Zusammenfassung
Unter Hass lässt sich mit dem Philosophen Aurel Kolnai ein Gefühl von »Feindschaft, Widerstreben, Ablehnung, Gefühlseinstellung negativer Art« verstehen, das von der »Einsetzung der eigenen Person« bestimmt wird, von »Tiefe und Zentralität« geprägt ist und dem eine Intention oder Tendenz der »Vernichtung « gegenüber dem Gehassten innewohnt (Kolnai 2007, 100 f. und 105). Hass lässt sich dabei als eine verfestigte Haltung beschreiben, die in dieser Hinsicht von anderen, eher episodisch auftretenden negativen Gefühlen wie Zorn oder Ekel abzugrenzen ist. Häufig gehen dem Hass Erfahrungen der Missachtung und Ohnmacht (vgl. ebd., 103) voraus, die sich zu einer »starken einheitlichen Gefühlsbewegung« (ebd., 114) verdichten und gegen ebenbürtige oder überlegene Personen und geistig-unpersönliche Mächte gerichtet sind. Dies unterscheidet den Hass von der Verachtung, die häufig mit einem Gefühl persönlicher und moralischer Überlegenheit einhergeht.
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Brokoff, J., Walter-Jochum, R. (2019). Verachtung und Hass aus literaturwissenschaftlicher Sicht. In: Kappelhoff, H., Bakels, JH., Lehmann, H., Schmitt, C. (eds) Emotionen. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05353-4_35
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