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Massenmedien/Journalismus/Publizistik als Funktionssystem?

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Risikojournalismus und Risikogesellschaft

Part of the book series: Studien zur Kommunikationswissenschaft ((SZK,volume 36))

  • 191 Accesses

Zusammenfassung

Die Begriffe Massenmedien, Massenkommunikation, Journalismus, Öffentlichkeit und Publizistik beschreiben höchst differente Phänomenbereiche. Journalismus und Publizistik bedienen sich der Massenmedien, um ihre Publika zu erreichen. Aber nicht jede Publizistik ist journalistische Publizistik. Auch läßt sich fragen: Muß öffentliche Kommunikation zwingend publiziert werden, um als solche erkennbar zu sein und welcher Stellenwert käme dann dem Akt des Publizierens zu? Der Diskurs über diese und andere Fragen steht erst am Anfang (vgl. Weischenberg 1995a: 106 ff.; Görke/Kohring 1996; Rühl 1996; Görke/Kohring 1997). Möglichkeiten und Limitationen der aktuellen Theoriediskussion kulminieren offenbar insofern, als mit jedem (neuen) Theorieentwurf eine eigene System-Umwelt-Differenz behauptet wird, die mit derjenigen anderer Entwürfe nicht oder nur teilweise deckungsgleich ist: Betrachtet man Journalismus als Funktionssystem, dann findet Werbung (Public Relations) in der Umwelt des Systems statt und ist gleichzeitig codierte Kommunikation im System der Publizistik bzw. im System der Massenmedien. Mit einem Funktionssystem Publizistik teilt das Journalismussystem jenen Systembereich, der sich als journalistische Kornmunikation (z.B. Nachrichtenjournalismus) fassen läßt.

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Literatur

  1. Wie die Ausführungen zur evolutionären Ausdifferenzierung von Systemen nahelegen, geht die Entwicklung von einfachen Systemen hin zu immer komplexeren Systemen (vgl. Kap. 2). Die obige Diktion ist daher umzukehren: Da wir miteinander reden könn(t)en, können wir auch kommunizieren, ohne füreinander anwesend zu sein. Einfache soziale Systeme stellen gleichsam eine Art Bergfried der Autopoiesis komplexerer Kommunikationssysteme dar. Systemtheoretisch ist nicht zu begründen, warum sich autopoetische Funktionssysteme um diese Letztmöglichkeit zum Systemerhalt bringen sollten. Bradbury hat ein ähnliches Szenario in Fahrenheit 451 (am Beispiel des Literatursystems) eindrucksvoll durchgespielt. Aber auch realiter lassen sich Situationen (Urlaub in Gott-weiß-wo, Zeitungsstreik, Katastrophensituationen etc.) vorstellen, die diesen Zusammenhang erhellen können.

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  2. Wiederum mit Luhmann (1987a: 221) gegen Luhmann: „Mit all diesen Entwicklungen von Sprach- und Verbreitungstechnik wird erst recht zweifelhaft, welche Kommunikation überhaupt Erfolg haben, das heißt zur Annahme motivieren kann.“

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  3. Dieser Code ist auch Ausdruck der radikalen Verzeitlichung der Systemelemente: „Eine Information, die sinngemäß wiederholt wird, ist keine Information mehr. [...] Andererseits geht die Information, obwohl sie als Ereignis verschwindet, nicht verloren. Sie hat den Systemzustand geändert, hat damit einen Struktureffekt hinterlassen, und das System reagiert dann auf diese geänderten Strukturen und mit ihnen“ (Luhmann 1987a: 102) Illustriert wird dies bezeichnenderweise mit Beispielen aus dem Zeitungsjournalismus.

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  4. Fast genauso wichtig hierbei ist, was richtigerweise unter wahr bzw. unwahr zu verstehen ist, das heißt, wie das System Wahrheit/Unwahrheit programmiert.

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  5. Eine andere Frage ist, was sich z.B. politisch Kommunizierende davon versprechen, die Differenz ihrer Beobachterperspektive zu kaschieren. Differenztheoretisch handelt es sich hierbei wohl um Einheitssimulationen die an kulturell geprägte Einheitssemantiken anzuknüfen trachten.

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  6. Ohne eigensinnige Imprägnierung bleibt u.E. als Eigenwert der Kommunikation von Information als Information nur Informationsrecycling. Aber dafür braucht die Gesellschaft kein System der Massenmedien, da es viel effizienter ist, das informationelle Altlastenproblem den Verursachern aufzubürden.

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  7. Die Kritik an dieser Theoriefigur wird hier verhandelt (und nicht im Rahmen der Programmierung), weil ihre Funktion nicht darin gesehen wird, die Programmierung von Massenmedien zu beschreiben. Von Programmbereichen spricht Luhmann u. E. vielmehr vor allem deshalb, um die mangelnde Plausibilität der Leitunterscheidung phänomenologisch abzufedern.

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  8. Zu Medienschemata und journalistischen Darstellungsformen vgl. Weischenberg (1995a: 120 ff) sowie Schmidt/Weischenberg (1994).

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  9. Daß sich die Unterscheidung aktuell/nicht aktuell schließlich auf der Programmebene wiederfindet (vgl. Blöbaum 1994: 282), ist vor diesem Hintergrund unverständlich.

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  10. Publizierte Wissenschaftskommunikation wird dadurch nicht identitätslos, schließlich gilt sie als Publizistik. Aber es bleibt unklar, wie sie in diesen „neuen Kleidern“ noch die Autopoiesis des Wissenschaftssystems garantieren soll. Dies gilt wohlgemerkt nur dann, wenn technische Verbreitungsmedien eine sinnvolle Gesellschaftsnische etablieren.

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  11. >Die These von der wachsenden Bedeutung medienvermittelter Kommunikation vertreten in einem anderen Kontext auch Merten/Westerbarkey (1994: 191): „Das Kommunikationssystem von Gesellschaften wird immer schneller wachsen als alle anderen gesell-schaftlichen Teilsysteme. Genau aus diesem Grund ist es berechtigt, die postindustrielle Gesellschaft als Mediengesellschaft zu bezeichnen: Die Ausdifferenzierung weist dem Kommunikationssystem nun eine neue und in Bezug auf Relevanz ständig wachsende Funktion zu, so daß sich dieses heute zum führenden Teilsystem evolviert hat: Kein Wahlkampf, kein Absatz, kein Sport und keine Kunst ist heute ohne Medien mehr möglich.“ Auch an dieser Stelle ist zu fragen, ob das, was als Kommunikationssystem zur Einheit verschmolzen wird, nicht höchst unterschiedlichen Sinnes ist. Kurz gesagt: Die Rede von dem Kommunikationssystem der Gesellschaft meint entweder die Gesellschaft selbst oder ist nur dann möglich, wenn man Verbreitungstechnik für ein taugliches Differenzkriterium hält.

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  12. Rühl (1993c: 320) ist sich dieser Schwierigkeiten offenbar bewußt: „Erschwert wird die Betrachtung nichtwirtschaftlicher Zahlungen allerdings deshalb, weil weit und breit kein dem Geld vergleichbarer Zahlungsmechanismus verfügbar ist. Gleichwohl können wir uns nicht auf wirtschaftliche Zahlungen beschränken, denn sie sind für die Publizistik nur ein, wenn auch ein besonders wichtiger Sonderfall.“ Auch durch anschauliche Beispielwahl (vgl. Rühl 1993c: 320 f.) gelingt es u. E. nicht, publizistische Zahlungen (Nichtzahlungen) hinreichend trennscharf zu konturieren.

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  13. Genaugenommen ist die kommunikationswissenschaftliche Indifferenz selbst das Problem. Sie begünstigt den Import von Medienbegrifflichkeiten, dem das Fach bislang nur durch das Auflegen von Medientheorie-Sammlungen zu begegnen weiß (vgl. kritisch Rühl 1993b: 80; Rühl 1993c: 308 ff.).

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  14. Im Fall des Funktionssystems Publizistik Führt dies sogar zur Inklusion des Pornokinos (vgl. Marcinkowski 1993: 75, Anm. 32). Der Einwand dagegen gründet sich nicht auf Prüderie, sondern folgt der Auffassung, daß hierbei Sinngrenzen der Kommunikation mißachtet werden.

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  15. Kritisch anzumerken ist, daß Spangenberg Begriffe wie öffentliche Meinung oder Agenda setting benutzt, ohne diese zu fundieren. Gerade beim Terminus der öffentlichen Meinung ist es nicht unerheblich, seine politische Imprägnierung zu kennen.

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  16. Zu den unterscheidbaren Massenmedien zählen beispielsweise auch jene 60 Mitarbeiter-Zeitschriften des Großunternehmens Lufthansa, auf die Merten (1996: 84) an anderer Stelle verweist, um die Evolution des Kommunikationssystems zu veranschaulichen. Von einer „Explosion des Kommunikationssystems, die derzeit noch keineswegs ihren Gipfelpunkt erreicht hat“, wie Merten (1996: 84) schreibt, kann man aber nur dann reden, wenn man diese an der technologischen Entwicklung dingfest macht

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  17. Zu fragen wäre: Ist es theoriebautcchnisch sinnvoll, das Massenmediensystem in Teilbereiche wie Print, Film, Fernsehen etc. zu zerlegen, ohne daß medientheoretisch geklärt ist, aufgrund welcher Geschäftsbedingungen dies geschieht? Der Nachrichtenjournalismus findet demnach statt im Massenmediensystem und in seinen Teilbereichen, doch das gilt genauso für issenschaftskommunikation, Groschenromane, Werbung et

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  18. Durchaus anschlußfähig ist Luhmanns Kultur-Begriff. „Die gesellschaftliche Reproduktion von Kommunikation muß [...] über die Reproduktion von Themen laufen, die ihre Beiträge gewissermaßen selbst organisieren. Die Themen werden nicht jeweils fallweise neu geschaffen, sind aber andererseits auch nicht durch die Sprache, etwa als Wortschatz, in ausreichender Prägnanz vorgegeben [...]. Es wird demnach ein dazwischenliegendes, Interaktion und Sprache vermittelndes Erfordernis geben — eine Art Vorrat möglicher Themen, die für rasche und rasch verständliche Aufnahme in konkreten kommunikativen Prozessen bereitstehen. Wir nennen diesen Themenvorrat Kultur“. (Luhmann 1987a: 224) In einem jüngeren Beitrag definiert Luhmann (1995c: 47) Kultur als „das Gedächtnis sozialer Systeme, vor allem des Gesellschaftssystems. Kultur ist, anders gesagt, die Sinnform der Rekursivität sozialer Kommunikation.“ Das Gedächtnis des Gesellschaftssystems und die Gedächtnisse anderer sozialer Systeme bewahren auch hier einen Vorrat für wichtig gehaltener Dichotomien (vgl. Luhmann 1995c: 38

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  19. Warum sollen überhaupt Subsysteme, die unvereinbar sind bzw. werden können, als usammengehörig beobachtet werden? Und wenn Menschen Kulturträger sind, tragen sie dann auch sämtliche Kulturteilprogramme (selbst wenn diese unvereinbar sind)? (Vgl. Nassehi 1990; Nagel 1994) Schließlich: Was unterscheidet Teilkulturprogramme von dem, was generalisierte Kommunikationsmedien ermögl

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  20. Die kulturtheoretischen Sondierungen Luhmanns sind in diesem Punkt stringenter, weil Kultur nicht als handhabbares Einheitssymbol, sondern als mit dem „Geburtsfehler der Kontingenz“ (Luhmann 1995c: 48) konzipiert wird. Statt diese Überlegungen für eine Theorie der Massenmedien als Funktionssystem zu nutzen, traktiert der Autor den theoretisch wenig gehaltvollen Vorwurf, „daß die Massemedien, und im Verbund mit ihnen, der Tourismus die authentische Kultur ruinieren.“ (Luhmann 1996a: 154)

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© 1999 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen/Wiesbaden

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Görke, A. (1999). Massenmedien/Journalismus/Publizistik als Funktionssystem?. In: Risikojournalismus und Risikogesellschaft. Studien zur Kommunikationswissenschaft, vol 36. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95613-2_9

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-95613-2_9

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-531-13204-4

  • Online ISBN: 978-3-322-95613-2

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