Zusammenfassung
Im Folgenden wird die Frage diskutiert, wie im Kinderschutz aus Fehlern gelernt werden kann. Die Problemstellung ist durchaus brisant, werden doch vermeintliche Fehler der Jugendämter und der Fachkräfte im ASD heutzutage vielfältig diskutiert. Massenmedien, PolitkerInnen, AdressatInnen aber auch WissenschaftlerInnen haben das Jugendamt und seine Fehler fest in den Blick genommen (vgl. Ackermann 2010). Der Vorwurf ist dabei zumeist, Jugendämter hätten eine Kindeswohlgefährdung über- oder unterschätzt (vgl. Munro 2010a, S. 21 f.). Mit dieser Situation müssen die Akteure im Kinderschutz, Fachkräfte, wie Organisationen, alltäglich einen Umgang finden. Auch als Reaktion auf dieses Szenario sind bereits heute in den Allgemeinen Sozialen Diensten der Jugendämter vielfältige »Erfindungen« gemacht worden (vgl. Wolff/Böwer 2010). Sie sollen dazu beitragen, das Wohl von Kindern besser zu schützen und Fehler nach Möglichkeit zu vermeiden.
Das Forschungsprojektes »Aus Fehlern Lernen. Qualitätsmanagement im Kinderschutz« bildet einen wichtigen Hintergrund für die Erstellung dieses Beitrages. Ich danke meinen KollegInnen aus dem Forschungszusammenhang: Felix Brandhorst, Kay Biesel, Stefan Heinitz, Mareike Patschke, Katharina Röse, Gundula Röhnsch, Pierrine Robin, Uwe Flick und Reinhart Wolff. Im Abschnitt 3.2. beziehe ich mich auf erste Ergebnisse aus einer vertiefenden Analyse von zehn Jugendamtsakten. Die Veröffentlichungen der Forschungsergebnisse des Projektes sind für das Frühjahr 2012 vorgesehen.
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Ackermann, T. (2012). Aus Fehlern lernen im Kinderschutz. In: Thole, W., Retkowski, A., Schäuble, B. (eds) Sorgende Arrangements. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-94369-5_9
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