Der Wandel der Anschauungen der medizinischen Ethik

Zusammenfassung

In den letzten Jahrzehnten hat sich ein zunehmendes Interesse für Fragen der medizinischen Praxis gezeigt. Nicht nur die Medien haben sich mit den Problemen von Krankheit und Gesundheit beschäftigt, sondern auch nichtmedizinische Betrachter widmen ihre intensive Aufmerksamkeit der Medizin. Einer dieser ist der Ethiker, der sich in zunehmendem Maße an der Analyse und Lösung der komplexen und gesellschaftlich wichtigen Aufgaben beteiligt. Vor allem waren an dieser Diskussion an erster Stelle die Ethiker der USA beteiligt. Wenn man ihre Beiträge überschaut, dann wird klar, daß ihre Aussagen bestimmte Auffassungen medizinischer Ethik repräsentieren, namentlich diejenigen der „klinischen“ Ethik, verstanden als eine „angewandte“ Ethik. Dabei werden die Aufgaben der medizinischen Praxis als prinzipiell lösbare Fälle betrachtet, auf welche ethische Prinzipien auf alle Fälle anwendbar sind. Unser Beitrag will deutlich machen, welche Rolle die „angewandte Ethik“ und die „klinische Ethik“ spielen und welchen Wert sie haben. Als Antwort auf die amerikanischen Anschauungen wollen wir versuchen herauszufinden, ob und inwiefern eine europäische philosophische Tradition — die der philosophischen Hermeneutik — wichtige Aussagen und Anhaltspunkte enthalten könnte für eine Erneuerung der medizinischen Ethik, die mehr auf das Verhältnis zwischen dem Arzt und dem Patienten konzentriert ist.