Zusammenfassung
Die Entsorgung wärmeentwickelnder radioaktiver Reststoffe ist ein komplexes Problem. Da sich die Erdoberfläche nach geologischen Maßstäben schnell verändert, wird die Tiefenlagerung als mögliche Langzeitlösung angesehen. Geologische Prozesse laufen im Vergleich zu gesellschaftlichen Prozessen langsam ab.
Die wichtigsten Grenzen der Aussagekraft der Geologie liegen im geringen Aufschlussgrad des Gebirges und in den Grenzen des aktualistischen Prinzips. Dazu kommt, dass im Falle eines menschlichen Eingriffs in den Untergrund die natürlichen Verhältnisse gestört werden.
Ein Tiefenlager soll die Radionuklide sicher für einen langen Zeitraum von der Biosphäre isolieren. Daraus erwachsen eine Reihe von Anforderungen: Ein mögliches Wirtsgestein soll nur geringe Durchlässigkeit aufweisen, die Einlagerung radioaktiver Reststoffe soll möglichst keine Schäden im Wirtsgestein verursachen, Hohlräume sollen eigentragfähig sein. Keines der möglichen Wirtsgesteine kann all diese Anforderungen in gleicher Weise gut erfüllen. So kann Steinsalz einen dichten Einschluss der Reststoffe in das Wirtsgestein durch seine Kriechfähigkeit sicherstellen, während Tongesteine durch ihre hohe spezifische Oberfläche Radionuklide bedingt sorbieren können und nur geringen Grundwassertransport zulassen. In kristallinen Hartgesteinen muss dagegen der Einschluss der Radionuklide allein durch (geo-)technische Barrieren sichergestellt werden. Dafür sind Hohlräume in kristallinen Hartgesteinen langzeitstabil, was Konzepte, die eine Rückholbarkeit der Reststoffe vorsehen, erleichtert. Ein Vergleich unterschiedlicher Konzepte in den Wirtsgesteinen ist nicht trivial, vor allem, wenn konkrete Standorte fehlen. Die generelle Gegenüberstellung ist jedoch möglich. Konkrete Nachweise zur Langzeitsicherheit eines Tiefenlagers sind nur standortspezifisch belastbar zu führen.
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Notes
- 1.
Als Proliferation wird die unbefugte Weitergabe von Nuklearwaffen, spaltbarer Materialen und von Technologie und Wissen, die zum Bau von Nuklearwaffen genutzt werden können, bezeichnet.
- 2.
Vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2553).
- 3.
Vom 15. Juli 1985 (BGBl. I S. 1565), zuletzt geänd. durch V vom 31.8.2015 (BGBl. I S. 1474).
- 4.
- 5.
Vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), zuletzt geänd. durch V vom 31.8.2015 (BGBl. I S. 1474).
- 6.
Als Naturanaloga werden im Zusammenhang mit der Tiefenlagerung radioaktiver Reststoffe Systeme in der Natur bezeichnet, in denen über geologische Zeiträume physikalische und chemische Prozesse ablaufen oder abgelaufen sind, die ähnlich in Tiefenlagersystemen oder deren Teilsystemen zu erwarten sind.
- 7.
Kristalline Hartgesteine stellen beispielsweise keine hydraulische Barriere dar, siehe 5.4.2.
- 8.
„Radioaktiver Abfall wird in der Regel erst durch Einbinden in eine Matrix, durch Verfestigen, endlagerfähig. Die Stabilität des Verfestigungsproduktes wird dabei den Erfordernissen der Abfallart, beispielsweise Radiotoxizität, Zerfallswärme, Halbwertszeit u. a., angepasst“ (Koelzer 2013).
- 9.
Advektiver Transport bezeichnet den Transport eines Stoffes, der im Wasser gelöst ist oder sich in Suspension befindet.
- 10.
Diffusiver Transport bezeichnet den Transport eines Stoffes durch die Brownsche Molekularbewegung.
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Chaudry, S., Mintzlaff, V., Stahlmann, J. (2016). Der Beitrag der Geologie zur Tiefenlagerung hoch radioaktiver Reststoffe. In: Smeddinck, U., Kuppler, S., Chaudry, S. (eds) Inter- und Transdisziplinarität bei der Entsorgung radioaktiver Reststoffe. Energie in Naturwissenschaft, Technik, Wirtschaft und Gesellschaft. Springer Vieweg, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-12254-6_5
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