Zusammenfassung
Es gilt mittlerweile als hinreichend belegt, dass sich das Militär in Deutschland im Laufe des 19. Jahrhunderts nicht nur zu einer „Schule der Nation“, sondern auch zu einer „Schule der Männlichkeit“ (Frevert 1997b, S. 145) entwickelte. Mit der Einführung der Allgemeinen Wehrpflicht in Preußen im Jahr 1814 wurden die Staatsbürgerrechte allmählich an die Ableistung des Wehrdienstes gebunden. Dabei oblag die Verteidigungspflicht nur den Männern der Nation, da nur sie auf Grund ihrer vermeintlichen biologischen Konstitution als waffenfähig galten. Frauen hingegen wurden andere staatsbürgerliche Pflichten zugeschrieben, insbesondere die Sorge und Pflege der Familie, die als „Pflanzschule der Nation„1 galt. Die sich allmählich durchsetzende neue Geschlechterpolarisierung, welche den Männern Berufsarbeit sowie Politik und den Frauen Familien- und Erziehungsarbeit zuwies, wurde somit durch das Militär verstärkt. Zugleich legitimierte die Waffenfähigkeit der Männer den Ausschluss der Frauen aus staatsbürgerlichen Rechten.
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Scholz, S. (2005). Wehrdienst und die Konstruktion männlicher Identität. In: Ahrens, JR., Bender, C., Apelt, M. (eds) Frauen im Militär. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-81003-8_10
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