Zusammenfassung
In der Geschichte des europäischen Einigungsprozesses ist auffallend, dass dieser Prozess fast ausschlieºlich von den Eliten, und hierbei wieder von ganz spezifischen Subgruppen davon getragen worden ist. Nicht nur die Bevölkerung, auch groºe Teile der kulturellen und wissenschaftlichen Eliten beobachten diesen Prozess eher nüchtern, wenn nicht sogar skeptisch und kritisch (Haller 2001). Dieser Artikel möchte einen Beitrag zur Aufhellung dieses eigentümlichen Widerspruchs leisten.
„Überlegt man sich das Vorangehende, so erkennt man überrascht und erschreckt, wie alles in Europa vereint dahin zu wirken scheint, dass die Vorrechte der Zentralgewalt sich unbegrenzt vermehren und das Einzeldasein mit jedem Tage schwächer, untergeordneter und ungeschützter wird ...
In unserer Zeit haben alle Regierungen Europas die Kunst der Verwaltung wunderbar vervollkommnet; sie leisten mehr und tun alles geregelter, rascher und billiger; es ist, als würden sie fortwährend um das Wissen reicher, das sie den einzelnen weggenommen haben ...
Mit jedem Tag entzieht sich die Regierung aiso immer mehr der Pflicht, ihren Willen und ihre Rechte durch eine andere Gewalt gutheißen zu lassen ... Der Staat begnügt sich also nicht damit, alle Angelegenheiten an sich zu ziehen, er geht außerdem so weit, sie sämtlich immer mehr ohne Überprüfung und ohne Berufung zu entscheiden ...
Was mich angeht, so bekenne ich, dass ich dem Geist der Freiheit, der meine Zeitgenossen anscheinend beseelt, keineswegs traue; ich sehe die Unruhe der Völker unserer Tage wohl; ich erkenne sie aber nicht deutlich als freiheitlich, und ich fürchte, dass am Ende dieses Aufruhrs, der die Throne schwanken lässt, die Inhaber der Staatsgewalt mächtiger sein werden als zuvor.“ (Alexis de Tocqueville 1976: 799ff.)
Ich danke den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der Tagung der Sektion „Sozialstruktur“ der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, Mainz, 20.–21. Juli 2001, und insbesondere den Organisatoren bzw. Herausgebern Peter Berger, Stefan Hradil und Peter Imbusch für wertvolle Kommentare.
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Haller, M. (2003). Die Europäische Einigung als Elitenprozess. In: Hradil, S., Imbusch, P. (eds) Oberschichten — Eliten — Herrschende Klassen. Reihe „Sozialstrukturanalyse“, vol 17. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99332-8_17
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