Zusammenfassung
Das Grundgesetz schreibt keinen für alle Zeiten fixierten Begriff des Eigentums fest. Dies entspricht den Grundprinzipien einer demokratischen Verfassung, die stets für den gesellschaftlichen Wandel offen ist. Die Verfassung würde sich jedoch selbst ihrer normativen Kraft begeben, wenn sie den Wandel der gesellschaftlichen Anschauungen unmittelbar zum Verfassungswandel deklarierte. Soweit der Wandel der gesellschaftlichen Anschauungen im Rahmen der Interpretation bestehender Gesetze und des Verfassungstextes selbst berücksichtigt werden kann — wie z. B. bei der Ausweitung des Kreises der Objekte des Eigentumsschutzes — , können sich gewandelte gesellschaftliche Anschauungen unmittelbar in der Verfassungsrechtsprechung niederschlagen. Im übrigen aber gelten die folgenden vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 17. 11. 1966 niedergelegten Grundsätze: ”Da es keinen ’absoluten’ Begriff des Eigentums gibt, ist es Sache des Gesetzgebers, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Er orientiert sich dabei an den gesellschaftlichen Anschauungen seiner Zeit. Der an das Grundgesetz gebundene Gesetzgeber hat außerdem die grundlegenden Wertentscheidungen und Rechtsprinzipien der Verfassung zu beachten.”1 Auch der Bundesgerichtshof hat anerkannt, daß das Eigentum seinem Inhalt nach nicht starr, sondern historisch wandelbar ist2.
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Anmerkungen
BVerfGE 20,355 f.; ähnlich bereits BVerfGE 14,277 f.; 18,132.
BGHZ 6,277.
von Gierke, Privatrecht II, S. 364: ”Eigentum ist der Inbegriff der an der Sache möglichen Herrschaftsrechte”.
Vgl. J. Aicher, Das Eigentum als subjektives Recht, 1975, insbes. S. 83 ff.; H.-M. Pawlowski, Substanz-oder Funktionseigentum?, AcP 1965, S. 395 ff.
W. Ernst, Bodeneigentum und Bodenrecht, AgrarR 1972, S. 101.
BGHZ 6,276.
BVerfGE 1,264.
W. Thiele, Wandel des Eigentumsbegriffs?, DVBl. 1972, S. 627.
K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 14. Aufl., 1984, S. 171.
W. Weber, Das Eigentum und seine Garantie in der Krise, in: Festschrift für Karl Michealis, 1972, S. 317.
H. Weinzierl, Die große Wende im Naturschutz, 1970, S. 54.
H. Sendler, DÖV 1971, S. 17.
W. Leisner, Sozialbindung des Eigentums, 1972, S. 9.
E. Stein, Zur Wandlung des Eigentumsbegriffes, in: Festschrift für Gebhard Müller, 1970, S. 505.
P. Badura, Die soziale Schlüsselstellung des Eigentums, BayVBl. 1973, S. 3.
K. Hesse, a. a. O., S. 171.
H.-J. Wipfelder, Die grundrechtliche Eigentumsgarantie im sozialen Wandel, in: Festschrift für G. Küchenhoff 1972, 2. Halbband, S. 756.
Wipfelder, a. a. O., S. 757.
Badura, a. a. O., S. 2, mit weiteren Nachweisen; ebenso Badura in Verhandlungen des 49. Dt. Juristentages 1972, S. T 8.
Hesse, a. a. O.
G. Stuby, Der Eigentumsbegriff des Grundgesetzes und seine normativen Anforderungen für die Gegenwart, DuR 1974, S. 164.
W. Schmidt, ”Vertrauensschutz” im öffentlichen Recht, JuS 1973, S. 537. Die in diesem Zitat angesprochenen Urteile finden sich in BVerfGE 20,352; 31,229.
Hesse, a. a. O.
Dieser Ausdruck findet sich in BVerfGE 14,276; 25,407.
Badura, a. a. O., S. 3.
Badura, a. a. O.
Stuby, a. a. O.
Ebenso H. Sendler, Zum Wandel der Auffassung vom Eigentum, DÖV 1974, S. 79.
G. Müller, Eigentum in unserer Zeit, DWW 1971, S. 310.
BVerfGE 6,32; 13,289,296; 19,225.
BVerfGE 24,367.
BVerfGE 24,389.
BVerlGE 30,292.
BVerfGE 24,367, 389.
BVerfGE 14,288, 293.
BVerfGE 30,334.
BGHZ 6,276.
BVerfGE 31,239.
BVerfGE 42,76 f.
Maunz, in: Maunz/Dürig/Herzog, Rdn. 15 zu Art. 14.
BVerfGE 14,263.
BVerfGE 14,277.
BVerfGE 14,278.
Ebenso A. Meier-Hayoz, Vom Wesen des Eigentums, in: Festgabe für Karl Oftinger, 1969, S. 171.
E. Stein, Vermögenspolitik und Grundrechte, 1974, S. 31.
Stein, a. a. O.
W. Weber, a. a. O., S. 328.
Weber, a. a. O.
F. Böhm, Die Zähmung des Privateigentums, FAZ v. 20. 5. 1972, Nr. 116, S. 17.
BVerfGE 14,278.
BVerfGE 1,264.
L. Raiser, Zur Eigentumsgarantie des Grundgesetzes, AÖR 1952/53, Bd. 78, S. 118.
Vgl. von Mangoldt/Klein, Kommentar zum Grundgesetz, 2. Aufl., Bd. I, S. 428; Scheuner in DÖV 1954, S. 589; ders., in Reinhardt/Scheuner, Verfassungsschutz des Eigentums, 1954, S. 112.
Vgl. JÖR 1951, Bd. 1, S. 146.
A. v. Brünneck, Die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes, 1984, S. 390 f.
R. Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, 1985, S. 306 ff.
R. v. Ihering, Der Zweck im Recht, 3. Aufl., 1983, S. 519.
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Kimminich, O. (1987). Das Eigentum in der Spannung zwischen Freiheit und Sozialbindung. In: Lampe, EJ. (eds) Persönlichkeit, Familie, Eigentum. Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie, vol 12. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83709-7_18
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