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Gesellschaftliche Konfliktlinie 1: Religion vs. Säkularismus

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Menschenrechtsorganisationen in der Türkei
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Auszug

Der Machtkampf zwischen den Religiösen und den Säkularisten hat sich im Wahljahr 2007 erneut an der Frage entzündet, ob das Militär duldet, dass ein Vertreter der AKP in das Amt des Staatspräsidenten gewählt wird. Mit dem Wahlsieg der AKP und einem gläubigen Muslim als Regierungschef hatten sich die Generäle zähneknirschend arrangiert, um angesichts einer möglichen islamischen Doppelspitze zunächst vernehmlich mit den Säbeln zu rasseln. Der erste Versuch, den damaligen Außenminister Abdullah Gül zum Staatspräsidenten zu wählen, scheiterte am Widerstand des Militärs und der kemalistischen Politelite. Nach den darauffolgenden Neuwahlen, die der AKP einen haushohen Sieg einbrachten, wurde Gül Ende August zum neuen Staatsoberhaupt gewählt. Mehr denn je sind die Kritiker der AKP seitdem davon überzeugt, dass die Partei eine schleichende Islamisierung der türkischen Republik anstrebt. Die AKP hingegen gibt sich weltoffen und pro-europäisch und verurteilt die Einflussnahme des Militärs als undemokratisch und islamfeindlich. Der Konflikt sitzt tief und scheint sich auch nach der äußerst reform- und europaorientierten ersten Legislaturperiode unter Führung der AKP nicht abzumildern, sondern im Gegenteil noch zu verschärfen.

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Literatur

  1. Diese Angabe bezieht sich auf die offizielle Zahl der Muslime in der Türkei. Das Kind eines muslimischen Vaters wird in der Türkei automatisch als Muslim registriert. Nur wer später konvertiert oder sich um eine Streichung dieser Angabe in seinem Ausweis bemüht, wird nicht mehr offiziell als Muslim geführt. Zu dem Verständnis der Zuschreibung „Muslim“ schreibt Turan: „My own observation is that the term implies no religiosity, and possibly not even belief, but the possesion of what we may call ‘Islamic credentials’. That is, if a person bears a name that sounds Turkish or Islamic, if his parents are thought to be Muslims, and if he does not profess belief in another religion, particularly a monotheistic one, then he is treated as a Muslim“ (1991: 38).

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  2. Dies stellte auch Haldun Gülalp in seiner Studie über Säkularismus und Islam in der Türkei fest: „Turkey is often defined as a predominantly Muslim country; Islamists especially delight in repeating at every opportunity that 99 percent of the Turkish people are Muslim“ (2003: 394).

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  3. Einige Autoren weisen jedoch darauf hin, dass dies kein notwendiger Zusammenhang sein muss, sondern dass Menschenrechte und Demokratie einander, zumindest mittelfristig, sogar entgegenstehen können: „Some human rights activists deny this conflict between state stability and human rights. They claim that the best guarantee of state stability has to be democracy, human rights, and fairness in the states in question. In the long run this may be true; but in the short term — where most governments actually live — democracy and human rights often conflict, and popular sovereignty for a majority is often achieved at the cost of ethnic cleansing for aminority“ (Ignatieff 2001: 25, siehe dazu auch Böckenförde 1998).

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  4. Zur Herleitung des Begriffes türban siehe Kalaycioğlu 2005: 235.

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  5. Das Tragen des Kopftuches ist in keinem Verfassungsgesetz ausdrücklich verboten. An den Universitäten ist das Kopftuch aufgrund eines Artikels des Hochschulgesetzes untersagt. Die Kleidung der öffentlichen Angestellten und Beamtinnen ist in einer ausführlichen Kleiderverordnung geregelt, die den Frauen vorschreibt, während der Dienstzeiten mit unbedecktem Kopf und mit gepflegter Frisur zu erscheinen (Göztepe 2004: 35). Das Tragen religiöser Kleidung in der Öffentlichkeit ist darüber hinaus in mehreren Reformgesetzen geregelt, denen ein besonderer Verfassungsschutz zukommt. In Artikel 174 tVerf heisst es, dass keine Vorschrift der Verfassung in einer Weise ausgelegt werden, die dem Ziel, „die türkische Gesellschaft über den modernen Zivilisationsstandard hinauszuheben und den laizistischen Charakter der Republik zu schützen“ entgegensteht. Aufgeführt werden im Folgenden unter anderem das Gesetz Nr. 671 vom 25. November 1925 über das Tragen westlicher Kopfbedeckungen und das Gesetz Nr. 2596 vom 3. Dezember 1934 über das Verbot, bestimmte Trachten zu tragen.

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  6. Ab und an sind in den Straßen Losverkäuferinnen der staatlichen Lotterie zu sehen, die unter der zur Dienstkleidung gehörenden Schirmmütze unerlaubterweise ein Kopftuch tragen. An den Universitäten gibt es, je nach Einstellung der Direktion sowie je nach politischer Lage, Phasen, in denen auf das Kopftuchverbot streng oder weniger streng geachtet wird. Generell wird das Verbot jedoch sehr rigide durchgesetzt. Im Februar 2006 wurde vom türkischen Oberverwaltungsgericht entschieden, dass Lehrerinnen verpflichtet werden können, bereits für den Weg zur Schule ihr Kopftuch abzulegen (Spiegel Online International 2006).

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  7. Für das Jahr 1998 gibt Gönel den Anteil der religiös orientierten Frauenrechtsorganisationen in der Türkei mit knapp einem Viertel an (Gönel 1998: 21). In den vergangenen Jahren ist die Anzahl der religiösen NGOs jedoch überproportional stark gestiegen (Pusch 2000: 484).

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  8. Für Überlegungen zu dieser Frage in Bezug auf die frommen Stiftungen in der Türkei siehe Eith 1999: 12ff.

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© 2009 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden

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(2009). Gesellschaftliche Konfliktlinie 1: Religion vs. Säkularismus. In: Menschenrechtsorganisationen in der Türkei. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91330-8_7

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-91330-8_7

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-531-16245-4

  • Online ISBN: 978-3-531-91330-8

  • eBook Packages: Humanities, Social Science (German Language)

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