1 Problem: Bestimmung eines marktgerechten Erbbauzinssatzes

Seit einigen Jahren befinden sich Erbbaurechte wieder im Aufwind – anders als früher, wo die Eigentumsbildung von Schwellenhaushalten (und damit Einfamilienhäuser) im Vordergrund standen, geht es nun auch vermehrt um leistbares Wohnen im Rahmen von Mehrfamilienhäusern (BMI 2020).

Wenngleich der Erbbauzins nicht die einzige erfolgskritische Variable ist, so hängen doch wesentlich die Rentabilität des Erbbauprojekts, seine Finanzierbarkeit (die Erbbauzinsen werden bei der Beleihungswertermittlung in kapitalisierter Form in Abzug gebracht), das Fungibilitätsrisiko (auch der Verkehrswert des Erbbaurechts leidet unter zu hohen Erbbauzinsen) sowie das Leverage-Risiko (Gewinn- und Verlusthebel aufgrund der Fixkostenbelastung) des ErbbauberechtigenFootnote 1 von dessen Höhe ab. Dies gilt v. a. dann, wenn der Erbbauzins laufend zu entrichten ist und nicht er durch eine einmalige Zahlung zu Beginn des Erbbaurechtsverhältnisses abgelöst werden kann. Dementsprechend ist ein marktgerechter Erbbauzins für die Akzeptanz von Erbbaurechten im Markt von entscheidender Bedeutung.

Bei der erstmaligen Ausgabe von Erbbaurechten finden zunehmend Konzeptvergabeverfahren Anwendung. Im Rahmen von Konzeptvergabeverfahren ist es einmal möglich, neben dem Preis auch Qualitätsaspekte als entscheidungsrelevante Kriterien zu definieren. Die Alternative hierzu ist das reine Gebot auf die Qualität bei einem vorgegebenen Festpreis. Vor allem bei der letztgenannten Ausprägung der Konzeptvergabe stellt sich die Frage nach einem marktgerechten Erbbauzinssatz. Dieser kann dann u. U. als Ausgangspunkt für weitere Abschläge dienen, z. B. zum Zwecke der Kompensation von Sozialbindungen oder städtebaulichen Auflagen (von der Erörterung derartiger Kompensationen wird vorliegend jedoch abgesehen).

Dementsprechend spielt die Frage der Marktgerechtigkeit des Erbbauzinses auch eine wichtige Rolle im Rahmen des Vergabe- bzw. Beihilfe- und Kommunalwirtschaftsrechts. Soweit es sich nicht um eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) handelt und die de minimis-Schwellenwerte überschritten sind, könnte bei „zu niedrigen“ Erbbauzinsen eine unzulässige Beihilfe vorliegen. Außerdem stellt sich die Frage nach der Verletzung der jeweiligen länderspezifischen Haushaltsordnungen.

Mögliche Vorgehensweisen zur Ermittlung marktgerechter Erbbauzinsen werden vorliegend kritisch beleuchtet. Es wird dabei unterstellt, dass sich der marktgerechte Erbbauzins ergibt, wenn ein marktgerechter Erbbauzinssatz auf den erschließungsbeitragsfreien Bodenwert angelegt wird. Oftmals werden dabei die Bodenrichtwerte herangezogen. Hier muss beachtet werden, dass diese nicht mit den Verkehrswerten identisch sind und insbesondere in dynamischen Märkten den Verkehrswerten oftmals hinterherlaufen. Ist dies offensichtlich der Fall, sollte jedoch nicht der Erbbauzinssatz, sondern die Bezugsgröße „Bodenwert“ für die Ermittlung des anfänglichen Erbbauzinses angepasst werden. Die diesbezüglichen Verfahren können jedoch vorliegend nicht behandelt werden. Das Erbbaurechtsgesetz hindert die Parteien nicht daran, hier einen „angemessenen“ Bodenwert anstatt des Bodenrichtwerts zugrunde zu legen. Im Übrigen kann auf die Darstellung der Berechnungsgrundlage im Erbbaurechtsvertrag auch ganz verzichtet werden.

Zumindest vor Gericht, aber auch für die Beurteilung der Marktgerechtigkeit von Erbbauzinssätzen werden zumeist entweder öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige oder solche mit einer Zertifizierung mit DIN EN ISO/IEC 17024 herangezogen. Diese werden regelmäßig versuchen, geeignete Daten aus dem Markt zu ermitteln, um diese dann auf das Objekt zu übertragen.

Die Ermittlung eines marktgerechten Erbbauzinssatzes ist jedoch kein ausdrücklicher Bestandteil der – untergesetzlich nunmehr in der ImmoWertV 2021 geregelten – Bewertung von Erbbaurechtsgrundstücken bzw. Erbbaurechten. In der „alten“ WertR 06 war lediglich die Rede von „erzielbaren“ oder „üblichen“ Erbbauzinsen bzw. Erbbauzinssätzen (der Begriff „marktüblich“ fand sich hingegen im Kontext von Liegenschaftszinssätzen); nach wohl h.M. ließ sich hieraus jedoch keine Legaldefinition ableiten. Daran ändert auch die Novelle der Immobilienwertermittlungsverordnung 2021 nichts. Anders als in der alten ImmoWertV wurde hierin zwar die Bewertung des Erbbaurechts ausdrücklich aufgenommen. Dennoch spricht die Kabinettsfassung nun ganz bewusst in § 50 von „angemessenen“ anstatt wie in den vorhergehenden Entwurfsfassungen von „marktüblichen“ Erbbauzinsen und Erbbauzinssätzen.

2 Orientierung am Liegenschaftszinssatz?

Nicht selten orientieren sich die Ausgeber von Erbbaurechten bei der Ermittlung eines geeigneten Erbbauzinssatzes am Liegenschaftszinssatz (z. B. Landeshauptstadt Stuttgart 2022, S. 18). Dieser ist jedoch für die Indikation des Erbbauzinssatzes grundsätzlich ungeeignet. Im Rahmen des Erbbaurechts ergibt sich nämlich im Regelfall eine ganz andere Rendite‑/Risiko-Konstellation als im Rahmen des Volleigentums. Normalerweise werden im Rahmen von Erbbaurechtsverhältnissen gebäude- und mieterbezogene Risiken weitgehend auf den Erbbaurechtnehmer abgewälzt. Der Erbbaurechtgeber hat mit übersehenen Baumängeln, größeren Reparaturen, dem Risiko von Mietausfällen, Räumungsklagen, Mietnomadentum etc. nichts mehr zu tun (Altendorfer 2019). Der Erbbaurechtnehmer hingegen übernimmt all diese Risiken und trägt zusätzlich aufgrund der mit dem Erbbauzins verbundenen (auch liquiditätswirksamen) Fixkostenbelastung i. d. R. zudem noch ein sog. Operating Leverage-Risiko, das bei Volleigentum so nicht besteht (Löhr und Braun 2020).

Umgekehrt ist der Zahlungsanspruch des Erbbaurechtgebers fix; erfahrungsgemäß ist die Ausfallwahrscheinlichkeit – durch säumige Erbbaurechtnehmer – zudem sehr gering (Bock und Nagel 2019). Es liegt nämlich im Interesse des Erbbaurechtnehmers, einen Zahlungsausfall zu vermeiden, da er das im Gebäude steckende Eigenkapital verlieren kann. Das Gebäude des Erbbaurechtnehmers dient damit letztlich als Sicherheit sowohl für die Erbbauzinsforderungen als auch die Zins- und Tilgungsforderungen der kreditgebenden Bank. Sowohl der Erbbaurechtgeber wie auch die kreditgebende Bank können im Falle eines dauerhaften Zahlungsausfalls die Zwangsversteigerung betreiben. Die Verträge werden dabei i. d. R. so gestaltet, dass der Erbbauzins im Falle einer Zwangsversteigerung bestehen bleibt. Dann sind die weiteren Erbbauzinszahlungen vom Erwerber zu übernehmen. Ist der Erbbauzins solchermaßen zwangsversteigerungsfest ausgestaltet, besteht zudem noch eine „Überbesicherung“ in Gestalt von Heimfallrechten aufgrund von Zahlungsausfällen (Ernst und Young 2017), und befindet sich das Grundstück in einer einigermaßen guten Lage, liegt das Risiko des Erbbaurechtgebers nicht mehr weit entfernt vom Investment in eine fest verzinsliche Bundesanleihe. Im Unterschied zu dieser ist aber der Ertrag deutlich höher und ebenfalls inflationsgesichert.

Schließlich profitiert der Erbbaurechtgeber (anders als der Erbbaurechtnehmer) auch von den Bodenwertzuwächsen, die (anders als der laufende Erbbauzins) freilich nicht in Cash vereinnahmt werden und deren Höhe unsicher ist. V. a. in Regionen mit angespannten Grundstücksmärkten kann jedoch die Rate der Steigerung der Bodenpreise diejenige der Verbraucher- und Häuserpreise deutlich übertreffen. In solchen Fällen kann die daraus erwachsende zusätzliche Renditechance ins Gewicht fallen.

Weil der Erbbaurechtgeber daher ein vergleichsweise deutlich geringeres Risiko als der Volleigentümer zu tragen hat, muss – wenn die Vereinbarung marktgerecht sein soll – auch die Renditeforderung des Erbbaurechtgebers wesentlich geringer als die Renditeforderung bei Volleigentum ausfallen (das Gegenteil gilt für den Erbbaurechtnehmer). Sieht man den Liegenschaftszinssatz als eine Annäherung an marktübliche Renditeforderungen von Volleigentümern an, so müssen beim Erbbauzinssatz damit i. d. R. deutliche Abschläge gegenüber dem Liegenschaftszinssatz vorgenommen werden (Ausnahmen aufgrund unüblicher Vertragsgestaltung sind jedoch denkbar).

Abb. 1 illustriert den Zusammenhang.

Abb. 1
figure 1

Rendite‑/Risiko-Verschiebung bei Erbbaurechten und Erbbaugrundstücken gegenüber Volleigentum (BMI 2020)

Die Heranziehung des Liegenschaftszinssatzes als marktüblichen Erbbauzinssatz würde hingegen die – reichlich absurde – Behauptung implizieren, dass durch das Erbbaurechtsverhältnis regelmäßig keine Änderung der Rendite‑/Risiko-Konstellation gegenüber Volleigentum entsteht.

Schließlich ist der Liegenschaftszinssatz eine aus Immobilien im Volleigentum abgeleitete modellabhängige Größe (Ertragswertmodell), die nicht einfach auf den im Erbbaurecht bestehenden vollkommen anderen Zusammenhang mit unterschiedlicher Rendite‑/Risiko-Konstellation übertragen werden darf. Ansonsten würde es sich um eine eklatante Verletzung des Bewertungsgrundsatzes der Modellkonformität handeln (§ 10 Abs. 1 ImmoWertV 2021).

Sofern bei der Bewertung von Erbbaurechten und Erbbaugrundstücken (also nicht bei der Ermittlung marktüblicher Erbbauzinssätze!) dennoch Liegenschaftszinssätze verwendet werden, ist dies (auch im Rahmen der alten Vorschriften der WertV 06, Anlage 12) nur unter Rückgriff auf robuste Marktanpassungsfaktoren zulässig. Für die Umrechnung marktgerechter Erbbauzinssätze aus Liegenschaftszinssätzen stehen solche aber nicht zur Verfügung.

Die Heranziehung des Liegenschaftszinssatz ergibt allenfalls Sinn, um eine Obergrenze für den marktüblichen Erbbauzinssatz zu markieren (je nach Gestaltung des Vertrages sind Ausnahmen denkbar).

3 Mark-to-Market-Methoden zur Ableitung des Erbbauzinssatzes

Die Ableitung bewertungsrelevanter Größen – so auch eines marktgerechten Erbbauzinssatzes – sollte vorzugsweise unmittelbar aus dem Markt geschehen („Mark-to-Market“), unter Rückgriff auf vergleichbare Märkte. Grundsätzlich gilt es dabei, die erstmalige Ausgabe der Erbbaurechte (und den dabei „vereinbarten“ Erbbauzins) vom Wiederverkauf der Erbbaugrundstücke und der sich dabei herausstellenden Marktrendite (Erbbauzins in Relation zum Wert des belasteten Grundstücks) zu unterscheiden. Die erstgenannte Situation bildet den Primärmarkt, die letztere den Sekundärmarkt ab.

3.1 Ableitung des Erbbauzinssatzes aus dem Primärmarkt?

Soweit Erbbauzinssätze überhaupt abgeleitet werden, orientieren sich die Gutachterausschüsse meistens an der Erstausgabe von Erbbaurechten („Primärmarkt“; GEWOS 2018Footnote 2, S. 16, Abb. 7). Die empirische Ableitung eines marktüblichen Erbbauzinses aus dem Primärmarkt ist jedoch allenfalls ausnahmsweise sinnvoll möglich.

Ein marktgerechter Erbbauzinssatz hat die Funktion eines markträumenden Gleichgewichtspreises, der durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage zustande kommt. Die Ableitung eines marktgerechten Erbbauzinssatzes müsste darauf abstellen, diesen Gleichgewichtspreis nachzubilden. Tatsächlich können die aus dem Primärmarkt hergeleiteten Erbbauzinssätze diese Forderung i. d. R. nicht erfüllen. Vielmehr wird der Erbbauzinssatz – auch wenn Juristen von „Vereinbarungen“ sprechen – vom Erbbaurechtgeber oftmals einseitig vorgegeben, und die nachgefragte Menge passt sich an. Dementsprechend werden überhöhte Erbbauzinssätze gerade als ein wichtiger Grund dafür gesehen, dass das Erbbaurecht in Deutschland bislang wenig Popularität besitzt (Sebastian et al. 2019). Andererseits klagen Kommunen nicht selten darüber, dass sie zu den vorgegebenen Konditionen kaum Interessenten für Projekte finden, die im Erbbaurecht durchgeführt werden sollen.Footnote 3 Die Konstellation wird in Abb. 2 illustriert: Der markträumende Preis wäre PM, wobei das mengenmäßige Marktgleichgewicht XM betragen würde. Wird der Preis auf dem Primärmarkt einseitig durch den Anbieter in nicht marktkonformer Höhe PA festgelegt, pendelt sich die nachgefragte Menge an Erbbaurechten dann auf XA ein.

Abb. 2
figure 2

Politisch festgesetzter und Marktgleichgewichtspreis

Laut einer Studie des Deutschen Erbbaurechtsverbands (2018) lag der Erbbauzinssatz für Wohnimmobilien 2017 durchschnittlich bei 3,1 %, für Gewerbeimmobilien bei 4,3 % und für sonstige Nutzungen bei 3,0 %. Viele öffentliche Ausgeber von Erbbaurechten lagen dabei sogar über den genannten Werten. Wie wenig marktkonform die – vornehmlich durch öffentliche und kirchliche Einrichtungen – festgesetzten Erbbauzinssätze sind, zeigt allein auch die Tatsache, dass sich diese seit der Einführung des Erbbaurechts vor über hundert Jahren ungeachtet der zwischenzeitig dramatisch veränderten Kapitalmarktverhältnisse kaum verändert haben und oftmals noch in einem Bereich um die vier bis fünf Prozent verharren (Pesl 1910).

In diesem Kontext sind wichtige Gründe dafür, dass die einseitigen Preisfestlegungen auf dem Primärmarkt die Marktgleichgewichtspreise oftmals verfehlen:

  • Die Politisierung des Primärmarktes: Die wichtigsten Ausgeber von Erbbaurechten sind Kommunen, Kirchen und bestimmte Stiftungen. Es ist davon auszugehen, dass die dominierenden Ausgeber von Erbbaurechten zumindest in der Vergangenheit oftmals wenig marktorientiert agierten (Sebastian et al. 2019; GEWOS 2018Footnote 4). Was Kommunen angeht, werden die Erbbauzinssätze oftmals über Stadtratsbeschlüsse einseitig und ohne Orientierung an den Kapitalmarktverhältnissen festgelegt. Nicht selten liegen die Beschlüsse dabei mehrere Jahre zurück. Teilweise findet man sogar Festlegungen entsprechend der Kassenlage der Gemeinden vor.Footnote 5 Ähnliches gilt nicht selten auch für das Verhalten von kirchlichen Einrichtungen bei der Ausgabe von Erbbaurechten;

  • Die Vermachtung der Primärmärkte: V. a. vor dem Hintergrund der Knappheit an verfügbarem Bauland in Verdichtungsräumen und größeren Städten handelt es sich häufig um einen Angebotsmarkt. Teilweise wird von „monopolartig“ verzerrten Marktverhältnissen gesprochen (vgl. o.V. 2017). Zwar werden sich selbst bei marktunüblich hoher Festlegung des Erbbauzinses in angespannten Märkten regelmäßig einige Nachfrager finden, die diese Festlegungen akzeptieren, weil keine Alternativen bestehen bzw. sie ansonsten ihre Vorhaben gar nicht verwirklichen könnten. Der aus einer Zwangslage heraus akzeptierte marktunüblich hohe Preis macht diesen aber genauso wenig wie Wucherzinsen marktgerecht. „Markt“ bedeutet nämlich das Vorhandensein von Wahlmöglichkeiten. „Marktüblich“ oder „marktgerecht“ wäre dementsprechend eine Konstellation, bei der sich die Beteiligten bezüglich einer hypothetischen oder faktischen freien Wahl zwischen Erbbaurecht und Volleigentum indifferent zeigen würden. Als Referenz für einen marktgerechten Erbbauzinssatz muss also ein Wettbewerbsmarkt dienen, und nicht etwa ein zugunsten des Erbbaurechtgebers verzerrter Markt, in dem der aufgrund von Marktmacht einseitig festgelegte Preis oberhalb des markträumenden Gleichgewichtspreises liegt;

  • Fehleinschätzungen auch auf Seiten der Erbbaurechtnehmer. Selbst bei Versteigerungsverfahren auf das Höchstgebot wird man häufig nicht den Marktgleichgewichtspreis treffen (allerdings hängt dies sehr stark von der Art der Auktion ab). Oftmals wird das Ergebnis mit einem „Fluch des Gewinners“ verbunden sein, der in der Auktionstheorie mittlerweile gut untersucht ist (Bazermann und Samuelson 1983; Smith 1981): Der Gewinner zeigt dann eine höhere Wertschätzung für ein Gut als der Durchschnitt der Mietbieter; gerade dieser Durchschnitt bildet aber i. d. R. den Marktpreis (s. beispielsweise die Problematik bei den UMTS-Lizenzen, wo wiederholt offenbar viel zu hoch geboten wurde). Der Gewinner kommt in solchen Fällen nur durch eine „Überschätzung“ des „wahren Preises“ zum Zuge. Von „Marktüblichkeit“ kann man auch dann nicht sprechen.

Es bleibt festzuhalten, dass auch eine Ableitung des marktüblichen Erbbauzinssatzes aus dem Primärmarkt unter den gegenwärtigen Marktverhältnissen regelmäßig ökonomisch kaum begründbar ist.

3.2 Ableitung des Erbbauzinssatzes aus dem Sekundärmarkt?

Liegenschaftszinssätze für Erbbaugrundstücke und Erbbaurechte werden grundsätzlich nicht durch die Gutachterausschüsse abgeleitet. Zwar könnten Erbbauzinssätze aus anderen Grundstücksmärkten herangezogen werden. Prinzipiell vorzugswürdig wäre dabei die Ableitung eines marktüblichen Erbbauzinses aus dem Sekundärmarkt (Weiterverkauf von Erbbaugrundstücken). Hierbei könnte der gezahlte Erbbauzins ins Verhältnis zum Kaufpreis für das belastete Grundstück gesetzt und so eine „Umlaufrendite“ ermittelt werden. Diese Vorgehensweise ist jedoch bislang unüblich. Stattdessen werden selbst in denjenigen Regionen, in denen Erbbaurechte eine größere Rolle spielen (v. a. Lübeck, Wolfsburg, Kaiserslautern, Aktivitäten der Klosterkammer Hannover), die Erbbauzinssätze primär anhand des Primärmarktes abgeleitet (zur Problematik s. oben). Speziell für Mehrfamilienhäuser besteht derzeit auch kaum ein Markt, in dem genügend Kauffälle von Erbbaugrundstücken vorhanden sind, die eine Ableitung aus dem Sekundärmarkt sinnvoll möglich machen. Soweit Erbbauzinssätze für Einfamilienhäuser aus dem Sekundärmarkt tatsächlich ermittelt werden könnten, sind diese – abgesehen von den regionsspezifischen Unterschieden – auch nicht ohne Weiteres auf Erbbaurechte für Mehrfamilienhäuser/Geschosswohnungsbau zu übertragen. Schließlich gilt sowohl für den Primär- wie auch für den Sekundärmarkt, dass die die Vertragsinhalte vergleichbar sein müssen (Restlaufzeit, Eingriffe in die Verfügungsrechte, Heimfallregelungen, Verlängerungs- und Erneuerungsoptionen etc.). Kurz: In Deutschland existieren weder ein Markt mit Daten, die zu Vergleichszwecken herangezogen werden könnte, noch valide Verfahren hierfür. Die Ableitung eines marktüblichen Erbbauzinssatzes aus dem Sekundärmarkt ist daher derzeit nicht möglich.

4 Mark-to-Model-Verfahren

4.1 Kapitalmarktorientierte Methoden

Weil die Ableitung eines marktgerechten Erbbauzinssatzes unmittelbar aus dem Markt (also über ein „Mark-to-Market“-Verfahren) regelmäßig nicht machbar ist, wird vorliegend zur Indikation eines marktgerechten Erbbauzinssatzes der Rückgriff auf andere Verfahren vorgeschlagen. Dabei kommen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) die in Tab. 1 skizzierten Verfahren in Betracht.

Tab. 1 Überblick über mögliche Verfahren zur Ableitung marktgerechter Erbbauzinsen bzw. Erbbauzinssätzen

So bietet sich die Anwendung von kapitalmarktorientierten „Mark-to-Model“-Methoden an. Dies wird nachfolgend anhand des prominenten Capital Asset Pricing-Verfahrens illustriert, das auch bei der Ableitung der Kapitalkostenforderungen von Unternehmen Anwendung findet.Footnote 6 („CAPM“: Sharpe 1964; Perridon et al. 2009, S. 260–267). Das CAPM blendet als kapitalmarktorientiertes Verfahren ausdrücklich die persönlichen Präferenzen der Marktteilnehmer aus. Die Überlegungen bezüglich der Marktgerechtigkeit des Erbbauzinses auf Grundlage des CAPM werden aus der Perspektive des Erbbauberechtigten angestellt.

Die Darstellung ist lediglich exemplarisch zu verstehen; es soll damit nicht der Eindruck erweckt werden, dass das CAPM generell die „Methode der Wahl“ ist. Welches Verfahren heranzuziehen ist, hängt von mehreren Faktoren ab, darunter insbesondere der Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der heranzuziehenden Daten. Das CAPM wird ebenfalls im Immobilienbereich angewendet. Allerdings stößt dies aufgrund der Besonderheiten des Immobilienmarktes auch auf Vorbehalte (Geltner et al. 2007, S. 571–576). Wegen der deutlich geringeren Vollkommenheit von Märkten für Immobilien und erst recht solchen für Erbbaugrundstücken sind hier Modifikationen notwendig (s. unten). In der Literatur wurde eine Reihe von weiteren „Korrekturversuchen“ unternommen (z. B. Breidenbach et al. 2006; Wolski 2014 oder Domian et al. 2015), die aber bezüglich ihrer Notwendigkeit und Übertragbarkeit auf den deutschen Markt noch tiefer untersucht werden müssten. Unabhängig davon, ob das CAPM oder ein anderes Verfahren Anwendung findet, ist in jedem Falle noch eine Plausibilisierung mit einer weiteren Methode notwendig. Möchte man sich angesichts dieser Vorbehalte dennoch auf das CAPM stützen, bietet sich eine zweistufige Vorgehensweise an:

In einem ersten Schritt wird eine Renditeforderung abgeleitet, wie sie sich in einem vollkommenen Kapitalmarkt ergeben würde (Rudolph 2006, S. 28–29). Dies umfasst konkret die Ermittlung

  • eines risikofreien nominellen Basiszinssatzes (rf), der die allgemeinen Knappheiten auf dem Kapitalmarkt indiziert. Oftmals greift man hier auf die Rendite von Staatsanleihen zurück;

  • einer Risikoprämie für Erbbaugrundstücke. Hierbei kann man sich zunächst an derjenigen für Immobilien im Volleigentum orientieren, da das Risiko der konkreten Investition nicht mit dem Risiko aus einer Bundesanleihe unmittelbar vergleichbar ist. Relevant sind im Rahmen des CAPM dabei nur sog. systematische, also nicht weg diversifizierbare Risiken, denn nur für diese wird auf dem Kapitalmarkt ein Preis bezahlt. Dieses wird mit dem Beta-Faktor gemessen, das aus börsengehandelten Immobilien-Aktien abgeleitet und sodann auf eine Marktrisikoprämie (MRP) angelegt wird (hierbei orientiert man sich oftmals am DAX). Der Beta-Faktor gibt Auskunft darüber, ob sich das betreffende Asset volatiler (\(\beta > 1\)) oder weniger volatil (\(\beta < 1\)) als der Markt entwickelt. Letzteres ist für Immobilienwerte typisch. Allerdings verbleibt wegen der Risikoverschiebung auf den Erbbaurechtnehmer nur ein Teil des Risikos beim Erbbaurechtgeber, der hier mit der Variable α beschrieben wird;

  • eines Abschlags aufgrund der möglichen Wertsicherung (γ), die bei der risikolosen Referenzanlage so regelmäßig nicht vorhanden ist. Der risikolose Basiszinssatz enthält i. d. R. eine Inflationsprämie. Die Erbbauzinsen werden aber zumeist entsprechend dem Anstieg der Verbraucherpreise angepasst (dabei ist die Kappungsgrenze des § 9a ErbbauRG zu beachten). In die Rendite des Erbbaurechtgebers fließen zudem die Bodenpreissteigerungen ein, die v. a. in dynamischen Städten deutlich über die Verbraucherpreissteigerungen hinausgehen können. Verglichen mit den zahlungswirksam und laufend zufließenden Erbbauzinsen unterliegt dieser Teil der Rendite aber höheren Unsicherheiten.

In einem zweiten Schritt sind Zuschläge (ω) wegen der Unvollkommenheiten der Märkte für die Zahlungsströme aus Erbbaugrundstücken vorzunehmen. Erbbaugrundstücke sind deutlich schwieriger, langwieriger und teurer zu veräußern als Aktien oder Anleihen. Ihre Verwaltung ist aufwändiger. Sofern Sozialbindungen vorgesehen sind, muss – wenn von Marktkonformität die Rede sein soll – der Investor zudem für deren Inkaufnahme kompensiert werden, sofern die Verfügungsbeschränkungen nicht Volleigentümer in gleicher Weise betreffen. Die vorzunehmenden Modifikationen betreffen daher die Ableitung

  • eines Fungibilitätszuschlags;

  • eines Verwaltungskostenzuschlags;

  • ggfs. auch eines Abschlags zur Kompensation von sozialen und städtebaulichen Bindungen (die vorliegend nicht diskutiert werden).

Ein Zuschlag für die Entschädigung des Erbbaurechtnehmers aufgrund des Rückfalls des Gebäudes zum Ablauf des Erbbaurechtsvertrages ist hingegen – zumindest bei einer Orientierung der Entschädigung am Verkehrswert – nicht zu berücksichtigen, zumal es sich um einen erfolgsneutralen Vorgang (Aktivtausch oder Bilanzverlängerung) handelt.

Als Formel liegt der kapitalmarktorientierten Ableitung (CAPM) des marktgerechten Erbbauzinssatzes (z) somit zugrunde:

$$z=r_{f}+\beta \cdot MRP\cdot \alpha -\gamma +\omega$$
(1)

Die nachfolgenden Ausführungen gelten für einen Erbbaurechts-Standardvertrag. Dabei werden Erbbauzinsen unterstellt, die laufend gezahlt und erstrangig besichert bzw. zwangsversteigerungsfest vereinbart sind. Bei über zwei Jahren Zahlungsrückstand kann ein Heimfallrecht geltend gemacht werden. Die Entschädigung für das bei Ende der Vertragslaufzeit an den Grundstückseigentümer übergehende Gebäude soll sich an den Verkehrswerten orientieren.

4.2 Ein Beispiel

Die nachfolgende Tab. 2 (deutscher Durchschnitt) bezieht sich auf das Jahr 2017 (Jahresdurchschnitt). Dies erlaubt einen Vergleich mit der Vorgehensweise von Sänze (2017), der allerdings auf den Jahresanfang abstellt. Dabei stützt sich Sänze nicht auf das CAPM, leitet den Erbbauzinssatz jedoch ebenfalls kapitalmarktorientiert ab und zieht dabei auch grundsätzlich dieselbe Struktur wie oben beschrieben verwendet heran. Die vorliegend herangezogenen Daten und Berechnungsschritte sind im Anhang erläutert.

Tab. 2 Ermittlung eines marktgerechten Erbbauzinssatzes über das CAPM (für 2017)

Erkennbare Unterschiede zwischen beiden Ansätzen ergeben sich hinsichtlich des risikofreien Basiszinssatzes (rf) sowie bezüglich der Marktrisikoprämie (MRP). Die Daten der vorliegenden Ableitung wurden Market-Risk-Premia.com (2020) entnommen. Sänze (2017) zieht die höheren Raten von Euro-Swaps heran, die eine entsprechend lange Laufzeit aufweisen. Vom Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) des IDW (2019, 2020) werden ebenfalls höhere Ansätze als vorliegend verwendet empfohlen. Hiervon wurde jedoch bewusst abgewichen, um bezüglich der Marktrisikoprämie die modellbezogenen Ableitungen von Market-Risk-Premia.com (2010) mit ihrer guten Datengrundlage nicht zu verlassen. Gegenüber Sänze ergeben sich dadurch im Zeitverlauf auch keine systematisch tieferen Erbbauzinssätze – eher ist das Gegenteil der Fall (s. Kapitel 4.3.). Weitere Erläuterungen zur Ableitung finden sich im Anhang. Trotz der unterschiedlichen Ansätze von Basiszinssatz und Risikoprämie kommen beide Ansätze zu einem ähnlichen Ergebnis.

4.3 Überschlägige Indikation über die Zeit hinweg – Formulierung einer Daumenregel

Nachfolgend wird die Entwicklung eines marktgerechten Erbbauzinssatzes (deutscher Durchschnitt, Ein- und Zweifamilienhäuser) über einen 15-Jahreszeitraum hinweg überschlägig indiziert. Die Berechnung entspricht derjenigen in Tab. 2; die Erläuterungen sind wieder im Anhang dargestellt.

Zur Berechnung s. Tab. 4 im Anhang.

In Abb. 3 sind zudem die Zinssätze für Baufinanzierungen mit einer Zinsbindungsfrist von 20 Jahren dargestellt (Check24 2021). Die Abbildung legt nahe, dass die Zinssätze für Baufinanzierungen eine brauchbare Daumenregel für die Ermittlung der Obergrenze eines marktgerechten Erbbauzinssatzes für Einfamilienhäuser darstellen können. Die Erbbauzinssätze für Mehrfamilienhäuser sollten allerdings, wenn man sich an den Jahresdurchschnittswerten orientiert, um ca. einen halben Prozentpunkt höher als diejenigen für Einfamilienhäuser liegen. Sänze (2017) kommt ganz ähnlich zu einer entsprechenden Beziehung zwischen marktgerechtem Erbbauzinssatz und Hypothekenzinssatz. Hierbei indiziert er allerdings die Hypothekenzinssätze mit 10-jähriger Zinsbindungsfrist als Obergrenze für einen marktgerechten Erbbauzinssatz (Sänze unterscheidet dabei allerdings nicht ausdrücklich zwischen Einfamilien- und Mehrfamilienhäusern). Die Unterschiede dürften auf die unterschiedliche Parametrisierung beider Berechnungen zurückgehen; die hier vorgenommene Berechnung ist über die Zeit hinweg ein wenig konservativer als diejenige von Sänze.

Abb. 3
figure 3

Marktgerechte Erbbauzinssätze für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie der Zinssatz für Baufinanzierungen (20-jährige Zinsbindungsfrist)

Die Daumenregel kann begründet werden, wenn

  • einerseits ein statistisch abgesicherter Zusammenhang zwischen der Risikoprämie bei Baufinanzierungen und Immobilienaktien (Produkt \(\beta \cdot MRP\)) sowie

  • andererseits zwischen dem Wertsicherungsabschlag γ und dem Zuschlag für Marktunvollkommenheiten ω nachgewiesen werden kann, dass diese sich zu einem bestimmten Anteil kompensieren. Dieser Anteil müsste also über die Zeit hinweg einigermaßen stabil bleiben.

Bei der vorliegenden Indikation marktgerechter Erbbauzinssätze wurde allerdings über die Zeit hinweg ein – an Sänze (2017) orientierter – unveränderter Zuschlag für Marktunvollkommenheiten angenommen; diese Annahme impliziert die Annahme einer Korrelation von nahe null zwischen dem Wertsicherungsabschlag und dem Zuschlag für Marktunvollkommenheiten. Inwieweit sich durch diese Annahme systematische Verzerrungen ergeben, muss hier offenbleiben. Aufgrund der Datenlage (s. Anhang) können die vorliegenden Berechnungen ohnehin nur eine erste und vorläufige Indikation darstellen, die weiterer statistischer Absicherungen bedarf. Insbesondere in Zeiten höherer Verbraucherpreissteigerungen ist zu erwarten, dass die Daumenregel nicht mehr zuverlässig angewendet werden kann, zumal sich eine höhere Inflationsrate durchaus auch in geringeren Liegenschaftszinssätzen niederschlagen kann (vgl. Sotelo 2001, S. 124–125). Die Diskussion dieser Effekte würde aber die vorliegende Abhandlung sprengen. Dies – und damit die Frage, inwieweit sich die Daumenregel auch vor dem Hintergrund veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen anwenden lässt – muss künftigen Untersuchungen vorbehalten bleiben.

Dennoch: Für das hier berechnete Niveau des Erbbauzinssatzes lassen sich weitere Plausibilisierungen finden. So präsentierte z. B. Aholt (Deloitte) in 2016 in einem Vortrag beim Deutschen Erbbaurechtsverband einen modellhaften Ansatz, der die Frage untersuchte, bei welchen Erbbauzinssätzen sich das Erbbaurecht für den Erbbaurechtgeber und den Erbbaurechtnehmer zugleich ökonomisch vorteilhaft gestaltet. Für nicht weiter spezifizierte Wohnnutzungen ermittelte Aholt eine Spanne für den marktüblichen Erbbauzinssatz zwischen 1,75 % und 2,50 % (Aholt 2016, S. 13). Vorliegend ergaben sich ganz ähnlich für 2015 als marktgerechte Erbbauzinssätze für Einfamilienhäuser 1,6 %, für Mehrfamilienhäuser 2,1 % (hier: bewusst nur Abrundung auf eine Stelle hinter dem Komma); der Zinssatz für Baufinanzierungen (20-jährige Zinsbindung) lag 2015 ungefähr bei 2,0 %.

5 Schlussfolgerungen

Kommunen werden, um bzgl. Kommunalwirtschafts- und Beihilferecht auf „Nummer Sicher“ zu gehen, oft einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen mit der Ermittlung eines marktgerechten Erbbauzinssatzes betrauen. I.d.R. leiten diese die bewertungsrelevanten Daten anhand von Modellen aus dem Markt ab und wenden die betreffenden Daten im selben Modell wieder auf das Bewertungsobjekt an (Modellkonformität).

Bei der Ermittlung eines marktgerechten Erbbauzinssatzes handelt es sich jedoch nicht um eine klassische Bewertungsaufgabe, die nach diesem Schema angegangen werden könnte. Die unmittelbare Ermittlung eines marktgerechten Erbbauzinses ist zumindest in der gegenwärtigen Situation i. d. R. nicht unmittelbar aus dem Markt heraus möglich. Stattdessen empfehlen sich – ähnlich wie bei Unternehmensbewertungen – zumindest derzeit noch anderweitig ökonomisch gestützte Ableitungen des Erbbauzinssatzes. Diese können aus dem Kapitalmarkt geschehen oder sich an Tragfähigkeitsüberlegungen orientieren. Sie müssen also nicht auf das hier dargestellte CAPM beschränkt sein. Zumal das CAPM auch beim Einsatz für die Unternehmensbewertung und der Ermittlung von Kapitalkostenforderungen von Unternehmen wegen seiner strengen Voraussetzungen nicht ohne Kritik geblieben ist, bedarf es in Zukunft ohnehin weiterer Tests der hier vorgenommenen Aussagen mit anderen Methoden (z. B. Monte-Carlo-Simulationen). Die vorliegend dargestellten Berechnungen legen jedoch nahe, dass zumindest derzeit bei Erbbaurechten für Einfamilienhäusern die Orientierung am 20-jährigen Satz für Baufinanzierungen ein Anhaltspunkt für einen marktgerechten Erbbauzinssatz darstellen kann; bei Mehrfamilienhäusern sollte der Satz um ca. einen halben Prozentpunkt darüber liegen.

Zumindest die kapitalmarktorientierten Modelle dürften jedoch vielen öffentlich bestellten und vereidigten oder zertifizierten Sachverständigen nicht geläufig sein. Selbst wenn dies der Fall ist, stehen sie vor dem Problem, dass die Heranziehung kapitalmarktorientierter Verfahren sich bislang nicht in der Praxis etabliert hat und deren Anwendung somit mit Haftungsrisiken verbunden ist. Somit droht nach wie vor eine unsachgemäße – weil zu hohe –, für Investoren unattraktive Ableitung der Erbbauzinssätze aus dem Primärmarkt.

Damit aus der Anwendung solcher Verfahren keine kommunalwirtschafts- und beihilferechtlichen Bedenken abgeleitet werden können, wäre dem Gesetz- bzw. Verordnungsgeber anzuraten, mit Blick auf die kommunal- und beihilferechtlichen Dimensionen des Vergaberechts die Ermittlung eines marktgerechten Erbbauzinssatzes zu regeln. Dabei sollten jenseits von Mark-to-Market-Verfahren auch geeignete ökonomisch basierte Methoden und empirisch abgesicherte Daumenregeln zugelassen werden, sofern die Datenlage – was bislang der Regelfall ist – eine unmittelbare Ableitung eines marktgerechten Erbbauzinssatzes aus dem Markt nicht zuverlässig ermöglicht. Die Auswahl der betreffenden Modelle sollte dabei aber offen gelassen werden. Auch die Kommunalaufsichtsbehörden sollten derartige Verfahren akzeptieren oder zumindest tolerieren.