Experimentelle Untersuchungen zur Erzeugung und Steuerung einer sterilen „konsensuellen“ Entzündung

Zusammenfassung

Verschiedene und wiederholte klinische Beobachtungen bildeten den Anlaß zu den hier beschriebenen experimentellen Untersuchungen. Es war uns nämlich, wie vielen anderen Ärzten, aufgefallen, daß Patienten, die nie zuvor an Stenokardien gelitten hatten, im Verlaufe eines grippalen Infektes oder eines anderen, nicht unmittelbar herzbezogenen Infektes vielfach banaler Art einem Myokardinfarkt erlagen. Der Pathologe (Hueck) wies uns dann häufig bei den Sektionsdemonstrationen darauf hin, daß im vorgeschädigten Endothel der Coronarien solcher Patienten frischere ödematöse Verquellungen und auch entzündliche Infiltrate vorhanden seien. Da uns aber bislang keine Untersuchungen bekannt waren, die eine unmittelbare Bakterien- oder Toxineinwirkung auf die Gefäßwände der Coronarien bei infektiösen Rhinitiden, Bronchitiden, bei der Grippe und bei anderen Infektionskrankheiten bewiesen hatten, fragten wir uns, ob diese entzündliche Ödembildung an den Coronarien, häufig verbunden mit entzündlichen Infiltrationen, nicht Ausdruck einer unspezifischen sterilen Mitentzündung, einer „konsensuellen Entzündung“, sein könnte. Wir wurden in dieser Annahme dadurch bestärkt, daß ein solches entzündliches Mitschwingen auch anderer vorgeschädigter Organe des menschlichen Körpers bei entfernt gelegenen entzündlichen Vorgängen immer wieder vorkam, also das Auftreten von Schmerzen oder Schwellungen oder Rötungen an alten Frakturen, an arthrotischen Gelenken oder an Pleuraschwarten bei unspezifischen grippalen Infekten, das Auftreten von Diarrhoen nach alter, ruhrbedingter Schädigung des Colons im Verlauf einer banalen Rhinitis und anderes mehr.