Skip to main content

Kognitionswissenschaft

  • Chapter
Komplexe Regelungsprozesse

Part of the book series: Studien zur Kognitionswissenschaft ((SZKW))

  • 184 Accesses

Zusammenfassung

Kognitionswissenschaft und Kognitionstechnik sind die bedeutendste theoretiche und technische Revolution seit der Atomphysik. Sie werden unsere Gellschaft auf lange Sicht in allen Bereichen beeinflussen“ — mit dieser für eine junge Disziplin wie die Kognitionswissenschaft außergewöhnlich optimistischen Einschätzung beginnt der renommierte Neurobiologe Francesco Varela das erste Kapitel seines Buches „Kognitionswissenschaft — Kognitionstechnik” (Varela, 1990). Doch was verbirgt sich hinter dem Terminus Kognitionswissenschaft? Was sind ihre Grundlagen? Womit beschäftigt sie sich? Auf welche Methoden greift sie zurück? Wie ist sie wissenschaftlich institutionalisiert?

Precisely how much of the business of thinking a machine could be made to perform, and what part of it must be left to the human mind, is a question not without conceivable practical importance; the study of it can at any rate not fail to throw needed light on the nature of the reasoning process.

Charles Sanders Peirce (1887)

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 49.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Literatur

  1. Hunt (1989) und Tack (1995) nennen als Geburtsstunde der Kognitionswissenschaft das Jahr 1963 und verweisen dabei auf das Erscheinungsdatum der Publikationen zu GPS (Newell & Simon, 1963) und EPAM (Feigenbaum, 1963). Die Grundzüge beider Arbeiten wurden jedoch bereits auf der Dartmouth-Konferenz (1956) von den entsprechenden Autoren vorgestellt. Greeno (1989, p. 285) sieht 1957 als Geburtsjahr der Kognitionswissenschaft und begründet dies mit dem Erscheinen der Vorarbeiten zu GPs (Newell, Shaw & Simon, 1957) und der Veröffentlichung von Chomskys Syntactic Structures (1957).

    Google Scholar 

  2. s Andere Definitionen des Gegenstandsbereichs der Kognitionswissenschaft rekurrieren auf den Begriff der Intelligenz. So schreibt Walker (1978, p. 3): „Cognitive Science is the study of the principles by which intelligent entities interact with the environment“ (vgl. Simon & Kaplan, 1989). Johnson, Luger und Stem (1994, p. 4) sehen in der Auffassung von „intelligence as a natural category” den gemeinsamen Kern der interdisziplinären Zusammenarbeit in der Kognitionswissenschaft. Wegen der insbesondere in der Psychologie aufgezeigten Problematik in der Definition des Intelligenzkonzepts (vgl. Amelang & Bartussek, 1990) wird der Begriff an dieser Stelle vermieden (vgl. jedoch Tack, 1997).

    Google Scholar 

  3. Das nach außen hin wohl auffälligste Merkmal der Kognitionswissenschaft ist die Interdisziplinarität ihrer Forschungsarbeiten. Es dürfte schwer sein, eine Abhandlung zur Charakterisierung der Kognitionswissenschaft zu fmden, die nicht auf ihre interdisziplinäre Ausrichtung referiert. Betrachtet man die Zeitschrift Cognitive Science,so findet man bereits in deren Untertitel einen Hinweis auf ihren interdisziplinären Charakter: „A multi-disciplinary journal of anthropology, artificial intelligence, education, linguistics, neuroscience, philosophy, psychology“. Das Publikationsorgan der Deutschen Gesellschaft für Kognitionswissenschaft, die Zeitschrift Kognitionswissenschaft,veröffentlicht „Diskussionsbeiträge aus dem Gebiet der Psychologie, der Informatik (Künstliche Intelligenz), Linguistik sowie den Neurowissenschaften und der Philosophie, sofern sie auf Grund ihres interdisziplinären Charakters für die Kognitionswissenschaft relevant sind”. Schunn, Okada und Crowley (1995, p. 100) sehen den Kern der Kognitionswissenschaft nachgerade in ihrer Interdisziplinarität: „At its core, cognitive science is defined as being interdisciplinary“. Die Analyse kognitiver Leistungen und der sie hervorbringenden Prozesse aus dem Blickwinkel unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen gehört zu den vielversprechendsten Facetten der Kognitionswissenschaft. Das Titelblatt des unveröffentlichten State of the Art Report an die wissenschaftlichen Berater der Alfred P. Sloan Stiftung zeigt ein Hexagon, das sowohl die zur Kognitionswissenschaft beitragenden Disziplinen als auch deren interdisziplinäre Verbindungen illustriert (Abbildung 1, nach Gardner, 1989, S. 49).

    Google Scholar 

  4. Die Abbildung aus Gardner (1989) weicht von dem Original (Walker, 1978) an dieser Stelle ab. Auf der Originalabbildung wird nicht die Ktinstliche Intelligenz (Artificial Intelligence) sondern die Informatik (Computer Science) genannt. Diese Ersetzung erscheint inhaltlich korrekt, da die Ktinstliche Intelligenz — nicht hingegen die Allgemeine Informatik — in einschlägigen kognitionswissenschaftlichen Darstellungen als Beitragsdisziplin geführt wird (vgl. Simon & Kaplan, 1989 ).

    Google Scholar 

  5. Wenn im Rahmen der vorliegenden Arbeit gesagt wird, menschliches Handeln ließe sich in dezidiert nicht behavioristischer Weise als „Output“ wissensbasierter Systeme betrachten, so soll eine derartige Systeminterpretation des Menschen keineswegs implizieren, daß der Mensch nichts weiter sei als ein komplexer Computer. „Nicht alle Systeme sind Computer, nicht alle Systeme haben das Merkmal der Unbelebtheit, und die Interpretation des Menschen mittels der System-Begrifflichkeit bedeutet auch nicht, daß der Mensch nichts anderes als ein System sei” (Herrmann, 1985, S. 273).

    Google Scholar 

  6. Mentalistische Erklärungen sind prinzipiell nicht falsifizierbar; es können immer Revisionen des intentionalen Profils eines Handelnden vorgenommen werden, die dessen Rationalität sicherstellen (vgl. Dennetts Begriff der „freifließenden Vernunftsgründe“ (1992, S. 369)).

    Google Scholar 

  7. Es wird hier die von Pierce und Morris in die Semiotik eingeführte Auffassung vertreten, daß zwischen Repräsentandum und Repräsentat nicht eine zweistellige Relation im Sinne eines Alliquid stat pro aliquo („Etwas steht für etwas anderes“) bestehe, sondern ein Repräsentat erst für einen Zeichenverwender zum Repräsentat eines Repräsentandums wird: Aliquid stat pro aliquo ad usum alicuius (vgl. Glaser, 1991).

    Google Scholar 

  8. In der kognitionswissenschaftlichen Literatur hat sich sich die etwas unpräzise Redeweise von „Prozessen, die repräsentiert sind“ (Engelkamp & Pechmann, 1988) eingebürgert. Genauer betrachtet ist die Repräsentation entsprechender Prozeduren gemeint. Versteht man unter einem Prozeß mit Dörner (1989, p. 339) eine „Veränderung von Variablen in der Zeit”, so wird deutlich, daß nicht diese Veränderung, sondern die sie auslösenden Prozeduren repräsentiert sein müssen. Im folgenden wird jedoch — um die terminologische Einheitlichkeit mit der zitierten Literatur zu erhalten — die in der Kognitionswissenschaft eingebürgerte Verwendung benutzt.

    Google Scholar 

  9. Unter einem semantic system versteht Dinsmore (1991, p. 16) ein Repräsentationssystem, dessen Repräsentationsrelation,,… expresses the relationship that exists between representations and the objects and relations existing in the objective reality, that is, between representations and what is represented“.

    Google Scholar 

  10. Grundlegende Überlegungen zum menschlichen Geist als Symboltransformationsmaschine finden sich bereits bei Descartes (1985), Leibniz (1923) oder Husserl (1890; vgl. Munch, 1992). Als moderne Wegbereiter des Symbolverarbeitungsansatzes sind Craik (1943) und Turing (1950) anzusehen.

    Google Scholar 

  11. Eine Ausnahme stellen konnektionistische Ansätze dar. Obwohl konnektionistische Systeme semantisch interpretierbar sind, ist nicht klar, inwieweit der Begriff der Repräsentation im zuvor eingeffihrten Sinne adäquat auf sie anwendbar ist (vgl. Ramsey et al., 1991; Tack in Vorbereitung; Dinsmore, 1991). Stellan Ohlsson (1988, p. 26) schreibt hierzu: „The most disturbing aspect of connectionism is the fact that it, once again, takes the knowledge out of the theory of cognition.… Thus, connectionism takes an anti-representational stance“.

    Google Scholar 

  12. Aus einer vorliegenden syntaktischen Struktur kann jedoch nicht ihre Semantik abgeleitet werden, jedes formale System kann auf mehrfache Weise semantisch interpretiert werden: „Zwar können semantische Unterscheidungen syntaktische Unterscheidungen determinieren, nicht aber gilt die Umkehrung, daß syntaktische Unterschiede semantische Unterschiede determinieren… Eine Asymmetrie liegt vor: Die Semantik ist «supervenient» gegenüber der Syntax“ (Krämer, 1991, S. 8).

    Google Scholar 

  13. Die philosophische Grundlage fir diese Sicht stellt der Funktionalismus dar (Putnam, 1960; Fodor, 1981; Schwartz, 1992). Folgt man dem Funktionalismus, so sind mentale Zustände funktionale Zustände, die auf unterschiedliche Weise physikalisch realisiert werden können. Mentale Zustände werden lediglich im Hinblick auf ihre syntaktisch determinierten kausalen Rollen untersucht, von der konkreten physikalischen Trägerstruktur wird dabei abstrahiert: „What we are really interested in, as Aristoteles saw, is form not matter. What is our intellectual form? is the question, not what the matter is. And whatever our substance might be, soulstuff, or matter, or Swiss cheese, is not going to place any interesting first order restrictions on the answer to this question“ (Putnam, 1975, p. 302). Eine fundierte Kritik am Funktionalismus liefert Block (1992).

    Google Scholar 

  14. Ada Lovelace, die die Arbeiten von Charles Babbage beschreibt, skizzierte bereits im vorigen Jahrhundert eine Maschine „[that] might act upon other things besides numbers were objects found whose mutual fundamental relations could be expressed by those of the abstract science of operations, and which should also be susceptible of adaptions to the action of the operating notion and mechanism of the engine“ (zitiert nach Boden, 1989, p. 1, Hervorhebung im Original).

    Google Scholar 

  15. Johnson-Laird (1988, p. 18) karikiert die behavioristische Reduzierung auf die Registrierung observabler Indizien in folgender Weise: „There is a story that after sexual intercourse, one Behaviorist said to another: `That was fine for you, but how was it for me?“`.

    Google Scholar 

  16. In Anlehnung an Kieras, Wood & Meyer (1995, p. 2) wird der Terminus generativ hier analog zu seiner Bedeutung in der formalen Linguistik verwendet: „The syntax of a language can be represented compactly by a generative grammar, a set of rules for generating all the grammatical sentences in the language“.

    Google Scholar 

  17. Die Einschränkung zumindest wird eingeführt, um auch exaktere Abbildungen nicht auszuschließen. Dömer (1989a) etwa spricht von einer (partiellen) Isomorphie der Abbildung eines Originals in ein Modell. Da aber die Möglichkeit erhalten werden soll, Klassen von Gegebenheiten des Originals auf Einzelkomponenten des Modells abzubilden, wird eine Konzeptualisierung der Modellrelation als „zumindest partiell homomorphe Abbildung“ bevorzugt. Der von Tack (1969, S. 235) angesprochenen Grenzfall einer isomorphen Beziehung zwischen Original und Modell wird explizit ausgeschlossen: von Modellen wird verlangt, daB sie konzeptuell simpler als das Original sein müssen. Damit ist immer auch impliziert, daß Modelle von einem informationstheoretischen Standpunkt auch immer informationsarmer als das Original sein müssen — wie sähe ein nicht-isomorphes, jedoch informationsäquivalentes Modell der Zahl rt aus? (vgl. Johnson & Luger, 1994).

    Google Scholar 

  18. Die Geschichte der euklidischen Geometrie zeigt eindrucksvoll auf, daß der Nachweis überflüssiger Konstrukte jedoch auch in einem formalen System keineswegs trivial ist: Bis zum Jahre 1763 waren mindestens achtundzwanzig (falsche!) „Beweise“ veröffentlicht worden, die zu zeigen versucht hatten, daß das berühmte fünfte Postulat aus Euklids Elementen selbst ein Teil der Vier-Postulat-Geometrie bildet (vgl. Hofstadter, 1988).

    Google Scholar 

  19. Moore (1956) diskutiert sein Theorem in Bezug auf endliche Automaten. Uttal (1990) schreibt hierzu: „… it seems that the mind-brain can be considered to be a fmite automaton (even if very large numbers of states and neurons are involved, the number is finite)“. Ähnlich Anderson (1979, p. 398): The human brain is clearly a finite state device. This can be established, if in doubt, by considering the fact that it only contains a finite number of elementary units (such as atoms) in a fmite number of discriminable configurations”. Jenkins (1981, p. 215) hingegen argumentiert: „Far from being a simple device with only limited computing power, the human with a paper and pencil has the formal power of a universal Turing machine (until death intervenes). In all respects except unlimited time, the human being is a universal computing device“. Wie in Abschnitt 1.4 dargelegt, ist diese Universalitätsannahme in der Kognitionswissenschaft weit verbreitet. Die Argumentationen von Uttal und Anderson sind insofem problematisch, als sie lediglich auf die Endlichkeit von Komponenten resp. Konfigurationen bei endlichen Automaten verweisen, nicht jedoch deren restriktiven Speicherzugriff thematisieren. Folgt man Anderson und Uttal, so wären moderne Digitalcomputer auch als endliche Automaten aufzufassen — damit wurde jedoch lediglich auf deren endlichen Speicher referiert und die Möglichkeit des wahlfreien Zugriffs auf diesen ignoriert. Jenkins’ Hinweis auf die Turing-Äquivalenz des mind in Verbindung mit einem unendlichen Speichermedium erscheint hier plausibler. Der Punkt, daß damit mind als Approximation einer Turing-Maschine gesehen wird, ändert jedoch nichts an der Anwendbarkeit des Moore-Theorems auf das hier verfolgte Problem (vgl. Minsky, 1967).

    Google Scholar 

  20. In Termini, die in den Naturwissenschaften eingeftilut sind, ist ein solches Vorgehen als Sensitivitätsanalyse anzusprechen: Ziel der Analyse von Variationen eines Modells ist die Feststellung „wie der Modelloutput auf Veränderungen des Modellinputs oder der Modellstruktur reagiert, von welchen exogenen Variablen, Relationen und Parametern er am stärksten abhängt“ (Sttlbel, 1975, S. 201).

    Google Scholar 

Download references

Authors

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 1998 Deutscher Universitäts-Verlag GmbH, Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

Wallach, D. (1998). Kognitionswissenschaft. In: Komplexe Regelungsprozesse. Studien zur Kognitionswissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95337-7_2

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-95337-7_2

  • Publisher Name: Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-8244-4309-3

  • Online ISBN: 978-3-322-95337-7

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics