Zusammenfassung
„Weißt du, dass dein Opa dein Papa ist?“ — mit diesem Satz sorgte die österrei-chische Journalistin Nora Frey in einem Radiointerview 1995 für Aufregung. Gerichtet war die Frage an die Tochter und den Sohn einer jungen Burgenlän-derin, die jahrelang von ihrem Vater sexuell missbraucht worden und im Zuge der Misshandlungen schwanger geworden war. Das Interview löste heftige Reaktionen aus, die Vorgangsweise der Journalistin wurde von den Medien als wenig feinfühlig und sensationsgierig kritisiert. Für kurze Zeit wurde der mediale Umgang mit dem Thema sexueller Missbrauch selbst zum Medienthema.1 Der Vorf all machte deutlich, dass in der öffentlichen Auseinandersetzung mit sexueller Gewalt nicht nur Faktenwissen, sondern auch Sensibilität gefragt ist — denn die Grenzen zwischen notwendiger Aufklärung und medialer Ausbeutung der betroffenen Personen sind fließend. Zum einen werden durch die Berichterstattung zwar konkrete Vorfälle von Kindesmisshandlung an die Öffentlichkeit gebracht. Zum anderen scheint dabei aber weniger die Information als die Sensation im Vordergrund zu stehen — zum Beispiel dann, wenn mit Fotos der halb nackten Opfer die vermuteten voyeuristischen Bedürfnisse der Rezipientlnnen bedient werden. Auf der Strecke bleiben in solchen Fällen die Kinder, die auf diese Weise zum zweiten Mal zu Opfern werden.
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Funk, S. (2002). Ver-rückte Tatsachen. In: Dorer, J., Geiger, B. (eds) Feministische Kommunikations- und Medienwissenschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80404-4_7
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