1 Medienberichterstattung als Beitrag zur sozialen Konstruktion des Klimawandels

Die Menschen konstruieren den gegenwärtigen Klimawandel in zweierlei Hinsicht: Der anthropogene Klimawandel ist Nebenfolge der Entwicklung von Gesellschaft und Technik. Und: Der Klimawandel als ein Phänomen, das öffentliche Debatten, Politik, Wissenschaft und Kultur beschäftigt, unterliegt der gesellschaftlichen Deutung und ist insoweit ein gesellschaftlich konstruiertes Phänomen (Beck 1996, S. 128). Menschen verständigen sich darüber, was sie unter Klimawandel verstehen, ob sie ihn als Problem ansehen und was dagegen zu tun ist. Gegenstand einer kommunikationswissenschaftlichen Analyse des Klimawandels sind genau diese Prozesse sozialer Deutungsproduktion und ihre Folgen für die Gesellschaft: „Rather than starting with (scientific) ignorance and ending with (scientific) certainty, telling the story of climate change is in fact much more interesting. It is the unfolding story of an idea and how this idea is changing the way that we think, feel and act“ (Hulme 2009, S. 42).

Die klassischen Massenmedien stehen dabei als zentrale Foren öffentlicher Kommunikation im Fokus, da sie verschiedene gesellschaftliche Kommunikationsprozesse zusammenführen und einem breiten Publikum eine zumindest passive Teilnahme ermöglichen (Neidhardt 1994; Ferree et al. 2002). Der (Klima‑)Journalismus bringt dabei sein ganzes Repertoire an Themenselektion, Informationssuche und Darstellungsformen zum Einsatz (Neverla und Trümper 2012), auch mit visuellen Mitteln wie der Pressefotografie (Grittmann 2012). Daneben erlauben heute Kommentarfunktionen, soziale Medien sowie vielfältige Spezialforen und Blogs im Web die aktive Teilnahme aller Interessierten an öffentlicher Kommunikation. Beides, neue digitale Medien und klassische Medien, sind darum wichtige Orte, um zu erforschen, wie der Klimawandel als soziales Problem konstruiert wird. Die mediale Debatte bietet sowohl den Bürgerinnen und Bürgern (Brulle et al. 2012) als auch politischen Eliten Orientierung bei der Meinungsbildung. Vor diesem Hintergrund ist im Hamburger Klimabericht der Wahrnehmung des Klimawandels in der Bevölkerung ein eigenes Kapitel gewidmet (Kap. 13).

Indem die verschiedensten Akteure und ihre medial vermittelten Debatten über den Klimawandel auch Handlungsoptionen mit definieren, beeinflussen sie, wie Menschen als Konsumenten, politische oder ökonomische Entscheidungsträger auf den Klimawandel reagieren, individuell und in Form von Klimapolitik. Die Folgen von (unterlassenen) Anpassungs- und Mitigationsmaßnahmen beeinflussen letztlich auch wieder das Klimasystem. Weil das Klimasystem im Anthropozän (Crutzen 2002) ohne die Analyse sozialer Prozesse nicht zu verstehen ist, umfasst der Hamburger Klimabericht – im Gegensatz zu den Berichten des Weltklimarates (IPCC), in denen das Thema nach wie vor fehlt – in dieser zweiten Auflage auch ein Kapitel über die Rolle der Medienkommunikation. Es unternimmt den Versuch, wichtige Studien und Befunde aus diesem Bereich zusammenzufassen. Dennoch kann ein Buchkapitel der Vielzahl an Studien aus verschiedensten Perspektiven, die in mehr als zwei Jahrzehnten Forschung zum Thema entstanden sind, nicht gerecht werden: Moser (2016) verzeichnet allein im Jahr 2014 über 250 Artikel zum Thema Klimakommunikation in wissenschaftlichen Fachzeitschriften. Daher verweisen wir schon hier auf Syntheseartikel, die diesen Überblick gut ergänzen und vertiefen (Moser 2016; Schäfer 2015, 2012; Neverla und Schäfer 2012a; Boykoff und Smith 2010; Carvalho 2010; Anderson 2009; Neverla et al. 2017).

Im Folgenden stellen wir im ersten Schritt wichtige allgemeine Muster der Medienberichterstattung zum Klimawandel vor, während wir Unterschiede von Klimadebatten in unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten im zweiten Schritt in den Blick nehmen. Im dritten Schritt wenden wir uns der Mediennutzung und den Wirkungen von Medienberichterstattung zu, bevor wir im vierten Schritt den noch sehr dünnen Wissensstand über die regionale Klimadebatte im Raum Hamburg explorieren. Das nur begrenzte Wissen über die regionalen Debatten lässt sich einerseits daraus erklären, dass es sich beim Klimawandel um ein globales Problem handelt, bei dem sich transnationale Gemeinsamkeiten, nationale und regionale Debatten überlappen. Anderseits liegt eindeutig eine Forschungslücke zur lokalen bzw. regionalen Klimakommunikation vor, sodass es bisher auch keine lokal vergleichende Forschung gibt.

2 Allgemeine Muster der Klimadebatte

Seit knapp drei Jahrzehnten ist das Thema Klimawandel in Mediendebatten deutlich sichtbar. Der Startpunkt einer intensivierten Debatte in westlichen Medien wird häufig ins Jahr 1988 gelegt, in dem nicht nur der Weltklimarat (IPCC) gegründet wurde, sondern auch Margret Thatcher eine vielzitierte Rede vor der Royal Society hielt, in der sie vor einem „Experiment mit unserem Planeten“ warnte, während der Klimawissenschaftler James Hansen vor dem US-Kongress ebenfalls auf ernste Folgen des „Treibhauseffekts“ hinwies (Hulme 2013, S. 1–11; Ungar 2014; Carvalho und Burgess 2005). In Deutschland kam es ab 1986 zu einer intensivierten Debatte, als eine Presseerklärung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft den Begriff „Klimakatastrophe“ prägte, den der Spiegel mit seiner Titelseite des im Meer versinkenden Kölner Doms ikonenhaft illustrierte (Grittmann 2012; Weingart et al. 2000). Im Folgenden beschreiben wir drei Muster, welche die grenzüberschreitende Klimadebatte prägen, und erklären jeweils die wichtigsten Triebkräfte dahinter.

2.1 Masterframe: anthropogener Klimawandel

Das verschiedene Debatten integrierende und dominante Interpretationsmuster, das man auch als Masterframe bezeichnen kann (Benford und Snow 1992), enthält die vom Weltklimarat vielfach betonten Grundannahmen des anthropogenen Klimawandels: dass es eine außergewöhnliche globale Erwärmung gibt, die menschlich durch Emission von Treibhausgasen verursacht und mit gravierenden Problemen und Risiken verbunden ist. Dieser „climate change frame“ (Shehata und Hopmann 2012; Grundmann und Krishnamurthy 2010; McCright und Dunlap 2000; Brüggemann und Engesser 2014, 2017) dominiert die Debatte in verschiedenen Ländern (für Deutschland: Weingart et al. 2000; für Schweden: Olausson 2009; für die Debatte in den USA der 1980er- und 1990er-Jahre: Trumbo 1996; ländervergleichend: Grundmann und Scott 2014; Painter und Ashe 2012).

Die Entstehung eines grenzüberschreitenden Masterframes hat mindestens vier Gründe: Erstens kann sie mit der langjährigen Tätigkeit des Weltklimarats (IPCC) in Verbindung gebracht werden, dessen regelmäßige Klimaberichte zur Konsensbildung in diesen zentralen Punkten beigetragen haben. Zweitens spielen die UN-Konferenzen zur Bekämpfung des Klimawandels eine wichtige Rolle, die in der Folge des ersten großen Umweltgipfels in Rio 1992 fast jährlich stattfanden und klar von der Annahme ausgehen, dass es einen problematischen anthropogenen Klimawandel gibt. Drittens haben die Kommunikationsaktivitäten medienaffiner Wissenschaftler und professionelle Umweltschutz- und Wissenschafts-PR, dazu beigetragen, dass sich mittlerweile auch unter Klimajournalisten eine „interpretive community“ rund um die Kernannahmen der IPCC-Reports gebildet hat (Brüggemann und Engesser 2014). Viertens lässt sich innerhalb der großen Gruppe der Journalisten, die hin und wieder über den Klimawandel berichten, ein harter Kern von „prolific writers“ identifizieren – Experten-Journalisten, die sich intensiv mit Klimawandel und Klimapolitik beschäftigen und zwei Drittel der Berichterstattung der untersuchten Medien hervorbrachten (Brüggemann und Engesser 2014). Es ist wahrscheinlich, dass diese Vielschreiber relativ gute Kenner der Klimaforschung sind und selbst wiederum als Meinungsführer im stark von Kollegenorientierung geprägten Journalismus fungieren und so zur Ausbildung eines breiten Konsenses rund um die Grundidee des anthropogenen Klimawandels beigetragen haben.

2.2 Die Prominenz der „Klimaskeptiker“

Neben diesem dominanten Diskurs, der sich zumindest grob an den Annahmen der Klimawissenschaft orientiert, gibt es in einigen Ländern und Medien ein vom Stand der wissenschaftlichen Diskussion deutlich abweichendes Berichterstattungsmuster, das die Existenz des anthropogenen Klimawandels als Gegenstand einer offenen Debatte zwischen sog. Skeptikern und Warnern darstellt (zur Problematik der Benennung dieser Gruppe als Skeptiker, Leugner, Zweifler, Gegner usw. s. O’Neill und Boykoff 2010). In führenden US-Zeitungen kamen die Fundamentalkritiker in den 1990er-Jahren fast in jedem zweiten Artikel zu Wort (Boykoff und Boykoff 2004). Angesichts des sehr breiten Konsenses der Wissenschaft über die Grundannahmen des Klimawandels (Oreskes 2004; Anderegg et al. 2010) erweckten die Medien somit den falschen Eindruck einer offenen Debatte und einer großen Unsicherheit („uncertainty frame“) über die grundlegenden Annahmen der Klimawissenschaft (Antilla 2005; Painter 2013; Schlichting 2013; Shehata und Hopmann 2012; Zehr 2000). Eine weitere Spielart, die Notwendigkeit politischen Handelns abzustreiten, besteht in der Betonung negativer wirtschaftlicher Konsequenzen bei Einschränkung von Emissionen („economic-consequences frame“) (Schlichting 2013; Shehata und Hopmann 2012; Grundmann 2007).

Die Prominenz skeptischer Stimmen in der Klimaberichterstattung lässt sich, wie oben ausgeführt, nicht dadurch erklären, dass die Journalisten selbst zu einem substanziellen Teil Klimaskeptiker wären (Brüggemann und Engesser 2014), sondern dass sie beruflichen Routinen folgen und das Meinungsspektrum politischer Eliten widerspiegeln. Zu diesen Routinen gehört die Norm der „ausgewogenen“ Berichterstattung, die nahelegt, in Konflikten beide Seiten neutral gegenüberzustellen, was – in diesem Fall – zu einer falschen Ausgewogenheit, zu „balance as bias“ führt (Boykoff und Boykoff 2004). Die US-amerikanischen Journalisten scheinen außerdem zumindest am Ende des 20. Jahrhunderts tatsächlich noch nicht gewusst zu haben, dass sich die Wissenschaft über die Existenz eines anthropogenen Klimawandels weitgehend einig ist (Wilson 2000). Das Wissen über den Stand der Klimaforschung hat sich seitdem offenbar erhöht, wie neue Journalistenbefragungen zeigen (Brüggemann und Engesser 2014; Sundblad et al. 2009). Eine aktuelle Studie zeigt zudem, dass die Zitierung von Klimaskeptikern in führenden Medien in den Jahren nach 2010, besonders in den angelsächsischen Ländern, immer noch prominent ist, dass der Journalismus die Skeptiker aber klar kontextualisiert, indem er z. B. auf ihre fehlende wissenschaftliche Expertise verweist: Es kommt zu „dismissive quotations“ (Brüggemann und Engesser 2017) – eine Praxis, die eher auf interpretativen Journalismus als auf Berichterstattung nach dem alten Muster der Ausgewogenheit verweist.

Auch heute bietet die Thematisierung von Klimawandel als Streit zwischen „Warnern“ und „Skeptikern“ den Journalisten aber die Chance, wichtige Nachrichtenfaktoren zu betonen, wie Konflikt, Drama und Personalisierung (Boykoff und Boykoff 2007). Schließlich ist als medienexterner Einflussfaktor zumindest in den angelsächsischen Ländern die „denial machine“ zu nennen (Dunlap und MacCright 2010): PR-Strategien einer von der Ölindustrie und privaten Großinvestoren finanzierten Armada von Think Tanks, NGOs und mit ihnen vernetzten privaten Blogs, die gegen eine wirksame Klimapolitik zu Felde ziehen und zumindest in den USA einen Teil der Führung der republikanischen Partei hinter sich haben.

2.3 Fehlende Kontextualisierung und Vereinfachung wissenschaftlicher Erkenntnisse

Es zeichnet sich insgesamt jedoch auch eine gegensätzliche Tendenz der Berichterstattung ab, auf Kontextualisierungen zu verzichten. So werden Unsicherheiten von Forschungsergebnissen weggelassen und Szenarien über die Entwicklung des Klimas als Gewissheiten dargestellt (Maurer 2011). Dies führt z. B. dazu, dass Befunde über mögliche Auswirkungen des Klimawandels dramatisiert werden (Ladle et al. 2005). Ein typisches Beispiel ist die Berichterstattung vom Typ „Klimakatastrophe“, wie sie im schon erwähnten Titelblatt vom versinkenden Kölner Dom zum Ausdruck kommt (Weingart et al. 2008), oder auch die Titelseitenaufmacher der Bild-Zeitung „Unser Planet stirbt!“ (03.02.2007) und „Wir haben nur noch 13 Jahre Zeit“ (23.02.2007).

Grund hierfür ist, dass Wissenschaft, Politik und Journalismus nach unterschiedlichen Handlungslogiken funktionieren: Während Wissenschaftler dazu neigen, auf Unsicherheiten bei der Interpretation ihrer Ergebnisse hinzuweisen, sind Journalisten und politische Akteure eher an klaren und eindeutigen Aussagen interessiert (Boykoff und Timmons Roberts 2007; Weingart et al. 2000). So werden Szenarien zu Vorhersagen und Wahrscheinlichkeiten zu Gewissheiten. Auch führen Journalisten „Extremereignisse wie Stürme, Hitzewellen, Überschwemmungen, Flutkatastrophen o. Ä. nicht selten auf den Klimawandel zurück, obwohl aus wissenschaftlicher Sicht lediglich eine Zunahme derartiger Ereignisse insgesamt, nicht jedoch ein konkretes Ereignis, auf den Klimawandel zurückzuführen ist“ (Neverla und Schäfer 2012b, S. 18). Die unzulässigen Vereinfachungen und die fehlende Kontextualisierung (Boykoff 2011) führen dann auch zu „unexplained flip-flops“ (Stocking 1999), bei denen Einzelergebnisse von Studien verabsolutiert werden und sich Artikel aneinanderreihen, die sich zu widersprechen scheinen: Erst schmelzen die Gletscher, Eisschilde usw. schneller als gedacht, dann weniger schnell. Diese Art der Berichterstattung kommt wiederum Klimaskeptikern zugute, da sie den Eindruck vermittelt, dass der Klimawandel als solcher ein höchst umstrittenes Thema ist (Brüggemann und Engesser 2015).

3 Dynamiken und Unterschiede der Klimadebatten in unterschiedlichen Kontexten

Bisher haben wir Tendenzen und Muster der Klimadebatte aufgezeigt, wie sie insgesamt die Klimadebatte prägen. Trotz dieser allgemeinen Muster variiert die Klimaberichterstattung aber stark 1. im Zeitverlauf, 2. in verschiedenen Ländern und 3. in verschiedenen Medientypen. Komparative Studien und Langzeituntersuchungen zeigen auf, wie verschiedene historische, kulturelle und mediale Kontexte auch unterschiedliche Debatten hervorbringen.

3.1 Dynamiken

Zwar findet das Thema Klimawandel weltweit Aufmerksamkeit in den Medien, aber die Intensität der Klimaberichterstattung variiert stark je nach historischem Kontext. Erste mediale Berichterstattung über anthropogene Klimaveränderungen fand bereits in den 1950er-Jahren statt; eine intensivere Debatte zeichnete sich aber erst seit Ende der 1980er-Jahre ab, wobei Mitte der 2000er-Jahre noch mal ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen war (Holt und Barkemeyer 2012; Schäfer 2015). Wichtige Ereignisse in diesem Zeitraum waren der Film „An Inconvenient Truth“, der 2006 vom ehemaligen US-Vizepräsidenten Al Gore lanciert wurde, der 4. IPCC-Bericht von 2007 und die Verleihung des Friedensnobelpreises an den IPCC und Al Gore im selben Jahr. Eine Studie von Schmidt et al. (2013), welche die Medienberichterstattung über den Klimawandel in 27 Ländern im Zeitraum von 1996 bis 2009 analysiert, bestätigt in allen Ländern einen Zunahme in der Berichterstattung, wenn auch unterschiedlich stark. Grundsätzlich lässt sich ein Trend steigender Aufmerksamkeit nur über Jahrzehnte hinweg und nur in ausgewählten Ländern bestätigen. Bezeichnender ist jedoch, dass die Medienberichterstattung über den Klimawandel im Zeitverlauf variiert und im Kontext von bestimmten Ereignissen besonders stark ansteigt. Solche Ereignisse umfassen internationale Klimakonferenzen, neu veröffentlichte Berichte des Weltklimarates und extreme Wetterereignisse. Wetter und Klima sind dabei weniger entscheidend für intensive Klimadebatten als politische Ereignisse wie die UN Klimakonferenzen (Schäfer et al. 2013). Höhepunkte der globalen Intensität der Klimaberichterstattung waren der UN-Klimagipfel von Kopenhagen 2009 und der fast zeitgleiche vermeintliche Skandal um den E-Mail-Verkehr einiger führender Klimawissenschaftler („Climategate“): Der Klimagipfel wurde zum fast globalen Medienereignis, aber auch der von Klimaskeptikern inszenierte PseudoSkandal schaffte es, die Aufmerksamkeit der Medien in verschiedenen Ländern auf sich zu ziehen. Nach dem Scheitern der Klimaschutzkonferenz von Kopenhagen verfielen viele Medien in eine Jahre andauernde „climate fatigue“ (Kerr 2009, S. 927), die erst zum UN-Gipfel in Paris wieder nachgelassen hat, wie die Analyse der Berichterstattungshäufigkeiten zeigt (Boykoff et al. 2016).

Auch die dominanten Frames in der Klimadebatte haben sich im Laufe der Zeit gewandelt. So trat der Masterframe „anthropogenic climate change as a global problem“ zuerst in den 1990er-Jahren auf und bildet, wie beschrieben, mittlerweile eine Konstante der Berichterstattung in vielen Medien (Schäfer 2015). Der Frame „scientific uncertainty“ entwickelte sich Mitte der 1990er-Jahre als Ergebnis der systematischen Lobbyarbeit von Klimaregulierungsgegnern. Der Frame „economic consequences“ erkennt die Existenz eines anthropogenen Klimawandels wiederum an, betont aber, dass Maßnahmen gegen den Klimawandel schädlich für die wirtschaftliche Entwicklung sind. Dieser Frame war z. B. zwischen den Verhandlungen zum Kyoto-Protokoll 1997 bis in die frühen 2000er-Jahre in den Medien stark vertreten (Shehata und Hopmann 2012). Ein breiterer Frame-Begriff würde einen „Economic-Consequences“-Frame diagnostizieren, immer wenn es um wirtschaftliche Aspekte geht: Einmal ist der Klimaschutz teuer und damit wirtschaftlich schädlich, ein andermal eine Chance für die Wirtschaft (Nisbet 2010). In beiden Fällen wird durch die ökonomische Brille auf das Thema Klimawandel geschaut.

Nachdem aktuelle Analysen zeigen, dass die Leugnung des Klimawandels in vielen Ländern zur Randerscheinung wird (Painter und Ashe 2012), bleibt interessant, welche neuen Frames den alten Unsicherheitsframe beerben werden: In den PR-Strategien von Unternehmen zeigt sich das Motiv der Selbstverpflichtung einer ökologisch engagierten Industrie (Schlichting 2013). Frames zukünftiger Berichterstattungen zeigen sich möglicherweise auch in kognitiven Frames, also den Vorstellungen von Journalisten, die in einer aktuellen Befragung exploriert wurden (Engesser und Brüggemann 2015): Technikoptimismus erweist sich als ein bisher in Inhaltsanalysen vernachlässigter Frame, der auf alte und neue Technologien (Atomkraft, „carbon capture“ und „carbon storage“ u. a.) setzt, um das Klimaproblem zu lösen. Auf der anderen Seite des ideologischen Spektrums findet sich ein kapitalismuskritischer Nachhaltigkeitsframe, der eine grundlegende Reform unserer Konsumkultur fordert (Engesser und Brüggemann 2015). Neuere Studien wie z. B. von O’Neill et al. (2015), zeigen auch, dass neben dem Unsicherheitsframe durchaus ein „Settled-Science“-Frame existiert, der den Expertenkonsens und politischen Handlungsbedarf betont. Der „Politicised-Conflict“-Frame stellt die Debatte mit den Klimaskeptikern als politischen Kampf zweier Lager dar und nicht als wissenschaftliche Kontroverse wie noch im Unsicherheitsframe (weitere Frames, vgl. auch: Nisbet 2009).

3.2 Länderunterschiede

Die Entwicklung der Debatte verlief in verschiedenen Ländern unterschiedlich. Dies betrifft sowohl die Intensität der Klimadebatte als auch ein mehr oder weniger starkes Framing als Streit zwischen „Skeptikern“ und „Warnern“. Beides hat miteinander zu tun: So wird in den Ländern besonders viel über den Klimawandel debattiert, wo sich polarisierte Fronten gebildet haben. In Australien wird besonders intensiv über den Klimawandel berichtet, in vielen europäischen Ländern fällt die Aufmerksamkeit dagegen eher gering aus (Holt und Barkemeyer 2012; Schmidt et al. 2013). Andere plausible Triebkräfte wie die Betroffenheit vom Klimawandel oder extreme Wetterphänomene haben nur eingeschränkte Erklärungskraft: So zeigen Schäfer et al. (2013) für die Klimaberichterstattung in führenden Zeitungen in Australien, Deutschland und Indien, dass für die australische und indische Berichterstattung allgemeine Temperaturentwicklungen keine Rolle spielen, während in deutschen Medien nach Perioden mit höheren Temperaturen mehr Artikel über den Klimawandel erscheinen. Schmidt et al. (2013) untersuchen, ob das Ausmaß an Betroffenheit durch den Klimawandel Unterschiede in der Intensität der Berichterstattung erklären kann, finden aber für diese Annahme keine Belege. Eine mögliche Erklärung ist, dass es sich bei den am stärksten betroffenen Ländern um Entwicklungsländer handelt, denen es an journalistischen Ressourcen für intensive Berichterstattung zu dem Thema mangelt (Schäfer et al. 2013, S. 1243).

Die unterschiedlichen Muster der Berichterstattung erklären sich hauptsächlich durch den Mechanismus der nationalen „Domestizierung“ des Klimawandels (Neverla und Trümper 2012; Olausson 2014) und des „Indexing“ (Bennett 1990): Medien passen ihre Berichterstattung lokalen Lebenswelten an und spiegeln die Meinungen politischer Eliten wider. In den USA bestreiten auch führende Parlamentarier den Klimawandel (Schreurs 2004) ebenso wie gut organisierte Lobbygruppen (McCright und Dunlap 2000). In Europa kommt beides fast nicht vor. Die mediale Berichterstattung reflektiert diese Unterschiede.

3.3 Medientypen und Redaktionskulturen

Grundsätzlich unterscheidet sich die Klimaberichterstattung auch nach Art der Medienorganisation und -plattform. Gemeinsam hat die Onlinekommunikation mit den klassischen Medien, dass es eine Zunahme an Aufmerksamkeit im Zeitverlauf gab (Carvalho 2010). Kirilenko und Stepchenkova (2014) analysieren Debatten zum Klimawandel auf Twitter und finden, dass es auch online wenige Elitenakteure aus der alten Offlinewelt sind, die die Debatte dominieren, mit stärkster Beteiligung durch Teilnehmer aus den USA und Großbritannien. Außerdem fluktuiert die Intensität der Onlinedebatte stark, wie auch die traditionelle Medienberichterstattung. Und auch in der Onlinesphäre spielen traditionelle Medien eine wichtige Rolle, so ist der Guardian auch auf Twitter eine der wichtigsten Informationsquellen zum Klimawandel. Ergebnisse verschiedener Studien weisen jedoch auch darauf hin, dass in der Onlinekommunikation im Vergleich zur traditionellen Medienberichterstattung Haltungen größere Aufmerksamkeit zukommt, die den Klimawandel abstreiten, sodass das Bild des Klimawandels online von der klimawissenschaftlichen Sichtweise abweicht (Schäfer 2012). Dabei ist es nicht so, dass sich die Webseiten klassischer Medienhäuser von ihren gedruckten Produkten unterscheiden. Auch online sind es nicht die Leitmedien mit einem großen Publikum, sondern private Blogs sowie die Seiten von konservativen Think-Tanks und anderen Lobbyorganisationen, auf denen der Klimawandel offensiv infrage gestellt wird. Untersuchungen zur Onlinekommunikation auf einschlägigen Plattformen – von klassischen Onlinemedien über Expertenblogs bis hin zu offenen Onlinediskussionsforen – zeigen eine gewisse Funktionsteilung im öffentlichen Diskurs: Während journalistische Angebote die Themen setzen, Wissen vermitteln und politische Implikationen in den Vordergrund stellen, widmen sich die User sowohl in Expertenblogs als auch in Laiendiskussionsforen bevorzugt den wissenschaftlichen Detailfragen (Lörcher und Neverla 2015).

Das Internet bietet Bürgern zudem die Möglichkeit, sich leichter an öffentlichen Diskursen zu beteiligen und ihre Meinungen zu Gehör zu bringen, z. B: durch Nutzerkommentare in Onlinezeitungen. In diesem Bereich gibt es im Hinblick auf den Klimawandel bisher erst relativ wenig Forschung (Koteyko et al. 2013). Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass die Kommentare eine wichtige Rolle für die Äußerung von klimaskeptischen Positionen spielen. Dabei sind die Meinungen, die in den Nutzerkommentaren vertreten werden, nicht nur eine Reproduktion der in den Medieninhalten vertretenen Meinungen. Vielmehr spielen Antworten auf die Kommentare anderer Nutzer eine wichtige Rolle (Koteyko et al. 2013). Auch in den Boulevardmedien weicht das Bild des Klimawandels von der klimawissenschaftlichen Sichtweise ab (Boykoff und Mansfield 2008; Boykoff 2008).

Aber auch innerhalb eines Medientypus (z. B. dem der Qualitätszeitungen eines Landes) gibt es erhebliche Abweichungen je nach „Redaktionskultur“ (Brüggemann 2011), also der herrschenden Deutung und Umsetzung eines Themas in der einzelnen Redaktion. So weisen Analysen deutliche Unterschiede in der britischen Qualitätspresse nach: Es war vor allem die konservative Presse, welche die Existenz des Klimawandels infrage gestellt hat (Carvalho 2007). Studien aus den USA weisen auf ähnliche Unterschiede hin. So zweifelt der TV-Sender Fox News den Klimawandel häufiger an und gibt Klimaskeptikern mehr Platz in der Berichterstattung als andere Sender (Feldman et al. 2011). Auch in führenden amerikanischen Zeitungen zeigen sich deutliche Unterschiede in der Klimaberichterstattung. Feldman et al. (2015) belegen, dass das Wall Street Journal im Vergleich zu anderen amerikanischen Zeitungen die Folgen des Klimawandels weniger oft diskutiert, gleichzeitig aber öfter Konflikte sowie negative wirtschaftliche Konsequenzen in der Klimaberichterstattung betont.

4 Rezeption und Wirkung des Klimawandels in den Medien

Bilder von donnernden Stürmen, schmelzenden Gletschern und sterbenden Arten – begleitet durch präzise Prognosen von Wissenschaftlern, ernsten Mahnungen von Aktivisten und wortstarken Absichtserklärungen von Politikern: Der Klimawandel in den Medien wartet mit einer breiten Klaviatur an Kommunikatoren, Botschaften und Darstellungsformen auf. Was bewirkt diese umfassende, in Schüben wiederkehrende Präsenz des Themas in den Köpfen der Menschen? Mit diesem Themenkomplex befasst sich die Rezeptions- sowie die Medienwirkungsforschung. Die Rezeptionsforschung untersucht, wie die Darstellung des Klimawandels erlebt wird (z. B. als erschreckend oder bedrohlich). Die Medienwirkungsforschung interessiert sich in Bezug auf die Klimakommunikation insbesondere für drei Effekte. Erstens fragt sie, ob Menschen aufgrund ihrer Medienerfahrung und ihres Medienerlebens bestimmte Einstellungen und damit ein bestimmtes Klimabewusstsein ausbilden, ob sie zweitens durch die öffentliche Kommunikation mehr über den Klimawandel wissen und drittens darüber hinaus angeregt werden, selbst mehr zum Klimaschutz beizutragen. Diese drei Dimensionen – Einstellungen, Wissen und Handlungsintentionen – sind die zentralen Medienwirkungen, die im Zentrum des Forschungsinteresses stehen. Sie sind eng miteinander verwoben und werden deshalb häufig auch gemeinsam untersucht. Als Erklärung für diese Medienwirkungen werden im bisherigen Forschungsstand folgende Faktoren untersucht: die individuellen Eigenschaften der Rezipierenden (z. B. ihr Umweltbewusstsein, ihre politischen Einstellungen, Bildung, Alter, Geschlecht), ihre Mediennutzung (z. B. Präferenz für öffentlich-rechtlichen Rundfunk) sowie teilweise auch ihr Rezeptionserleben (z. B. ob Katastrophenszenarien als erschreckend erlebt werden).

Ein Kernbefund dieses Forschungsfeldes zeigt sich in der für Deutschland repräsentativen Onlinebefragung von Taddicken und Neverla (2011): Die Nutzung klassischer Medien korreliert am ehesten mit höherem klimabezogenem Wissen, weniger jedoch mit Klimabewusstsein und am wenigsten mit klimabezogenen Handlungsintentionen. Zudem sind diese Zusammenhänge abhängig von der Bildung der Rezipienten sowie ihrem Interesse am Thema, aber auch vom Informationsfokus des Mediums. Die Befunde verweisen zugleich auf einen engen Zusammenhang von klimabezogenem Wissen, Einstellungen und Handlungsoptionen mit dem allgemeinen Umweltbewusstsein von Menschen, das seinerseits aus vielfältigen und interaktiv zusammenwirkenden Kommunikationsgeflechten medialer und interpersonaler Art herrührt.

Die folgenden Ausführungen ordnen die bisherigen Befunde im Forschungsstand hinsichtlich des Einflusses der Medien auf Einstellungen (bzw. ein Bündel von Einstellungen, die sich als „Klimabewusstsein“ fassen lassen), auf Wissen und auf Handlungsabsichten.

4.1 Das Klimabewusstsein

Der Begriff „Klimabewusstsein“ („climate change awareness“) hat sich etabliert, um die Einstellungen von Menschen zum Thema Klimawandel zusammenzufassen. Klimabewusstsein wird häufig als zweidimensionales Einstellungskonstrukt mit einer affektiven und einer kognitiven Komponente verstanden (Cabecinhas et al. 2008; Arlt et al. 2010; Zhao 2009; Binder 2010); einige Wissenschaftler integrieren auch die konative (d. h. handlungsbezogene) Dimension (Taddicken und Neverla 2011).

Die Studie von Brulle et al. (2012) aus den USA ist die bisher einzige bevölkerungsrepräsentative Studie, die den Einfluss der Medien mit anderen Faktoren (wie Extremwetter- und Wirtschaftsdaten) vergleicht, und zwar im Rahmen eines Längsschnitt-Designs (2002–2010). Das zentrale Ergebnis ist, dass das Klimabewusstsein in den USA am deutlichsten durch die Medienberichterstattung beeinflusst wird. Der stärkste Prädiktor für ein Ansteigen des Klimabewusstseins ist dabei – im Untersuchungszeitraum – der Umfang der Statements der Demokraten in den Medien sowie die Berichterstattung der New York Times über den Kinofilm „An Inconvenient Truth“. Den negativsten Effekt haben Statements der Republikaner sowie eine hohe Arbeitslosenquote in den USA. Die Anzahl veröffentlichter Publikationen aus der Klimawissenschaft (z. B. in Science) hatte hingegen keine Auswirkungen auf das Klimabewusstsein, was die Autoren der Studie zu dem Schluss führt, dass die Aktivitäten der Klimawissenschaft allein (d. h. ohne ihre mediale Präsenz) keinen Effekt auf das breite öffentliche Klimabewusstsein haben. Ebenso hatten Wetterextreme auf diesem Aggregatdatenniveau einen verschwindend geringen Einfluss.

Die methodische Leerstelle der Studie von Brulle et al. (2012) – nämlich das Fehlen der Variable „individuelle Mediennutzung“ – kann durch Befunde aus qualitativen Studien beleuchtet werden (Smith und Joffe 2013; Ryghaug et al. 2011), aber auch durch quantitative Studien, die diesen Zusammenhang zwischen individueller Mediennutzung und Medienwirkung untersuchen, darunter Zhao et al. (2011) ebenso wie Zhao (2009). Für Deutschland gibt es ebenso eine vergleichsweise breite empirische Datenbasis für diesen Zusammenhang, vor allem durch die Studien von Arlt et al. (2010), Taddicken und Neverla (2011), Taddicken (2013) sowie Metag et al. (2015). Für Portugal ist zumindest eine Studie zu verzeichnen, und zwar von Cabecinhas et al. (2008). Zu den genannten Studien ist wiederum anzumerken, dass nur die individuelle Mediennutzung als erklärende Variable integriert wird, nicht aber die Medieninhalte der genutzten Medien untersucht werden, also beispielsweise, wie umfangreich und in welcher Art und Weise der Klimawandel in den faktisch genutzten Medien präsent ist. Dennoch geben diese Studien wichtige Einblicke in die Rolle von öffentlicher Kommunikation für das Klimabewusstsein in der Bevölkerung.

Es zeigt sich studienübergreifend, dass verschiedene Medientypen und -angebote sehr unterschiedlich auf das Klimabewusstsein wirken, also sowohl einen positiven als auch einen negativen Effekt haben können, was darüber hinaus länderspezifisch unterschiedlich ist. Die Nutzung von Tageszeitungen hat beispielsweise in der Studie von Zhao (2009) aus den USA einen positiven Effekt auf das Klimabewusstsein, einen gegenteiligen (nämlich einen schwach negativen) Effekt hatten Zeitungen in der deutschen Studie von Arlt et al. (2010). Die Erklärungskraft der entwickelten Variablenmodelle steigt, sofern die untersuchten Medien möglichst genau differenziert und sofern Nutzungsmodi unterschieden werden, etwa die habituelle, gewohnheitsmäßige Mediennutzung versus die selektive, gezielte Mediennutzung im Sinne einer aktiven Informationssuche zum Thema Klimawandel (Taddicken und Neverla 2011).

Die experimentell orientierten Studien, die untersuchen, wie Klimabewusstsein durch mediale Kommunikation gefördert wird, konzentrieren sich auf die Wirkung spezifischer Darstellungsformen des Klimawandels (z. B. Katastrophenbilder) oder auch auf besonders populäre Medienangebote. Das Medienangebot, das zur Frage der Bewusstseinsbildung besonders umfangreich untersucht worden ist, ist der Actionfilm „The Day after Tomorrow“ von Roland Emmerich aus dem Jahr 2004. Sowohl Lowe et al. (2006) als auch Leiserowitz (2004) konnten in ihren Wirkungsstudien im quasiexperimentellen Pretest-Posttest-Design jedoch nur einen sehr schwach positiven Effekt des Films auf das Klimabewusstsein feststellen. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass die im Film dargestellten Katastrophenszenarien als sehr unrealistisch erlebt wurden, was aber in der Studie nicht empirisch erfasst wurde. Hart und Nisbet (2012) untersuchen in ihrem Wirkungsexperiment einen Zeitungsartikel zu den negativen gesundheitlichen Folgen des Klimawandels auf Europäer und US-Bürger. Sie vermuten, dass die Darstellung dieser gesundheitlichen Gefahren dazu führt, dass politische Klimaschutzmaßnahmen stärker unterstützt werden. Diese Hypothese konnte jedoch nur für diejenigen Personen bestätigt werden, die grundsätzlich der Überzeugung sind, dass es einen anthropogenen Klimawandel gibt. Bei starken Anhängern der Partei der Republikaner hingegen griffen Abwehrmechanismen, welche die Zustimmungswerte für Klimaschutzmaßnahmen sogar sinken ließen.

Dieser Befund macht die Bedeutung individueller Rezipienteneigenschaften (wie die Präferenz für eine Partei) deutlich, die in den quantitativen Typologiestudien im Mittelpunkt stehen. Diese Typologiestudien liegen bisher für die USA (Leiserowitz et al. 2011), Indien (Leiserowitz et al. 2013), Australien (Sherley et al. 2014) und Deutschland (Metag et al. 2015) vor. Metag et al. (2015) können mit ihrer Typologie zeigen, dass ein bestimmtes Bildungs- und Einkommensniveau mit charakteristischen Einstellungen zum Thema Klimawandel einhergeht. Diese verschiedenen Typen wiederum zeichnen sich durch ein spezifisches Mediennutzungsmuster aus. Ein höheres Klimabewusstsein hängt beispielsweise mit einer stärkeren, selektiven Informationsnutzung zum Klimawandel zusammen, was sich auch schon in den Studien von Taddicken und Neverla (2011) gezeigt hatte.

4.2 Wissen über den Klimawandel

Die zweite Medienwirkung, die in der aktuellen Forschung zur Klimakommunikation untersucht wird, ist die des „Klimawissens“. Hier wird untersucht, ob Menschen durch die Mediennutzung und -rezeption etwas über den Klimawandel lernen, sich also Wissen zum Thema aneignen. Insgesamt muss konstatiert werden, dass der Aspekt des Wissens weitaus weniger umfassend erforscht ist als der Aspekt des Klimabewusstseins.

Eine der ersten bevölkerungsrepräsentativen Studien zum Klimawissen zu dieser Frage führte Bell (1994) in Neuseeland durch. Es zeigte sich, dass schon damals die überwiegende Mehrheit der Befragten den Begriff „Treibhauseffekt“ kannte, es allerdings auch zahlreiche Verwechslungen mit Begriffen wie „Ozonloch“ und „Klimawandel“ gab. Zwar untersuchte Bell (1994) in einer parallelen Inhaltsanalyse, ob die journalistischen Medien die Begriffe ebenso falsch verwendeten und folglich zu diesen Missverständnissen beitrugen. Allerdings wurden diese beiden Datensätze nicht miteinander verknüpft, sodass dieser Ursache-Wirkungs-Zusammenhang de facto nicht empirisch untersucht wurde. Eine der ersten Studien, die diese individuelle Mediennutzung als zentrales Moment bei der Aneignung von Wissen über den Klimawandel berücksichtigt, ist die von Stamm et al. (2000) aus den USA. Die Autoren fragten ihre Probanden, aus welchen medialen Quellen ihr Wissen zum Klimawandel stammt. Hier ist jedoch kritisch anzumerken, dass es sich um eine erinnerte Mediennutzung handelt und deswegen vermutlich ungenau ist. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass das Wissen über den Klimawandel stark mit soziodemographischen Faktoren und weniger mit der individuellen Mediennutzung zusammenhängt: Je weniger gebildet und je älter die Befragten waren, desto wahrscheinlicher war, dass sie im Jahr 2000 noch nichts vom Thema Klimawandel gehört hatten. Es wurden jedoch keine multivariaten Regressionsanalysen gerechnet, sodass die Stärke der Einflussfaktoren (Bildung versus Mediennutzung) nicht miteinander verglichen wurde. Die Befunde können also auch Ausdruck dessen sein, dass höher gebildete Menschen eher dazu tendieren, sich über bestimmte Themen wie den Klimawandel vertiefend zu informieren, als dass hier eine spezifische Medienwirkung nachgewiesen werden konnte.

Cabecinhas et al. (2008) untersuchten in Portugal ebenfalls die selektive, informationsbezogene Mediennutzung („Wie häufig suchen Sie in den folgenden Medien Informationen über den Klimawandel?“) als Erklärung für ein höheres Klimawissen und konnten diese Vermutung auf der Basis von Befragungsdaten bestätigen. Anhand einer Faktorenanalyse wurde zwischen der Nutzung „aktiver“ (z. B. das Internet) und „passiver“ Medien (z. B. Fernsehen) unterschieden. Die Nutzer „aktiver Medien“ wiesen dabei ein signifikant höheres Niveau an Klimawissen auf als die Nutzer „passiver Medien“. In beiden Fällen ging die selektive Mediennutzung mit einer höheren Ausprägung des Wissens über den Klimawandel einher.

Zhao (2009) fokussierte auf den Zusammenhang zwischen allgemeiner, habitueller Mediennutzung und der selektiven, informationsbezogenen Mediennutzung und führte dazu eine Sekundäranalyse der Daten aus einer bevölkerungsrepräsentativen Studie aus dem Jahr 2006 in den USA durch. Medienwirkung, so die Prämisse der Studie, kann auch darin bestehen, dass die habitualisierte Mediennutzung ein höheres Klimabewusstsein (bzw. Interesse am Thema) bewirkt und infolgedessen zu selektiver Zuwendung zu Medienangeboten über den Klimawandel führt. Tatsächlich kann die Studie anhand einer Pfadanalyse zeigen, dass Zeitung und Onlinenutzung einen direkten, schwach positiven Effekt auf das wahrgenommene subjektive Wissen zum Klimawandel haben, das dann wiederum ein höheres Klimabewusstsein und die gezielte Suche von Informationen über den Klimawandel bewirkt. Kritisch bedacht werden sollte hier jedoch, dass es sich dennoch um ein Querschnittsdesign handelt und – besonders kritisch zu beurteilen – um ein „gefühltes Wissen“, d. h. die Probanden haben lediglich selbst angegeben, wie gut sie sich zum Thema Klimawandel informiert fühlen.

Die qualitativen Studien (Ryghaug et al. 2011; Smith und Joffe 2013) aus Großbritannien und Norwegen beleuchten, dass keinesfalls von einem linearen Übertragungsmodell des medial dargestellten Wissens auf die Rezipierenden ausgegangen werden kann: Die Informationen in den Medien werden durch individuelle Deutungsmuster (z. B. dass Medien grundsätzlich übertreiben würden) und bestehende Einstellungen (z. B. zum Umweltschutz, s. auch Peters und Heinrichs 2005) überlagert und individuell sehr unterschiedlich interpretiert und gewichtet. Generell zeigen die qualitativen Studien jedoch, dass Medien auch aus der subjektiven Perspektive der Befragten die zentrale Quelle sind, um sich über den Klimawandel zu informieren und damit auseinanderzusetzen.

4.3 Klimaschonendes Handeln & Handlungsintentionen

Die dritte zentrale Medienwirkung im Forschungsfeld, nämlich eine mögliche Wirkung auf das individuelle klimaschonende Handeln von Menschen, ist gerade im Hinblick auf die Umsetzung klimapolitischer Ziele zur CO2-Reduktion sehr relevant. Denn für deren Erreichung sind auch individuelle Lebensstiländerungen notwendig. Eines der wichtigsten Ergebnisse aller bisher durchgeführten bevölkerungsrepräsentativen Studien (Cabecinhas et al. 2008; Arlt et al. 2010; Zhao 2009; Binder 2010; Taddicken und Neverla 2011) wurde hier schon genannt, und zwar dass sich kein pauschales (und ganz besonders kein mobilisierendes) Muster für die Wirkungen auf klimaschonende Handlungsintentionen und Handlungen feststellen ließ. Diesen komplexen Zusammenhang können einerseits die qualitativen Studien (Ryghaug et al. 2011; Smith und Joffe 2013) beleuchten und zum anderen experimentell orientierte Rezeptionsstudien, die einen detaillierteren Blick auf verschiedene Darstellungsformen des Klimawandels werfen.

Die qualitativen Studien (Peters und Heinrichs 2008; Ryghaug et al. 2011; Smith und Joffe 2013) zeigen vor allem, dass die Binsenweisheit „Viel hilft viel“ hier nicht greift: Der Appell, dass in den Medien häufiger oder umfangreicher über das Thema Klimawandel berichtet werden müsste, ist folglich wenig erfolgversprechend. Beispielsweise wird die Darstellung politischer Konflikte zwar häufig als wichtig und bedeutsam, aber gleichermaßen auch als sehr komplex und schwer nachvollziehbar erlebt, was dazu führen kann, dass es für „Laien“ unmöglich erscheint, einen eigenen Beitrag dazu zu leisten (O’Neill und Nicholson-Cole 2009; Ryhaug et al. 2011; Smith und Joffe 2013). So ist also nicht zwingend gesagt, dass die umfangreiche Berichterstattung sowie eine intensive Rezeption dieser Berichterstattung dazu führen, dass Menschen automatisch „klimabewusster“ handeln – sondern sogar gegenteilige Wirkungen (Frustration, Ablehnung, Themenvermeidung) eintreten können.

Eine Reihe von experimentell orientierten Studien (Hart 2011; Hart und Nisbet 2012; Peters und Heinrichs 2008; Lowe et al. 2006; Leiserowitz 2004; Hoppe 2016) untersuchte die Wirkung und Rezeption einzelner Medienangebote. Thematische Frames, die den Klimawandel und seine Auswirkungen anhand von Statistiken als ein allgemeines und gesellschaftliches Problem darstellen, hatten in der Studie von Hart (2011) keine Folgen für die Formulierung von Handlungsintentionen, bewirkten allerdings eine größere Unterstützung politischer Klimaschutzmaßnahmen. Katastrophenszenarien – egal ob im Bewegtbild (Lowe et al. 2006; Leiserowitz 2004) oder in anderen Formen visueller Kommunikation (O’Neill und Nicholson-Cole 2009) – scheinen die Kluft zwischen moralischen Überzeugungen und der Umsetzung von Handlungsintentionen sogar zu vergrößern. Katastrophenszenarien führen in den genannten Studien nämlich dazu, dass das Thema Klimawandel zwar als wichtig bewertet, zugleich aber das Gefühl der Unfähigkeit verstärkt wird, diesem als übermächtig erlebten Thema durch eigenes Handeln begegnen zu können. Die Studie von Hoppe (2016) greift die Ergebnisse aus den qualitativen Studien von O’Neill und Nicholson-Cole (2009) zur positiven Rolle des Alltagsbezugs auf: Hier hatte sich gezeigt, dass insbesondere Visualisierungen von Handlungsoptionen im Alltag (Fahrräder, Heizungsthermostat etc.) einen positiven Effekt hatten. Die Wirkungshypothesen werden mithilfe eines Mehrmethodenansatzes im Rahmen einer quantitativen Online-Evaluationsstudie geprüft. Die Ergebnisse konkretisieren die zentrale Bedeutung des Alltagsbezuges: werden in einem Medienangebot realistische und klimaschonende Handlungsalternativen für den Alltag spielerisch erfahrbar gemacht und zudem ihre Auswirkungen auf die CO2-Ersparnis zu visualisieren, hatte einen ebenso positiven Effekt wie die Darstellung von Charakteren, die in Alltagssituationen zwischen Klimaschutz und kurzfristigem Komfortbedürfnis schwanken.

Eine Lücke in der Nutzungs- und Wirkungsforschung gibt es im Hinblick auf international vergleichende Untersuchungen und solche zu nicht-westlichen Ländern. Eine Ausnahme stellt die Studie von Mahmud (2016) dar, der sich mit der Wahrnehmung von Klimawandel und der Kommunikation darüber in Bangladesch befasst – einem Land, das zu den „most vulnerable countries“ im Hinblick auf Klimawandel und regionalen Extremwetterereignissen (hier Stürme, Sturmfluten, Überschwemmungen) gehört. Zugleich ist der kommunikative Kontext in Bangladesch völlig anders geartet als z. B. in Europa oder Nordamerika, mit einer niedrigen Alphabetisierungsrate und geringer Reichweite der Massenmedien vor allem in ländlichen Gebieten. Mahmud zeigt hier mithilfe einer qualitativ-ethnographischen Studie, wie das jahrhundertealte tradierte Wissen um Extremwetterrisiken mit dem medial vermittelten Wissen zum Klimawandel vermischt wird.

5 Fallbeispiel Hamburg und norddeutscher Raum

Wie generell gilt auch für Hamburg und den norddeutschen Raum, dass das Feld der regionsspezifischen Untersuchungen zum Klimawandel sehr überschaubar ist. Doch eigentlich ist es aus sozial- und kommunikationswissenschaftlicher Perspektive sehr relevant, den Blick auf eine bestimmte Region zu fokussieren und deren Besonderheiten zu untersuchen. Gerade durch diese fokussierte Perspektive auf einen bestimmten Lebensraum kann sich genauer zeigen, wie Menschen eines hochindustrialisierten Landes in ihrem individuellen Alltag (Mikroebene) sowie in ihrem soziokulturellen Umfeld (Mesoebene) mit dem Klimawandel umgehen, ihn wahrnehmen und beobachten und welche Rolle (mediale) Kommunikationsprozesse dabei spielen.

Hamburg und der norddeutsche Raum bringen dabei eine Reihe von spezifischen Charakteristika mit. Der prominenteste Bezugspunkt in der bisherigen Forschung ist dabei wohl der Umgang der Bevölkerung mit den Sturmfluten sowie mit den diesbezüglichen Adaptationsmaßnahmen (z. B. Deicherhöhungen, Bauschutzmaßnahmen, Ratter 2014), wobei jedoch auch andere klimatische Besonderheiten von Interesse wären – beispielsweise die Konsequenzen, die aus der Zunahme von Niederschlägen und der Temperaturänderung für die Landwirtschaft entstehen, die Situation von Flora und Fauna in der Elberegion oder im Weltnaturerbe Wattenmeer (von Storch und Claussen 2011). Aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive relevant sind die Fragen, was die Menschen über den Klimawandel in ihrer jeweiligen Region tatsächlich wissen, wie sie damit umgehen, welche Risiken sie als besonders hoch und welche sie als eher niedrig bewerten und wie sie sich dazu informieren und austauschen.

Die Untersuchung von Peters und Heinrich (2005) für die norddeutsche Küstenregion bezog sich auf die Betrachtungen von Klimawandel und Sturmflutrisiken im Auge verschiedener Akteure (Kap. 13). Dabei wurden Inhaltsanalysen von Zeitungen, Interviews mit Journalisten und Klimaforschern sowie Interviews mit der ansässigen Bevölkerung durchgeführt. Es zeigte sich, dass das Verhältnis zwischen Experten und berichtenden Journalisten von beiden Seiten überwiegend als kooperativ gesehen und empfunden wurde, dass die Bevölkerung hohes Vertrauen in die Küstenschutzmaßnahmen hatte und sich im Lichte dessen auch vom Klimawandel wenig bedroht fühlte. In einer ähnlich angelegten, jedoch methodisch weniger anspruchsvollen Studie verglichen Heinrichs und Grunenberg (2009) die Hansestädte Bremen und Hamburg, die im Hinblick auf Sturmflutrisiken und Meeresspiegelanstieg Gemeinsamkeiten aufweisen. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Bevölkerung in Bremen trotz objektiv höherer Gefährdung ein geringeres Risikobewusstsein äußert. Eine Erklärung dafür könnte die im kollektiven Gedächtnis verankerte Erinnerung an die Sturmflut in Hamburg 1962 bieten.

Der Sturmflut in Hamburg 1962 widmeten sich zwei Untersuchungen: Die erste Studie fokussierte auf Hamburg und war ebenfalls triangulär angelegt (Inhaltsanalyse von regionalen und überregionalen Zeitungen; Befragung von Hamburger Journalisten, Klimaforschern und politischen Akteuren sowie Gruppendiskussionen mit der Bevölkerung). Die Befunde zeigen, wie sich im Laufe von Jahrzehnten Erinnerungen an „Naturkatastrophen“ ins kollektive Gedächtnis einbrennen, zugleich jedoch überformt und in diesem Fall auch mit Themen des Klimawandels oder stadtplanerischen Projekten wie der HafenCity verbunden werden (Lüthje 2013). Der Klimawandel brachte einen neuen Begründungszusammenhang für das ständig wiederkehrende Phänomen Sturmflut in Hamburg und hat damit die Funktion eines Erinnerungs- und Wahrnehmungstransformators. Die Funktion der Medien in diesem Prozess ist mehrdimensional („sharing, shaping, stimulating“, Lüthje 2013): Erinnerungen an eine Naturkatastrophe werden von den Medien zu bestimmten Berichterstattungsanlässen öffentlich thematisiert und geteilt und dabei den gegenwärtigen Bedingungen angepasst, also aktualisiert. Gleichzeitig stimulieren die medialen Erinnerungen Anschlusskommunikation in der Bevölkerung.

In einer weiteren komparativ angelegten Langzeitstudie wurde die regionale und überregionale Medienberichterstattung in Erinnerung an die Hamburger Sturmflut von 1962 analysiert und mit der entsprechenden Medienberichterstattung der niederländischen Presse zur Sturmflut von 1953 verglichen. Auch hierbei konnte gezeigt werden, wie nachhaltig – also anhaltend, immer wieder und zu besonderen Jahrestagen sehr ausführlich – der Journalismus über Jahrzehnte hinweg an diese Ereignisse erinnert (Trümper und Neverla 2013; Trümper 2016). Mit Blick auf Hamburg und den norddeutschen Raum ist insbesondere der Befund interessant, dass die Erinnerung an die Sturmflut von 1962 häufig gerahmt wird mit Fragen, wie es um die gegenwärtige und künftige Sturmflutsicherheit der Hansestadt bestellt bzw. wie groß die Bedrohung diesbezüglich ist. In der niederländischen Presse hingegen ist ein derartiger Frame, der bis zu einem gewissen Grad Unsicherheit impliziert, im Zuge der medialen Katastrophenerinnerung deutlich weniger ausgeprägt.

6 Fazit: Beitrag der Medien zur sozialen Konstruktion des Klimawandels

Der Klimawandel wäre weitgehend ein innerhalb der Wissenschaft relevantes Phänomen geblieben, wenn dieses Thema nicht von publizistischen Medien aufgegriffen und so in die breitere Öffentlichkeit und in den politischen Raum getragen worden wäre. Diese Thematisierungs- und auch Deutungsfunktion des Journalismus fand in den vergangenen Jahren zunehmend Resonanz in der Onlinekommunikation in diversen Foren und insbesondere in den sozialen Netzwerken. Mit einem gewissen Abstand betrachtet lässt sich die nun schon jahrzehntelange Verlaufsgeschichte vor allem der journalistischen Klimadebatte kennzeichnen als die Emergenz eines Masterframes, der den anthropogenen Klimawandel anerkennt, jedoch flankiert wird von inzwischen abnehmender öffentlicher Leugnung des Klimawandels und andauernden journalistischen Schwierigkeiten im Umgang mit den Unsicherheiten der Klimaforschung. Dynamiken der Berichterstattung sind im Zeitverlauf erkennbar und eng an bestimmte (Medien‑)Ereignisse vor allem im politischen Feld wie den UN-Klimakonferenzen gebunden. Auf der Basis von Übereinstimmungen über grundlegende Merkmale des Klimawandels werden in der journalistischen Berichterstattung Differenzen nach Ländern und Regionen deutlich, die als „Domestizierung“ und „Indexing“ den Deutungsmustern der (nationalen) Eliten folgen und außerdem die politisch-ideologischen Ausrichtungen der Medienorganisationen durchschimmern lassen.

Aus der Perspektive der Rezeptionsforschung und als Fazit aus den methodisch und konzeptionell sehr unterschiedlichen Studien zu den drei Medienwirkungen (Klimabewusstsein, Klimawissen, klimaschonendes Handeln), die zudem auch geographisch und zeitlich unterschiedlich verankert waren, lässt sich zusammenfassend sagen: In gewissem Maße zeigt die klimabezogene Medienberichterstattung Wirkung. Es handelt sich jedoch um einen hoch komplexen und zugleich diffizilen Zusammenhang. Medienwirkungen zu klimabezogenen Themen entstehen allenfalls langfristig und erzeugen eher Aufmerksamkeit und eine gewisse Wissensdichte über den Zeitverlauf hinweg, während die Wirkung auf Einstellungen und Handlungsintentionen nur in engem Zusammenwirken mit einer allgemeinen Aufmerksamkeit für Umweltthemen zu sehen ist. Die klassischen Medien haben das Thema in einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht; in den Onlinemedien finden Diskurse in allen Richtungen statt, sie bestätigen jedoch letztlich die Bedeutung des Themas in der Öffentlichkeit. Journalistische Berichterstattung wirkt in erster Linie in der Agenda-Setting-Funktion, generiert also Aufmerksamkeit und damit Öffentlichkeit für das Thema Klimawandel. Journalismus vermittelt auch bis zu einem gewissen Grad Wissen und fördert in geringerem Maße auch eine Einstellung, die als „Klimabewusstsein“ wirksam wird. Am wenigsten Wirkung zeigt die Nutzung klassischer Medien im Hinblick auf klimabezogene Handlungsintentionen. Hier spielt wohl eine Rolle, dass beim klimabezogenen Handeln vielfältige Referenzpunkte von Bedeutung sind. Neben dem klimabezogenen Wissen sowie klima- und umweltbezogenen Einstellungen sind dies etwa allgemeines Konsumverhalten oder auch individuelle sowie organisatorische und volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen.

Obwohl das Thema Klimawandel über Jahrzehnte hinweg in vielen Medien auf der Tagesordnung stand und steht, sind die Medien folglich bisher keineswegs die allein weichenstellenden Akteure in dieser Thematik – wobei hierzu nur sehr wenige Studien vorliegen. Die Wirkkraft der Medien ist (wie in vielen anderen Themenbereichen auch) abhängig von den individuellen Eigenschaften der Rezipienten, von ihrem Bildungsgrad und Medienrepertoire und nicht zuletzt auch von ihrer gesamten Einstellung zu Umweltfragen. Diese Komplexität wird durch das Zusammenspiel von Journalismus und interaktiver Onlinekommunikation verstärkt.

Dennoch ist dieser eher „niedrigschwellige“ Charakter der Medienwirkung nicht zu unterschätzen, denn Medienwirkung summiert sich über Jahrzehnte und vielfältigen Medienkonsum hinweg. Im konkreten Fall regionaler Szenarien zeigen sich jedenfalls dicht verknüpfte, rhizomartige kommunikative Verflechtungen. Im Fallbeispiel Hamburg wird Klimawandel zu einem Topos, um den herum aktuelles Geschehen (Sturmfluten heute, Stadtentwicklung in der HafenCity, regionale Landwirtschaft) und vergangenes Geschehen (Sturmflutkatastrophe von 1962) enge Verflechtungen eingehen.

Das Thema Klimawandel hat weit über das wissenschaftliche Ursprungsfeld hinaus an gesellschaftlicher Bedeutung gewonnen. Es ist mit Betrachtungen der eigenen Lebenswelt, des eigenen Lebensstils, politischen Entscheidungen, Erinnerungen und Zukunftsängsten verknüpft. Die Medien – klassische journalistische Medien, soziale Netzwerke und digitale Medien – haben in diesem Deutungsprozess eine zentrale Rolle gespielt. Und weder ist dieser Deutungsprozess zu einem Ende gekommen, noch hat die Bedeutung der Medien bei der Ausdeutung des Klimawandels abgenommen.

Eine zentrale und in Zukunft immer wichtigere Fragestellung bezieht sich dabei auf das Zusammenspiel von Massenmedien und sozialen Medien, beispielsweise im Hinblick auf die Hoheit bei Themensetzung (Agenda-Setting) und der Perspektiven (Framing), unter denen das Thema Klimawandel diskutiert wird.

Carvalho A (2007) Ideological cultures and media discourses on scientific knowl-

edge: re-reading news on climate change. Public Underst Sci 16(2):223–