Auszug
Nach wie vor lesenswert sind die Überlegungen von Hans Tietgens über den Zusammenhang von Lebensalter und Lern-und Bildungsprozessen,1 die er in seiner „Einleitung zur Erwachsenenbildung“ niederlegt. Unter Berücksichtigung einer anthropologischen Dimension sieht er das Lebensalter nicht als eine in Jahren messbare zurückgelegte Lebensspanne und auch nicht in der Zugehörigkeit zu einer Lebensphase, sondern als subjektive biographische Konstruktionsleistung und als Aspekt primärer und sekundärer Sozialisation. Differenzerfahrungen und Möglichkeiten, diese durch Lernen und Bildung zu überbrücken, finden sich damit in der „Lebenswelt“ — zwischen Aspekten wie Interessenlagen, Motivation, Neugier, Selbstbestätigung und ökonomischen, sozialen und normativen Ansprüchen, wie sie durch das Berufsleben, durch die Handhabung und Gestaltung unserer sozialen Umwelt und durch Appelle an Kompetenz, zum Beispiel im Umgang mit Technik und Rechtswesen oder durch Teilhabe am lebensbegleitenden Lernen gegeben sind.
Die sprachlich etwas umständliche Differenzierung nach Lern- und Bildungsprozessen soll die unterschiedlichen Akzentuierungen gegenwärtig halten, also zum einen die Voraussetzungen für Verhaltensänderungen und zum anderen die sinnhaften Verstehens- und Konstruktionsleistungen im Bezugsfeld von Person und (Um-)Welt.
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Husemann, R. (2009). Lernen und Bildung im höheren Lebensalter. In: Bolder, A., Dobischat, R. (eds) Eigen-Sinn und Widerstand. Bildung und Arbeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91365-0_10
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