Zusammenfassung
Der vorliegende Band greift Diskussionen auf, die 2007 im Rahmen einer von den Herausgebern organisierten Tagung in Augsburg angeregt wurden. Er enthält neben Beiträgen, die auf Vorträge der damaligen Konferenz zurückgehen, auch einige zusätzliche Texte, zu denen wir weitere Kolleginnen und Kollegen eingeladen haben. Den versammelten Autorinnen und Autoren wurde die nicht leichte Aufgabe gestellt, die Begriffstriade Diskurs – Macht – Subjektin diskursanalytischer Perspektive auszuleuchten sowie das Verhältnis der drei Begriffe näher zu bestimmen. Alle drei Termini zeichnen sich durch eine hohe Polyvalenz bezüglich ihres jeweiligen Sinn- und Bedeutungsgehaltes aus. Hinzu kommt, dass bereits die hier im Titel vorgenommene Reihung Diskurs – Macht – Subjekt keinesfalls zwingend ist, wenn auch Diskursen in der Regel eine sinn- und bedeutungskonstituierende Rolle zugesprochen wird (vgl. den Beitrag von Reiner Keller in diesem Band). Wir haben uns schon deshalb entschieden, den Autoren großräumige Freiheiten bei der konzeptionellen Fassung der drei thematischen Leitbegriffe des Bandes wie auch deren Relationierung zu lassen, in der Hoffnung, dem kreativen Potential geringstmögliche Widerstände oder Hemmnisse entgegenzusetzen. In diesem Sinne beschränkt sich dieses Vorwort darauf, einige der Gründe darzulegen, die es aus Sicht der Herausgeber sinnvoll und geboten erscheinen lassen, die Frage nach dem Subjektzu einem thematischen Schwerpunkt diskursanalytischer Forschungsprogramme und Debatten zu machen. Gleichwohl wird damit keineswegs der Anspruch erhoben, einen kohärenten theoretischen Bezugsrahmen quer durch unterschiedliche diskurstheoretische und diskursanalytische Programmatiken hindurch entwerfen zu wollen – das wäre der Lebendigkeit und Produktivität von Kontroversen sicherlich abträglich. Die Unterschiedlichkeit und teilweise auch bestehende Gegensätzlichkeit der enthaltenen Beiträge zeigt exemplarisch an, was wir damit meinen. Allerdings möchten wir auch nicht den Eindruck nahelegen, Diskursforschung müsse immer und ausschließlich die Frage des Subjekts – und eben nur diese ! – fokussieren. Zwar war dies das ungebrochen aktuelle und aus, wie wir meinen, guten Gründen gewählte Anliegen Michel Foucaults. Aber die gegenwärtige sozialwissenschaftliche Diskursforschung, und vielleicht auch die sonstigen Diskurstheorien und diskursanalytischen Programme, würden einen hohen Teil ihrer Erkenntnismöglichkeiten verschenken, wenn sie sich ausschließlich auf die Frage des Subjekts konzentrierten. Dafür haben nicht zuletzt die zahlreichen Analysen umwelt- und risikopolitischer Diskurse, Wissensformierungen und -kontroversen in den letzten Jahrzehnten eindrucksvolle Beispiele geliefert.
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Keller, R., Schneider, W., Viehöver, W. (2012). Theorie und Empirie der Subjektivierung in der Diskursforschung. In: Keller, R., Schneider, W., Viehöver, W. (eds) Diskurs – Macht – Subjekt. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93108-1_1
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Online ISBN: 978-3-531-93108-1
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