1 Einführung in das Thema

Crowdfunding ist Allgemein definiert „… as a collection of equity and debt to be invested in several kind of projects through a web-based platform“ (Daviddi et al. 2018). Crowdfunding wird als Bestandteil des übergeordneten Konzeptes Crowdsourcing verstanden (Günther und Riethmüller 2019), mit der erstmaligen Erwähnung in 2006 in einem Beitrag „The Rise of Crowdsourcing“ von Jeff Howe (Howe 2006). In diesem wird Crowdsourcing als eine Auslagerung von vormals bezahlter Arbeit mit Hilfe eines offenen Aufrufs an eine große, nicht näher beschriebene Masse von Internetnutzern definiert, die auf der Grundlage von intrinsischer oder extrinsischer Motivation in die Leistungserbringung einbezogen werden (Howe 2006). Aufgrund der Abwicklung von Crowdfunding Projekten über das Internet werden sowohl Transaktions- als auch Kommunikationskosten durch die Nutzung von elektronischen Zahlungen gesenkt. Die bekannten allgemeinen Crowdfunding Seiten im Internet wie z. B. Kickstarter.com, gofundme.com oder indiegogo.com als auch die Real Estate spezifischen Seiten wie fundrise.com, realtymogul.com oder crowdstreet.com schaffen Transparenz und einen Zugang zur Kommunikation mit Investoren (Daviddi et al. 2018). Das Real Estate Crowdfunding (RECF) gewinnt international seit Jahren stark an Bedeutung (Kotas 2018), auch wenn zum einen bei Real Estate Crowdfunding-Finanzierungen häufig die Immobilie als Sicherheit herangezogen wird und zum zweiten diese über partiarische Nachrangdarlehen ausgestaltet sind (Wunschel und Gaßner 2015). Parallel zu den zuvor genannten Crowdfunding Anbietern sind seit 2017 ca. 150 Initial Coin Offerings (ICOs) der Branche Real Estate auf der Grundlage der Blockchain-Technologie an den Start gegangen. Die ICObench Datenbank im Internet verkündet im November 2019 in ihrem Monatsbericht, dass „The second month in a row Art, Real Estate and VR are the most popular industries in terms of the number of ratings in November.“ (ICObench 2019). Mit diesen ICOs betreten Entrepreneurs mit innovativen Geschäftsmodellen auf Grundlage der Blockchain-Technologie den Markt im Bereich der Immobilienwirtschaft. Neben Geschäftskunden, denen z. B. Etherty eine Plattform für den weltweiten Kauf, Verkauf und Crowd-Sale von Immobilien bietet werden auch Privatkunden über Anwendungen wie CryptoBnB angesprochen. Aufgrund des geringen Kenntnisstandes der Bevölkerung in Deutschland über den Begriff der Blockchain, 81 % kennen den Begriff laut einer Studie von pwc nicht (pwc 2016), sind die Signale des Entrepreneurs an die potenziellen Kunden zur Überwindung der Informationsasymmetrien von hoher Relevanz. Für das Senden der notwendigen Signale sind verschiedene Medien einsetzbar, die hinsichtlich ihrer Reichweite und Fähigkeit zur Übermittlung von komplexen Sachverhalten zu unterscheiden sind. Von den 150 gestarteten ICOs der Zuordnung Real Estate sind nach unseren Untersuchungen nur 61 ICOs weiterhin aktiv und damit erfolgreich, so dass 89 ICOs vom Markt verschwunden sind. In Anlehnung an die Media Richness Theory untersuchen wir die eingesetzten Medien der erfolgreichen ICOs und stellen anhand einer Cluster-Analyse die unterschiedlichen Kombinationen der Medien dar. Die hieraus abgeleitete Forschungsfrage ist:

Welche Informations- und Medienkombinationen führen zu einem erfolgreichen Real Estate Crowdfunding mit ICOs?

Aufgrund dieser Erkenntnisse werden Handlungsempfehlungen zur Überwindung der Informationsasymmetrien zwischen ICO-Emittenten und Investoren mit Hinblick auf die Informationsreichweite aufgezeigt.

2 Inhaltliche Grundlagen und Forschungsmethodik

2.1 Media Richness Theorie

Mit Media Richness wird zunächst die Reichhaltigkeit eines Mediums in Bezug auf die Möglichkeit für unmittelbares Feedback bezeichnet, sowie die Vielfalt medialer Formen mit der Möglichkeit zur Personalisierung (Böhm 2015). Die Media Richness Theory ist eine Theorie der Mediennutzung, und weniger eine Theorie der Medienauswahl (Dennis und Kinney 1998). Daft und Lengel (1983) betonen in ihrer grundlegenden Arbeit, dass „Richness is defined as the potential information carrying capacity of data“. Ein hierfür wichtiges Merkmal für die Zuordnung eines Informationsmediums zu einer Media Richness Stufe ist die Fähigkeit des Mediums, auf eine übertragene Information eine sofortige Rückmeldung zu erhalten, wie es zum Beispiel in einem Dialog am Telefon der Fall ist (Daft und Lengel 1983). Sie lehnt sich an die Fähigkeit von Informationen an, das Verständnis eines Informationsempfängers innerhalb eines Zeitintervalls zu ändern (Daft und Lengel 1986). Ein Informationsmedium, dass eine asynchrone Rückmeldung bietet, hat eine geringere Media Richness und ist wie z. B. eine eMail oder ein Chat in einer niedrigeren Media Richness Stufe eingeordnet. Eine schriftliche Kommunikation ist nach Daft und Lengel (1983) grundsätzlich mit einer geringeren Media Richness ausgestattet mit der Differenzierung, dass eine persönliche schriftliche Kommunikation eine höhere Media Richness als eine unpersönliche schriftliche Kommunikation wie z. B. Newsletter, hat. Die niedrigste Stufe in dem 5‑Stufen Media Richness Kontinuum haben formale numerische Dokumente, wie zum Beispiel ein quantitativer Bericht, denn sie enthalten weder eine visuelle Beobachtung, noch lassen sie ein Feedback zu und sind in der Regel auch nicht personalisiert (Daft und Lengel 1983).

Ein persönliches Gespräch zwischen zwei Menschen hat eine hohe Reichhaltigkeit, während ein Newsletter oder ein Faltblatt eher eine geringe Reichhaltigkeit besitzt. Der Einfluss der sozialen Medien zur Übermittlung von Informationen hat u. a. aufgrund ihrer hohen Reichhaltigkeit deutlich zugenommen (Chaudhuri und Schmalstieg 2015; Mohsin 2020; Pleil und Bastian 2016). Jedoch konnte in einer Studie bereits 2009 nachgewiesen werden, dass die Nutzung von Social Media Informationsmedien wie zum Beispiel ein Chat-Tool weniger erfolgreich Informationen austauschen und Informationen verarbeiten kann als eine Face-to-Face-Kommunikation (Kerr und Murthy 2009).

Daft und Lengel unterscheiden in ihrer Arbeit aus 1986 die Kommunikationsmedien hinsichtlich ihrer Fähigkeit, umfangreiche Informationen zu verarbeiten (siehe Tab. 1).

Tab. 1 Informationsmedium und Media Richness. (In Anlehnung an Daft und Lengel 1986)

Ihre Klassifizierung der Kommunikationsmedien ist in der Reihenfolge der Abnahme des Reichtums das persönliche Gespräch von Angesicht zu Angesicht (face-to-face), ein Telefongespräch, persönliche Dokumente wie Briefe, unpersönliche schriftliche Dokumente wie Newsletter oder Whitepaper und numerische Dokumente. Diese Kommunikationsmedien ordnen sie in ein fünf-stufiges Schema ein (siehe Tab. 1; Daft und Lengel 1986).

2.2 Initial Coin Offerings (ICOs)

Ein Initial Coin Offerings (ICOs) ist eine Form des Crowdfundings über das Internet und lehnt sich begrifflich an einen Initial Public Offering (IPO) an mit dem Unterschied, dass bei einem ICO Token anstatt Aktien emittiert werden (Hahn und Wons 2018). Die BaFin hat jedoch bereits 2017 darauf hingewiesen, dass diese begriffliche Annäherung zum Teil irreführend ist, da ein ICO weder technisch noch rechtlich mit Aktienemissionen vergleichbar sei (BaFin 2017). Mit einem ICO erhalten Anleger im Rahmen der Finanzierung einer Geschäftsidee eines Unternehmens Krypto-Token als digitalen Vermögenswert basierend auf der Blockchain (BaFin 2019). Die Darstellung der Geschäftsidee mit Informationen zum geplanten Geschäftszweck als auch der technischen Ausgestaltung der Token findet in einem Whitepaper statt (BaFin 2017). Dieses Whitepaper ist das Verkaufsprospekt des ICOs und dient hauptsächlich der Kommunikation mit dem potentiellen Investor (Hahn und Wons 2018). Die Unternehmen sind bei der Gestaltung diesen Whitepapers sowohl hinsichtlich der Form als auch des Inhalts frei (BaFin 2018). Jedoch prüft die BaFin bei der Ausgabe von Token im Einzelfall, ob es sich um ein reguliertes Instrument wie z. B. ein Finanzinstrument oder ein Wertpapier handelt (BaFin 2018). Im Rahmen des ICO werden Krypto-Token häufig gegen andere Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ether getauscht, daneben ist ein Tausch mit einer herkömmlichen Währung ebenfalls möglich (Hahn und Wons 2018). Der Emittent weist den ausgegebenen Krypto-Token bestimmte Funktionen oder einen bestimmten Wert zu (BaFin 2019). Die Funktionen können in der Nutzung oder den Kauf von Dienstleistungen oder Produkten des Emittenten liegen (siehe Abb. 1), oder es werden Stimmrechte oder Gewinnanteile an künftigen Einnahmen des Emittenten erworben (BaFin 2018). Für den Investor in einen ICO gibt es keinen besonderen Schutz, da die bei IPOs üblichen Intermediäre wie z. B. Banken aufgrund der Dezentralität der Blockchain-Technologie und des Peer-to-Peer-Netzes fehlen (Brenneke et al. 2018). Führen Unternehmen einen Initial Coin Offerings (ICOs) durch, so werden in der Regel fünf Phasen durchlaufen. In der ersten Phase gilt es, aus der Anzahl der verschiedenen Blockchain-Technologien die für den jeweiligen Einsatzzweck am besten geeignete Plattform auszuwählen, die sich hinsichtlich der Kosten pro Transaktion, Transaktionsgeschwindigkeit sowie Datensicherheit unterscheiden (Huber 2020). Laut ICObench von November 2019 hat die Blockchain Ethereum einen Marktanteil von 87 %, und liegt damit deutlich vor Waves (2 %) und Stellar (1 %) (ICObench 2019). In der dann folgenden Phase wird üblicherweise das für den ICO wichtige Whitepaper erstellt und über verschiedene Kanäle im Internet wie z. B. Soziale Medien publiziert (siehe Abb. 1). Das Whitepaper wird von Hahn und Wons (2018) als das Schlüsseldokument für potentielle Investoren bezeichnet. Vor dem eigentlichen Crowdfunding über das Internet wird ein Pre-ICO für Großinvestoren und Geschäftspartner durchgeführt. Zeigt sich in dieser Phase bereits ein geringes Interesse an dem ICO, so wird häufig der eigentliche ICO auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. In der fünften und damit letzten Phase wird der eigentliche ICO als Crowdfunding über das Internet durchgeführt (Brenneke et al. 2018). Abb. 1 zeigt das Ecosystem eines ICOs auf der Grundlage einer freien (permissionless) Blockchain Ethereum mit dem Emittenten (Token Issuing Entity), der kryptografische Tokens mit Hilfe von Smart Contracts auf der Blockchain generiert, die dann von Token Investoren erworben werden können. Mit dem Kauf der Token wird durch den Smart Contract ein Gegenwert für die Token in bitcoin oder ether auf das Wallet des Emittenten übertragen. Der Eigentumsübergang der Token an die Token Investoren wird innerhalb der Ethereum Blockchain durch die Miner verifiziert und in die Blockchain gespeichert. Diese sogenannten Miner führen anhand des Konsensmechanismus Proof-of-work eine Verifizierung der neuen Blöcke auf der Blockchain durch. Im Anschluss an den ICO können die Tokens auf Tauschbörsen (Crypto Exchange) wie z. B. Bittrex, HitBTC oder Binance gehandelt werden (Kranz et al. 2019).

Abb. 1
figure 1

The token sale ecosystem. (Kranz et al. 2019)

Die Entwicklung von Kryptowährungen wie Bitcoins basiert auf einem grundlegenden Beitrag von Satoshi Nakamoto in 2008 (Nakamoto 2008). Eine Kryptowährung ist eine digitale Währung auf der Grundlage der Blockchain-Technologie und Verschlüsselungstechniken und meint damit zum einen Coins als selbständige Währungen auf einer eigenen Blockchain als auch Tokens, die darauf aufbauend generiert werden können (Amsden und Schweizer 2018). Aus den ersten Bitcoin Transaktionen in 2010 ist mittlerweile ein Bitcoin Ecosystem mit Tauschbörsen, Handelsplätzen und Akzeptanzstellen geworden (Wörner et al. 2016). Das Bitcoin Netzwerk ist für jedermann über eine Software namens Wallet zugänglich. Nach Hahn und Wons (2018) können Tokens in die vier grundlegenden Typen Utility Token, Equity Token, Digitale Währung sowie Asset-backed Token eingeteilt werden. Die utility token ist die bisher häufigste Variante, bei dem der Besitzer den Token für die Nutzung eines digitalen Service einsetzen kann. Der Typus Equitiy Token ist vom Charakter her ein Wertpapier oder eine Unternehmensbeteiligung, mit den entsprechenden Möglichkeiten zur Antizipierung an Gewinnen und dem Recht der Mitsprache. Eine Digitale Währung in diesem Kontext ist eine Kryptowährung und ein reines digitales Wertaufbewahrungsmittel. Sobald eine Verknüpfung zwischen dem Token und einem physischen Anlagegut aus der Bilanz des Unternehmens besteht, so spricht man von einem Asset-backed Token (Hahn und Wons 2018).

Die zentralen Anlaufstellen für Informationen über ICOs sind Internet Datenbanken wie z. B. ICObench.com oder Coinschedule.com.

2.3 Blockchain

Die Blockchain ist eine Form der distributed ledger Technologie mit einer verteilten Transaktionsdatenbank, die digitale Ereignisse aufzeichnet (Brenneke et al. 2018). Sie ist damit eine Art verteiltes elektronisches Register zur dauerhaften, transparenten und vertrauenswürdigen Speicherung von Daten. Sie wird häufig als technologische Innovation bezeichnet, denn der Transfer von Transaktionen wie z. B. Bitcoins zwischen zwei Parteien ohne einen Intermediären wie z. B. ein Geldinstitut ist revolutionär. Dieser Verzicht auf einen Intermediären gelingt aufgrund des Peer-to-Peer-Ansatzes der Blockchain, in dem Transaktionen von allen am Blockchain-Netzwerk teilnehmenden Akteuren validiert werden und die Transaktionen für alle transparent und nachvollziehbar sind. Mit Hilfe von kryptografischen Verfahren werden unautorisierte Änderungen an der Blockchain verhindert (Fill und Meier 2020b). Dieses Verfahren ist Teil einer public bzw. permissionless Blockchain bei Transaktionen zwischen Fremden. In einer geschlossenen bzw. permission Blockchain ist eine solche Validierung nicht notwendig. Da ein Real Estate Crowdfunding über das Internet einen ICO mit Fremden entspricht, so beziehen sich die nachfolgenden Ausführungen über die Blockchain-Technologie auf eine public bzw. permissionless Blockchain.

Eine wesentliche Funktion einer Blockchain sind Smart Contracts. Das sind Programme innerhalb der Blockchain, die ohne das Risiko von Ausfallzeiten oder Manipulationen zu einem bestimmten Zeitpunkt oder aufgrund eines bestimmten Signals ausgeführt werden (Brenneke et al. 2018). Der Informatiker Nick Szabo hat bereits 1998 den Begriff Smart Contracts in einem Beitrag „Formalizing and Securing Relationships on Public Networks“ geprägt (Szabo 1998). In seinem Beitrag weist er auf die Selbstverständlichkeit hin, dass Verträge schriftlich auf Papier gebracht werden, trotz einer Zunahme der Rechnerleistungen und der weltweiten Vernetzung mit dem Potential, alle Schritte eines Vertragsabschlusses von der Verhandlung bis zur Durchsetzung technisch zu unterstützen und vollständig oder zumindest teilweise zu automatisieren (Szabo 1998). Ein Smart Contract in diesem Kontext ist eine Vereinbarung zwischen zwei Parteien sowie dem zugehörigen Softwarecode (Clack et al. 2016), der in einer Skriptsprache der Blockchain entwickelt wurde in einer virtuellen Maschine auf allen Rechnern des Peer-to-Peer-Netzwerkes der Blockchain läuft (Bhargavan et al. 2016). Für einen Token Sale im Rahmen eines ICOs spielen Smart Contracts eine wesentliche Rolle (siehe Abb. 1). Denn nach der Aktivierung führen Eingänge von finanziellen Mitteln von Investoren, die in der Regel in anderen Kryptowährungen erfolgen, zu einer durch die Smart Contracts gesteuerten Ausgabe von Tokens an das Wallet des Investors. Diese Transaktionen werden wiederum von den Minern verifiziert und dann auf der Blockchain gespeichert (Kranz et al. 2019).

Die Transaktionen eines bestimmten Zeitraumes zwischen den Teilnehmern einer Blockchain werden zu Blöcken zusammengefasst und auf allen Computern der Benutzer in dem Peer-to-Peer-Netzwerk gespeichert. Neben den reinen Daten enthält jeder Block einen Zeitstempel sowie den Hashwert des vorherigen Blocks (siehe Abb. 2). Diese Blöcke werden mit kryptografischen Methoden verkettet und ergeben eine chronologische Kette von unveränderlichen Daten (Mendling et al. 2018). Die Neuaufnahme eines Datensatzes in die Blockchain verlangt von allen Teilnehmern über einen Konsensmechanismus eine Bestätigung über die Richtigkeit dieser Transaktion. Somit wird sichergestellt, dass alle Benutzer in diesem Blockchain Peer-to-Peer-Netzwerk den gleichen Datenstand haben (Swan 2015) und die Daten validiert, akzeptiert und letztendlich verbindlich sind (Engelschall 2019). Ein wichtiger Algorithmus zur Erzielung eines Konsenses ist der Proof-of-work (PoW) mit der Erzeugung von Blocks, die wiederum von den Minern über Arbeitsnachweise über die Verkettung aller Daten eines Blockes von allen Systemteilnehmern validiert werden (Portmann 2018).

Abb. 2
figure 2

Verkettung von Blöcken. (Fill und Meier 2020b)

Die Datenstruktur der Blockchain mit der Verkettung der einzelnen Blöcke wird anhand der Abb. 2 verdeutlicht. Die unterste Ebene der Transaktionen enthält die Daten, diese können beispielhaft im Rahmen eines Token Sales in einem ICO die Angaben zur Übertragung von Token sein. Die Daten der Transaktionen eines Blocks werden in einer Baumstruktur (sogenannter Merkle-Tree) dargestellt, der Wert des zugehörigen Root-Hash wird im Block hinterlegt. Der Wert im Feld Target ist das Ziel eines kryptografischen Puzzles. Zusammen mit der beliebigen Zahl im Feld Nonce ergibt sich somit ein Puzzle, dass von allen Teilnehmern des Blockchain-Netzwerks gelöst werden kann. Die Teilnehmer, die sich an dieser Lösungssuche beteiligen werden „Miner“ genannt. Der Gewinner des Puzzles darf den Block auf die Blockchain schreiben und erhält dafür eine Vergütung. Die nun vorliegende neue Blockhain Version wird an alle Teilnehmer im Blockchain-Netzwerk weitergeleitet (Fill und Meier 2020a).

Die Verkettung der Blöcke sowie die verteilte Transaktionsdatenbank führen zu einer Unveränderlichkeit der Daten in der Blockchain bei einer gleichzeitigen hohen Transparenz, da jeder Teilnehmer alle Daten einsehen kann (Brenneke et al. 2018). Diese Transparenz der Daten für alle Teilnehmer ist in vielen Anwendungsbereichen nicht gewünscht und hat daher zu der Entwicklung von geschlossenen oder privaten Blockchains geführt. Bei dieser Form der Blockchain werden der Nutzerkreis und deren Berechtigungen aktiv gesteuert, während bei einer öffentlichen Blockchain wie beispielsweise Bitcoin ein jeder Mensch auf der Welt ohne Legitimation teilnehmen kann (Beck und Müller-Bloch 2017). Darüber hinaus sind mittlerweile hybride Blockchain im Einsatz, die die Vorteile einer privaten Blockchain mit der hohen Verbreitung und Transparenz einer offenen Blockchain verbinden, indem die Nutzer der Blockchain festlegen, welche ihrer Transaktionen auf der Blockchain sichtbar sind, und welche Transaktionen ausschließlich einem zuvor definierten Teilnehmerkreis zugänglich sind (Schiller 2018). In dem öffentlichen Teil der hybriden Blockchain sind die Teilnehmer anonym, während die Autorisierung in dem privaten Teil der hybriden Blockchain eine wesentliche Grundlage für Geschäftsmodelle sind, die dem strengen Know-your-Customer (KYC) Prinzip folgen müssen. Eine für die Finanzbranche wichtige hybride Blockchain ist Ripple, die 2012 gestartet wurde und Banken, Zahlungsanbieter sowie Digital Asset Exchanges verbindet (Schiller 2018).

Die wesentlichen Eigenschaften der Blockchain sind in Tab. 2 aufgeführt (Risius und Spohrer 2017).

Tab. 2 Funktionen der Blockchain

Die zuvor aufgeführten Eigenschaften der Blockchain (siehe Tab. 2) sind denen einer herkömmlichen und zentralen Datenbank gegenüberzustellen. Chowdhury et al. (2018) haben verschiedene Blockchain-Lösungen analysiert und auf der Grundlage eine Gegenüberstellung von Blockchain und zentraler Datenbank vorgenommen. Ihr Ergebnis ist, dass eine Blockchain dann geeigneter als eine zentrale Datenbank ist, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Es gibt eine Vielzahl von Beteiligten,

  • zwischen denen es ein gewisses Vertrauensdefizit gibt,

  • und ein eine vertrauenswürdige Instanz als Intermediär fehlt,

  • und die Transaktionen zwischen den Beteiligten unveränderlich sein sollen.

2.4 Methodik

Aus der Analyse der ICOs für Real Estate haben wir die in Tab. 3 aufgeführten Informationsmedien als relevant für unsere Untersuchungen definiert und im April 2019 die für unsere Analyse benötigten Daten von ICObench.com, der führenden ICO Übersicht im Internet, ermittelt. Hierzu haben wir die Kategorie „Real Estate“ mit dem Status „Ended“ gewählt und 150 Treffer erhalten. Von jedem ICO haben wir dann die in der Tab. 3 beschriebenen Daten aus den entsprechenden Quellen wie ICObench, der ICO Homepage, Etherscan oder Facebook erhoben. Für einige Informationsmedien haben wir eine künstliche Dichotomie bestehend aus einer 1 für „trifft zu“ und einer 0 für „trifft nicht zu“ eingeführt.

Tab. 3 Medium bzw. Merkmal, Erläuterung, Quellen und Ausprägungen

Darüber hinaus haben wir das Jahr erfasst, in dem der ICO abgeschlossen wurde sowie die Anzahl der Transaktionen pro Tag seit Ende des ICO sowie das Datum der letzten Token Transaktion (siehe Tab. 4). Die Informationen über die Transaktionen sowie das Datum der zuletzt transferierten Tokens sind relevant zur Bestimmung, ob ein aktiver Token und damit ein aktiver ICO vorliegt, oder nicht.

Tab. 4 Medium bzw. Merkmal, Erläuterung, Quellen und Ausprägungen

2.5 Daten

Für die in Tab. 3 dargestellten Informationsmedien haben wir Anlehnung an den Beitrag von Daft und Lengel aus 1983 eine Zuordnung zur Media Richness vorgenommen und sowohl die absolute als auch relative Anzahl angegeben (siehe Tab. 5).

Tab. 5 Informationsmedium mit Zuordnung zur Media Richness Stufe. (In Anlehnung an Kaplan und Haenlein 2010, 2012; sowie Mandal und McQueen 2013)

Tab. 5 zeigt deutlich, dass in den Stufen 1 und 2 65 % aller Informationsmedien zu finden sind, demnach also eine niedrige Media Richness aufweisen. Nehmen wir noch die 30 % aus der mittleren Stufe 3 hinzu, so vereinen die Stufen 1–3 einen Anteil von 95 %. Diese Informationsmedien sind nach den Ausführungen von Daft und Lengel (1983) nicht in der Lage, für den Kommunikationsempfänger in ausreichender Weise für Verständnis zu sorgen. „If the datum provides little understanding, it would be low in richness“ (Daft und Lengel 1983).

Nach der Erfassung der Daten haben wir in einem nächsten Schritt die Aktivität des Tokens anhand der Angaben auf Etherscan.io analysiert. Etherscan.io ist ein frei zugänglicher Blockchain Explorer für die Blockchain Ethereum und liefert die Anzahl der Token Eigentümer, die Anzahl der bisherigen Transaktionen sowie dem Alter der letzten Transaktion ausgehend vom aktuellen Tag. Auf der Grundlage der uns vorliegenden Daten haben wir für die nachfolgende Bestimmung pragmatische Grenzen festgelegt und mit der Intention getestet, nur die Tokens als inaktiv zu kennzeichnen, die nachweislich keinen Erkenntnisgewinn für unsere Analysen bringen.

Unser Algorithmus zur Bestimmung, ob ein Token aktiv ist, ist daher wie folgt:

  • Anzahl der Token Eigentümer >10 und

  • Anzahl der Token Transaktionen >10 und

  • Alter der letzten Transaktion >300 Tage.

Eine geringe Anzahl an Token Eigentümern ist ein Zeichen dafür, dass kein aktiver Handel mit den Token betrieben wird. Dies lässt sich ebenfalls an den geringen Transaktionsmengen sowie dem Alter der letzten Transaktion ablesen. Ein Token ist neben einer Wertaufbewahrung verbunden mit der Hoffnung aufsteigende Kurse in der Regel ein Gegenwert für eine Leistung, die durch die Blockchain-Applikation angeboten wird. Bei nur geringen Mengen an Transaktionen lässt dies zum einen die Vermutung zu, dass keine funktionsfähige Blockchain-Applikation bisher angeboten wurde oder zum anderen kein entsprechender Markt aufgebaut werden konnte. Damit wird ebenfalls die Hoffnung aufsteigende Kurse enttäuscht, und dies verhindert in der Regel eine positive Kursentwicklung durch fehlenden Handel.

Unserer Auswertungen sowohl über ICObench.com als auch Coinschedule.com hinsichtlich der Typologie der verwendeten Tokens für Real Estate zeigen 100 % Utility Token.

Die durch diesen Algorithmus als inaktiv gekennzeichneten Token haben im Mittelwert 2,9 Token Eigentümer mit im Durchschnitt 3,9 Transaktionen. Insgesamt sind hierdurch lediglich 17 Token ausgesondert worden. Bei 72 Token konnte weder ein Token Eigentümer noch eine Token Transaktion festgestellt werden. Somit fehlen von den 150 ICOs für Real Estate in Summe 89 Token, es bleibt somit ein Rest von 61 ICOs als Basis für unsere weiteren Analysen. Diese ICOs schlossen zum größten Teil in 2018 ab (mit einem Anteil von 70,5 %, siehe Tab. 6) mit einer durchschnittlichen Anzahl an Token Besitzern mit 7491 und einem durchschnittlichen Token Transfer von 12.295. Die durchschnittliche Anzahl der Mitarbeiter je ICO ist von 10,55 in 2017 auf 14,57 in 2019 gestiegen (siehe Tab. 7). Bemerkenswert ist die Spanne zwischen der geringsten (Min = 1) und höchsten Anzahl (Max = 40) von Mitarbeitern.

Tab. 6 Deskriptive Statistik der untersuchten ICOs
Tab. 7 Deskriptive Statistik der untersuchten ICOs und deren Mitarbeiter

2.6 Clusteranalyse

Die Clusteranalyse ist eine Gruppe multivariater Techniken, deren Hauptzweck darin besteht, Objekte auf der Grundlage ihrer Eigenschaften zu gruppieren (Hair et al. 2014). Nach Eckstein (2016) besteht die Grundidee einer Clusteranalyse darin, eine definierte Menge von Objekten so zu gruppieren, dass die Objekte innerhalb einer Gruppe möglichst homogen bezüglich der Menge der Clustermerkmale und die Objekte unterschiedlicher Gruppen möglichst heterogen bezüglich der Menge der Clustermerkmale sind (Eckstein 2016). Die Verwendung der Clusteranalyse hat in den letzten Zeiträumen erheblich zugenommen und ist weit verbreitet (Kettenring 2006).

Bevor wir die Clusteranalyse durchführen, untersuchen wir die statistischen Zusammenhänge zwischen unseren metrischen Merkmalen mit der Pearson-Korrelation um herauszufinden, ob die zur Clusterbildung herangezogenen Merkmale untereinander stark korrelieren. Solche Merkmale mit einer Korrelation >0,9 sollten aus der Clusteranalyse ausgeschlossen werden (Schendera 2010). Die höchsten Korrelationen bestehen zwischen der Nutzung von Twitter und Facebook mit einer Korrelation von 0,549 sowie der Nutzung von Telegram und der Anzahl der Mitarbeiter mit 0,554. Die Ergebnisse lassen aufgrund ihres niedrigen Niveaus eine weitere Clusteranalyse zu. Hierfür nutzen wir IBM SPSS Version 24 und verwenden die hierarchisch-agglomerative Klassfikation des Ward-Verfahrens. Diese Varianz-Methode arbeitet mit dem kleinsten Zuwachs der Fehlerquadratsumme bei einer Clusterfusion (Eckstein 2016). Als Abstandsmaß in der Clusteranalyse wurde der weit verbreitete quadratische euklidische Abstand gewählt, der für binäre Variablen verwendet werden kann. Der euklidische Abstand ergibt sich, in dem die Differenzwerte jeder Eigenschaft eines Objektpaares quadriert und zu einer Summe addiert werden, aus der dann die Quadratwurzel gezogen wird (Backhaus et al. 2018). Für die Bestimmung der besten Anzahl an Clustern „gibt es keine ‚harten‘ Regeln, die für eine statistisch und sachlogisch plausible Deutung der erzielten Ergebnisse hilfreich sind“ (Eckstein 2016). Daher haben wir zunächst mit Hilfe des Dendrogramms eine Bestimmung der Anzahl der Cluster durchgeführt. In einem weiteren Schritt haben wir die Entscheidungsregel von Eckstein (2016) angewandt. Dazu wird der Fusionsschritt gesucht, der sich durch eine übermäßige Steigerung des Heterogenitätskoeffizienten auszeichnet. Die optimale Anzahl der Cluster ist dann die Anzahl der Fusionsschritte gesamt abzüglich des Fusionsschritts mit der übermäßigen Steigerung des Heterogenitätskoeffizienten (Eckstein 2016). In unserem Fall ergeben 60 Fusionsschritte abzüglich dem 56. Fusionsschritt, der eine übermäßige Steigerung des Heterogenitätskoeffizienten zeigt, 4 Cluster. Damit wird das Ergebnis von vier Clustern der visuellen Analyse des Dendrogramms bestätigt.

3 Ergebnisse

Das Ergebnis unserer Clusteranalyse sind vier unterschiedliche Cluster, mit den nachfolgenden Mengen (siehe Tab. 8).

Tab. 8 Darstellung der Cluster mit absoluten und relativen Mengen

Nachfolgend werden die Cluster dargestellt und analysiert. Abb. 3 zeigt zu jedem Cluster und Informationsmedium den Grad der Nutzung an. Das Ergebnis wird anhand einer abgestuften Farbskala von Rot für einen Null Wert bis Dunkelgrün für den Höchstwert dargestellt.

Abb. 3
figure 3

Gegenüberstellung der Nutzung der Informationsmedien der einzelnen Cluster

3.1 Cluster 1

Beginnend mit der Media Richness Stufe 4 im Cluster 1 wird deutlich, dass das Telefon als Informationsmedium keine Verwendung findet. Weder auf der Homepage noch im Whitepaper des ICO konnten wir im Rahmen unserer Analyse eine Telefonnummer für den telefonischen Kontakt finden. Ebenfalls die Möglichkeit, über einen Online-Chat in der Media Richness Stufe 3 den direkten Kontakt mit den Kunden zu suchen wird von allen ICOs in diesem Cluster nicht angeboten. Das wichtigste Informationsmedium für die Start-ups ist das soziale Netzwerk Facebook, das im Cluster 1 zu 100 % im Einsatz ist. Darüber hinaus werden mit 60 % auch slack als webbasierter Instant-Messaging-Dienst sowie das Form bitcointalk im Internet genutzt. Eine Möglichkeit für den Kunden, über eine eMail den Kontakt zu dem Start-up aufzunehmen bieten nur 40 % der Start-ups an.

Die Media Richness Stufe 2 hat eine niedrige Media Richness und zeigt einzig für die Nutzung von Newslettern mit 60 % einen relevanten Nutzungsgrad an (siehe Abb. 3). Die Newsletter beantworten im Durchschnitt in diesem Cluster 12,6 Fragen. Die weiteren Informationsmedien liegen in der Nutzung bei höchstens 40 %. Die Beschreibungen des Unternehmens und des Geschäftsmodells auf der ICObench.com Seite sind mit im Durchschnitt 44 Wörtern eher kurzgehalten.

Zusammenfassend zeichnet sich der Cluster 1 durch eine hohe Nutzung von Informationsmedien der Media Richness Stufe 3 aus (siehe Tab. 9).

Tab. 9 Cluster 1

3.2 Cluster 2

Im Cluster 2 (siehe Tab. 10) bietet einzig ein ICO eine Telefonnummer an, und damit ein Informationsmedium der Media Richness Stufe 4. In der nachfolgenden Media Richness Stufe 3 dominiert das Informationsmedium bitcointalk mit einer Nutzung von 41 %. Eine eher geringe Bedeutung haben mit 18 % sowohl Facebook als auch reddit. Die eMail als Informationsmedium wird lediglich von einem ICO angeboten. In der Media Richness Stufe 2 zeigt sich insgesamt ein geringer Einsatz der Informationsmedien. Die am häufigsten im Einsatz befindlichen Informationsmedien sind Youtube Videos als auch Github, jedoch mit niedrigen 24 %. Eine eher untergeordnete Rolle spielen sowohl Newsletter als auch Blog, Telegram und Medium.

Tab. 10 Cluster 2

Das Unternehmen sowie das Geschäftsmodell werden im Durchschnitt mit 58 Wörtern beschrieben.

3.3 Cluster 3

Der Cluster 3 (siehe Tab. 11) zeichnet sich zunächst durch die höchste Anzahl an Nutzern des Informationsmediums Telefon aus der Media Richness Stufe 4 aus (23 %). Ebenso zeigt sich eine hohe Nutzung der Informationsmedien in der Media Richness Stufe 3, denn sowohl bitcointalk als auch Facebook und reddit werden zu 100 % der ICOs des Clusters 3 genutzt. Ebenso konsequent bieten die ICOs dieses Clusters keine eMail als Informationsmedium an. Die Media Richness Stufe 2 wird dominiert durch die Nutzung von Medium und Github mit 100 %, gefolgt von Telegram mit 84 %. Eine eher untergeordnete Rolle spielen sowohl Blogs als auch Youtube-Videos mit 29 %.

Tab. 11 Cluster 3

Mit im Durchschnitt 99 Wörtern zeigt sich in der Beschreibung des Geschäftsmodells sowie des Unternehmens ein deutlich höherer Wert als in den beiden zuvor erläuterten Clustern.

3.4 Cluster 4

Hier zeigt sich ebenfalls eine Nutzung des Informationsmediums Telefon der Media Richness Stufe 4 mit 13 % (siehe Tab. 12). In der Abgrenzung zum Cluster 3 spielt jedoch die eMail als Informationsmedium in 13 % der ICOs ebenfalls eine Rolle. Darüber hinaus werden bitcointalk und Facebook von 88 % der ICOs genutzt, gefolgt mit 63 % von slack und reddit. Die Media Richness Stufe 2 zeigt eine 100 % Nutzung sowohl bei Youtube Videos als auch FAQs, die damit deutlich über den Werten im Cluster 3 mit 29 % und 48 % lagen.

Tab. 12 Cluster 4

Die Anzahl der Wörter zur Erläuterung des Geschäftsmodells ist im Durchschnitt mit 70 Wörtern ein eher niedriger Wert.

3.5 Erfolgreiche Medienkombinationen und Handlungsempfehlungen

In Bezug auf unsere eingangs formulierte Forschungsfrage zeigt Tab. 13 den Cluster 3 mit 31 ICOs als das erfolgreichste Cluster an. Die Tabelle zeigt deutlich, dass sich der Cluster 3 durch hohe Werte in den Media Richness Stufen 3 und 4 auszeichnet und dadurch deutlich von den anderen Clustern abgrenzt. Hinzu kommt die hohe Nutzung von Informationsmedien aus den Media Richness Stufen 2 und 1. Somit zeigt der Cluster 3 eine in allen Media Richness Stufen hohe Nutzung der Informationsmedien, die einhergeht mit einem hohen Aufwand zur Aufrechterhaltung und Pflege. Dies spiegelt sich auch in der im Durchschnitt 17,5 Mitarbeiter der ICOs wieder, die damit deutlich über dem Durchschnitt der anderen Cluster liegt (Cluster 1 mit 7,8, Cluster 2 mit 5,8 und Cluster 4 mit 11,2 Mitarbeitern im Durchschnitt).

Tab. 13 Nutzungsgrade der Cluster der Media Richness Stufen sowie Anzahl der ICOs pro Cluster

Das nächste erfolgreiche Cluster ist Cluster 2 mit 17 ICOs (27,9 %, siehe Tab. 13). Dieser Cluster zeigt mit 6 % eine geringe Nutzung von Informationsmedien der Media Richness Stufe 4 auf, und mit 14 % als auch 13 % für die Media Richness Stufen 3 und 2 ebenfalls geringe Nutzungen. Trotz der niedrigen Nutzungen der Informationsmedien in den Media Richness Stufen zeigt Cluster 2 eine mehr als doppelt so hohe Anzahl an ICOs auf als Cluster 4, der in den Media Richness Stufen deutlich bessere Nutzungsquoten zeigt. Im Cluster 2 sind 11 der 17 ICOs aus dem Jahr 2018 (64,7 %), während im Cluster 4 sieben von acht ICOs aus dem Jahr 2018 sind (87,5 %). Der Zeitaspekt könnte demnach eine Rolle spielen, denn die Boom Zeit der ICOs war im Jahr 2017. An dieser Stelle sind weitere Forschungen notwendig um die relevanten Erfolgsfaktoren in der Medienkombination zu ermitteln.

Die Analyse der Cluster zeigt, dass eine Reihe von Informationsmedien für den nachhaltigen Erfolg eines ICOs bisher eine untergeordnete Rolle spielt (siehe Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Informationsmedium und deren Nutzungsquote in Prozent

Dies ist u. a. die eMail, da lediglich 7 % der 61 ICOs den Kontakt per eMail ermöglichen. Eine Kommunikation über einen Chat wie z. B. über das Programm tawk.to als „live chat app“ setzen nur 10 % der ICOs ein. Mit der Angabe einer Telefonnummer auf der Homepage oder im Whitepaper ermöglichen nur 15 % der ICOs ein Informationsmedium mit einer hohen Media Richness. Einen ebenfalls niedrigen Nutzungsgrad zeigt der Blog, der nur von 18 % der ICOs zur Kommunikation angeboten wird.

Aus den zuvor gewonnen Erkenntnissen leiten wir folgende Handlungsempfehlungen ab:

Handlungsempfehlung 1

Die Nutzung der Medien führt dann zu einer effektiven Kommunikation mit den potentiellen Kunden und InvestorenFootnote 1, wenn die anhand der Media Richness unterschiedlichen Medien im richtigen Mix eingesetzt werden. Der Einsatz einzelner Medien ist zur Reduzierung der Informationsdefizite nicht geeignet (Salleh und Moghavvemi 2014). Der erfolgreiche Cluster 3 (siehe Tab. 13) zeigt deutlich einen ausgewogenen Mix zwischen den Media Richness Stufen an.

Handlungsempfehlung 2

Wähle reichhaltige Medien, wie etwa die persönliche Kommunikation (z. B. Telefon), um komplexe Sachverhalte zu klären und weniger reichhaltige Medien (z. B. Blog) für unmissverständliche Sachverhalte.

Handlungsempfehlung 3

Der erfolgreiche Medieneinsatz ist ebenfalls abhängig von der Zielgruppe, die durch die Kommunikation angesprochen werden soll. Ein erfolgreicher Medieneinsatz für die Zielgruppe Programmierer, um zum Beispiel eine blockchain-basierte Plattform weiterzuentwickeln, berücksichtigt das Telefon und die eMail, während Analysten zur Beurteilung einer Investition das persönliche Gespräch (face to face) bevorzugen (Bindrees et al. 2014).

Handlungsempfehlung 4

Die Nutzungsquoten von eMail, slack oder Chat (siehe Abb. 4) zeigen deutlich, dass der Einsatz dieser Medien für eine erfolgreiche Kommunikation nicht relevant ist. Somit sind für den erfolgreichen Mix an Medien (siehe Handlungsempfehlung 1) die Ressourcen für den Einsatz von bitcointalk, facebook und reddit der Media Richness Stufe 3 zu nutzen.

Handlungsempfehlung 5

Die Nutzungsquote für das Telefon als Medium zur Kommunikation ist in Abb. 4 mit niedrigen 15 % angegeben. Dennoch sollte der Handlungsempfehlung 1 folgend das Telefon, da einziges Medium in der Media Richness Stufe 4, ein Bestandteil der angebotenen Medien zur Kommunikation sein.

Handlungsempfehlung 6

Aufgrund der hohen Anzahl an Medien in der Media Richness Stufe 2 kann die Nutzung des Blogs mit einer niedrigen Quote von 18 % vernachlässigt werden. Die hierfür aufwendeten Ressourcen sind besser in den Sozialen Medien wie z. B. Facebook oder bitcointalk eingesetzt, die darüber hinaus eine höhere Media Richness haben.

4 Limitationen

Die vorliegende Arbeit wurde im Frühjahr 2019 auf der Grundlage der zu diesem Zeitpunkt gültigen Daten erstellt. Die wichtigste Quelle für unsere Daten ist die frei verfügbare Datenbank im Internet ICObench.com, die eine der größten verfügbaren Listen von ICOs anbietet (Amsden und Schweizer 2018). Innerhalb dieser Datenbank sind die ICOs einer Kategorie wie „Real Estate“ zugeordnet. Aufgrund der Vielzahl an ICOs ist jedoch eine Qualitätskontrolle dieser Zuordnung nicht erfolgt, so dass eine Richtigkeit und Vollständigkeit der zugeordneten Kategorie nicht gewährleistet werden kann. Darüber hinaus ist die Nutzung eines Informationsmediums nur eine Seite der Medaille, denn gerade Social Media Kanäle wie z. B. Facebook als auch Messaging-Dienste wie Slack oder Medium verlangen einen kontinuierlichen Fluss an Informationen. Diesen Aspekt der Aktualität und Intensität der kommunizierten Informationen durch den Entrepreneur haben wir im Rahmen unserer Untersuchung nicht betrachtet.

5 Zusammenfassung der Ergebnisse und Schlussfolgerungen

Für die Finanzierung eines Projektes per Crowdfunding spielt die Kundenansprache über Informationsmedien eine zentrale Rolle, um das eigene Investitionsangebot gegenüber den traditionellen Real Estate Crowdfunding Angeboten in den Vordergrund zu bringen. Da Crowdfunding Angebote über das Internet den Zugang zu Milliarden von Menschen auf der ganzen Welt haben, so ist die effiziente Nutzung von Informationsmedien zur Reduzierung der Informationsasymmetrien von entscheidender Bedeutung. Mit der Wahl der richtigen Informationsmedien können Unsicherheiten und Mehrdeutigkeiten reduziert werden (Bindrees et al. 2014). Wir bieten dem Real Estate Crowdfunder aufgrund der Ergebnisse unserer Untersuchungen eine Übersicht und Handlungsempfehlungen für einen erfolgreichen Medieneinsatz an. Den Erfolg des Medieneinsatzes leiten wir aus dem aktiven Handel mit den Tokens nach dem ICO ab. Aufgrund der Konzeptionierung der Blockchain-basierten Geschäftsmodelle ist der aktive Handel mit den zugehörigen Tokens ein relevanter Maßstab für die Bestimmung, ob das Start-up sich am Markt etabliert hat. Hierzu haben wir RECFICOs hinsichtlich ihres Medieneinsatzes analysiert und anhand einer Clusteranalyse vier unterschiedliche Cluster ermittelt. Das Ergebnis zeigt, dass der erfolgreichste Cluster einen Anteil von 50,8 % der untersuchten ICOs hat. Der Erfolg dieses Clusters basiert auf einem Mix an Informationsmedien aus den Media Richness Stufen 1–4, d. h. dass nicht nur Informationsmedien mit einer hohen Media Richness wie beispielhaft das Telefon den Erfolg bestimmen, sondern auch Informationsmedien aus niedrigeren Media Richness Stufen wie beispielsweise die Darstellung von FAQs auf der Homepage des Unternehmens. Das Ergebnis zeigt ebenfalls, welche Informationsmedien nicht den gewünschten Erfolg versprechen und aus der Sicht eines effizienten Ressourceneinsatzes eingespart werden könnten, wie beispielsweise die auf YouTube veröffentlichen Videosequenzen.