Auszug
Der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union (EU) war — bekanntermaßen — auch für die Länder mit Kompetenzverlusten verbunden. Dies war auch mit ein Grund, weshalb das EU-Beitritts-BVG als Gesamtänderung der Bundesverfassung gemäß Art 44 Abs 3 B-VG qualifiziert worden war.1
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Siehe dazu etwa Öhlinger, EU-BeitrittsBVG, in Korinek/ Holoubek (Hrsg), Bundesverfassungsrecht, Kommentar (1999), Rz 2.
Die Politische Vereinbarung von Perchtoldsdorf vom 8. Oktober 1992 über die Neuordnung des Bundesstaates war vor dem Hintergrund abgeschlossen worden, dass auf Grund des angestrebten Beitritts Österreichs zur Europäischen Gemeinschaft weitere Kompetenzverluste der Länder zu erwarten waren, die eine generelle Neuordnung der Kompetenzen einforderten. Siehe dazu Bußjäger, Ist der Bundesstaat noch reformierbar?, JRP 1996, S 9 ff.
In der Rechtswissenschaft ist diese Modifikation der bundesstaatlichen Mitwirkung durch den EU-Beitritt noch wenig beachtet worden. Klecatsky/ Morscher, B-VG10 (2002), Anm 1 zu Art 2 B-VG, erwähnen die Mitwirkungsrechte der Länder an der Willensbildung im Rahmen der EU im Zusammenhang mit dembundesstaatlichen Prinzip.
Siehe zum dortigen Länderbeteiligungsverfahren und der Reformdiskussion Chardon, Die Mitwirkung der Länder in Europaangelegenheiten — Deutschland, in Bußjäger/ Hrbek (Hrsg), Projekte der Föderalismusreform — Österreich-Konvent und Föderalismuskommission im Vergleich (2005), S 101 ff.
BGBl 1992/276.
BGBl 1992/775.
Siehe die Fundstellen in den einzelnen Ländern bzw Landesgesetzblättern: Bgld LGBl 1993/39; Krnt LGBl 1992/131; NÖ LGBl 0810; OÖ LGBl 1993/22; Sbg LGBl 1993/51; Stmk LGBl 1993/35; Tir LGBl 1993/18; Vlbg LGBl 1993/16;W LGBl 1992/29.
Siehe dazu Pkt II.E. nachstehend auf S 63 ff; vgl auch Rosner, Drei Rechtsfragen der Mitwirkung der Länder in Angelegenheiten der europäischen Integration (noch unveröffentlichtes Manuskript), S 2. Dem Autor sei für die Erlaubnis gedankt, das Manuskript vor seiner Drucklegung zu verwenden.
BGBl 1994/1013.
Vgl dazu den Beitrag von Öhlinger vorstehend auf S 17 ff.
Vgl dazu den Beitrag von Bachmann vorstehend auf S 37 ff.
BGBl 1992/775.
Siehe dazu etwa Bußjäger/ Larch, Grundlagen und Entwicklungen der bundesstaatlichen Instrumente in Österreich (2005), S 33.
Siehe auch Rosner, Koordinationsinstrumente der österreichischen Länder (2000), S 68.
So die Nachweise bei Rosner (FN 8), S 9 ff. Zweifelnd etwa Öhlinger, Art 23d B-VG, in Korinek/Holoubek (Hrsg), Bundesverfassungsrecht, Kommentar (1999), Rz 15.
Dieser Eindruck des Verfassers wurde von Dr Rosner, Verbindungsstelle der Bundesländer, bestätigt.
Siehe dazu näher Unterlechner, Die Mitwirkung der Länder am EU-Willensbildungs-Prozess (1997), S 107 ff (195 ff).
Mit Ausnahme der Länder Kärnten, Niederösterreich und Wien existieren landesverfassungsrechtliche Regelungen über die Mitwirkung der Landtage in EU-Angelegenheiten. Siehe dazu auch Edtstadler, Die Mitwirkung der Länder in Europaangelegenheiten — Österreich, in Bußjäger/ Hrbek (Hrsg), Projekte der Föderalismusreform — Österreich-Konvent und Föderalismuskommission im Vergleich (2005), S 88 ff.
Siehe dazu Institut für Föderalismus (Hrsg), 28. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2003) (2004), S 136 ff; vgl auch den 27. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2002) (2003), S 89 f.
Siehe dazu etwa Grabenwarter, Nationalrat und Beitrittsverhandlungen EU — Türkei, JRP 2005, S 6 ff.
In diesem Sinne auch Grabenwarter Nationalrat und Beitrittsverhandlungen EU — Türkei, JRP 2005 (FN 25), S 7. Siehe auch Verschraegen, Nationalrat und Beitrittsverhandlungen EU — Türkei, JRP 2005, S 23 ff. Vgl dazu den Beitrag von Bachmann vorstehend auf S 37 ff.
Nur am Rande sei bemerkt: Die umstrittene Frage, ob denn der Nationalrat hinsichtlich der Aufnahme von Verhandlungen mit der Türkei über einen EU-Beitritt gegenüber der Bundesregierung eine bindende Stellungnahme hätte formulieren können, stellt sich für das Verfahren der Ländermitwirkung gar nicht: Zweifellos handelt es sich bei Beitrittsverhandlungen um ein „Vorhaben“ im Rahmen der EU. Dieses Vorhaben ist im Falle seiner Realisierung, also dann, wenn ein Beitrittsvertrag abgeschlossen wird, durch Gesetze auch im Bereich der Länder (Gleichstellung türkischer Staatsangehöriger mit anderen EU-Bürgern) umzusetzen. In diesem Sinne haben die Länder auch zum vergangenen „Vorhaben“ EU-Erweiterung eine einheitliche Länderstellungnahme abgegeben (siehe dazu Pkt II.E.1.). Ginge man jedoch mit Grabenwarter Nationalrat und Beitrittsverhandlungen EU — Türkei, JRP 2005 (FN 25), S 8 f, davon aus, dass Änderungen des Primärrechtes der EU vom Stellungnahmerecht des Nationalrates gemäß Art 23e Abs 2 B-VG nicht umfasst sind, müsste dies auch für einheitliche Länderstellungnahmen gelten. Der Meinung Grabenwarters ist jedoch entgegen zu halten, dass das „Vorhaben“, Beitrittsverhandlungen aufzunehmen, in einer Einheit mit dem schließli chen (möglichen) Beitritt und dem damit zwingend verbundenen Anpassungserfordernis der österreichischen Rechtsordnung zu sehen ist.
Siehe dazu Öhlinger Art 23d B-VG, in Korinek/ Holoubek (Hrsg), Bundesverfassungsrecht, Kommentar (1999) (FN 16), Rz 18.
Zu beachten ist, dass das Länderbeteiligungsverfahren bereits 1992 eingerichtet wurde und den Ländern eine Einflussnahme auf die Beitrittsverhandlungen erlaubte. Siehe dazu Pkt I.B. vorstehend auf S 56 f.
Vor dem Inkrafttreten des EU-Begleit-BVG, BGBl 1994/1013, Art 10 Abs 5 B-VG.
Siehe auch Bußjäger/ Larch (FN 14), S 34 f.
Richtlinie 1999/22/EG des Rates vom 29. März 1999 über die Haltung von Wildtieren in Zoos, ABl 1999 L 94, S 24 ff.
VST-2892/92 vom 22. April 1998.
Richtlinie 2000/76/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Dezember 2000 über die Verbrennung von Abfällen, ABl 2000 L 332, S 91 ff.
KOM(1998) 558 endg; ABl 1998 C 372, S 11 ff.
Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Jänner 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG, ABl 2003 L 41, S 26 ff.
KOM(2000) 402 endg; ABl 2000 C 337 E, S 156 ff.
In einer parlamentarischen Anfragebeantwortung (1738/AB-BR 2002) der Bundesräte Weiss, Hagen und Giesinger betreffend Mitwirkung von Ländervertretern im Rat nach Art 23d Abs 3 B-VG (1885/J-BR 2001) erwiderte der Bundeskanzler mit Schreiben vom 4. Februar 2002, GZ 353.410/003-IV/8/2002, dass eine Übertragung der Mitwirkung im Rat an einen Ländervertreter sich bislang als nicht notwendig erwiesen habe, da auftredie Mitwirkung der Länder im Rahmen der EU-Rechtsetzung du rch verschiedene andere Mechanismen und Instrumente gewährleistet sei.
Siehe dazu auch Rosner (FN 15), S 141. Zum Stand 1. März 2005 waren in EU-Angelegenheiten 134 gemeinsame Ländervertreter bestellt worden. Eine bemerkenswert hohe Zahl, die die Europäisierung auch schon der regionalen Verwaltungen verdeutlicht. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass die Beanspruchung der einzelnen Ländervertreter durch die jeweiligen Angelegenheiten höchst unterschiedlich ist.
Diese Schwierigkeiten sind häufig in der kurzfristigen Terminsetzung begründet. Zur Zusammenarbeit mit Bundesorganen in EU-Angelegenheiten siehe Institut für Föderalismus (Hrsg), 28. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2003) (2004), S 117 ff; 27. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2002) (2003), S 78 ff; 26. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2001) (2002), S 2 ff.
Siehe dazu auch Rosner (FN 15), S 188 ff.
Als Beispiel kann etwa die Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (SUP-Richtlinie) genannt werden. Im Verlauf der Verhandlungen in den Ratsarbeitsgruppen gelang es aus Sicht der österreichischen Länder, eine „verträgliche“ Fassung der mit massiven Auswirkungen auf die Raumordnungskompetenzen der Länder verbundenen Richtlinie durchzusetzen.
Grundsätzlich zum Problem der Fachbruderschaften Bußjäger, Vertikale und horizontale Fachbruderschaften als Problem der Verwaltungsmodernisierung in Österreich, ZfV 2003, S 288 ff.
Siehe dazu auch Maurer/ Kietz, Die nationalen Parlamente im Rahmen des EU-Verfassungsvertrages — Möglichkeiten und Grenzen im neuen Europa, Forum Parlament 2005/1, S 19 ff.
14. Februar 2005, VST-5028/3.
Author information
Authors and Affiliations
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2006 Springer-Verlag/Wien
About this chapter
Cite this chapter
Bußjäger, P. (2006). Die Mitwirkung der österreichischen Länder an Vorhaben im Rahmen der EU. In: Hummer, W., Obwexer, W. (eds) 10 Jahre EU-Mitgliedschaft Österreichs. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-211-69463-3_4
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-211-69463-3_4
Publisher Name: Springer, Vienna
Print ISBN: 978-3-211-29137-5
Online ISBN: 978-3-211-69463-3
eBook Packages: Humanities, Social Science (German Language)