Ein Blick in die Suchmaschinen zeigt, dass Schreibcoaching von einer Vielzahl an Agenturen, Universitäten, Hochschulen und Einzelpersonen angeboten wird. Verstärkt nehmen beruflich, wissenschaftlich und literarisch Schreibende diese Form der prozess- und rollenorientierten Beratung in Anspruch. Dieser gelebten Praxis stehen jedoch eine geringe Standardisierung, Theoretisierung und empirische Beforschung gegenüber. Derzeit gibt es kaum wissenschaftliche Austauschformate, in denen vorhandene Forschung und Erkenntnisse in diesem Bereich gebündelt präsentiert und kontinuierlich diskutiert werden. Der Themenschwerpunkt „Interventionen im Schreibcoaching“ stellt eine erste Initiative zur Theoriebildung und Etablierung eines neuen Forschungsbereiches dar und bietet dem fachdisziplinären Austausch und der diskursiven Auseinandersetzung mit dem Format Schreibcoaching eine Plattform.

Das nachfolgende Editorial dient dem neu eingerichteten Themenschwerpunktes als Basis und versucht, eine zukünftige Schreibcoachingforschung theoretisch und methodisch zu rahmen. Da der Begriff des Schreibcoachings nicht klar definiert ist, werden in einem ersten Schritt vorhandene Definitionen diskutiert und Abgrenzungsdiskurse im Spannungsverhältnis zu anderen helfenden Interaktionen aufgezeigt. In einem zweiten Schritt wird eine mögliche Positionierung bzw. Verankerung der aufkommenden Schreibcoachingforschung vorgenommen und ihr Gegenstandsbereich sowie ihre Herangehensweisen näher bestimmt. Unter Bezugnahme auf Ansätze der Schreibwissenschaft und Coachingforschung, werden mögliche Untersuchungsfelder, Herangehensweisen und Methoden einer Schreibcoachingforschung skizziert.

1 Einleitung: Von Coaching zu Schreibcoaching

Der Ruf nach Selbstreflexion und Selbstvergewisserung wird im Kontext einer von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität (kurz VUKA, z. B. Mack et al. 2016) geprägten Arbeits- und Lebenswelt immer lauter. Flexibilität, Agilität und ein Streben nach permanenter persönlicher Weiterentwicklung werden von jenen, die wettbewerbs- und handlungsfähig bleiben wollen, verstärkt eingefordert. Derart ausgeformte Anforderungen und daraus resultierende Unsicherheiten eines professionell erfolgreichen Lebens in der (post-)modernen Welt münden zunehmend in dem Wunsch nach individuellen Unterstützungsformaten und konkret in der steigenden Nachfrage nach Coaching. So verkündet Peltier bereits im Jahr 2010: „It looks like coaching is here to stay“ (Peltier 2010, xv). Die kontinuierliche Steigerung der Häufigkeit von Coaching als digitaler Suchbegriff (Graf 2015, 2019), der exponentielle Anstieg an Publikationen im Bereich der Coachingforschung (Grant und O’Connor 2019) und der breite Coaching-Markt mit seiner Vielzahl an Angeboten, Ansätzen, Methoden etc. (z. B. Gross und Stephan 2015) bestätigen diesen Eindruck.

Auch der Begriff des Schreibcoachings ist im Jahre 2020 nicht mehr aus der Beratungspraxis wegzudenken. Als Angebotsformat hat er sich undiszipliniert (d. h. keiner Disziplin zugehörig) und ungeleitet seit Ende des 20. Jahrhunderts am Praxismarkt durchgesetzt: Ohne Etablierung von gültigen Qualitätsstandards und -kriterien, ohne klare Definition des Tätigkeitsfeldes, ohne (wissenschaftlich) fundierte Ausbildungen und ohne Berufsverbände (vgl. z. B. auch Fietze 2015, 2017) hat der Terminus Schreibcoaching an zentraler Bedeutung in der Praxis gewonnen. Seiner zunehmenden Verbreitung im Arbeitsalltag steht jedoch – wie im gesamten Feld des Coachings – eine geringe Theoretisierung, Standardisierung, (wissenschaftliche) Erforschung und Professionalisierung gegenüber (Graf und Ukowitz 2020). Wir wissen immer noch wenig darüber, auf welchen theoretischen Konzepten Schreibcoaching fußt, inwiefern es sich von anderen helfenden Formaten (wie z. B. Schreibberatung oder Schreibtraining) unterscheidet, wie Schreibcoaching wirkt und wie Schreibcoachingprozesse ablaufen. Während theoretisch und empirisch fundierte Schreibtrainingskonzepte bzw. -programme auch im deutschsprachigen Bereich bereits publiziert wurden (vgl. z. B. Girgensohn 2007, 2010; Gruber et al. 2009; Girgensohn und Sennewald 2012; Frank und Lahm 2016) und Schreibberatung eine gewisse Theoretisierung und Erforschung erfahren hat (vgl. z. B. Kruse et al. 1999; Grieshammer et al. 2013; Bräuer 2014; Lange und Wiethoff 2014; Halfmann und Raffelsberger-Raup 2015; Ballweg 2016; Spielmann 2017), gibt es noch wenig empirische Arbeiten zum Feld des Schreibcoachings. Der noch stark erfahrungs- aber wenig evidenzbasierte Charakter von (Schreib‑)Coaching als helfende Interaktion (Grant 2016, 2017) und seine starke Verankerung in der Praxis (vgl. z. B. Schreyögg und Schmidt-Lellek 2015) erfordert aber gerade empirische und theoretische Erkenntnisse, die das Erfahrungswissen von Praktiker*innen hinterfragen, ergänzen und evaluieren (Graf et al. 2015). Wo könnte eine Schreibcoachingforschung verankert sein? Was ist Gegenstand dieser Forschung? Welche Ansätze der Erforschung gibt es bereits und wo können wir uns anlehnen, wenn wir eine Schreibcoachingforschung etablieren wollen? Welcher Methoden könnte sich die Schreibforschung bedienen? Bevor wir in unserem Editorial auf diese Fragen eingehen, scheint eine kurze Klärung bzw. Diskussion des Begriffs notwendig.

2 Schreibcoaching: Der Versuch einer Begriffsdefinition

Wie in der schon stärker formierten und etablierten Coachingforschung, müssen auch für die Schreibcoachingforschung Abgrenzungsdebatten geführt werden – und wie in der Coachingforschung können sie keineswegs als abgeschlossen gelten. In der Praxis sind klare Definitionen und Abgrenzungen schwierig, da in diesem Forschungsbereich theoretische Positionen noch nicht ausreichend geklärt wurden. Zudem wirkt sich die Unschärfe des Coachingbegriffs selbst auf die Definition von Schreibcoaching aus, denn der Terminus Coaching wird nach wie vor als „Container-Begriff“ für unterschiedliche Interaktionen verwendet (Graf et al. 2015; Webers und Zickermann 2019). Graf und Ukowitz (2020) sehen den Grund für die Unschärfe des Begriffs darin, dass er sich aus der Praxis speist und nicht aus einem theoretischen Ansatz. Fehlende definitorische Abgrenzungen und nichtvorhandene Qualitätsstandards für den Ausbildungsbereich oder das Berufsbild, erschweren es Coaching in einem „klassischen Professionsmodell“ zu integrieren.

Der Begriff Schreibcoaching taucht im deutschsprachigen Raum in den 1990ern auf. Perrin (1999) nutzt ihn als einer der ersten im Titel seines Schreibratgebers, ohne den Terminus aber zu definieren. Klemm (2004) erwähnt den Begriff in seiner Differenzierung von Fördermaßnahmen des (wissenschaftlichen) Schreibens, wenn er zwischen „Ratgeberliteratur“, „Lehrveranstaltungen an Universitäten“, „Trainings und Workshops“, „Schreibberatung“, „Schreibcoaching“ und „selbstregulativen Prozessen“ (Peer-Feedback) unterscheidet. Die Linie, an der sich seiner Meinung nach Schreibberatung und Schreibcoaching scheiden, sind die Intensität, die Themenaspekte (siehe dazu auch Seidl 2013) und die Dauer. Auch wenn sowohl Schreibberatung als auch Schreibcoaching individuelle Betreuung vorsehen, so beschränke sich Beratung auf ausgewählte Aspekte und sei zeitlich stark limitiert, während Coachings intensiv und längerfristig seien. Als weiteres Unterscheidungsmerkmal führt Klemm an, dass Coaching „on the job, also in Ausübung der Schreibtätigkeit“ (S. 127) vonstattengehe. Einer solchen Meinung gegenüber steht eine stärker prozessorientierte Auffassung (z. B. Grieshammer et al. 2013; Spielmann 2017), die davon ausgeht, dass bei Schreibberatungsformaten der Prozess und nicht der Text im Mittelpunkt stehe. Ziel sei es, so etwa Spielmann (2017), bessere Schreibende und nicht bessere Texte hervorzubringen. Er differenziert demnach schreibunterstützende Angebote entlang der Frage, ob sie produkt- oder prozessorientiert sind, d. h. anhand der Frage, wessen Entwicklung das zentrale Ziel der Beratung ist. Er teilt damit die Differenzierung Fröchlings (2018), die im Fall des Schreibcoachings die ganze schreibende Person im Mittelpunkt der Intervention stehen sieht, bei Beratungen dagegen eine punktuell zu bearbeitende und klar eingrenzbare Frage. Fröchling unterteilt zwischen Prozess- und Fachwissen, wenn sie schreibt: „Schreibberatung initiiert und begleitet keinen Prozess. Im Fokus stehen fachliche Fragen“ (S. 19). Eine Grenzziehung anderer Art bietet sich mit Reyers’ (2016) Charakterisierung der Arbeitsbeziehung an. Ihm zufolge zeichnet sich eine Beratung durch eine stark asymmetrische Arbeitsbeziehung und Ressourcennutzung aus, da Lösungen auf der Expertise der Berater*innen beruhen, die für Prozess und Inhalt verantwortlich sind. Schreibberatung kann damit als eine Form von Expert*innen- oder Fachberatung (siehe z. B. Wimmer et al. 2012) beschrieben werden, bei der die Vermittlung von Fachwissen und Entscheidungsfindungen im Vordergrund stehen. Schreibcoaching dagegen könnte in Anlehnung an Spielmann (2017) als eine spezifische Form der Prozessberatung von Schreibenden verstanden werden, die Individuen und Gruppen „darin unterstützt, ihre Interessen, Fähigkeiten und Kompetenzen zu erkennen, Handlungsproblematiken zu bearbeiten und Entscheidungen zu treffen, um eigenverantwortlich ihre Bildungs- und Berufsbiografien zu gestalten“ (Schiersmann und Weber 2011, zitiert nach Spielmann 2017, S. 36).

Wie Coaching verfolgt auch Schreibcoaching das Ziel, Entwicklungs- und Veränderungsprozesse zu begleiten und herbeizuführen (z. B. Jautz 2018, S. 34; Möller 2009). So versucht Schreibcoaching etwa, während oder nach einer Schreibblockade/-hemmung Handlungsfähigkeit wiederherzustellen, oder Handlungskompetenzen zu erweitern. In gemeinsamer Erarbeitung und Aushandlung werden von Coach und Klient*in Ziele, Lösungen und Strategien entwickelt, wobei die Verantwortung für die Umsetzung bei den Schreibenden belassen wird (Grieshammer et al. 2013, S. ix–x). Anders als etwa im Führungskräftecoaching und der „berufsbezogenen Beratung“ (Schreyögg 2012, S. 196) stehen jedoch der Schreibprozess und die schreibende Person und ihre Rolle als Schreibende*r im Vordergrund. Aber auch der zu verfassende Text und das Schreibprojekt sind Gegenstand des Schreibcoachings und können in den Vordergrund rücken.

Eine weitere Schwierigkeit bei der Definition von Schreibcoaching speist sich aus dem Bedeutungsspielraum des Terminus Schreiben, der ein mehr als komplexes Phänomen bezeichnet. Was Schreiben ist, wo es beginnt und wo es endet, welche Kompetenzen es umfasst, ist Gegenstand vieler Überlegungen (z. B. Beaufort 2005; Kruse 2007; Kruse und Chitez 2012). Ivanič (2004) geht in einer Studie solchen Diskursen über Schreiben nach und differenziert folgende Perspektiven aus: Schreiben, so Ivanič, wird je nach Kontext als Beherrschung basaler Fähigkeiten, als Ausdruck individueller Kreativität, als (kognitiver) Prozess, als Berücksichtigung genrebezogener Konventionen, als soziale Praxis (Kommunikation, soziokulturelles Lernen) oder auch als in Machtverhältnisse verwobene soziale Interaktion aufgefasst.

Auch das Verhältnis von Schreiben und Coaching ist ein vieldimensioniertes, denn Schreiben ist eine zentrale Interventionsform in der therapeutischen Arbeit (Adams 1990; Petzold und Orth 1995; Pennebaker 1997; Heimes 2012, 2015; Unterholzer 2017) aber auch im (systemischen) Coaching (Lieser 2012; Haußmann und Rechenberg-Winter 2013; Müller 2017; Schreiber 2017). Es besteht demnach eine gewisse Schwierigkeit, den Gegenstand eines fachlichen (Schreib‑)Coachings von seiner Interventionsform zu trennen. Wir stehen hier vor einem ähnlich komplexen Verhältnis, wie es Sturm und Weder (2016) für die Beziehung von Schreiben und Lernen ausdifferenziert haben: Wann ist Schreiben Gegenstand, wann Medium und wann Voraussetzung im Coachingprozess?

Eine theoretische Verortung ist wichtig, hat sie doch direkte Auswirkungen auf die Praxis. So schlägt Fröchling (2002, 2018) etwa vor, nur solche Beratungspraxen als Schreibcoaching zu bezeichnen, welche den Qualitätsstandards von professionellem Führungskräftecoaching entsprechen, und dementsprechend Methoden aus dem Coaching anzuwenden. Sie orientiert sich hier aber maßgeblich an einem personenzentrierten Ansatz des Coachings, systemtheoretische Herangehensweisen bleiben eher im Hintergrund. Brinkschulte et al. (2014) verweisen auch in der Schreibberatung auf Einflüsse und Elemente aus Psychotherapie, der systemischen Beratung oder der Psychoanalyse. Im Gegensatz zu Coaching steht aber bei der prozessorientierten Schreibberatung der Schreibprozess und weniger der Beratungsprozess im Vordergrund (z. B. Grieshammer et al. 2013). Im Unterschied etwa zu Chirico et al. (2013), die die Vorteile aus Einzel- und Gruppensettings kombinieren, sieht Fröchling (2018) Schreibcoaching auf individuelle Unterstützung beschränkt und schließt damit Gruppencoachings aus. Solche Differenzierungen (wie am Beispiel von Coaching vs. Training von Webers und Zickermann 2019 demonstriert wird) wirken aber mitunter artifiziell und übertrieben polarisierend, denn die Unterscheidungskriterien stellen sich bei näherer Betrachtung oft als nicht trennscharf heraus (S. 43).

Was genau Schreibcoaching ist oder sein kann und worin seine spezifischen Charakteristika bestehen, wie es (genau) definiert oder abgegrenzt werden kann, welche Überlappungen und Ähnlichkeiten zu anderen helfenden Formaten bestehen etc. ist daher Gegenstand des Themenschwerpunktes.

3 Schreibcoachingforschung: Zwischen Schreibforschung und Coachingforschung

Graf und Ukowitz (2020) sehen in der Erforschung und Theoretisierung (von Coaching) einen zentralen Beitrag zur Qualitätssicherung und Professionalisierung des Bereichs, fordern aber auch ein, dass Forschung nicht völlig losgelöst von einer funktionierenden Praxis stattfindet, sondern diese vielmehr aktiv miteinbezieht und sinnstiftende Kooperationen und Partnerschaften mit ihr eingeht. Das ist nicht immer einfach, folgen beide Bereiche doch unterschiedlichen Anforderungen und Logiken und bedienen sich unterschiedlicher Wissensbestände.

Wenn wir uns nun in diesem Themenschwerpunkt der Erforschung des Schreibcoachings widmen, so stellt sich die Frage, was der Gegenstand unserer Forschung ist und sein könnte und was ihre Methoden. Die Schreibcoachingforschung ist in dieser Hinsicht zwischen der sich etablierenden Schreibforschung und der ebenfalls jungen Coachingforschung anzusiedeln. Gerahmt werden beide von einer sich ebenfalls erst etablierenden multi- und interdisziplinären Beratungswissenschaft (Graf et al. 2011) bzw. einer wissenschaftlichen Beforschung der helping professions (Graf et al. 2014, 2019).

Die Schreibforschung ist ein junges Feld, wenngleich sie – ihrem trans- und interdisziplinären Charakter entsprechend – in vielen Disziplinen in Ansätzen als Forschungsgegenstand schon lange Tradition hat. Als echtes interdisziplinäres Unterfangen aber ist sie neu. Erste Versuche einer Bestimmung ihres Gegenstandes und ihrer theoretischen Ansätze finden sich in dem zweiten Band der Reihe „Schreibwissenschaft“ der österreichischen Gesellschaft für wissenschaftliches Schreiben (Huemer et al. 2020). Die Erforschung des Schreibens wird darin aus linguistischer, psychologischer, literaturwissenschaftlicher und erziehungswissenschaftlicher Perspektive vorgestellt. So erforscht die sich etablierende Schreibwissenschaft den Schreiberwerb, die Schreibkompetenz, die Schreibprozesse, Schreibprodukte, Schreibfunktionen, Schreibbedingungen, Schreibstrategien und Schreibstörungen. Neben klassischen Fragen der Textlinguistik und Genreanalyse erforscht eine prozessbezogene Schreibwissenschaft etwa, wie Schreibprozesse ablaufen, wie sich Schreibkompetenz entwickelt oder auch wie die Aufgaben- und Schreibumgebung die Schreibprozesse beeinflusst. Auch wird der Frage nachgegangen, welche sozialen und individuellen Faktoren einen Schreibprozess beeinflussen. Eine angewandte Schreibforschung fragt danach, wie sich Schreibprozesse sinnvoll unterstützen bzw. begleiten lassen und welche Maßnahmen, Methoden, Settings, Arrangements usw. das Schreiben von Texten erleichtert. In diesem Sinne ist die Schreibcoachingforschung als ein Teilbereich der angewandten Schreibforschung zu verstehen und einzuordnen. Neben der Erforschung von „Texten“ als Produkt, werden also didaktische und kognitive Prozesse ebenso erforscht wie soziale Praktiken des Schreibens (Donahue und Lillis 2014). Auch die (non-)verbalen Interaktionen zwischen Schreibenden und Berater*innen (Grieshammer 2018) oder Schreibenden und Didaktiker*innen (Schwarze o.J.), die dazu führen, dass Veränderung angestoßen wird, sind aktuelle Forschungsthemen. Mit Methoden der Schreibwissenschaft setzen sich Brinkschulte und Kreitz (2017) auseinander.

In Anlehnung an Graf und Ukowitz (2020) können analog zur Coachingforschung für das Schreibcoaching folgende Bereiche als Untersuchungsfelder definiert werden: Die Wirksamkeitsforschung setzt sich mit der Frage auseinander, ob Schreibcoaching wirkt bzw. welche Wirkfaktoren dabei eine Rolle spielen (outcome research). Die Prozessforschung geht der Frage nach, wie diese Wirkung in einem Coachinggespräch bzw. -prozess erzielt wird (process research). Die Erforschung und Beschreibung schließlich kann in der anwendungsorientierten Frage nach einer sinnvollen Gestaltung von Schreibcoachings münden. Innerhalb der Prozessforschung sehen Graf und Ukowitz (2020) derzeit zwei Forschungsansätze vertreten: die psychologische und die linguistische Prozessforschung. Während erstere nach „Wirkvariablen“ fragt, analysiert zweitere die kommunikative Praxis und den Ablauf der sozialen Interaktion: Das Gespräch ist Gegenstand einer solchen Analyse. In diesem Sinne hat Pick (2017) in ihrem Sammelband zur gesprächslinguistischen Typologie des Beratens etwa skalierbare und nicht-skalierbare Merkmale herausgearbeitet, die zur Ausdifferenzierung und Beschreibung unterschiedlicher Beratungsgespräche bzw. helfender Interaktionen dienen können. Graf (2019) entwickelte aus diskursanalytischer Perspektive das Modell kommunikativer Basis-Aktivitäten für den Coaching-Prozess. Diese grobe Differenzierung kann nun nutzbar gemacht werden, um mögliche zukünftige Felder der Schreibcoachingforschung zu skizzieren und sie so von anderen Feldern der Schreibforschung abzugrenzen.

Eine an der Wirkung interessierte Schreibcoachingforschung wird danach fragen, welche Formate des Schreibcoachings sich bei welchen Anliegen als sinnvoll erwiesen haben. Auch die Frage nach dem Verhältnis bzw. der working alliance zwischen Coach und Coachee, die Dauer und Frequenz oder auch Ort und Modus (präsent, online) könnten hier zentrale Untersuchungsvariablen darstellen. Tiefergehende Analysen können sich mit der Frage beschäftigen, welche Interventionen zu welchem Zeitpunkt gesetzt wurden und welche wirksam oder weniger wirksam waren. Eine solche Forschung wird sich (wie im Falle der Coaching-Outcome-Forschung) der Methoden der psychologischen oder psycho-therapeutischen Forschung bedienen. Hier könnte etwa mit Fallvignetten gearbeitet werden, mit experimentellen Testverfahren, Longitudinalstudien etc.

Eine am Prozess interessierte Schreibcoachingforschung wird die Interaktion ins Zentrum ihrer Untersuchungen stellen. Hier rücken das Beratungsgespräch in situ und seine konkrete Gestaltung in den Fokus. Eine Analyse von Begrüßungs- und Abschlusssequenzen, von Anliegensformulierungen, Erzählaufforderungen, Evaluierungen und dergleichen wären denkbar. Ebenso relevant ist hier die Frage nach der Motivation für die Wahl von Interventionsformen: Welche Fragen wurden wann gestellt, welche Schreibinterventionen wurden gesetzt? Welche Modi wurden verwendet (schreiben, sprechen, malen, visuelle Modi, Einsatz des Körpers)? Welche Funktionen des Schreibens kommen im Coachingprozess zum Einsatz? Welche Dimensionen des Schreibens stehen jeweils im Zentrum bzw. beeinflussen den Coachingprozess? Schließlich kann auch der (Steuerungs‑)Prozess selbst in den Mittelpunkt der Untersuchungen treten, indem etwa untersucht wird, wie sich die Anliegen, die Interventionen, deren Frequenz etc. über den Schreibcoachingprozess hinweg ändern oder wie diese kommunikativ hervorgebracht werden. Aber auch Äußerungen emotionaler Befindlichkeiten (Zufriedenheit, Ablehnung, Verzweiflung, …) und deren Einfluss auf den weiteren Verlauf des Coachinggesprächs könnten untersucht werden. Für die prozessorientierte Schreibforschung eigenen sich vor allem Methoden aus der (angewandten) Linguistik, sowie alle sequenzanalytischen Verfahren.

Eine angewandte Schreibcoachingforschung könnte schließlich auf Basis bisheriger empirischer Befunde und theoretischer Konzepte der Frage nachgehen, wie Schreibcoachings (effektiv) gestaltet werden können. Aber auch die Frage der Professionalisierung, der Aus- und Weiterbildung wird hier Thema sein. Eine mögliche Frage, die in der Praxisdiskussion des Themenschwerpunktes angesprochen wird, wäre etwa die, ob individuell bedeutet, dass Schreibcoaching ausschließlich Einzelcoaching sein muss oder ob es auch Gruppencoachings geben kann. Als Methoden bieten sich für diese Forschungsrichtung etwa die Aktionsforschung oder die Design-Forschung an.

Da noch wenig Wissen darüber vorhanden ist, wie Schreibcoaching abläuft, werden in der nächsten Zukunft wohl vordringlich explorative Forschungsdesigns, die mit authentischen Daten arbeiten, von Interesse sein. Das Forschungsdesign der Feldforschung mit ihren vielfältigen Erhebungs- und Auswertungsmethoden bietet sich an. Aus heutiger Sicht scheinen die Ethnomethodologie, Grounded Theory sowie rekonstruktive Sozialforschung sinnvolle theoretische und methodologische Grundlagen für die Schreibprozessforschung zu sein. Die ethnomethodologisch basierte Gesprächsanalyse etwa, die in der medizinischen Kommunikation bereits sowohl in der Analyse als auch in der Ausbildung von Mediziner*innen erfolgreich eingesetzt wird (Sator und Jünger 2015), könnte hier impulsgebend sein. Wann immer institutionelle Rahmenbedingungen erforscht werden, werde Dokumentenrecherche und alle Formen der Text- und Inhaltsanalyse von Interesse sein. Anleihen können auch bei Methodensammlungen für das Feld der Schreibwissenschaft genommen werden, wie sie etwa Brinkschulte und Kreitz (2017) vorlegen. Es finden sich in einigen der oben skizzierten Bereiche bereits vereinzelte Arbeiten, so z. B. in der angewandten Schreibcoachingforschung (Fröchling 2002; 2018) oder in der prozessorientierten Schreibberatungsforschung (Grieshammer 2018 oder Burow 2016). In all diesen an die Coachingforschung angelehnten Bereichen gibt es in Bezug auf Schreibcoaching allerdings noch wesentliche Forschungslücken, ein systematischer Überblick ist ebenfalls ausständig.

Zusammengefasst sind quantitative und qualitative, aber auch mixed- und multi-methods Ansätze sowie intra-, inter- und transdisziplinäre Zugänge zur Erforschung von Schreibcoaching möglich. Auch die Anknüpfung an unterschiedliche Wissenschaftsdiskurse ist denkbar und willkommen. Da im Bereich der Schreibcoachingforschung weder auf eine bestehende Publikationspraxis noch auf einen weitreichenden State-of-the-Art zurückgegriffen werden kann, soll und kann Übertragungsarbeit aus angrenzenden Forschungsfeldern (z. B. Schreibberatung/-didaktik/-training, Führungskräftecoaching, Psychologie oder Psychotherapie usw.) geleistet werden. Die Anleihen aus existierender Forschung und die so übertragenen Theorien, Modelle, Methoden etc. differenzieren schließlich das Bild des Schreibcoachings aus.

4 „Interventionen im Schreibcoaching“: Warum, was, wer und wie?

Analog zur Ausrichtung der Zeitschrift Coaching | Theorie & Praxis, soll der Themenschwerpunkt die wissenschaftliche Fundierung, theoretische Aufbereitung, Professionalisierung und Qualitätssicherung von Schreibcoaching befördern (vgl. Graf et al. 2015). Die publizierten Beiträge sollen den Aufbau einer gemeinsamen Wissensbasis ermöglichen, die kontinuierlich erweitert, aktualisiert, diskutiert und reflektiert wird. Dabei richtet sich der Themenschwerpunkt sowohl an Forscher*innen und (wissenschaftlich-orientierte) Praktiker*innen in diesem Bereich, als auch an Schreibcoachs, Schreibberater*innen, Schreibdidaktiker*innen und Leiter*innen von Schreibzentren oder Ausbildungslehrgängen, die sich über neueste Entwicklungen informieren möchten.

Der praktischen Verankerung von Schreibcoaching entsprechend werden neben theoriebildenden Beiträgen auch anwendungs- und praxisorientierte Arbeiten publiziert. Theoretisch-wissenschaftlich fundierte Praxisbeiträge etwa regen dazu an, das Tun der Schreibcoachs zu reflektieren und zu erweitern. Die wissenschaftlichen und theoretischen Erkenntnisse sollten praxisrelevant sein und auch wieder dorthin zurückgespielt werden. Eingereicht werden können theoretische, empirische und (wissenschaftlich sowie theoretisch eingebettete) praxisbezogene Artikel, jedoch keine rein praxisbezogenen Beiträge oder Praxisberichte. Wir haben bewusst den Titel „Interventionen im Schreibcoaching“ gewählt, der einerseits breit genug ist, um ein reichhaltiges Portfolio an Forschungsschwerpunkten einzubeziehen, sich aber auch auf spezifische Interventionen, Methoden und Tools beziehen kann.Footnote 1

Das Team der Herausgeberinnen ist am SchreibCenter der Universität Klagenfurt beheimatet, das neben der Beratung auch Forschungstätigkeit und eine Schreibberater*innen-Ausbildung betreibt und somit diese Verankerung in Wissenschaft und Praxis widerspiegelt. Melanie Fleischhacker ist akademische Fachkraft bzw. „Koordinatorin in der Schreibberatung“. Karin Wetschanow ist Senior Lecturer. Carmen Mertlitsch ist die operative und stellvertretende Leiterin des SchreibCenters. Sie alle sind in die Ausbildung der (wissenschaftlichen) Schreibberater*innen involviert und sind aktive Mitglieder der österreichischen Gesellschaft für wissenschaftliches Schreiben.

Der Themenschwerpunkt bleibt über die Gestaltung von Jahresheften (volumes) der Zeitschrift Coaching | Theorie & Praxis hinweg bestehen, d. h. Beiträge können ständig über das Editorial Manager System eingereicht und ihm zugeordnet werden. Alle Beiträge erscheinen im Open-Access-Format und nach dem Online-First-Prinzip. Originalbeiträge können in deutscher und englischer Sprache eingereicht werden und durchlaufen ein strenges Peer-Review-Verfahren nach den Qualitätsstandards der Zeitschrift.