorflächen beschränkt und nimmt weitere landwirtschaftliche Flächen in Anspruch.
-
Die Erzeugung und der Einsatz von Bioenergie stellten sich in der Perspektive der Stakeholder als besonders politikabhängig dar. Die sich stetig ändernden Rahmenbedingungen machten eine Nutzung zunehmend unattraktiv. Die Novellierung des EEG hat aus Sicht der Stakeholder den Neubau von Biogasanlagen zum Erliegen gebracht. Da aber die bisher gebauten Anlagen eine Bestandsgarantie von 20 Jahren haben, bestehen positive und negative Auswirkungen fort.
-
Die Auswahl von Maßnahmen für die Bodenbearbeitung (z. B. Mulchsaat) oder der Düngung sollte nach Auffassung vieler Stakeholder dem Sachverstand des Landwirts überlassen werden. So würde ein Landwirt beispielsweise nicht übermäßig düngen, da dies ökonomisch keinen Sinn ergäbe.
Im Vergleich zur Diskussion in der Altmark lagen die Themenschwerpunkte in der Rhein-Region in deutlich anderen Bereichen:
-
Die Extensivierung landwirtschaftlicher Nutzfläche wurde von zahlreichen Stakeholdern abgelehnt, da diese keinen Beitrag zum Klimaschutz leiste.
-
Ein Grünlandumbruchverbot wurde aus diesem Grund nicht als zielführend angesehen.
-
Der Anbau von Kurzumtriebsplantagen ergibt im Rheinisch-Bergischen Kreis nach Darstellung vieler Stakeholder ebenso keinen Sinn und ist deshalb ihrer Ansicht nach als Klimaschutzmaßnahme uninteressant.
In den Fokusgruppen Umwelt- und Naturschutz wurde zusätzlich über die Maßnahmen Grünlanderhalt und die Neuanlage von Flächen zu Klimaschutzzwecken diskutiert. Die Stakeholder erachteten beides nur mit einer Förderung oder einer ordnungsrechtlichen Verankerung im Rahmen der guten fachlichen Praxis als umsetzbar.
Generell identifizierten die Stakeholder viele Zielkonflikte zwischen Klima-, Arten-, Umwelt- und Landschaftsschutz. In beiden Regionen bewerteten einige von ihnen die Neuausweisung von Schutzgebieten kritisch, da damit Grundeigentum entwertet und die landwirtschaftliche Produktion in der Regel eingeschränkt werde. In der Altmark wurde vor allem auf die Ausweisung neuer Natura 2000-Schutzgebiete in Sachsen-Anhalt verwiesen. Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen wurden ebenfalls kritisch gesehen. Eine Lösung können aus Sicht der Stakeholder produktionsintegrierte Kompensationsmaßnahmen darstellen. In diesem Zusammenhang wurde generell die Nutzung von landwirtschaftlicher Fläche für Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen durch die Teilnehmer kritisiert (z. B. durch den Autobahnbau). Die damit verknüpfte Ökopunkteverordnung bietet aus Sicht zahlreicher Stakeholder in der Altmark sehr viel Diskussionsstoff hinsichtlich der Flächeninanspruchnahme. Ein weiterer Konflikt entsteht in der Rhein-Region durch den Aufkauf landwirtschaftlicher Flächen durch externe Investoren, was zu einer Erhöhung der Pacht- und Kaufpreise führe.
Im Fokus der übergreifenden Diskussionen um den Klimawandel war auffällig, mit welchem globalen Ansatz dieser verbunden wurde. So stellten die Stakeholder die eigene regionale Situation immer wieder in einen weltweiten Zusammenhang. Aus Sicht zahlreicher landwirtschaftlicher Stakeholder würde es vor allem helfen, wenn die Verbraucher von Agrarprodukten ihr Kaufverhalten stärker am Klimaschutz orientierten und sich so die Nachfrage umstelle und regionale Wirtschaftskreisläufe gestärkt würden. Stakeholder aus dem Natur- und Umweltschutz in der Rhein-Region betonten, dass THG-Emissionen aus der Landwirtschaft kaum eine Rolle für den Klimawandel spielen und dass die Energiewirtschaft entscheidend für die THG-Bilanz sei. Nicht Klimaschutz, sondern Biodiversität habe in der Region die höchste Priorität. Diese Akteure wünschten sich einen größeren Stellenwert des Themas Biodiversität im Projekt CC-LandStraD.
5.3.4.2 Sektor Siedlung und Verkehr
Diskussionspunkte auf bundesweiter Ebene
Als wichtigstes Ziel im Siedlungssektor wurde von den Stakeholdern die Reduktion der Flächenneuinanspruchnahme gesehen. Den darauf bezogenen Maßnahmen – Innenentwicklung (mit den Schwerpunkten Wiedernutzung von Brachen, Baulücken und Leerständen), Ausschöpfung baulicher Dichten im Neubau sowie Rückzug aus der Fläche – wurde deshalb bei allen Workshops sowie in den Interviews eine wichtige Rolle beigemessen. Die Akteure betonten in diesem Zusammenhang ein gewachsenes Bewusstsein bei den handelnden Praktikern – das sogenannte 30-ha-Ziel sei weithin bekannt –, aber Planungsinstrumente und Negativanreize stünden einer Umsetzung im Wege. Kontrovers diskutiert und für die Modellierung schließlich verworfen wurde eine Maßnahme „Verteuerung des Bodens“, da diese negative Folgewirkungen für die meisten beteiligten Akteure (Landwirte, Kommunen, private Bauinteressenten) habe. Bezogen auf die Maßnahme „Erhalt und Entwicklung innerstädtischer Freiflächen“ merkte ein Stakeholder an, dass durch zu viel urbanes Grün der städtische Charakter verloren gehen könne. Aus Praxisperspektive wurde betont, dass bei diesem Thema auf kommunaler Ebene bislang sowohl das Problembewusstsein als auch Instrumente und das methodische Rüstzeug fehlten. Als übergreifendes Problem der Maßnahmenausgestaltung thematisierte vor allem ein Vertreter ländlicher Räume, dass Ausprägungen und Auswirkungen der modellierten Maßnahmen in städtischen und ländlichen Räumen sowie in Schrumpfungs- und Wachstumsregionen sehr unterschiedlich seien.
Auch an der Diskussion um die Landnutzungsstrategien beteiligten sich die Akteure des Sektors. Allgemein betonten die Stakeholder die Notwendigkeit realistischer Ausprägungen der Maßnahmen für die Strategien (z. B. hinsichtlich des tatsächlichen Versiegelungsgrades wiedergenutzter Brachflächen). Auf einem Workshop wurde zusätzlich zu den vier betrachteten Landnutzungsstrategien eine weitere Strategie „Flächensicherung“ vorgeschlagen – bezogen auf den Schutz agrarischer Flächen. Denn Flächenumwidmungen für Siedlungszwecke erfolgen vorrangig zu Lasten agrarischer Flächen. Hier wandte ein Stakeholder des Sektors Siedlung und Verkehr ein, dass die Bevorzugung einer Flächennutzung vor allen anderen aus seiner Sicht nicht gerechtfertigt sei. Vielmehr gäbe es legitime Flächennutzungsinteressen auch der nicht-agrarischen Sektoren. Zudem verwiesen die Flächendaten und -nachfrageprojektionen des BBSR auf große Veränderungen im Bereich der Siedlungs- und Freiflächen. Die Zahl der Strategien wurde im Nachgang dieses Workshops nicht verändert, aber die Thematik der Reduzierung des Flächenverbrauchs gewann weiter an Bedeutung. Schließlich wurden Zielkonflikte zwischen den Strategien Klimaschutz und Klimaanpassung thematisiert: Auch bei einem Schwerpunkt auf der Innenentwicklung sei zu beachten, dass Freiflächen zur Naherholung und notwendige Frischluftschneisen zur Belüftung gesichert werden.
In übergreifender Perspektive war es den Stakeholdern dieses Sektors einerseits wichtig, Klimawandel nicht auf die Reduktion von Treibhausgasen zu beschränken – vielmehr wurden auch die negativen Auswirkungen des Klimawandels, vor allem die zu erwartende Zunahme von Extremereignissen (insbesondere Hochwasser), thematisiert. Andererseits betteten sie Fragen des Klimaschutzes als Forschungsschwerpunkt des Projektes in weitere gesellschaftliche Entwicklungen – wie den demographischen Wandel, die Frage regionaler Disparitäten oder die Notwendigkeit (und Grenzen) interkommunaler Kooperationen – ein.
Diskussionspunkte auf regionaler Ebene
Die Maßnahmendiskussion in der Altmark wurde von dem die Region seit langem prägenden Thema „Demographischer Wandel“ (vor allem durch Abwanderung) und die so verursachten veränderten Siedlungsstrukturen und Immobilienleerstände überlagert. Die insbesondere mit dem Städtebauförderprogramm „Stadtumbau Ost“ verbundene Förderung einer kompakten Siedlungsstruktur begünstigt nach Ansicht der Stakeholder gleichzeitig den Klimaschutz und die Innenentwicklung. Die Maßnahme „Erhalt von Freiflächen“ spiele demgegenüber in der Region keine Rolle, sondern eher der Umgang mit Brachen. Durch zahlreiche Stakeholder wurde kritisiert, dass Entsiegelungsmaßnahmen nicht für Ersatz und Ausgleich herangezogen werden, weil die Kosten dafür zu hoch sind. Dabei könnten ihrer Meinung nach landwirtschaftliche Flächen so geschont werden. Brachenentsiegelung und Lösung des Leerstandsproblems wurden als drängende Fragen thematisiert. Insgesamt stellten zahlreiche Stakeholder den Sinn von Ausgleichsmaßnahmen in Frage, da die Flächen oft nicht betreut und überwacht würden. Die Nutzung erneuerbarer Energien auf Siedlungsflächen ist aus Sicht der Stakeholder ein sinnvoller Weg, die THG-Emissionen zu verringern. Gleichzeitig wurde betont, dass speziell die Förderung der Bioenergie Verwerfungen im landwirtschaftlichen Flächenmarkt verursache. Schließlich betonten die Stakeholder aus der Altmark, dass bei der Landnutzung Prioritäten gesetzt werden müssten. Dies bezog sich auf die für die Region ebenfalls relevante Frage des Hochwasserschutzes: Siedlungsentwicklung führe zur Expansion in der Fläche, Hochwasserschutz fordere hingegen eine Konzentration der Bevölkerung.
In der Rhein-Region wurde die Maßnahmendiskussion bei unterschiedlicher Ausgangslage (hohe Flächennachfrage durch wirtschaftliches Wachstum und positives Wanderungssaldo) von ähnlichen Argumenten geleitet. Den Stakeholdern zufolge wird aus demographischen Gründen – also nicht aufgrund des Klimawandels – bereits auf eine Nachverdichtung hingearbeitet. Außerdem kollidiere die Nachverdichtung mit anderen Klimamaßnahmen: So sei eine Erhöhung des Grünflächenanteils damit nur schwer zu vereinbaren. Zudem wünschen sich viele potenzielle Zuzügler ein Einfamilienhaus. Weiterhin wird das zu erwartende Hitzeproblem mit einer Nachverdichtung aus Sicht der Stakeholder verschärft. Hier gibt es ihrer Meinung nach einen Zielkonflikt zwischen Klimaschutz und Klimaanpassung. Baulückenkataster existieren bereits, um die Nachverdichtung zu unterstützen, aber diese helfen nicht immer, da die Grundstücke sehr oft aus ganz individuellen Gründen leerstehen. Das 30-ha-Ziel verschärfe die Flächenknappheit für Wohnbauland noch und ist deshalb aus Sicht einiger Stakeholder nicht sinnvoll. Die Konkurrenz um Flächen wird zudem zwischen Kommunen ausgetragen, die mit allen Mitteln versuchen, für Gewerbetreibende attraktiv zu sein. Klimaauflagen, wie begrünte Dachflächen, seien deshalb kaum durchsetzbar. Die Gebäudesanierung als Klimaschutzbeitrag wurde infrage gestellt. Hier wäre es aus Sicht der Stakeholder interessant, die THG-Emissionen für die Sanierung den Einsparungen gegenüberzustellen. Generell war in der Rhein-Region ein Umsetzungswille für die Maßnahmen vorhanden, aber ihre globale Wirkung wurde angezweifelt.
Übergreifende Landnutzungskonflikte wurden in der Rhein-Region insbesondere in Bezug auf Flächenverbrauch und Flächenknappheit sowie im Zusammenhang mit Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen thematisiert. In der Altmark spielen diese vor allem im Zusammenhang mit dem Ausbau der Bundesautobahn 14 eine Rolle. Die Stakeholder favorisierten für die Umsetzung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen die Entsiegelung von Industriebrachen oder produktionsintegrierte Maßnahmen. Auch der Ausbau der Bioenergie wurde problematisiert. Einerseits hielten die Stakeholder die Nutzung erneuerbarer Energien in den Siedlungen für einen geeigneten Weg, um den THG-Ausstoß zu reduzieren, andererseits betonten sie, dass die Bevölkerung der Ansiedlung von Biogasanlagen im Wohnumfeld negativ gegenüberstehe, da ihre Lebensqualität durch die Errichtung negativ beeinflusst werde.
5.3.4.3
Sektor Forstwirtschaft
Diskussionspunkte auf bundesweiter Ebene
Anders als in den Sektoren Landwirtschaft sowie Siedlung und Verkehr wurden auf den Workshops mit den Forstvertretern keine Einzelmaßnahmen unabhängig von der jeweils verfolgten Landnutzungsstrategie diskutiert. Vielmehr besteht jede der vier Strategien aus unterschiedlichen Ausprägungen von jeweils elf Maßnahmen. Jede Strategie ist somit zugleich ein Maßnahmenbündel (vgl. Abschn. 3.3.6). Die Maßnahmen waren erstmals in den Experteninterviews 2011/2012 erhoben worden, wurden anschließend mit denen der Wissenschaftler abgeglichen und soweit wie möglich in der weiteren Modellierung berücksichtigt. Ein Workshop wurde deshalb nur darauf verwendet, die von den Fachwissenschaftlern vorgeschlagenen Maßnahmenausprägungen in den drei Strategien Klimaschutz, Bioenergie, Natur- und Umweltschutz zu prüfen und gegebenenfalls Änderungsvorschläge zu äußern (die Klimaanpassungsstrategie im Forst wurde erst nachträglich entwickelt). Die Stakeholder ließen sich auf dieses Vorgehen ein, betonten aber, dass die Maßnahmen nicht nur je nach Ausprägung, sondern auch in Abhängigkeit von den spezifischen Standorteigenschaften unterschiedlich wirken, und dies bei der Interpretation der Modellierungsergebnisse zu berücksichtigen sei.
Bezogen auf die Strategien gab es unter anderem Kritik an der Bezeichnung der Strategie „Natur- und Umweltschutz“. Es wurde angemerkt, dass Naturschutz in der Forstwirtschaft nicht gleichzusetzen sei mit Umweltschutz – Naturschutz bedeute vielmehr Artenschutz, der in der Strategie nicht mit abgebildet werde. Auch über die Ziele der Strategien wurde diskutiert: So wiesen die Stakeholder für die Klimaschutzstrategie darauf hin, dass die Erhöhung des Zuwachses das entscheidende Kriterium sei und der Vorratsaufbau als zweitrangig angesehen werde. Die Beschreibung des Ziels wurde daraufhin angepasst. Ein Teil der Diskussion drehte sich des Weiteren darum, ob nicht auch „Extremstrategien“, wie z. B. 80 % Douglasie, modelliert werden könnten. Diese Anregung wurde vom Konsortium mit dem Verweis auf die durch das Projekt auch zu leistende glaubwürdige Politikberatung zurückgewiesen – eine solch extreme Maßnahmenausprägung sei demnach nicht vermittelbar. Weitere Hinweise bezogen sich auf die Baumartenwahl und die Anteile einzelner Baumarten.
Übergreifend diskutierten die nationalen Stakeholder im Sektor Forst so stark wie in keinem anderen Sektor über die Modellierung und ihre Grenzen. Dies war auch dem Umstand geschuldet, dass das genutzte Modell FoBeSiMo (vgl. Abschn. 4.2.2.4) neu entwickelt worden war. So wünschten sich die Stakeholder beispielsweise bestimmte Maßnahmen (z. B. eine verbesserte Ausschöpfung der Holzpotenziale im Kleinstprivatwald), die aus Sicht der Praxis von hoher Relevanz seien, aber in der Modellierung aufgrund unzureichender Daten nicht berücksichtigt werden konnten. Auch eine stärkere Regionalisierung wurde angemahnt, konnte jedoch wegen fehlender Datengrundlagen und aus Kapazitätsgründen – ebenso wie der Einbezug weiterer Maßnahmen oder Baumarten – in diesem Projekt nicht geleistet werden. Mehrfach wiesen die Stakeholder deshalb darauf hin, dass die Einschränkungen (einschließlich des begrenzten Modellierungszeitraums von 40 Jahren) bei Ergebnisvorstellungen und -interpretationen deutlich gemacht werden müssten, da sonst der Eindruck zu pauschaler Aussagen entstehen könne.
Diskussionspunkte auf regionaler Ebene
Die Entwicklung des Modells FoBeSiMo im Projektverlauf und die nur auf Bundeslandebene mögliche Regionalisierung des Modells machte seine Anwendung auf die Fokusregionen nicht möglich. Aus diesem Grund wurde auf regionaler Ebene nur in der ersten Projektphase im Rahmen von Fokusgruppen über die in den Experteninterviews gesammelten Maßnahmen zu Klimaschutz und Klimaanpassung sowie mögliche weitere Maßnahmen diskutiert. Diese bezogen sich vor allem auf die Baumartenwahl im Zusammenhang mit dem Klimawandel und die Holznachfrage. Ein wichtiger Aspekt war ein klimaangepasster Waldumbau. Die Akteure in den Fokusregionen waren der Meinung, dass heimische Baumarten keine Antwort auf den Klimawandel seien. „Standortheimisch“ wurde durch Teilnehmer der Fokusgruppen als „ideologisch“ bezeichnet, da sich die Standortbedingungen über die Zeit wandeln. „Standortpotenzialgerecht“ wurde als alternativer Begriff vorgeschlagen. Neue Baumarten könnten nach Aussagen von Stakeholdern der Atmosphäre deutlich mehr Kohlendioxid entziehen als heimische. Außerdem können Schädlinge, die durch den Klimawandel begünstigt werden, ebenfalls durch die Nutzung neuer Baumarten zurückgedrängt werden. Die Alternative zur Schädlingsbekämpfung wäre nur die Neuzulassung von Insektiziden, und diese sei zu langwierig. Die notwendigen Bearbeitungszeiträume für die Neuzulassung lassen aus Sicht der Stakeholder die Zerstörung großer Waldflächen zu. Dies könne wiederum zu einer Störung des Mikroklimas führen, was Nebelbildung, stärkere Winde und Sandverwehungen nach sich ziehen könnte. Ferner wurde in beiden Regionen betont, dass Holz als Kohlenstoffspeicher nur effektiv zu nutzen sei, wenn eine Kaskadennutzung realisiert werde.
Des Weiteren gab es eine Reihe von unterschiedlichen Problemlagen in den Regionen. So wurde in der Fokusgruppe in der Region Rhein argumentiert, dass ein Waldumbau hin zu Laubgehölzen die Nachfrage nach Nadelholz missachte. Hinzu kommt, dass die Vielzahl von kleinen Waldbesitzern aus Perspektive einiger Stakeholder die ökologische Stabilität des Waldes fördere, da jeder Besitzer eine andere Strategie der Pflege verfolge und so ein Muster von vielen verschiedenen Baumarten entsteht. Regulierungsmaßnahmen vonseiten des Gesetzgebers störten nach Ansicht einiger Stakeholder diese Stabilität. Als Folge des Klimawandels wurde beschrieben, dass der Waldbestand durch Schneebruch gefährdet sei, wodurch vermehrt Schadholz anfalle.
Die Ergebnisvorstellung der Strategiemodellierung auf dem Abschlussworkshop führte zu Diskussionen über eine wünschenswerte Regionalisierung der Forschungsergebnisse. Die Stakeholder kommentierten die Aussagen für die Bundesebene mit ihren Kenntnissen über regionale Spezifika und verwiesen auf die Bedeutung des Projektes für die Politikberatung – zu pauschale Aussagen könnten falsche Schlüsse der Politik (etwa bezogen auf eine Ausweitung des Buchenbestandes) nach sich ziehen.
5.3.5 Wissenschaft und Praxis in Interaktion: Prozessreflexionen
Knapp fünf Jahre transdisziplinärer Diskurs mit einer Vielzahl von Einzelaktivitäten sollen in diesem Abschnitt einerseits aus Sicht der Stakeholder, andererseits aus der Perspektive des Forschungskonsortiums reflektiert werden. Dafür wird schwerpunktmäßig auf das Material aus den Experteninterviews sowie den Feedbackschleifen zurückgegriffen.
5.3.5.1 Der transdisziplinäre Diskurs aus Sicht der Stakeholder
Erwartungen an das Forschungsvorhaben
Zu Projektbeginn wurden in Interviews auch die Erwartungen der Stakeholder an das Forschungsprojekt erfragt. Diese lassen sich für die bundesweiten Akteure mit vier Stichworten zusammenfassen:
-
Komplexitätsreduktion: Landnutzung und Klimawandel wurden als zwei umfassende Themen wahrgenommen, für die sich die Akteure eine Aufarbeitung bestehenden Wissens und seine Bewertung, aber auch möglichst kleinräumige Projektionen, vor allem in Bezug auf den Klimawandel, wünschten.
-
Wissenschaftliche Entscheidungshilfe: Die Akteure erhofften sich von der Wissenschaft den notwenigen Input, um eigene Landnutzungsentscheidungen legitimieren oder politische Entscheidungen begründen zu können.
-
Handlungsempfehlungen: Das Projekt solle möglichst konkrete Handlungsempfehlungen erarbeiten, bezogen darauf, was Landnutzer für Klimaschutz und Klimaanpassung tun können. Allgemeine Empfehlungen seien nicht ausreichend.
-
Vernetzung von Wissensbeständen und Akteuren: Durch den interdisziplinären Forschungsverbund und den transdisziplinären Ansatz erhofften sich die Stakeholder zum einen ein Zusammenkommen unterschiedlicher Akteure, um den Wissensaustausch zu fördern. Zum anderen solle Deutschland nicht allein gesehen, sondern die Forschung müsse in globale Trends eingebettet werden. Schließlich sollten Erkenntnisse früherer Studien und bestehender Forschungen berücksichtigt werden, um auch als Forschung wirklich nachhaltig zu sein.
Auch die regionalen Stakeholder äußerten in zweierlei Hinsicht Erwartungen an das Projekt:
-
Entscheidungsunterstützung: Die Erwartungen der Stakeholder richteten sich in erster Linie an mehr Wissen, z. B. bezogen auf regionale Klimadaten, den Beitrag unterschiedlicher Landnutzungssektoren zum Klimawandel sowie das Potenzial sektoraler Anstrengungen und konkreter Maßnahmen zur Senkung von Treibhausgasen und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Auch das Wechselspiel der unterschiedlichen Maßnahmen war von Interesse – je detaillierter, desto besser.
-
Netzwerkbildung: Die Vernetzung der Akteure sahen viele Akteure als Mehrwert eines transdisziplinären Ansatzes. Von Interesse war für sie auch, über die eigene Region hinauszuschauen und die Probleme und Lösungsansätze der jeweils anderen Fokusregion kennenzulernen.
Neben der Forderung, dass Forschung möglichst konkrete Empfehlungen geben sollte, äußerten die bundesweiten und regionalen Stakeholder – in den Interviews, aber auch auf den Workshops und in den Fokusgruppen im weiteren Prozessverlauf – die Erwartung, nicht nur neues Wissen zu erhalten, sondern bestehende Erkenntnisse einzubetten, möglichst konkrete Ergebnisse zu erzielen und sich mit anderen Akteuren, gerade im übersektoralen Kontext, auszutauschen.
Rückschau am Projektende
Auf dem Abschlussworkshop wurden die teilnehmenden Stakeholder mittels eines Feedbackbogens befragt, wie sie die Methode der Workshops während des transdisziplinären Diskurses von CC-LandStraD bewerten, wie sie den Mehrwert insgesamt und für ihre Arbeit einschätzen und welche Verbesserungspotenziale sie sehen. Einige Strukturdaten der 19 Akteure, die einen Fragebogen ausfüllten, fasst Tab. 5.10 zusammen. Dass knapp die Hälfte von ihnen erstmals an einem Workshop teilgenommen hatte, war angesichts der Langfristigkeit des transdisziplinären Diskurses nicht zu erwarten gewesen. Unter diesen neun Stakeholdern befinden sich aber sowohl Akteure, die als Experten im ersten Teil des Projektes persönlich befragt worden waren, als auch Vertreter von Organisationen, die an vorherigen Workshops teilgenommen hatten, bei denen sich aber die Personalsituation im Projektverlauf verändert hatte.
Tab. 5.10 Strukturdaten der feedbackgebenden Stakeholder (n = 19). (Quelle: Thünen-Institut/A. Steinführer)
Der überwiegende Teil der Stakeholder (17) hielt die durchgeführten Workshops für geeignet, um Wissen und Beiträge aus der wissenschaftlichen Arbeit und der Praxis miteinander zu verbinden. Ebenso viele Stakeholder (17) sahen einen Zusatznutzen durch eine enge Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und Praktikern in solchen Projekten gegenüber anderen Forschungsansätzen. Der Transfer in beiden Bereichen wurde als wichtig erachtet und sollte noch intensiviert werden. Dabei gelte es, darauf zu achten, dass sich das Verständnis für die Arbeitsweisen gegenseitig verbessert. Problemstellungen, Folgen und Wirkungen werden zum Teil unterschiedlich bearbeitet und begründet. Der Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis trägt aus Sicht eines Akteurs zu einer sachlichen Diskussion und Bewertung von Lösungen bei. Der Austausch von Praxis, Forschung und Politik war aus Sicht der Stakeholder zwingend erforderlich, denn dadurch konnten Maßnahmen, die dann in der Praxis und konkret vor Ort umgesetzt werden sollten, besprochen und festgelegt werden. Durch diesen Rückkopplungsprozess könnten die Wissenschaftler erleben und erfahren, wo es in der Praxis „brennt“. In diesem Prozess sollte die Praxis „Stichwortgeber und Korrektiv“ sein, sie sollte aber den Lösungsraum auch nicht zu sehr einengen, um der Forschung entsprechend Raum zu geben. Ein Akteur kommentierte das wie folgt: „‚Sachzwang‘ und ‚Alternativlosigkeit‘ sind Gift für die ‚freie Forschung‘.“ Ein weiteres Argument war, dass die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern und Praktikern einer Korrektur von falschen Annahmen aus Sicht der Wissenschaft dienen kann und durch den Austausch gegebenenfalls korrigiert und geändert werden kann. Ein Akteur schätzte ein, dass Praktiker von Ergebnissen durch eine Zusammenarbeit sogar stärker profitieren.
Es gab nur wenige Stakeholder, die den Feedbackbogen ausfüllten, die kaum oder keinen Mehrwert durch diese Art der Zusammenarbeit gegenüber anderen Projekten sahen. Begründet wurde das nur durch einen Stakeholder. Sein Argument gegen diese Art von Projekten war, dass aus seiner Sicht nur wenige Lösungsansätze in der Praxis anwendbar seien.
Alle befragten Stakeholder gaben an, dass das Forschungsprojekt mit den Themen Klimawandel und Landnutzung praxisrelevante Problemstellungen aufgegriffen hat (davon 12 mit „eher ja“). Ein Stakeholder stellte dies explizit heraus und bezeichnete die Bedeutung der Landnutzung für den Klimaschutz und die Anpassung als sehr hoch und praxisrelevant. Positiv wurde der sektorübergreifende Ansatz hervorgehoben. Darüber hinaus wurde positiv bewertet, dass sich das Projekt mit den „Schnittstellen zwischen Naturschutz, Landwirtschaft und Treibhausgasen“ beschäftigt hat. Nach Meinung eines Stakeholders konnten praxisrelevante Fragestellungen in die Diskussion eingebracht werden, die im Ergebnis „eine umfassende Sammlung und Übersicht […] für Praxis und Wissenschaft“ ergaben (gemeint war vermutlich die Maßnahmensammlung; Anm. d. Verf.). Die Diskussion zu Ursachen, Wirkungen und Folgen über die Maßnahmen habe zu einer sachlichen und ausgewogenen Betrachtung geführt. Flächenverbrauch, Landwirtschaft und Naturschutz, so gab ein Stakeholder an, hatte er bisher nicht so stark unter Klimaaspekten betrachtet, will das aber nun stärker in seine fachliche Praxis integrieren. Die behandelten Themen waren aus Sicht eines weiteren Praxisakteurs sehr komplex und aktuell, allerdings gäbe es für vieles oft keine einfachen Lösungen. Kritische Anmerkungen bezogen sich vor allem auf die Praxisrelevanz: So bedauerte ein Stakeholder, dass nicht alle praxisrelevanten Einflussfaktoren (z. B. abiotische und biotische Faktoren vor dem Hintergrund des Klimawandels) in ausreichendem Umfang berücksichtigt werden konnten. Ein anderer Akteur kritisierte, dass Modelle, die nur eine Projektion über 40 Jahre vornehmen, nicht praxisbezogen seien. Ein weiterer Stakeholder hatte sich eine stärkere Auswertung der Ergebnisse bis zur lokalen Ebene gewünscht.
Auf die hypothetische Frage, ob bei einem Neustart des Projektes in der Zusammenarbeit mit den Akteuren etwas anders gemacht werden sollte, gab es zahlreiche Vorschläge, z. B. Methoden des Gruppencoachings zu nutzen, Praktiker noch stärker einzubinden und eine engere Terminabfolge für den Austausch von Wissenschaftlern und Praktikern zu planen sowie lokale Workshops durchzuführen, um die Erfahrungen der Praxis noch stärker in die Ergebnisse einfließen zu lassen. Auch gab es Vorstellungen, statt einer bundesweiten Modellierung besser nur ausgewählte Regionen zu modellieren. Einige Stakeholder wünschten sich noch mehr Zeit für Diskussionen der Ergebnisse. Ein Akteur schlug vor, weitere Stakeholder (z. B. Vertreter des Gesundheitsbereichs) einzubinden, um auch der Frage nachzugehen, ob durch eine geänderte Landnutzung möglicherweise Gefahren durch Krankheitserreger, die längst ausgerottet waren, wieder Einzug finden könnten.
Eine weitere Möglichkeit für ein vertieftes Prozess- und Projektfeedback boten sieben Telefoninterviews mit Stakeholdern der Bundesebene sowie einem Ländervertreter nach dem Abschlussworkshop 2015. Deren Ergebnisse werden nachfolgend zusammengefasst.
In Bezug auf die Motivation zur Teilnahme am transdisziplinären Diskurs wurde von den Stakeholdern in diesen Interviews darauf hingewiesen, dass ihre Institution den Besuch wissenschaftlicher Veranstaltungen als eine Aufgabe ihrer Arbeit sehe, um dort die eigenen Interessen zu vertreten. Ein Akteur fügte hinzu, dass sich seine Organisation als „Knotenpunkt“ zwischen Wissenschaft und Praxis verstehe und durch eine Teilnahme Erkenntnisse in die Praxis transportiert werden könnten. Ein anderer Stakeholder argumentierte in die Gegenrichtung: Forderungen an die Politik sollten seines Erachtens auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen, deshalb diene seine Teilnahme der laufenden Informationsgewinnung über aktuelle Forschungsdiskussionen.
Die Mehrzahl der Akteure hob den sektorübergreifenden Ansatz des Forschungsprojekts positiv hervor. Diese ganzheitliche Betrachtung habe es bisher noch nicht gegeben und weckte die Neugier der Stakeholder. Die Erwartungen der befragten Akteure an das Projekt sind auf unterschiedlichen Ebenen anzusiedeln. Einige Stakeholder hatten eine eher allgemeine Erwartungshaltung, die sich vor allem auf die sektorübergreifenden Diskussionen bezog. Diese Akteure bejahten die Frage, ob ihre Erwartungen erfüllt worden seien. Akteure der Landnutzung zusammenzubringen und „sachlich“ zu diskutieren sowie die aktuelle Diskussion zum Klimawandel aufzubereiten, wurde ebenfalls positiv bewertet. Diese Befragten erwarteten aufgrund der Anlage des Gesamtprojekts im Ergebnis keine „konkrete Hilfestellung“ im Sinne spezieller Landnutzungsmaßnahmen. Ein Stakeholder merkte an, dass zu pauschale Ergebnisse zu falschen Schlüssen für die Politik führen könnten. Darüber hinaus sah er durch den fehlenden Regionsansatz in der Forstmodellierung keine Praxisrelevanz der erzielten Ergebnisse. Andere Forschungsprojekte haben seiner Meinung nach hierzu bereits mehr Erkenntnisse gewonnen und seien für die Praxis von größerer Bedeutung. Ein anderer Akteur bedauerte, dass in der Landwirtschaft die Nutzung von Alternativpflanzen bei Bioenergiepflanzen zwar mitbedacht wurde, aber in der Diskussion zunehmend in den Hintergrund getreten ist. Auch Aspekte des Boden- und Grünlandschutzes zur Sicherung der Biodiversität seien seiner Meinung nach nicht hinreichend berücksichtigt worden. Von einem Stakeholder wurden die Diskussionsrunden, besonders in der dritten Workshopschleife, als zu klein empfunden. Auch sei so „mehr über die Praxis, theoretisch über die Praxis gesprochen [worden], als sozusagen mit der Praxis“.
Fast alle befragten Stakeholder waren der Meinung, dass ihre Anmerkungen und Anregungen durch das Projektkonsortium soweit wie möglich berücksichtigt worden sind. Ein Befragter wies darauf hin, dass er immer auf ein „offenes Ohr“ gestoßen ist. Ein Stakeholder bedauerte hingegen, dass Anmerkungen zwar diskutiert worden seien, aber häufig nicht weiter berücksichtigt werden konnten. Grundsätzlich waren die Erklärungen zu Modellgrenzen für alle befragten Akteure nachvollziehbar und die Begründungen, warum Aspekte nicht aufgegriffen werden konnten, einleuchtend. Einige der Befragten kritisierten jedoch, dass es grundsätzlich problematisch sei, die Thematik der zukünftigen Landnutzung vor dem Hintergrund des Klimawandels mit Modellierungen anzugehen. Das Problem sei zu komplex und zu undurchschaubar, als dass Modelle die Realität abbilden oder hilfreiche Ergebnisse für eine zukünftige Strategie liefern könnten. Ein anderer Stakeholder merkte an, dass Modellierungen an sich hilfreiche Instrumente zur Bearbeitung einer Problemstellung sein können, doch in CC-LandStraD seien seine Erwartungen nicht in jeder Hinsicht erfüllt worden.
Einen Zusatznutzen für die eigene Arbeit sieht die Mehrzahl der befragten Akteure. Nach Einschätzung zweier Befragter benötigen von Verbänden und anderen Organisationen formulierte Forderungen auch eine wissenschaftliche Basis. Daher sei die Beteiligung an einem solchen Forschungsprojekt eine Chance, in den Diskurs mit der Wissenschaft zu kommen und über den neuesten Forschungsstand informiert zu werden. Ein anderer Akteur merkte an, dass er seinen Wissenshorizont durch die Diskussionen erweitern konnte. Nur für einen Befragten erbrachte die Projektbeteiligung keinen Zusatznutzen für seine Arbeit. Durch den aus seiner Sicht ungenügenden regionalen Bezug im Projekt fehlten konkrete Anhaltspunkte für die Praxis.
Fast alle Befragten würden sich noch einmal an diesem oder einem ähnlichen Forschungsprojekt beteiligen. CC-LandStraD hat aus Sicht der Stakeholder ein relevantes und aktuelles Thema aufgegriffen und gab ihnen die Möglichkeit, „über den Tellerrand“ zu schauen. Fast alle Befragten wünschten sich, dass sie die Interessen der eigenen Institution bereits in einem frühen Forschungsstadium einfließen lassen könnten, um den Projektverlauf von Anbeginn mitzugestalten. Das würde für alle Akteure eine wichtige Motivation für eine erneute Teilnahme darstellen. Lediglich ein Stakeholder wies darauf hin, dass er im Vorfeld eines neuen Projektes die methodische Herangehensweise genauer prüfen und sich nur dann erneut beteiligen würde, wenn dieses „tiefer in die Region, in die Differenzierung“ geht und somit ein „praktischer Nutzen“ gewährleistet wäre.
5.3.5.2 Der transdisziplinäre Diskurs aus Sicht des Konsortiums
Auch die Mitglieder des CC-LandStraD-Konsortiums wurden mittels eines Feedbackbogens befragt, wie sie die Zusammenarbeit mit den Stakeholdern im Projekt bewerten. Von den zehn Konsortiumswissenschaftlern, die aktiv in den Beteiligungsprozess eingebunden waren, beteiligten sich an der Befragung acht. Alle Wissenschaftler, die den Feedbackbogen ausfüllten, hatten an Veranstaltungen des bundesweiten und/oder regionalen Beteiligungsprozesses teilgenommen, wenn auch in unterschiedlicher Intensität. Die Nennungen reichten von einer Veranstaltung (n = 1), über drei (3), sechs (2), sieben (1) bis hin zu neun (1).
Die überwiegende Zahl der Wissenschaftler schätzte die Workshops im Rahmen des bundesweiten und regionalen Beteiligungsprozesses als geeignete Methode ein, um Wissensbeiträge aus der wissenschaftlichen Arbeit und der Praxis miteinander zu verbinden. Ein Forscher schlug das Planspiel als eine gute Methode in Ergänzung zu den Workshops vor, um einen noch aktiveren Beitrag der Stakeholder zu ermöglichen. Allerdings schränkte ein anderer Wissenschaftler auf die Frage nach weiteren möglichen Methoden ein, dass die zur Verfügung stehenden Mittel auch Grenzen der Beteiligung setzten. Die meisten befragten Fachwissenschaftler hatten über die bundesweiten und regionalen Workshops hinaus Kontakte mit den in den Projektprozess eingebundenen Stakeholdern bezüglich CC-LandStraD-spezifischer Fragen. Für fünf Wissenschaftler waren die Anregungen, Kritikpunkte und Fragen der Stakeholder zu den Zwischenergebnissen des Projektes für das Gesamtprojekt „(eher) hilfreich“, für einen Befragten „sehr hilfreich“ und für zwei Wissenschaftler „eher wenig hilfreich“. Für die eigene Arbeit erachteten fünf Mitglieder des Konsortiums die Anregungen der Stakeholder als „eher hilfreich“, drei als „eher wenig hilfreich“.
Positiv bewerteten einige Wissenschaftler, dass die Forschungsergebnisse durch den Austausch mit den Akteuren an den Bedürfnissen der Praxis gemessen wurden. Hilfreich sei gewesen, dass die Stakeholder auf zuvor unberücksichtigte Hemmnisse hingewiesen und von der Wissenschaft getätigte Annahmen durch Praktiker bestätigt wurden. Darüber hinaus lieferten die Stakeholder aus Sicht eines Befragten interessante fallspezifische Informationen und Hinweise zu Feinheiten der entwickelten Projektsprache, die, so verwendet, gegebenenfalls „Türen schließen kann“. Positiv bewertet wurden auch Hinweise aus der Praxis zu Umsetzungshemmnissen, instrumentellen Schwächen und Defiziten sowie Zielkonflikten und Synergien. Ohne diesen Austausch mit den Stakeholdern wären nach Aussagen eines Wissenschaftlers zwar vermutlich keine grundlegend anderen Ergebnisse entstanden, aber es sei hilfreich, die eigene Arbeit auf die Praxisrelevanz hin prüfen zu lassen: „Als Wissenschaftler schmort man häufig im ‚eigenen Saft‘ und verkennt, dass die Schwierigkeiten ‚da draußen‘ andere sind als man annimmt.“ Dadurch wurde auch die Einordnung der Umsetzungsprobleme von Maßnahmen in der Praxis möglich.
Die befragten Projektbeteiligten sahen aber auch Grenzen eines solchen transdisziplinären Ansatzes. Die transdisziplinäre Arbeit erfordere einen hohen Grad an Verständnis für die andere Disziplin, häufig fehle aber für weiterführende Kritik ein ausreichender Sachverstand. Zudem wurde kritisch angemerkt, dass die Stakeholder zum Teil zu stark auf lokale Themenstellungen fokussierten, die nicht immer gut zum regionalen bzw. bundesweiten Fokus des Gesamtprojektes passten. Ein Befragter stellte die Notwendigkeit einer distanzierten Sichtweise der Wissenschaft heraus, da es durchaus einzelne Stakeholder gab, die spezifische eigene Interessen verfolgten.
Insgesamt bewerteten sieben der acht Wissenschaftler die Zusammenarbeit mit den Praktikern positiv und sahen gegenüber anderen Forschungsansätzen einen Zusatznutzen für ihre eigene Arbeit. So stellte ein Konsortiumsmitglied heraus, dass durch den transdisziplinären Ansatz die Relevanz der Forschung insbesondere hinsichtlich der Formulierung relevanter Forschungsfragen gesichert werden könne. Den Beitrag dieses Ansatzes sahen andere Wissenschaftler vor allem in der höheren Anwendungsorientierung ihrer Arbeiten und der eigenen Sensibilisierung für die Probleme der Landnutzer. Das trug dazu bei, die Ansichten und Einstellungen zu bestimmten Themen besser kennenzulernen sowie sich selber zu disziplinieren und seine Erkenntnisse anderen gegenüber zu vermitteln. Herausgestellt wurden aber auch Probleme in der Umsetzung des Prozesses. Dazu zählten u. a. der hohe Zeit- und Kostenaufwand eines solchen Ansatzes, der Umgang mit Einzelmeinungen und Lobbyismus sowie die Schwierigkeit, Akteure für den Prozess zu gewinnen. Problematisiert wurde darüber hinaus der zum Teil unterschiedliche Kenntnisstand der Stakeholder.
Befragt, wie die Einbindung nicht-wissenschaftlicher Akteure bei einem Folgeprojekt aussehen sollte, antworteten vier Wissenschaftler, dass die Beteiligung genau den Grad haben sollte wie in CC-LandStraD. Drei Befragte plädierten für eine geringere Beteiligung (bei einer fehlenden Angabe). Allerdings empfahl ein Konsortiumsmitglied, wenn das Projekt nochmals von vorn beginnen könnte, weniger Akteure einzubinden und das Thema am Anfang mehr einzuengen. Die Forschungsergebnisse müssten früher vorliegen, um den Diskussionsprozess zu befruchten und auf ein höheres Niveau zu heben. Ein Wissenschaftler wünschte sich für ein mögliches kommendes Projekt eine stärkere Einbindung nicht-organisierter Interessenvertreter.
5.3.6 Der transdisziplinäre Diskurs: Was hat er gebracht?
Im Rahmen des transdisziplinären Diskurses in CC-LandStraD wurde eine Vielzahl von regionalen und bundesweiten Interessenvertretern der Landnutzung am Projekt und dessen Fortgang beteiligt. Konkret erfolgte dies, indem:
-
einzelne externe Beteiligte über eine längere Zeit mitwirkten,
-
weitere Stakeholder punktuell beteiligt waren,
-
das Wissen und die Interessen externer Akteure mittels partizipativer Verfahren (Workshops, Fokusgruppen, Interviews) erhoben und einbezogen wurde.
Damit war CC-LandStraD durch einen mittleren Grad an Transdisziplinarität gekennzeichnet (Defila et al. 2006, S. 216). Die Zielsetzung und der Verlauf des Forschungsvorhabens wurden stark durch den Fortgang der Modellierungsaktivitäten geprägt. Zu bestimmten Zeitpunkten – nach einer ersten Auswahl von Maßnahmen und vor Festlegung der endgültigen Strategieausgestaltung – hatten die Stakeholder die Möglichkeit, ihre Interessen und Erwartungen in Bezug auf aktuelle und zukünftige Landnutzungsentwicklungen einzubringen.
Nachfolgend werden zentrale inhaltliche, methodische und prozessuale Aspekte des transdisziplinären Diskurses zusammenfassend dargestellt und reflektiert.
5.3.6.1 Inhaltliche Aspekte des transdisziplinären Diskurses
Die Frage, was nachhaltige Landnutzung unter dem Einfluss des Klimawandels und unter besonderer Berücksichtigung der Verminderung von Treibhausgasen bzw. einer höheren Kohlenstoffspeicherung eigentlich bedeutet, führte das Projektkonsortium relativ schnell zu konkreten Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen (vgl. Kap. 3). Vor Beginn der Forschungsarbeiten war nicht absehbar gewesen, dass dies kein rasch abgeschlossener Baustein, sondern Bestandteil der Projektarbeit über mehrere Jahre sein würde. Die landnutzungsbezogenen Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen sowie ihre Ausgestaltung in den Strategien (Klimaschutz, Bioenergie, Natur- und Umweltschutz sowie Klimaanpassung) waren auch zentrales Thema der Diskussionen mit den Stakeholdern, da diese ausreichend konkret waren, um an der beruflichen Praxis der eingeladenen Akteure anzuknüpfen. Zur Projekthalbzeit (Anfang 2013) waren 158 solcher Maßnahmen im Gespräch gewesen. Von diesen waren 28 durch das Konsortium, 74 durch die regionalen Akteure und 56 durch die bundesweiten Stakeholder eingebracht worden. 85 erwiesen sich als prinzipiell modellierbar, 73 als nicht modellierbar (Crewett et al. 2013). In einem weiteren Prozess der Verdichtung und (zwangsläufigen) Beschränkung wurde die Zahl zunächst auf 46, abschließend auf 36 modellierbare Maßnahmen verringert.
Bezogen auf die Strategien ging es neben der Priorisierung und den Ausprägungen der zuzuordnenden Maßnahmen vor allem darum, wie praxisnah oder -fern solche Strategien sein sollten – und damit um die generelle Frage der Zielsetzung von Strategien (bzw. Szenarien). Dienen sie vor allem der Verständigung über etwas besonders Wünschenswertes oder nicht Wünschenswertes, oder sollen sie versuchen, tatsächlich zu erwartende Zukünfte so gut wie möglich abzubilden – sind sie also eher normativ oder eher realitätsnah? Im hier dokumentierten Forschungsprozess war dies immer wieder neu zu klären – in einem Projekt mit einem höheren Grad an Transdisziplinarität wäre hingegen ein mit den Stakeholdern gemeinsam entwickeltes Verständnis wünschenswert.
Die Maßnahmen- und Strategiediskussion wurde von der Thematisierung sektoraler und intersektoraler Landnutzungskonflikte begleitet. Diese hatten, wie oben erwähnt, bereits in den leitfadengestützten Interviews eine zentrale Rolle gespielt. Abb. 5.11 stellt die wichtigsten Konflikte zusammenfassend dar (für eine detaillierte Darstellung vgl. Steinhäußer et al. 2015).
Aus der Vielzahl der Landnutzungskonflikte sind aus sektorübergreifender Perspektive zwei besonders hervorzuheben:
-
Ein zentrales Konfliktthema stellte aus Sicht der Stakeholder die Sicherung von (landwirtschaftlicher) Fläche dar. Als zentrales Problem wurde aus Sicht der Land- und Forstwirtschaft die anhaltende, wenn auch im Bundesdurchschnitt abnehmende Flächenneuinanspruchnahme durch die Expansion von Siedlungen thematisiert. Ebenso wurde die Versiegelung fruchtbarer Böden problematisiert. Nutzungsverzicht, also Flächenstilllegungen für den Naturschutz, galt den Vertretern der Wirtschaftssektoren Land- und Forstwirtschaft nicht als optimale Lösung. Interessenvertreter des Sektors Siedlung und Verkehr stellten dem teilweise eine andere Sicht entgegen, indem sie auf das aus ihrer Sicht veränderte Bewusstsein in Bezug auf die Flächenneuinanspruchnahme und das proklamierte „30-Hektar-Ziel“, das für die Planungspraxis eine wichtige (wenn auch nicht erreichbare) Richtschnur sei, hinwiesen.
-
Als weitere wichtige Konfliktlinie wurde die in der jüngeren Vergangenheit starke Zunahme der Flächennutzung für die Bioenergieproduktion identifiziert. Als Minimalkonsens zeichnete sich die Formel ab, dass in der Landwirtschaft Bioenergiepflanzen nur als Übergangslösung akzeptiert würden. Mehrfach wurde auf die globale Perspektive (insbesondere die Verlagerung von Landnutzungskonflikten in andere Länder und Probleme der Ernährung der Weltbevölkerung) hingewiesen. Stakeholder der Forstwirtschaft hielten die energetische Holznutzung in Konkurrenz zur stofflichen Nutzung von Holzerträgen ebenfalls für einen der wichtigsten Nutzungskonflikte innerhalb der Forstwirtschaft. Sie betonten, dass durch die „Energiewende“ auch die Nachfrage nach Energieholz gestiegen sei, mit der Folge, dass die Konkurrenz in der Holzverwertung zugenommen habe. Beide Sektoren waren sich weitgehend einig darin, dass durch den Bedeutungsgewinn erneuerbarer Energien die „eigentlichen“ Aufgaben der Forst- und Landwirtschaft nicht „vergessen“ werden sollten.
Die inhaltliche Begrenzung des Projektes auf sektorale Beiträge zum Klimaschutz sowie, in der Forstwirtschaft und im Siedlungswesen, auf Klimaanpassungsmaßnahmen wurde von den Akteuren zwar einerseits begrüßt, andererseits mahnten sie im Prozessverlauf immer wieder eine umfassendere gesellschaftliche Perspektive an: Nachhaltige Landnutzung könne nicht nur isoliert klimatische Veränderungen (also einen Aspekt ökologischer Nachhaltigkeit) berücksichtigen. Problematisiert wurden zum Beispiel die Grenzen solcher Nachhaltigkeit, wenn die Einkommen von Landwirtschaft und Forstwirtschaft nicht mehr gesichert sind, zentrale Aufgaben der Sektoren in den Hintergrund rücken und/oder die Lebensqualität sinkt. Die Interessenvertreter der Landnutzung betonten, dass Klimawandel für Landnutzer nur ein Problem unter anderen (wenn überhaupt) sei. In ihrer Arbeit spielen beispielsweise Fragen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU, die Novellierung der Düngeverordnung, Wertschöpfungsketten, Holzpreise oder die Sicherung der Daseinsvorsorge und die Leerstandsproblematik eine mindestens ebenso wichtige Rolle.
Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass der formulierte Projektanspruch der Nachhaltigkeit von den Akteuren der Landnutzung so ernst genommen wurde, dass sie ganzheitliche bzw. umfassendere Modelle und ein höheres Maß an sektorübergreifender Integration einforderten, als es CC-LandStraD – das in seinen Modellierungen oft Neuland betreten und sich gleichzeitig beschränken musste – in jedem Falle einlösen konnte. Auch die (fehlende) Nachhaltigkeit von Wissenschaft selbst wurde thematisiert, z. B. bezogen auf die Zeitdauer von Forschungsprojekten oder die aus Sicht der Praxis nicht immer zufriedenstellende Bekanntheit abgeschlossener Projekte und ihrer Ergebnisse.
5.3.6.2 Methodische Aspekte des transdisziplinären Diskurses
Im Laufe der transdisziplinären Projektarbeit gab es immer wieder „Übersetzungsbedarf“ zwischen der Vorgehensweise der Wissenschaftler und den Anforderungen der Stakeholder. Aus methodisch-methodologischer Perspektive wurden Inhalte und Zweck der verwendeten Modelle regelmäßig kritisch hinterfragt. Das ging zum Teil mit widersprüchlichen Anforderungen einher: Einerseits wiesen die Stakeholder darauf hin, dass die Modellierung komplexe Wechselwirkungen in den Bereichen Ökonomie (z. B. die Relation von Agrar- und Energiepreisentwicklungen) und Landnutzungsentscheidungen abbilden solle, um Relevanz zu besitzen – ein Anspruch, dem sich die verschiedenen Modelle im Rahmen ihrer jeweiligen Modellgrenzen auch stellten. Andererseits forderten die Stakeholder Vereinfachung und klare bzw. keine widersprüchlichen Befunde ein. Zugleich wurde in den Workshops deutlich, dass eine Ergebnisinterpretation und -einordnung für die Stakeholder aufgrund der Modellkomplexität zum Teil schwierig waren. Sich teilweise widersprechende Modellergebnisse und die (notwendige) Vernachlässigung weiterer Wechselwirkungen und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen – die Modelle nur zum Teil oder gar nicht berücksichtigen können – führten teilweise zu Skepsis im Umgang mit Modellergebnissen. Dieser Befund erklärt sich aus den unterschiedlichen Systemlogiken von Wissenschaft einerseits und Interessenverbänden andererseits. Verbände und Behörden verfolgen andere Interessen und Lösungsansätze, die sich mit denen der Wissenschaft nur bedingt überschneiden. Dieser Konflikt war im Prozess nicht gänzlich lösbar, da es sich eben nicht nur um ein Problem von Fachjargon und Modellsprache handelte.
Von einzelnen Stakeholdern wurde die Befürchtung geäußert, dass durch „plakative“ Szenarien bei der Bevölkerung oder der Politik ein falscher Eindruck über die Landnutzung entstehen könnte. Ferner gab es auch den Appell an die Wissenschaftler, sich nicht in zu vielen unüberschaubaren Modellen zu verlieren, sondern zu versuchen, „einfache“ Botschaften zu produzieren. Das Forschungskonsortium musste lernen, in den Workshops stets von neuem wieder auf die Rolle, Möglichkeiten und Grenzen von Modellen hinzuweisen und zu kommunizieren, dass es nicht um eine Abbildung der Realität auf kleinräumiger Ebene geht, sondern um Zuspitzungen und Vereinfachungen.
Praxisakteure erwarten von einem solchen Projekt in einem überschaubaren Zeitraum innovative, praktische Lösungen und somit wissenschaftlich fundierte Handlungsempfehlungen, die noch dazu regional angepasst sein sollten. Die Modelle und Modellierungsergebnisse können – und sollen – dies nur in sehr begrenztem Maße leisten. Auch über die Ziele von CC-LandStraD – jenseits besserer Daten und Wissen über Wechselwirkungen – gab es kontinuierlichen Verständigungsbedarf: Nicht jedem Akteur war klar (oder vermittelbar), dass das Konsortium am Projektende keine Forderungen an die Politik oder ausgearbeitete Handlungsvorschläge unterbreiten werde. Gleichzeitig warnten einige Beteiligte davor, dass allgemeine Politikempfehlungen auf Basis einer Modellierung zu unrealistischen Annahmen, etwa in den zuständigen Ministerien, führen könnten, die daraufhin möglicherweise Entscheidungen treffen, die wiederum an die Kommunen weitergegeben werden. Es sollten keine deutschlandweiten, sondern situativ auf die jeweilige Region bezogene Aussagen getroffen werden.
Zu einem erfolgreichen transdisziplinären Projekt gehört somit auch, die Erwartungen aller Beteiligten sowie die Ziele der Beteiligungsprozesse nicht nur im Vorhinein genau zu klären, sondern diese Frage im Prozess immer wieder aufzurufen. Gleichzeitig liegt es in der Logik von Beteiligungsprozessen, dass sich die Stakeholder sowohl innerhalb als auch zwischen den verschiedenen Landnutzungssektoren in ihren Positionen und Meinungen unterschieden und teilweise explizit als Lobbyisten auftraten. Insbesondere der Umgang mit Lobbypositionen bleibt ein transdisziplinären Projekten inhärentes Problem, das auch in künftigen Projekten nicht durch verbesserte Kommunikation allein zu lösen sein wird. Der Abwägungsprozess, welche Meinungen mit welchem Gewicht für die weiteren Projektschritte berücksichtigt werden sollten, oblag den Fachwissenschaftlern. Der Beteiligungsprozess wurde dadurch erschwert, dass die Stakeholder-Verbände auf Bundesebene (anders als im regionalen Beteiligungsprozess) nicht in jedem Falle eine Kontinuität der teilnehmenden Personen gewährleisten konnten, sodass neue Teilnehmer mit den Modellen und den Ergebnissen von Vorläuferworkshops nicht ausreichend vertraut waren.
5.3.6.3 Prozessuale Aspekte
Auf Unstetigkeiten der Stakeholder-Beteiligung an den Projektaktivitäten ist im Zusammenhang mit den Tab. 5.8 und 5.9 bereits hingewiesen worden. Die Teilnahme an Workshops war mit einem hohen persönlichen Zeitaufwand verbunden, auch wenn vonseiten des Projektes versucht wurde, diesen für die Stakeholder möglichst gering zu halten, zum Beispiel durch halbtägige Veranstaltungen im regionalen Beteiligungsprozess oder durch die Wahl des Ortes. Bei Bedarf wurden Mittel für Aufwandsentschädigungen und/oder Reisekosten bereitgestellt. Termine für die Fokusgruppen und Workshops wurden möglichst frühzeitig angekündigt und mit den Stakeholdern abgestimmt. Es erwies sich auch als positiv, den Workshopeinladungen eine inhaltliche Ergebnisorientierung, gut aufgemachte Zwischenergebnisse oder eine Tischvorlage beizufügen. Dennoch führte dies insbesondere im bundesweiten Prozess nicht immer zu optimaler Beteiligung.
Bedingt durch die einzelnen Phasen der Modellierung, die sektoral mit unterschiedlichen Zeithorizonten erfolgte, gab es für die Hauptaktivitäten mit den Stakeholdern – die interaktiven Workshops – keinen festen Rhythmus. Da, wie oben bereits erwähnt, auf Bundesebene die personelle Situation bei den Verbänden, Ämtern und Ministerien nicht konstant blieb, konnte nicht in jedem Falle an eine Vorgeschichte angeknüpft, sondern mussten Kontakte wieder neu aufgebaut werden. Stakeholder-Arbeit ist somit – ebenso wie die Analyse der Akteursstruktur (Stakeholder-Mapping der Institutionen und Personen in den betreffenden Organisationen) – ein kontinuierlicher und projektbegleitender Prozess. In kritischer Reflexion ist zu sagen, dass über den halbjährlichen Newsletter-Versand hinaus in stärkerem Maße direkte Kontakte hätten gepflegt werden sollen, um das Projekt in Erinnerung zu halten und die Türen für eine künftige Beteiligung noch stärker offenzuhalten. Auch der Wechsel von Personen in Verbänden und Behörden sollte antizipiert werden. Hier könnte z. B. ansprechendes Informationsmaterial über das Projekt die potenzielle Beteiligungsbereitschaft verbessern.
Die prozessuale Offenheit des transdisziplinären Diskurses hat sich hingegen bewährt – zwar lässt sich vor einem solchen Projekt planen, welche Methoden in welcher Reihenfolge und auf welcher räumlichen Ebene angewendet werden sollten, doch ist ein solch komplexes Modellierungsvorhaben wie CC-LandStraD immer von Unstetigkeiten und Unplanbarkeiten begleitet. Wie oben erwähnt, verlängerten beispielsweise die mehrfachen Workshop-Diskussionen die Phase der konkreten Ausgestaltung der Maßnahmen und Strategien in den Sektormodellen, aber so entstand auch eine bessere Validierung dieser zentralen Projektbausteine durch die Stakeholder.
5.3.7 Schlussfolgerungen
Dass sich Projektantrag und -verlauf zwangsläufig unterscheiden, ist der Natur wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns geschuldet. Durch den transdisziplinären Diskurs ist CC-LandStraD nochmals ein anderes Forschungsprojekt geworden, als zur Antragsphase absehbar gewesen war. Fünf Workshops für bundesweite Interessenvertreter, zwölf Fokusgruppen und Workshops auf regionaler Ebene sowie ein gemeinsamer Workshop führten zu zahlreichen inhaltlichen, methodischen und prozessualen Detailänderungen im Projektverlauf. Zwar waren für diesen transdisziplinären Diskurs ausreichend Ressourcen eingeplant gewesen, doch war der kontinuierliche Zeitaufwand für die Fachwissenschaftler des Konsortiums unterschätzt worden. Transdisziplinarität verändert nicht nur die Zeitplanung für die eigentliche (Modellierungs-)Arbeit, sondern bringt einen aufwendigen Übersetzungsbedarf für alle Beteiligten mit sich und stellt hohe Ansprüche an die Kommunikation mit nicht-wissenschaftlichen Akteuren, z. B. hinsichtlich einer größeren Modelltransparenz.
Nach fünf Jahren CC-LandStraD kann festgehalten werden, dass sich Akteure der Landnutzung mit großem Organisations- und Kommunikationsaufwand für solche Projekte und ihre Begleitung gewinnen lassen. Wunsch und Realität der tatsächlichen, aktiven Beteiligung klaffen aber zum Teil aufseiten der Akteure und zum Teil auch der Wissenschaft angesichts ihrer eigentlichen Aufgaben auseinander. Das spricht dafür, Stakeholder im Sinne einer „starken“ Transdisziplinarität bereits in der Antragsphase an der Problemdefinition und im Projektverlauf als gleichberechtigte (das heißt auch: bezahlte) Partner zu beteiligen (Jahn und Keil 2006, S. 327) – mit der Folge, dass ein solcher Ansatz die Rolle der Wissenschaftler verändert und die Ergebnisse der Forschungsarbeit weniger vorhersehbar macht, was aus Perspektive von Drittmittelgebern nicht immer wünschenswert ist. Auch wird man sich dann in der Zahl der Beteiligten einschränken und deren Auswahl noch stärker inhaltlich begründen müssen.
Transdisziplinarität bedeutet immer ein Sich-Einlassen auf unterschiedliche Wissensbestände, Weltzugänge und Problemverständnisse und damit verbunden einen hohen Übersetzungsaufwand. Wenn dies bereits in der Antragsphase im wechselseitigen Einverständnis geklärt ist und im Projektverlauf kontinuierlich reflektiert wird, steht einem „Mehr“ an Einbindung von wissenschaftsexternen Partnern nichts entgegen. Für die Projektstruktur und die Ziele von CC-LandStraD war der mittlere Grad an Transdisziplinarität angemessen.