Auszug
Um festlegen zu können, welche Aufgaben der Erziehung zukommen, bedarf es u.a. eines ‚Menschenbildes‘, genauer gesagt: einer Pädagogischen Anthropologie. Vor ungefähr 40 Jahren hat Heinrich Roth versucht, das empirische, hermeneutische und kritische anthropologische Wissen seiner Zeit zusammenzufassen. Es ging ihm darum, die Entwicklungsmöglichkeiten und -notwendigkeiten der „menschlichen Natur in Richtung auf Kultur“ während der Entwicklung „vom Kind zum Erwachsenen“ (Roth 1966:19) herauszuarbeiten. Dabei spitzte er sein Erkenntnisinteresse im Fortgang der Darstellung darauf zu, wie „die allmähliche Entwicklung der menschlichen Handlungsfähigkeit zur reifen Willenshandlung des mündigen Menschen“ (ebd.: 440) verläuft bzw. wie sie durch die Erziehung befördert werden kann. Da es mir im folgenden nicht um eine Erläuterung der Theorie Roths geht, erspare ich mir eine Wiedergabe der Argumentation, die ihn zu der Entscheidung zwang, die ‚moralische Handlungsfähigkeit ‘als ‚Schlüsserproblem ‘zu bezeichnen (Roth 1971: 381). Evident ist, dass es sich dabei um jenes Ziel handelt, welches das Projekt der Moderne seit dem Beginn der Aufklärung idealistisch beherrscht. Allerdings sind dafür zwei Voraussetzungen unentbehrlich. Zum ersten: „Eine Instanz (...), die alle (...) Kräfte und Fähigkeiten zu einheitlichen Handlungen integriert, sie nach Zielen und Zwecken lenkt und sie bis zum Abschluß der Handlung unter Kontrolle hält“ (ebd.: 223).
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literaturverzeichnis
Bieri, Peter (2005): Unser Wille ist frei. In: DER SPIEGEL (2005). 2.124f.
Draguhn, Andreas (2004): Swinging in the Brain. In: Forschungsmagazin der Universität Heidelberg. 3. 18–23
Elsner, Norbert/ Lühr, Gerd (Hrsg.) (2000): Das Gehirn und sein Geist. Göttingen: Wallstein
Friedrichsen, G. (2005): Ist das zu verantworten? In: DER SPIEGEL (2005). 16. 60–63
Hoffmann, Dietrich (1980): Erziehungswissenschaft. Eine Einführung. Stuttgart u.a.: Kohlhammer
Hoffmann, Dietrich (1998): Entwicklung und Erfahrung. In: Ders. et al. (Hrsg.) (1998): 221–235
Hoffmann, Dietrich; Neumann, Karl (Hrsg.) (1998): Die gegenwärtige Struktur der Erziehungswissenschaft. Weinheim: Dt. Studien-Verlag
Kant, Immanuel (o.J.): Sämtliche Werke. Hrsg. v. Karl Vorländer. Leipzig: Insel
Oerter, Rolf (1972): Moderne Entwicklungspsychologie. 11. Aufl. Donauwörth: Auer
Pestalozzi, Johann Heinrich (1954): Ausgewählte Schriften. Hrsg. v. Wilhelm Flitner. 2. Aufl. Düsseldorf u.a.: Küpper
Roth, Gerhard (1999): Das Gehirn und seine Wirklichkeit. Kognitive Neurobiologie und ihre philosophischen Konsequenzen. 3. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp
Roth, Gerhard (2001): Fühlen, Denken, Handeln. Wie das Gehirn unser Verhalten steuert. Frankfurt am Main: Suhrkamp
Roth, Gerhard/ Schockenhoff, Eberhard (2004): „Das Hirn trickst das Ich aus“. SPIEGEL-Streitgespräch. In: DER SPIEGEL (2004). 52. 116–120
Roth, Heinrich (1958): Die Bedeutung der empirischen Forschung für die Pädagogik. In: Ders. (1967): 9–56
Roth, Heinrich (1962): Die realistische Wendung in der pädagogischen Forschung. In: Ders. (1967): 113–126
Roth, Heinrich (1966): Pädagogische Anthropologie. Band I: Bildsamkeit und Bestimmung. Hannover u.a.: Schroedel
Roth, Heinrich (1967): Erziehungswissenschaft, Erziehungsfeld und Lehrerbildung. Gesammelte Abhandlungen 1957–1967. Hannover u.a.: Schroedel
Roth, Heinrich (1970): Pädagogische Anthropologie. Band II: Entwicklung und Erziehung. Hannover u.a.: Schroedel
Singer, Wolf (2000): Vom Gehirn zum Bewußtsein. In: Lühr, Gerd (Hrsg.): Das Gehirn und sein Geist. Göttingen: Wallstein Elsner et al (Hrsg.) (2000): 189–204
Voland, Eckart (2000): Grundriß der Soziobiologie. 2. Aufl. Heidelberg: Spektrum
Watzlawick, Paul (1976): Wie wirklich ist die Wirklichkeit? München u.a.: Piper
Weidenmann, Bernd/ Krapp, Andreas et al. (Hrsg.) (1986): Pädagogische Psychologie. Ein Lehrbuch. München u.a.: Psychologie-Verlags-Union u.a.
Wittgenstein, Ludwig (1960): Schriften. Band I. Frankfurt am Main: Suhrkamp
Wollenweber, Th[...] (2005): Leserbrief. In: DER SPIEGEL (2005). 1. 14
Zimbardo, Philip G./ Gerrig, Richard J. (1999): Psychologie. Bearb. und hrsg. v. Hoppe-Graff:; Engel, I. 7. Aufl. Berlin u.a.: Springer
Author information
Authors and Affiliations
Editor information
Rights and permissions
Copyright information
© 2006 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Hoffmann, D. (2006). Über die Schwierigkeit ‚erklärender ‘und ‚verstehender‘ Theorien bei der Aufklärung komplexer Sachverhalte — am Beispiel der Willensfreiheit. In: Gaus, D., Uhle, R. (eds) Wie verstehen Pädagogen?. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90307-1_4
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-90307-1_4
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-14885-4
Online ISBN: 978-3-531-90307-1
eBook Packages: Humanities, Social Science (German Language)