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Die Entwicklung moralischer Urteilskompetenz in der kaufmännischen Berufsausbildung

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Vom Egozentrismus zum Universalismus

Part of the book series: Sozialwissenschaft ((SozWi))

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Zusammenfassung

Anhand der Aussagen zu den Entwicklungsbedingungen, die in den Kapiteln 6 und 7 getroffen wurden, konnte eine Übersicht erstellt werden (vgl.Tabelle 8), in der alle identifizierten Einflußgrößen (in der Tabelle als „Häufigkeit“, „Wichtigkeit“ und „Merkmale“ bezeichnet) in ihren jeweils möglichen Kombinationen zusammengefaßt wurden und ihr erwarteter Einfluß auf die Entwicklung moralischer Urteilskompetenz prognostiziert wurde, sowohl hinsichtlich seiner Richtung (eher förderlich/neutral/eher hinderlich) als auch seiner Stärke (von „stark“ über „mittel“ hin zu „schwach“). Weil moralische Urteilsfähigkeit jedoch aus fünf einzelnen Strukturelementen besteht, deren Genese sich wiederum in Abhängigkeit einzelner sozialer Bedingungen vollzieht, ergibt sich bei der Betrachtung des postulierten Zusammenhangs zwischen Häufigkeit, Wichtigkeit und Dimensionsausprägung rein rechnerisch zunächst eine Menge von 156 einzelnen Hypothesen, die, multipliziert mit den sechs Stufen, zu einer Gesamtmenge von 936 möglichen Einzelhypothesen über den Zusammenhang bestimmter sozialer Einflußfaktoren mit korrespondierenden psychischen Dispositionen führen. Da sich die Fragestellung dieser Arbeit aber auf die Entwicklungsbedingungen des „Gesamtgebildes“ der moralischen Urteilskompetenz bezieht und damit nur mittelbar auf die Genese von deren einzelnen „Bausteinen“, läßt sich diese Anzahl auf zwei Haupthypothesen reduzieren1. Die erste befaßt sich noch auf einer relativ hohen Betrachtungsebene mit der Frage, ob die unterschiedlichen Ausprägungen der in den vorigen Kapiteln identifizierten sozialen Bedingungen tatsächlich mit der Entwicklung moralischer Urteilskompetenz in Zusammenhang stehen.

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Referenzen

  1. Ursprünglich sollte noch eine dritte Hypothese geprüft werden, die die Geschwindigkeit betrifft, mit der sich die Entwicklung moralischer Urteilskompetenz in Abhängigkeit von der Stärke vollzieht, mit der die sozialen Bedingungen ihre Wirksamkeit entfalten. Ihr liegt die Annahme zugrunde, daß die („förderlichen“ oder „hinderlichen“) Ausprägungen aller Bedingungen dann ihre größte Wirksamkeit besitzen, wenn sie nach der subjektiven Einschätzung der Auszubildenden sowohl wichtig sind als auch häufig auftreten, und daß sich dies in der Zeitspanne niederschlägt, in der ein Entwicklungsschritt erfolgt. Je stärker der Einfluß ist, den die sozialen Bedingungen ausüben, desto kürzer wird die Zeitspanne, in der ein Entwicklungsschritt von einer Stufe auf die folgende vollzogen wird. Weil aber eine solche Hypothese aufgrund der Datenlücken, die aus der vorliegenden Datenbasis resultieren, selbst anhand von Einzelfällen nicht sinnvoll durchführbar ist, wird im Rahmen der vorliegenden Veröffentlichung auf eine weiterführende Betrachtung dieser Hypothese verzichtet.

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  2. Im Kontext dieser Hypothese muß in der im Text verwendeten Form von Fortentwicklung gesprochen werden, da nur zur Progression das Vorliegen der „förderlichen“ Ausprägungen aller Entwicklungsbedingungen notwendig ist. Für eine Rückentwicklung hingegen reicht bereits eine einzige Bedingung in „hinderlicher“ Ausprägung aus (vgl. Abschnitt 8.3.2).

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  3. Diese Homogenitätshypothese besagt, daß ein Individuum, das sich nicht gerade in einer Übergangsphase von einer Stufe zur nächsten befindet, in allen Lebensbereichen, unabhängig vom Inhalt des zu beurteilenden Sachverhalts, auf der von ihm erreichten Moralstufe urteilt und nicht auf Argumente zurückgreift, die bereits überwundenen Stufen entstammen (vgl. auch die Aussagen zur „strukturierten Ganzheit“ in Abschnitt 2.9).

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  4. Da diese Längsschnittuntersuchung nicht darauf ausgerichtet war, das in den vorigen Kapiteln ausgearbeitete Modell zu analysieren, wurden auch nicht exakt die Daten erhoben, die zur genauen Prüfung der aufgestellten Hypothesen notwendig wären. So fehlen bspw. Informationen, die Aufschluß über die Häufigkeit geben, mit der die Anzeichen für Wertschätzung von den Befragten wahrgenommen werden konnten oder in der Gelegenheiten zu Kooperation oder Verantwortungsübernahme erfahren wurden. Dennoch bieten die vorliegenden Untersuchungsergebnisse eine gute Basis, um die vom Autor vorgeschlagene weiterentwickelte Konzeption einem ersten Falsifikationsversuch zu unterziehen.

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  5. Dies geschah allerdings mit einer Abweichung in der Wertschätzungsdimension: Während durch Lempert hier nur „Wertschätzung“ allgemein erhoben wurde, haben Beck und seine Mitarbeiter diese soziale Dimension unterteilt in „Wertschätzung als Rollenträger“ und „Wertschätzung als Persönlichkeit“.

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  6. Als „gültig“ sind solche Datensätze zu verstehen, aus denen sich zu beiden der jeweils relevanten Erhebungszeitpunkte Informationen zur Stufenzugehörigkeit des entsprechenden Probanden ablesen lassen, in denen also eine Information über einen Entwicklungsschritt zum jeweils untersuchten Erhebungszeitpunkt enthalten ist. In diesem Sinne „ungültige“ und nicht in die Analyse mit eingeflossene Datensätze sind demnach solche, in denen zu einem oder sogar zu beiden betreffenden Erhebungszeitpunkten kein Datum vorliegt und bei denen demzufolge die abhängige Variable nicht durch einen Wert besetzt ist.

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  7. So wird bspw. die Probandenantwort: „Ich kann mich in meinem Ausbildungsbetrieb mit meinen Vorgesetzten völlig ungezwungen über alle möglichen Themen unterhalten.“ als „positive“ Ausprägung der Dimension Kommunikation verstanden, hervorgegangen aus der Kombination der Merkmale 1 und 3 (vgl.Tabelle 8), und mit dem Wert „1“ versehen. Die nachfolgende Antwort auf die Frage nach der subjektiven Wichtigkeit lautet: „Mir ist das auch unheimlich wichtig.“, die Frage nach der Häufigkeit wird beantwortet mit: „Wir sprechen täglich mehrmals miteinander.“ Hieraus ergibt sich sowohl ein Wichtigkeits- wie auch ein Häufigkeitsfaktor von „+.9“. Bei der Berechnung des arithmetischen Mittels aus den beiden Gewichtungsfaktoren und anschließender Multiplikation mit der Zahl für die Ausprägung ergibt sich ein Wert von „+.9“, der als Indikator für einen starken „förderlichen“ Einfluß dieser Ausprägung der Entwicklungsbedingung auf die Moralentwicklung steht.

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  8. Dementsprechend wird bspw. die Probandenantwort: „Ich fühle mich in meinem Ausbildungsbetrieb von den anderen Auszubildenden als Persönlichkeit angenommen.“ als „positive“ Ausprägung der Dimension Wertschätzung verstanden und mit dem Wert „1“ versehen. Die Frage nach der subjektiven Wichtigkeit wird beantwortet mit: „Mir ist das völlig egal, ob die mich anerkennen.“ Hieraus ergibt sich der Wichtigkeitsfaktor „0“. Bei der Multiplikation beider Daten ergibt sich ebenfalls der Wert „0“, der als Indikator dafür steht, daß dieser soziale Faktor keinen Einfluß auf die Moralentwicklung dieses Befragten ausübt.

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  9. Das gilt um so mehr, als gerade die Regressionsanalyse zu Verfälschungen führt, wenn die in die Regressionsgleichung aufgenommenen Variablen interkorrelieren (vgl. Bortz 1993, 409), was im Fall der Entwicklungsbedingungen zumindest nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. Lempert 1993, 18).

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  10. Das betrifft die Variablen zur Wertschätzung. Hier ist das höchste Aggregationsniveau die Variable „Wertschätzung“. Die darunter liegende Ebene differenziert in „Wertschätzung als Rolleninhaber“ und „Wertschätzung als Person“, auf dem nächst niedrigeren Niveau lassen sich die vier Variablen „Wertschätzung als Person, gewährt von Vorgesetzten“, „Wertschätzung als Person, gewährt von Mitauszubildenden“, „Wertschätzung als Rolleninhaber, gewährt von Vorgesetzten“ und „Wertschätzung als Rolleninhaber, gewährt von Mitauszubildenden“ unterscheiden.

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  11. Das betrifft Konstellationen mit Entwicklungsbewegungen zum Zeitpunkt „u“ und Bedingungsausprägungen im Zeitraum „B“ sowie den Zeitpunkt „v“ und den Zeitraum „C“.

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  12. Entwicklungsbewegungen auf die Stufen 1, 5 und 6 konnten nicht untersucht werden, da in der gesamten Stichprobe kein Fall vertreten war, bei dem entweder als Ausgangspunkt vormoralische Orientierungen gemessen werden konnten bzw. bei dem ein Entwicklungsschritt im Kontext betrieblicher Themenstellungen auf der postkonventionellen Ebene endete.

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  13. Rein rechnerisch müßten es sogar 12 Gruppierungen sein (vier zeitliche Konstellationsvarianten mal Entwicklungsschritte auf drei verschiedene Stufen). Da sich jedoch bereits bei der Prüfung von Hypothese 1 keine Zusammenhänge zwischen „Entwicklungsbewegung zur Drittbefragung“ und „Bedingungsausprägungen vor der Zweiterhebung“ nachweisen ließen, wurde diese Konstellation aus der weiteren Analyse ebenso ausgeklammert wie die Untersuchung des Einflusses betrieblicher „Entwicklungsbedingungen vor der Dritterhebung“ und „Entwicklungsbewegung zur Viertbefragung“.

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  14. In der nachfolgenden Abbildung ist mit „Andreas“ nur ein Auszubildender dargestellt, da von seiner Kollegin „Petra“ keine Daten zu den Entwicklungsbedingungen aus der Ersterhebung vorliegen.

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  15. Diese Abbildung enthält links die Einteilung in die Wirkungsrichtungen „positiv“, „neutral“ und „negativ“ (wobei die „neutrale Wirkung“, also weder ein „förderlicher“, noch ein „hinderlicher“ Einfluß, ausschließlich bei den Wertschätzungsdimensionen vorkommen kann). Die Datenpunkte (die lediglich aus Gründen der Übersichtlichkeit mit Linien verbunden sind) zeigen die Ausprägungen der jeweiligen Entwicklungsbedingungen, wie sie von den Befragten wahrgenommen wurden. Eine Besonderheit stellen die Wertschätzungsdimensionen dar: Während beim Übergang auf die Stufe 2 eine „positiv“ ausgeprägte Wertschätzung von Seiten der Vorgesetzten keinen progressiven Einfluß auf die Entwicklung moralischer Urteilsstrukturen ausübt (und daher auch nicht in der Abbildung enthalten ist), reicht es für eine begünstigende Wirkung aus, wenn entweder die rollen- oder die personenbezogene Wertschätzung durch Mitauszubildende (vgl. in der nachfolgenden Abbildung im Abschnitt 8.4.2.2.1 die Spalten 1 und 2) „positiv“ ausgeprägt ist.

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  16. Mit diesem Begriff ist das höchste Aggregationsniveau dieser Dimension gemeint, das allerdings nicht in den jeweiligen Abbildungen aufgeführt ist (vgl. Fußnote 10 in diesem Kapitel). Erst auf der darunter liegenden Ebene findet eine Unterscheidung zwischen den Konfliktarten statt.

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  17. Nur wenn allgemeine Konflikte als „hinderlich“ ausgeprägt bewertet werden, kann dies unter der oben im Text angesprochenen Annahme auf Interessen-Interessen-Konflikte übertragen werden, denn eine solche Ausprägung bedeutet, daß die Diskrepanzen nicht offen zur Sprache kommen und eher unterdrückt oder durch Ausübung von Macht „gelöst“ werden. Solche Verfahren zur Konfliktbeseitigung erweisen sich jedoch generell als „hinderlich“ für die Entwicklung moralkognitiver Strukturen, was also auch für spezielle Konfliktarten gilt.

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  18. Ebenso wie bei den Konflikten ist mit dieser Bezeichnung das höchste Aggregationsniveau gemeint (vgl. die Fußnoten 10 und 16 in diesem Kapitel). Erst auf der darunter liegenden Ebene führt eine Unterscheidung zwischen den Konfliktarten statt.

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  19. Nur in den Interviews, nicht jedoch in den Fragebögen wurde die Kommunikationsdimension so differenziert erhoben, daß eine Unterscheidung zwischen ihrer Ausprägung in Bezug auf Ausbilder oder auf Auszubildende möglich ist. „Christoph“ wurde jedoch nicht im Interview befragt.

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  20. Es fanden sich in drei der untersuchten zeitlichen Konstellationen signifikante Zusammenhänge zwischen der „Wertschätzungsdimension“ und einer progressiven Entwicklung, lediglich in einem Fall konnten die „sozia-

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  21. Diese Einschätzung hat jedoch nur für den Fall Bestand, daß die Daten zur Kommunikation mit Ausbildern in ihrem (angenommenen) entwicklungsbegünstigenden Einfluß auch zutreffend interpretiert sind.

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  22. Die Anzahl der Fälle für eine Regressionsanalyse sollte mindestens doppelt so groß sein wie die Anzahl der Variablen in der Regressionsgleichung (vgl. Backhaus u. a. 1996, 49). Bei dem vorliegenden Modell sind 8 Variablen in die Regressionsgleichung aufzunehmen, woraus ein Mindestumfang von 16 Fällen resultiert. Da bei einer vorliegenden Ausgangsstichprobengröße von 174 Probanden für eine derartig differenzierte Betrachtung stellenweise nur noch zwei Fälle übrig geblieben sind, müßte auf Basis dieses Verhältnisses die Stichprobe einer erneuten Untersuchung (rein rechnerisch) einen Mindestumfang von 1392 Befragten haben.

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Bienengräber, T. (2002). Die Entwicklung moralischer Urteilskompetenz in der kaufmännischen Berufsausbildung. In: Vom Egozentrismus zum Universalismus. Sozialwissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97676-5_8

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-97676-5_8

  • Publisher Name: Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden

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