Zusammenfassung
So alt wie der Führerschein ist der Versuch, die Eignung zur Führung eines Kraftfahrzeuges von einer medizinischen Untersuchung abhängig zu machen. Schon um 1930 wurden nicht nur Fahrzeuge vom TÜV geprüft (Abb. 175), auch die Führerscheinanwärter wurden amtsärztlich untersucht, schon damals mußten sie einen Sehtest in der althergebrachten Weise durchführen und aus fünf Meter Entfernung Zahlen von gelegentlich nur mäßig beleuchteten Papptafeln ablesen. Selbst der Geruchssinn wurde damals durch Riechproben verschiedener Flüssigkeiten wie Benzin, Petroleum, Alkohol und sogar Wasser auf die Probe gestellt. (Manchem mag es zum Vorteil gereichen, daß die Geruchsprobe für Alkohol bei unserer Verkehrspolizei nicht wieder eingeführt wurde und somit u. U. auch einige nur gering alkohol-geruchsempfindliche Beamte Streifendienst versehen). Als im Dritten Reich die Motorisierung mit allen Mitteln gefördert wurde, stellte man die ärztlichen Voruntersuchungen ein, was wiederum der Verkehrssicherheit nicht gerade zugute kam. Auch als ich im August 1945 meinen Führerschein erwarb, interessierte sich kein Mensch für meine Hör-, Seh- oder Riechfähigkeiten. Dafür mußten damals aber außer Fahrfertigkeiten solide Kenntnisse über den Aufbau eines Kraftfahrzeuges, seines Motors und seiner Bremsanlage nachgewiesen werden. Gerade dies kommt heute meines Erachtens zu kurz, wenn Führerscheinabsolventen einerseits zwar sämtliche Verkehrsregeln und -vorschriften kennen und auch auswendig wissen sollen, mit welcher Achslast sie beispielsweise auf dem Bürgersteig parken dürfen, andererseits aber nicht in der Lage sind, einen plattgefahrenen Reifen gegen das Reserverad auszutauschen, ohne daß das Fahrzeug dabei im Sand versinkt oder vom Wagenheber abkippt. Es ist auch nicht ganz einzusehen, daß es zwischen einem mit acht Personen besetzten VW-Bus und einem Zehn-Tonnen-Lastzug eine ganz bestimmte Grenze geben soll, an der erst das technische Wissen — wie in der Führerscheinklasse zwei verlangt — erforderlich wird. Ich meine, daß die Vermittlung von etwas mehr technischem Wissen auch an die Führerscheinbewerber der Klasse drei einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit brächte — oder zählen acht vermeidbare Unfalltote im VW-Bus etwa weniger als ein umgekippter LKW mit Fernsehgeräten?
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Bockelmann, W.D. (1987). Kraftfahrzeugtauglichkeit. In: Auge — Brille — Auto. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-93316-5_29
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