Zusammenfassung
Der am 18. Dezember 1913 in Lübeck als Herbert Ernst Karl Frahm geborene erste sozialdemokratische Kanzler der Bundesrepublik Deutschland war schon in seiner Jugend politisch und journalistisch bei SPD und SAP (Sozialistische Arbeiterpartei) aktiv. Nach der Machtergreifung der NSDAP emigrierte er als Dissident 1933 nach Norwegen, wo er den Decknamen I Willy Brandt annahm. Nach seiner 1948 erfolgten Wiedereinbürgerung gehörte Brandt, der seinen neuen Namen beibehielt, von 1949 bis 1957 dem deutschen Bundestag an, bevor er im gleichen Jahr zum Regierenden Bürgermeister von Berlin gewählt wurde. Dieses Amt übte er bis 1966 aus und setzte sich dabei angesichts des sowjetischen Berlin-Ultimatums 1958 und des Mauerbaus 1961 auf der internationalen politischen Bühne für die Freiheit Westberlins ein. Mit dem Passierscheinabkommen von 1963 deutete er seinen neuen Kurs der Ostpolitik an. Seine auf Deeskalation der Ost-West-Konfrontation zielende Strategie setzte er als Außenminister der Großen Koalition unter Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger fort. Ihre volle Entfaltung fand Brandts „Neue Ostpolitik“ während seiner Kanzlerschaft von 1969 bis 1974. Unter dem Schlagwort „Mehr Demokratie wagen“ strengte Brandt auch innenpolitische Reformen an. Doch seine Ostpolitik war innerhalb Deutschlands umstritten, so dass der international hohes Ansehen genießende Brandt sich 1972 nur knapp gegen ein konstruktives Misstrauensvotum behaupten konnte. Der von ihm später als Fehler erkannte sogenannte Radikalenerlass von 1972 verschärfte die Spannungen mit der außerparlamentarischen Opposition zusätzlich. Im Verlauf seiner zweiten Amtsperiode ab 1972 geriet Brandt unter zunehmenden Druck und trat 1974 im Zusammenhang mit der so genannten Guillaume-Affäre als Bundeskanzler zurück. Zwischen 1979 und 1983 war er Mitglied des Europäischen Parlaments. Als Präsident der Sozialistischen Internationale (1976 bis 1992) und der Nord-Süd-Kommission (1977 bis 1989) wirkte er weiterhin auch auf dem internationalen Parkett. Bis 1987 behielt er den Vorsitz der SPD, den er 1964 übernommen hatte, und blieb bis 1992 Bundestagsabgeordneter und Ehrenvorsitzender seiner Partei. Der 1971 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Brandt starb am 8. Oktober 1992 in Unkel am Rhein.
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© 2002 Leske + Budrich, Opladen
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Stüwe, K. (2002). Willy Brandt. In: Stüwe, K. (eds) Die großen Regierungserklärungen der deutschen Bundeskanzler von Adenauer bis Schröder. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93273-0_5
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