Auszug
Ernst-Wolfgang Böckenföorde gehöort zu den einflussreichen Staats- und Verfassungsrechtlern der jüngeren „Schmitt-Schule“287. Nicht zuletzt durch seine Tätigkeit als Verfassungsrichter288 ist das Politik- und Verfasungsverständnis von Carl Schmitt bis in die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinein wieder breiter rezipiert worden289.
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Literatur
Zu den Schulen von Schmitt und Smend nach 1949 vgl. Günther, Frieder, Denken vom Staat her.
Vgl. hierzu van Ooyen, Der Begriff des Politischen des Bundesverfassungsgerichts.
Böckenförde hat seine Auffassung in einem ausführlichen Handbuch-Beitrag dargelegt: Demokratie als Verfassungsprinzip; zuerst veröffentlicht in: Isensee / Kirchhof, HBStRBRD, Bd. 1, S. 887 ff; aktualisiert unter gleichem Titel in: Böckenförde, Staat, Verfassung, Demokratie S. 289 ff. (folgend wird diese Ausgabe zugrunde gelegt); auszugsweise neuerlich veröffentlicht in: KJ, Demokratie und Grundgesetz, S. 8 ff. Zur Kritik an Böckenförde vgl. Bryde, Die bundesrepublikanische Volksdemokratie als Irrweg der Demokratietheorie, S. 305 ff; Köppe, Politische Einheit und pluralistische Gesellschaft, S. 45 ff. sowie vor dem Hintergrund der ersten Entscheidung des BVerfG zur Mitbestimmung insb.: Blanke, Funktionale Selbstverwaltung und Demokratieprinzip, S. 32 ff; Bryde, Das Demokratieprinzip des Grundgesetzes als Optimierungsaufgabe, S. 59 ff; Fisahn, Demokratie, S. 71 ff; Groß, Grundlinien einer plural istischen Interpretation des Demokratieprinzips, S. 92 ff; Mehde, Die empirischen Prämissen des Hierarchiegebots, S. 111 ff; Plander, Vom Nutzen der Mitbestimmung für die Demokratie, S. 117 ff; Rinken, Demokratie und Hierarchie, S. 125 ff; Sterzel, Die Einheit von Grundrechtsidee und Demokratieprinzip des Grundgesetzes, S. 156 ff; vgl. außerdem Bull, Hierarchie als Verfassungsgebot?, S. 245 ff.
So etwa in der gesamten normativen Staatstheorie, ob bei Aristoteles, Cicero, Kant oder zuletzt — wenn auch positivistisch verkürzt-bei Kelsen, vgl. ders., Vom Wesen und Wert der Demokratie, 2. Aufl.
Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, S. 332; vgl. auch S, 348 ff.
Schmitt, Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus, S. 13 f.
Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, S. 332 f.
Schmitt, Der Begriff des Politischen, S. 27.
Schmitt, Verfassungslehre, S. 231 f.
Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, S. 333 f.
Schmitt, Der Begriff des Politischen, S. 38 f.
Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, S. 333.
Schmitt, Verfassungslehre, S. 81; auch bei Böckenförde ist die verfassungsgebende Gewalt die nicht zu „zähmende“, politisch-theologisch überhöhte Gewalt des „souveränen Volkes“; Die verfassungsgebende Gewalt des Volkes, S. 90 ff.
Vgl. Schmitt, Verfassungslehre, S. 75 ff.
Vgl. ebd., z. B. S. 83.
Vgl. hierzu insgesamt Voegelin, Die politischen Religionen; ders., Der Gottesmord.
Insoweit ist bei aller richtigen Kritik der Ausdruck „Verfassungstheologie“ mit Blick auf Böckenförde bzw. das Verfassungsgericht bei Bryde schief; Das Demokratieprinzip des Grundgesetzes als Optimierungsaufgabe, S. 61.
Böckenförde, Bemerkungen zum Verhältnis von Staat und Religion bei Hegel, S. 142; auch z. B. in Böckenförde, Die Entstehung des Staates als Vorgang der Säkularisation, S. 101: „Erst dadurch, daß sich die Politik über die streitenden Religionsparteien stellte,... ließ sich überhaupt eine befriedete politische Ordnung, Ruhe und Sicherheit für die Völker und die einzelnen, wieder herstellen. Man muß diese prinzipielle Problemstellung vor Augen haben, wenn man... schließlich die politische Theologie der Staatslehre des Thomas Hobbes richtig verstehen will“.
Böckenförde, Die Entstehung des Staates als Vorgang der Säkularisation, S. 106.
Ebd., S. 112.
Ebd.
Ebd., S. 113.
Ebd., S. 110.
Vgl. z. B. Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, S. 306, 308: „Volkswillen“, S. 315: „Staatsvolk als Gesamtheit“, S. 324: „kollektiv-autonome Freiheit des Volkssouveräns“, S. 329: „politische(n) Gemeinschaft des Volkes“, S. 331: „Volk als Einheit“; S. 348: „Wir-Bewußtsein“, „Wir-Gefühl“ usw.
Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, S. 311 und 314: „politische Schicksalsgemeinschaft“, „Schicksal des Volkes“, „existentiell verbunden“.
Vgl. hierzu auch Böckenförde, Demokratie und Repräsentation, S. 379 ff.
Mehring, Carl Schmitt und die Verfassungslehre unserer Tage, S. 197.
Kritisch zur Fiktion der Repräsentation schon Kelsen; z. B.: Vom Wesen und Wert der Demokratie, 2. Aufl., S. 30 ff; vgl. auch Sternberger, Nicht alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.
Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, S. 296.
Ebd., S. 299.
„‘Absolutistisches Maschinenmodell’“, so Blanke, Funktionale Selbstverwaltung und Demokratieprinzip, S. 48.
Zu Recht bemerkt Helms zur Herausbildung eines theoretischen Konzepts von Opposition: „Die wissenschaftlich-publizistische Beschäftigung mit der Opposition erreichte hierzulande eine erste Blüte im deutschen Vormärz, hinter der die politische und staatsrechtliche Behandlung des Oppositionsproblems im Kaiserreich deutlich zurückblieb... Noch in der Weimarer Republik blieb der herrschenden Staatsrechtslehre die eigentliche Bedeutung der parlamentarischen Opposition im demokratischen Gemeinwesen weitgehend verborgen... Wo nicht, wie bei Carl Schmitt, das parlamentarische System überhaupt als geistesgeschichtlich überholt angesehen wurde, erschöpfte sich die theoretische Debatte weitgehend darin, ‚konstitutionelle Gleichgewichtspostulate ‘zu formulieren“; Politische Opposition, S. 17 f.
Vgl. Müller, Friedrich, Wer ist das Volk?, S. 60.
Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, S. 297; vgl. auch ders., Demokratie und Repräsentation, S. 379 ff.
Vgl. auch Böckenförde, Die Bedeutung der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft im demokratischen Soziastaat der Gegenwart, S, 211 ff, allerdings besteht diese, von ihm selbst gesehene Gefahr der totalisierten Demokratie ja nur, wenn ihr wie bei Schmitt und Böckenförde ein antipluralistischer, auf politische Einheit hin konzeptionierter Begriff des „Volkes“ zugrunde liegt.
Zugleich, das sei hier nur am Rande vermerkt, versetzt ihn das in eine für einen Richter am Bundesverfassungsgericht ironische Situation: Denn als Ergebnis hiervon erweist sich die Kompetenzfülle gerade dieses Gerichts als permanente Provokation, weil als „Jurisdiktionsstaat“ permanenter Eingriff in die von Böckenförde postulierte und hochgehaltene Volks-bzw. Parlamentssouveränität. Das ist auch der Hintergrund der von Böckenförde formulierten Kritik an der nach seiner Auffassung ausufernden Grundrechtsinterpretation des BVerfG, die er — in Fortführung eines Streits zwischen der Smend-und Schmitt-Schule — auf eine enge, klassisch etatistschliberale Auslegung („Abwehrrechte“ gegen staatliche Gewalt) begrenzt sehen will; vgl. z.B. Böckenförde, Grundrechtstheorie und Grundrechtsinterpretation, S. 115 ff; ders., Grundrechte als Grundsatznormen, S. 159 ff.; ders., Zur Kritik der Wertbegründung des Rechts, S. 67 ff; hierzu insgesamt, wenn auch mit anderer Bewertung, Manterfeld, Die Grenzen der Verfassung.
Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, S. 315; vgl. auch ders., Die politische Funktion wirtschaftlich-sozialer Verbände und Interessenträger in der sozialstaatlichen Demokratie, S. 406 ff.
Demokratie als Verfassungsprinzip, ebd.
Ebd., S. 313; auch als „Scheinlegitimation“ (S. 316) bezeichnet; vgl. zudem Böckenförde, Die politische Funktion wirtschaftlich-sozialer Verbände und Interessenträger in der sozialstaatlichen Demokratie, S. 432.
So schon Kelsen, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, S. 479; später übernommen von Ernst Fraenkel; zum Nachweis vgl. van Ooyen, Der Staat der Moderne, Abschnitt G: „Linke Rezeption: Von Kelsen zu Fraenkel“, S. 243 ff., sowie hier Kap. I. A und B.
Bei Böckenförde sogar unter Hinnahme der Doppelstaatsangehörigkeit im Falle von EU und NATO-Staaten, da hier kein Loyalitätskonflikt im „Ernstfall“ (d. h. Krieg) zu befürchten sei; vgl. Staatsbürgerschaft und Nationalitätskonzept, S. 67; ders., Die Nation — Identität in Differenz; S. 34 ff.
Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, S. 314; vgl. auch ders., Ist Demokratie eine notwendige Forderung der Menschenrechte?, S. 246 ff.
Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, S. 333. Als ob eine bestimmte Sprache / Kultur / Geschichte etwas wäre, das einem Menschen von der Geburt an anhängt und nicht durch Erziehung vermittelt würde (Nach Böckenförde müssten ja dann die in Deutschland zweisprachig „geborenen“ Ausländer automatisch Doppelstaater sein). Völlig unveränderbar ist jedoch auch bei Böckenförde der Nationsbegriff nicht, weil die „Nation, wenn sie entsteht,... selbst die Merkmale (bestimmt), die sie bestimmen“ (Die Nation — Identität in Differenz, S. 41.); daher ist es für ihn nicht ausgeschlossen, wenn auch unter den gegenwärtigen Umständen wohl wenig realistisch, dass sich die „deutsche Nation“ irgendwann nicht mehr hierüber selbst definiert.
Böckenförde, Die Verfolgung der deutschen Juden als Bürgerverrat, S. 276 ff.
Ebd., S. 285.
Ebd.
Böckenförde, Welchen Weg geht Europa?, S. 91.
Ebd.
Böckenförde, Die Zukunft politischer Autonomie, S. 113.
Ebd., z. B. S. 120.
Ebd., S. 122.
Ebd., S. 122.
Ebd., S. 120.
Ebd., S. 113.
Ebd., S. 114.
Ebd., S. 119.
Ebd., S. 117.
Ebd., S. 121.
Ebd., S. 123.
Vgl. Böckenförde, Die Entstehung des Staates als Vorgang der Säkularisation, S. 92 ff.
Böckenförde, Welchen Weg geht Europa?, S. 101; polemisch formuliert bliebe dann aber noch „Auschwitz“ und — als keineswegs „asiatische Tat“-der „Archipel Gulag“ zu ergänzen; zu diesen Implikationen des modernen Europas vgl. grundlegend schon Horkheimer /Adorno, Dialektik der Aufklärung.
So beklagt er: „Und da Carl Schmitt über den Zusammenhang von Demokratie und Homogenität geschrieben hat, darf es nach den Maßstäben heutiger political correctness nicht wahr sein“; Böckenförde, Die Zukunft der politischen Autonomie, S. 111 f. Bleibt noch einmal anzumerken: Es ist nicht die political correctness, sondern die totalitäre Implikation dieses Konzepts, die Böckenförde nicht erkennt und ein Berufen hierauf unmöglich macht.
Böckenförde, Welchen Weg geht Europa?, S. 92.
Vgl. hierzu van Ooyen, Der Begriff des Politischen des Bundesverfassungsgerichts, S. 170 ff.
Vgl. Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, S. 301 ff.
Ebd., S. 308 ff.
Ebd., S. 306.
Ebd., S. 310; auch S. 308: „... sie können nicht vom Gesetzgeber oder der Exekutive selbst durch eigenmächtige Ausgliederungen geschaffen werden“.
Ebd., S. 321.
Ebd., S. 319; auch „strukturähnlich“, S. 317.
Insofern weitaus konsequenter in diesem Zusammenhang allerdings Schmitt, der die kommunale Selbstverwaltung als genauso „antidemokratisch“ begriffen hat: „Oft wird Selbstverwaltung... mit demokratischer Verwaltung gleichgestellt... Ein solcher Gedankengang ist in Wahrheit liberal und nicht demokratisch. Demokratie ist ein politischer Begriff und führt deshalb zu einer entschiedenen politischen Einheit und Souveränität... Das Volk in einer Demokratie ist immer das ganze Volk der politischen Einheit, nicht die Wählerschaft einer Gemeinde oder eines Kreises. Daß die politische Einheit als ein homogenes und geschlossenes Ganzes von allen weiteren, innerpolitischen Gruppierungen und Organisationen in spezifischer Weise unterschieden wird, ist wesentliche Voraussetzung der politischen Demokratie“; Verfassungslehre, S. 272 f. (hier gerichtet gegen Hugo Preuß); vgl. auch Rinken, Demokratie und Hierarchie, S. 135, Fn 39.
Vgl. Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, S. 319.
Ebd., S. 317.
Ebd.; vgl. auch Böckenförde, Die Bedeutung der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft im demokratischen Sozialstaat der Gegenwart, S. 232.
Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, S. 319; zudem ist die kommunale Selbstverwaltung legitima-torisch mit Art. 28 GG auf verfassungsrechtlicher Ebene abgesichert. Ausnahmen vom Prinzip staatlicher Legitimation sind für Böckenförde daher möglich, soweit sie verfassungsrechtlich verankert sind oder sich aus der „Natur der Sache“ ergeben (Bsp.: öffentlich-rechtlicher Rundfunk, Prüfungswesen, verwaltungsinterne Kontrollinstanzen).
Vgl. Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, S. 313; polemisch von ihm auch als „Betroffenen-Demokratie“ bezeichnet (S. 320).
Rinken, Demokratie und Hierarchie, S. 135; hier auch als „neo-etatistische Demokratietheorie“ (S. 133) bezeichnet; vgl. ausführlich zur Thematik auch Dreier, Horst, Hierarchische Verwaltung im demokratischen Staat (von ihm Charakterisiert als „mechanistisches Maschinenmodell des Absolutismus“, S. 159).
So die Kritik an der Rechtsprechung des BVerfG in Anlehnung an Böckenförde von Bull, Hierarchie als Verfassungsgebot?, S. 244.
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(2006). „Staatliche Volksdemokratie“: Implikationen der Schmitt-Rezeption bei Ernst-Wolfgang Böckenföorde. In: Politik und Verfassung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90077-3_5
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