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Globale Vereinheitlichung durch die Technik und die Vielfalt der Kulturen. Zur Kompensationstheorie der historischen Kulturwissenschaften

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Neue Ethik der Technik?

Zusammenfassung

Joachim Ritter veröffentlichte 1961 einen Vortrag mit dem Titel „Die Aufgaben der Geisteswissenschaften in der modernen Gesellschaft“.1 Hier sagt Ritter, den Kompensationsbegriff eher beiläufig verwendend, „die Zugehörigkeit der Geisteswissenschaften“ zur modernen Gesellschaft sei in der fir diese Gesellschaft „konstitutiven und unauthebbaren Abstraktheit und Geschichtslosigkeit“ begründet, und die Geisteswissenschaften entwickelten sich als Antwort auf die Herausforderung dieser Geschichtslosigkeit, „weil die Gesellschaft notwendig eines Organs“ bedürfe, „das ihre Geschichtslosigkeit kompensiert und für sie die geschichtliche und geistige Welt des Menschen offen und gegenwärtig hält“.2 Das habe ich in meinem 1977 erschienenen geschichtswissenschaftstheoretischen Buch „Geschichtsbegriff und Geschichtsinteresse“3 aufgegriffen und gefunden, “Kompensation“ sei „das entscheidende Stichwort“ in der zitierten Ritterschen Antwort auf die Frage „Wozu Geisteswissenschaften?“. Mit Hilfe des Kompensationsbegriffs lasse sich „eine überwältigende Fülle von Phänomenen“ aus der jungen Geschichte der spezifisch modernen historischen Kultur erschließen 4 Odo Marquard ist es dann gewesen, der dem fraglichen Kompensationstheorem allgemeine öffentliche Aufmerksamkeit verschafft hat — zunächst über die Fachgrenzen der Philosophie und näherhin der Geschichtswissenschaftstheorie hinaus in der akademischen Öffentlichkeit und alsbald auch in der Öffentlichkeit des feuilletonlesenden Publikums. Die Auswirkungen dieser Publizität des Themas reichen bis in die Wissenschaftspolitik, ja generell bis in die Kulturpolitik hinein. Marquards Schlüsselsatz „Je moderner die moderne Welt wird, desto unvermeidlicher werden die Geisteswissenschaften“ wird heute sogar in Parlamentsdebatten zitiert. Begeisterte Zustimmung löste Odo Marquard mit seiner Rede bei Gelegenheit der Jahresversammlung der Westdeutschen Rektorenkonferenz vom 05. Mai 1985 in Bamberg aus. Diese Rede ist vielfältig nachgedruckt worden.5

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Literatur

  1. Joachim Ritter: Die Aufgaben der Geisteswiwnshaften in der modernen Gesellschaft. In: Jahresschrift 1961 der Gesellschaft zur Förderung der Westfàlischen Wilhelms-Universität zu Münster, pp. 11–39.

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Friedrich Rapp

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© 1993 Deutscher Universitäts-Verlag GmbH, Wiesbaden

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Lübbe, H. (1993). Globale Vereinheitlichung durch die Technik und die Vielfalt der Kulturen. Zur Kompensationstheorie der historischen Kulturwissenschaften. In: Rapp, F. (eds) Neue Ethik der Technik?. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99102-7_2

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