1 Einleitung

Gedanken können sich in positiver und negativer Art und Weise auf menschliche Emotionen auswirken (Einsle und Hummel 2015). Positive Gefühle gehen somit beispielweise mit einer anderen Körperhaltung einher als negative Emotionen. Bereits die Gedanken an positive oder negative Situationen können dabei einen Einfluss auf das Gefühlserleben nehmen, gefolgt von verschiedenen Wahrnehmungen im Körper, die sowohl innerlich von der Person selbst als auch von außen durch andere Personen bemerkt werden (Löffler et al. 2020). Tiere sind dazu in der Lage, menschliche Emotionen wahrzunehmen und auf diese zu reagieren, wobei der Fokus in der vorliegenden Studie auf Pferden liegt. Pferde reagieren nachweislich auf menschliche Emotionen. Sie können deren Gesichtsausdrücke in positive und negative Emotionsbereiche kategorisieren (Smith et al. 2016; Trösch et al. 2019), reagieren auf menschliche Nervosität (Keeling et al. 2009; von Borstel et al. 2007) und werden u. a. aufgrund ihrer Spiegelfunktion seit mehreren Jahrzehnten in psychotherapeutischen Kontexten sowie im Coaching eingesetzt. Das Ziel der Untersuchung war es zu erforschen, wie sich positive und negative Körperhaltungen bzw. Posen sowie zugehörige innere Bilder im Sinne der Imagination auf die Interaktionen mit einem Pferd in einem standardisierten Parcours im Rahmen eines pferdegestützten Coachings auswirken. Die inneren Bilder werden als zugehörig betrachtet, da Menschen immerzu bewusste sowie unbewusste innere Bilder vor sich haben (Röll 2014) und sie somit Bestandteil eines jeden Coachingprozesses sind, indem sie beispielsweise durch die Kommunikation mit dem Coach oder durch den Prozess der Selbstreflexion ausgelöst werden (vgl. Larro-Jacob 2007). In der vorliegenden Studie werden sie aktiv genutzt, um die Haltung der Power Posen der Probanden über den Parcours hinweg zu unterstützen. Hiermit sollte die Forschungslücke, inwiefern diese beiden Bereiche kombiniert werden können bzw. ob sich der Einsatz von Pferden dabei als sinnvoll erweist und diese unterschiedlich auf die Personen in den jeweiligen Settings reagieren, mit Hilfe eines experimentellen Designs geschlossen werden. Hierbei stellen zum einen das Power Posing an sich, zum anderen aber auch die zugehörigen und in dieser Studie aktiv genutzten inneren Bilder der Probanden wichtige Bestanteile des gegenwärtigen Untersuchungsgegenstandes dar. Das pferdegestützte Coaching und dessen Wirkung auf Klient/innen sowie der Aspekt der Pferde wurden bislang erst wenig untersucht (Friesenhahn 2015a; Schütz 2020), weshalb sich das Thema als relevant darstellte.

Beginnend mit dem Begriff der Imagination geht es um die Vorstellungskraft, über die Menschen verfügen. Menzies und Taylor (2004) definieren die Imagination als eine geistige Funktion sowie als eine bewusst erlebte Erfahrung, die mit einem dynamischen, quasi-realen psychophysiologischen Prozess zu vergleichen ist. Nach Kirn et al. (2009) besitzen Imaginationen dabei eine höchst subjektive und erfahrungsabhängige Natur und können eng mit den Bewertungsprozessen verschiedener Situationen und Stimuli einhergehen. Vorstellungen stellen somit Bindeglieder zwischen Stimulus und Reaktion dar und können ähnlich stark wie tatsächliche Ereignisse das Verhalten eines Menschen beeinflussen oder sogar steuern. Aufgrund des umfangreichen Einflusses von Imaginationen auf das menschliche Verhalten und Erleben verwundert es nicht, dass imaginative Techniken in fast alle klinischen und psychotherapeutischen Ansätze integriert wurden. Eine Vielzahl therapeutischer Techniken strebt somit die Aktivierung imaginativen Erlebens an, um relevante Imaginationen wahrzunehmen und zu definieren, um Zusammenhänge zwischen ihnen und Emotionen oder Verhaltensweisen zu erkennen und um schädigende Effekte dysfunktionaler Vorstellungen auf das individuelle Erleben und Verhalten zu analysieren. Die Art und Weise sowie die Auswirkungen der Vorstellungen können dazu beitragen, eine adäquate Intervention für den weiteren Behandlungsprozess auszuwählen (Kirn et al. 2009). Die Wirksamkeit imaginativer Techniken innerhalb der Psychotherapie konnte dabei für verschiedenste psychische Störungsbilder empirisch überprüft und aufgezeigt werden (Singer und Pope 1999). Beispielsweise können imaginative Techniken zur Therapie von Depressionen (von Wietersheim et al. 2003) und in Form von Entspannungsübungen erfolgreich innerhalb der psychologischen Schmerztherapie eingesetzt werden, wobei insbesondere die progressive Muskelrelaxation, die für die Praxis der Schmerzbehandlung eine große Bedeutung gewonnen hat, hier Anwendung findet (Rehfisch und Basler 2004).

Auch im Coaching werden imaginative Verfahren eingesetzt, um den Coaching-Prozess zu vereinfachen und zu ergänzen. Durch deren Einsatz können nach Larro-Jacob (2007)

  • die Problemsituationen der/des Klient/in präzise eingegrenzt,

  • Deutungs- und Handlungsmuster herausgearbeitet, erweitert oder verändert,

  • Kreativität und Innovationsfähigkeit gefördert,

  • die Selbsterkenntnis der/des Klient/in unterstützt und

  • das Selbstmanagement verbessert werden.

Die grundlegende imaginative Methode im Coaching stellt das Gespräch dar. Die gesprochenen Worte erzeugen innere Bilder, die im Dialog der beteiligten Personen im Laufe des Gesprächs ergänzt, angeglichen und korrigiert werden (Larro-Jacob 2007). Da das Gespräch in jedem Coaching ein grundlegendes Element darstellt, ist diese Form von Imagination häufig automatisch in den Coachingprozess integriert, wobei jedoch nicht immer ihr volles Potenzial genutzt wird. In der vorliegenden Untersuchung werden die zugehörigen inneren Bilder dagegen bewusst eingesetzt, um den Probanden das Hineinversetzen in die verschiedenen Power Posen zu erleichtern. Eine weitere, eher spezifische imaginative Technik ist das Focusing, bei welchem die psychischen und körperlichen Empfindungen der/des Klient/in in den Mittelpunkt seiner individuellen Aufmerksamkeit gestellt werden sollen. Ziel dieser Methode ist es, die eigenen Befindlichkeiten genau wahrzunehmen und ihre subjektive Bedeutung zu explorieren (Kirn et al. 2009).

Die Fokussierung der eigenen psychischen sowie körperlichen Empfindungen ist ebenfalls in der Methode des Power Posings wiederzufinden. Körner und Schütz (2019) definieren das Power Posing als nonverbalen Ausdruck von Macht. High Power Poses bezeichnen dabei offene und expansive Körperhaltungen, während die gegensätzlichen Low Power Poses durch eine verengte und zusammengesunkene Körperhaltung charakterisiert sind. Carney et al. (2010) erforschten die Wirkung von High und Low Power Poses auf das subjektive Machtempfinden, die Risikobereitschaft sowie auf die Testosteron- und die Cortisolwerte der untersuchten weiblichen und männlichen Proband/innen. Hier konnte festgestellt werden, dass High Power Poses das subjektive Machtempfinden, die Risikobereitschaft und den Testosteronwert signifikant erhöhten, während der Cortisolwert signifikant gesenkt wurde. Low Power Poses sollen genau die gegensätzlichen Ergebnisse bewirken. Das Experiment von Carney und ihrem Forschungsteam gewann große Aufmerksamkeit, führte zu vielfältigen Replikationen des Experiments und somit auch zu Kritik an ihren Ergebnissen. Simmons und Simonsohn (2017) untersuchten 33 Studien zum Power Posing in einer Metaanalyse und konnten die von Carney et al. (2010) postulierten Ergebnisse nicht bestätigen. Eine weitere umfangreiche Metaanalyse konnte dagegen einen starken Effekt von High Power Posen auf das subjektive Machtempfinden nachweisen (Gronau et al. 2017). Darüber hinaus konnte eine umfangreiche aktuelle Studie einen signifikanten positiven Effekt zwischen der Ausübung von High Power Poses und dem subjektiven Selbstwertgefühl dokumentieren (Körner et al. 2019). Die differenten Ergebnisse der verschiedenen Studien legen nahe, dass der Einfluss von Power Posen von vielen Faktoren moduliert wird, wie beispielsweise sozialen (Ranehill et al. 2015) oder entwicklungspsychologischen (Löffler et al. 2016) Faktoren.

Dass Bewegungen, wie es auch Power Posen sind, Einflüsse auf Kognitionen ausüben können, ist schon lange bekannt. Ein Forschungsfeld, welches sich wissenschaftlich mit diesem Thema auseinandersetzt, ist die Embodied-Cognition-Forschung. Embodied-Cognition-Ansätze gehen davon aus, dass Kognitions‑, Wahrnehmungs- und Bewegungsprozesse nicht unabhängig voneinander sind, sondern dass sie sich gegenseitig bedingen und beeinflussen (Löffler et al. 2020). Price et al. (2012) fassen verschiedene Studien der Embodiment-Forschung zusammen und legen dar, dass die experimentelle Manipulation von körperlichen Variablen (wie Mimik, Bewegungen der Hand, Körperhaltung oder allgemeine Körperbewegung) die Gefühlslage, die motivationalen Prozesse, die Gehirnaktivität sowie die individuelle Einstellung und Bewertung einer Situation von Personen beeinflussen können. Eine bekannte theoretische Annahme ist in diesem Zusammenhang die Facial Feedback Hypothese. Sie beschreibt, dass ein Gesichtsausdruck nicht nur der Ausdruck einer Emotion ist, sondern dass jener Gesichtsausdruck zu einem afferenten sensorischen Feedback führt, welches wiederum das emotionale Erleben beeinflusst, sodass Ausdruck und Erfahrung bidirektional miteinander verbunden sind (Söderkvist et al. 2017). Dieses Phänomen gilt es nicht nur in Bezug auf Gesichtsausdrücke, sondern auch bezüglich der Körperhaltung näher zu erforschen, wie es beim Power Posing der Fall ist. Dass simple Posen, die nur für einen kurzen Zeitraum von einer Minute gehalten werden, solch einen Einfluss auf die menschliche Selbstwahrnehmung ausüben können, führt zur weiteren Untersuchung dieser Methodik im Kontext des Coachings.

Betrachtet man, wie Pferde auf Menschen reagieren können, zeigen sich bereits erste wissenschaftliche Erkenntnisse, auf denen die vorliegende Studie aufbaut. Smith et al. (2016) fanden in ihrer Studie die ersten Nachweise, dass Pferde spontan positive (glückliche) von negativen (bösen) menschlichen Gesichtsausdrücken auf Fotos unterscheiden können. Trösch et al. (2019) konnten zeigen, dass Pferde auf menschliche Emotionen, die ihnen multimodal dargeboten wurden, reagierten. Die Testpferde sahen kurze Video-Sequenzen ohne Ton, in denen jeweils eine Frau mit unterschiedlichen Gesichtsausdrücken zu sehen war. In einem Video waren positive Emotionen (Freude, Spaß) dargestellt, in dem anderen wurden negative Emotionen (Ärger, Wut) gezeigt, die entweder zu der auf dem Bild dargestellten Emotion passten oder nicht. Die Pferde konnten hier zwischen passenden und unpassenden Kombinationen unterscheiden. Gomolla et al. (2011) legten in ihrer Untersuchung den Fokus auf die Reaktionen der Pferde auf die menschliche Körperspannung und -haltung. Da es sich bei Pferden um Fluchttiere handelt, sollten diese – so wurde vermutet – besonders auf Anspannung und Entspannung ihres Gegenübers reagieren. Dabei waren die Pferde ebenfalls körperlich angespannt oder entspannt und spiegelten somit ihr menschliches Gegenüber. Der Fokus lag hier sowohl auf Personen, die sich entweder neben einem Pferd oder auf einem Pferd sitzend befanden, um zu überprüfen, ob die Pferde die körperlichen Reaktionen der Menschen in beiden Varianten spiegeln können. In den Entspannungsmomenten konnten sehr häufig beispielsweise ein hängender Kopf, ein lockerer Schweif oder eine hängende Unterlippe sowie eine entspannte Atmung beobachtet werden. In den Anspannungssituationen reagierten die Pferde unter anderem mit einem erhobenen Kopf, Bewegungsimpulsen, aufgerichteten Ohren oder auch einer erhöhten Atmung sowie einer angespannten Muskulatur. Meyer (2009) geht davon aus, dass Pferde innere Prozesse und Emotionen von Menschen, die sich über deren Körpersprache ausdrücken, spiegeln und dabei bereits auf kleinste Veränderungen reagieren. Zudem reagieren Pferde in der Kommunikation mit Menschen individuell auf diese, auch wenn es sich um die identischen Settings handelt, die die Pferde genau kennen. Sie zeigen kein auswendig gelerntes Verhalten, sondern zeigen ein in dem Moment des Geschehens zugehöriges, individuelles Verhalten (Schütz et al. 2018). Als Beutetiere müssen Pferde zudem immer auf feine, nonverbale Signale und vor allem auf die Körpersprache ihres Gegenübers achten. Sie sind daher sehr gut in nonverbaler Kommunikation und im Lesen der Körpersprache (Gehrke 2009).

Aufgrund dieser Eigenschaften werden Pferde auch im Coaching eingesetzt. Je nach Setting sollen die Klient/innen das Pferd in verschiedenen Übungen beispielsweise durch einen Parcours führen. Die Interaktion mit dem Pferd wird im Anschluss mit dem Coach reflektiert. Die Ziele können hier unterschiedlich sein und sich beispielsweise auf die Selbst- und Fremdwahrnehmung, das Setzen von Grenzen, das Führungsverhalten oder das Fokussieren der Emotionen beziehen (Konir 2012; Schütz 2020). Die Pferde dienen dabei in diesem Setting als Spiegel und Katalysator für menschliches Verhalten (Meyer 2009). Die spezielle Form des pferdegestützten Coachings macht sich unter anderem die positive Wirkung einer Mensch-Tier-Beziehung zu Nutze. Das Pferd wird als Coaching-Partner verstanden, der sowohl mit dem Coach als auch der/dem Klient/in zusammenarbeitet. So erhält die/der Klient/in Einblicke in ihre/seine Interaktion und Kommunikation (verbal und nonverbal) (Ewing-Chow 2014). Die Rolle des Pferdes innerhalb des Coachings ist es, der/dem Klient/in als Spiegel seines Verhaltens zu dienen (Serad 2010), was die Grundlage einer intensiven Selbstreflexion sein kann. Mit Hilfe von Tieren können sich Menschen emotional öffnen und eine Vertrauensbasis zu anderen Mitmenschen aufbauen. Dies kann wiederum förderlich für die Beziehung zwischen Coach und Klient/in sein (Greiffenhagen und Buck-Werner 2011). Insbesondere Pferde eignen sich als Coaching-Partner, da sie durch Training und Sozialisierung sowie einer vermehrten Interaktion mit dem Menschen in der Lage sind, menschliche Signale feinfühlig zu lesen (Krüger et al. 2011).

Zusammenfassend lässt sich einerseits sagen, dass sich innere Bilder und das Power Posing auf die eigene Wahrnehmung und Emotionen auswirken können. Andererseits reagieren Pferde sensibel auf ihr Gegenüber und sind dazu in der Lage, menschliche Emotionen zu identifizieren und auf diese zu reagieren. Da das Power Posing und damit einhergehende Reaktionen von Pferden auf Menschen im Bereich des pferdegestützten Coachings bislang nicht untersucht wurden und somit auch die Wirksamkeit dieser Coachingform analysiert werden kann, wird diese Forschungslücke nachfolgend betrachtet. Hieraus ergeben sich die folgenden Hypothesen. Bei den nachfolgenden Hypothesen beinhaltet der Begriff „Pose“ einerseits die Körperhaltung der jeweiligen Person und andererseits das zugehörige innere Bild. Bei der High Power Pose handelt es sich um eine starke Körperhaltung (sich groß machen, die Schultern zurücknehmen und den Körper positiv anspannen) und ein positives inneres Bild (Erinnern an eine schöne Situation, in der alles geklappt hatte, in der die Person stolz auf sich gewesen war und sich stark gefühlt hatte). Die Low Power Pose beinhaltet eine schwache Körperhaltung (sich selbst klein machen, die Schultern hängen lassen in Kombination mit einer geringen Körperspannung) sowie ein negatives inneres Bild (Erinnern an eine Situation, in der der Person etwas nicht gelungen war und sie sich klein gefühlt hatte). Die Kombination der Power Posen und der inneren Bilder wurde in der Untersuchung bewusst in den Vordergrund gestellt, um zum einen eine authentische Ausführung der Power Posen durch die Probanden zu gewährleisten und zum anderen, um die inneren Bilder, die durch jedes Coaching ausgelöst werden, aktiv zu nutzen, indem die Probanden durch die Instruktionen eine ähnliche Ausgangssituation in der Form von ähnlichen inneren Bildern erhielten. Somit wurden die Posen im geringeren Maße durch zufällige unbewusste Bilder, die ebenfalls durch einen Coachingprozess entstehen können, beeinflusst.

2 Hypothesen

H1

Der Durchgang durch den Parcours in einer High Power Pose beansprucht einen signifikant kürzeren Zeitraum als bei einem Durchgang ohne High Power Pose.

H1a

Der Durchgang durch den Parcours in einer High Power Pose beansprucht einen signifikant kürzeren Zeitraum als bei einem Durchgang in einer neutralen Pose.

H1b

Der Durchgang durch den Parcours in einer High Power Pose beansprucht einen signifikant kürzeren Zeitraum als bei einem Durchgang in einer Low Power Pose.

H2

Der Durchgang durch den Parcours in einer Low Power Pose beansprucht einen signifikant längeren Zeitraum als bei einem Durchgang ohne Low Power Pose.

H2a

Der Durchgang durch den Parcours in einer Low Power Pose beansprucht einen signifikant längeren Zeitraum als bei einem Durchgang in einer neutralen Pose.

H2b

Der Durchgang durch den Parcours in einer Low Power Pose beansprucht einen signifikant längeren Zeitraum als bei einem Durchgang in einer High Power Pose.

Ergänzend sollte explorativ auf qualitativer Ebene analysiert werden, wie die Personen sich nach dem jeweiligen Durchgang bzgl. ihrer Gefühle und Gedanken – in Interaktion mit dem Pferd – selbst einschätzten. Hier sollte der Forschungsfrage nachgegangen werden, inwiefern die Personen der Experimentalgruppe die drei Runden unterschiedlich wahrnahmen. Weiterhin sollten die Videoaufnahmen der Interaktionen mit dem Pferd während der Übung dahingehend ausgewertet werden, ob Pferde auf die Pose des jeweiligen Menschen auf unterschiedliche Art und Weise reagieren. Hiermit sollte die Forschungsfrage beantwortet werden, ob das Pferd bei den Personen der Experimentalgruppe unterschiedlich in den drei Runden auf diese reagierte und unterschiedliche Verhaltensweisen zeigte.

3 Methode

Die Stichprobe dieser Studie bestand aus insgesamt 91 Versuchspersonen im Alter zwischen 17 und 62 Jahren (M = 26,33, SD= 13,25), von denen 51 % (n = 46) der Experimentalgruppe und 49 % (n = 45) der Kontrollgruppe angehörten. 75 % der Personen (n = 68) waren weiblich. Des Weiteren gaben 49 % der Teilnehmenden (n = 45) an, bereits Erfahrung mit Pferden, z. B. in Form von Reitunterricht, gesammelt zu haben. 55 % der Befragten (n = 50) befanden sich in einem Angestelltenverhältnis, bei 30 % der Personen (n = 27) handelte es sich um Studierende, 14 % (n = 13) waren selbständig und eine Person war zum Befragungszeitpunkt ohne Arbeit (n = 1).

Es wurde eine Vergleichsstudie mit Messwiederholung in einem experimentellen Versuchsdesign durchgeführt. Die Teilnehmenden wurden randomisiert der Experimental- und Kontrollgruppe zugeordnet. Während die Experimentalgruppe ein pferdegestütztes Coaching mit drei Power Posing Durchgängen in unterschiedlichen Posen (neutral, negativ, positiv) erhielt, handelte es sich bei der Kontrollgruppe um einen Durchgang in einer neutralen Pose. Die Coachings beinhalteten eine Übung, die für die Beantwortung der Fragestellung konzipiert wurde. Zunächst erhielten die Proband/innen eine Sicherheitsunterweisung im Umgang mit Pferden. Hier wurde gezeigt, wie der Haken des Führstricks befestigt und entfernt wird, wie der Führstrick festzuhalten ist und dass die beiden geschulten Coaches während der gesamten Übung um Rat gefragt werden dürfen. Die Instruktion lautete, im Anschluss an die Kontaktaufnahme mit dem Pferd eine Übung zu bewältigen. Das Pferd sollte dabei an einem Führstrick, der mit dem Halfter des Pferdes verbunden war, geführt werden. Die Teilnehmenden bekamen, wie in Abb. 1 zu erkennen ist, die Aufgabe, gemeinsam mit dem Pferd einen Slalom zwischen vier aufgestellten Pylonen zu durchlaufen. Die Übung des Umrundens von vier Pylonen (ohne einen Bezug zu Power Posing Übungen) wurde ausgewählt, da sie einen einfach strukturierten Aufbau beinhaltete und dem Pferd aus mindestens 30 der vorherigen Coachings bekannt war. Dabei wurde die Zeit gestoppt, um zu messen, wie lange die Proband/innen in der jeweiligen Runde brauchten, um die Übung zu absolvieren. Die Zeit wurde gestartet, sobald der erste Vorderhuf des Pferdes auf der Höhe der ersten Pylone war und gestoppt, sobald sich der zweite Hinterhuf auf der Höhe der letzten Pylone befand. Der Aufbau der Übung war bei allen Personen identisch.

Abb. 1
figure 1

Aufbau der in der Studie genutzten Übung

Für die weiteren Auswertungen der Pferd-Mensch-Interaktionen wurden die Übungen mit Hilfe einer Videokamera aufgenommen. Die Fragen und zugehöriges Feedback zur Interaktion mit dem Pferd erfolgten durch eine Psychologin und pferdegestützten Coach; eine zweite Person (pferdegestützter Coach) war ebenfalls anwesend, um weitere Beobachtungen zu notieren, die Übungen zu filmen und der/dem jeweiligen Coachee Feedback zu geben.

Neben der Erhebung der Dauer pro Runde gab es standardisierte Fragen, die jeder Person im Anschluss an die Runde mit dem Pferd gestellt wurden. Nach Beendigung der Übung der Kontrollgruppe sowie der beiden weiteren Runden der Experimentalgruppe wurde zunächst gefragt, wie es der Person im Slalom mit dem Pferd ergangen war und was sie bei sich wahrgenommen hat. Die Personen schilderten daraufhin ihre Eindrücke. Zusätzlich wurde gefragt, was diese denken, wie das Pferd die Zusammenarbeit mit der Person fand.

Zunächst absolvierten sowohl die Experimental- als auch die Kontrollgruppe die Übung in einer neutralen Pose. Nach dieser Übung erhielten die Proband/innen der Kontrollgruppe ein Feedback von den beiden anwesenden Coaches, um neben der Selbstwahrnehmung auch eine Rückmeldung zur Fremdwahrnehmung zu erhalten. Es folgte der Transfer in den Alltag, d. h. die Teilnehmenden wurden gefragt, wo sie sich in Bezug auf die Erlebnisse mit dem Pferd und die Rückmeldungen im Alltag wiederfanden oder was völlig neu für sie war. Die Proband/innen der Experimentalgruppe erhielten hier kein Feedback von Seiten der Coaches.

Die Personen der Experimentalgruppe erhielten im Anschluss an die erste, neutrale Übung die Instruktion, sich an eine Situation zu erinnern, in der ihnen etwas nicht gelungen war und sie sich klein gefühlt hatten. Zusätzlich sollten sie dieses Gefühl im gesamten Körper spüren und eine Low Power Pose einnehmen (sich selbst klein machen, die Schultern hängen lassen in Kombination mit einer geringen Körperspannung). Sobald die Personen angaben, gedanklich eine Situation vor Augen zu haben, gaben diese eine Rückmeldung und die zweite Übung (erneuter Slalom um die Pylonen herum) startete. Im Anschluss an diese Übung beantworteten die Befragten erneut die standardisierten Fragen. Als dritte Übung sollten die Personen zunächst tief durchatmen und an eine besonders schöne Situation denken, in der alles geklappt hatte, sie stolz auf sich gewesen waren und sich stark gefühlt hatten. Zusätzlich sollten sie eine High Power Pose einnehmen (sich groß machen, die Schultern zurücknehmen und den Körper positiv anspannen). Auch hier startete die Übung mit dem Pferd (die identisch zu den beiden vorherigen war), sobald die Personen angaben, sich gedanklich in einer derartigen Situation zu befinden. Nach dieser Übung beantworteten die Teilnehmenden ebenfalls die bereits genannten Fragen. Zusätzlich erhielten die Proband/innen danach ein Feedback der Coaches zu den drei Runden, um neben der Selbstwahrnehmung auch eine Rückmeldung zur Fremdwahrnehmung zu erhalten. Das Feedback durch die Coaches sowie der Transfer in den Alltag erfolgten erst im Anschluss an die dritte Runde, um die Teilnehmenden der Experimentalgruppe in der zweiten und dritten Runde nicht zu beeinflussen. Es folgte der Transfer in den Alltag, d. h. die Teilnehmenden wurden gefragt, wo sie sich in Bezug auf die Erlebnisse mit dem Pferd und die Rückmeldungen der anderen Coachees und der Coaches im Alltag wiederfanden oder was völlig neu für sie war. In der Experimentalgruppe wurde auf eine zufällige Reihenfolge der drei Runden verzichtet, damit keine Person das Coaching in der Low Power Pose und mit möglichen negativen Gedanken abschloss, sondern in der High Power Pose mit möglichst positiven Gedanken. Der Aufbau der Übung ist in Abb. 1 dargestellt.

Bei dem im Coaching eingesetzten Pferd handelte es sich um eine ausgebildete Stute im Alter von 21 Jahren, die seit neun Jahren in Coachings mitwirkte und die mindestens zehn Stunden pro Tag im Herdenverband stand. Pasadena Miro war darin geschult, mit verschiedenen Menschen in Coachings zu arbeiten. Zusätzliche Störvariablen, wie beispielsweise die Persönlichkeit weiterer Pferde, wodurch eine größere Stichprobe vonnöten gewesen wäre, konnten somit ausgeschlossen werden. Es wurde darauf geachtet, dass zwischen den Coachingtagen immer mindestens zwei Tage lagen, an denen das Pferd anderweitig beschäftigt wurde (z. B. geritten wurde oder mit den Herdenmitgliedern auf die Wiese ging oder für andere Coachings eingesetzt wurde), um einen eintönigen Ablauf und zugehörige Konditionierungseffekte weitestgehend zu vermeiden. Weiterhin fanden die Coachings nur statt, wenn zuvor keine besonderen (negativen) Ereignisse stattgefunden hatten (z. B. Behandlung der Zähne durch den Pferdezahnarzt, schlechtes und stürmisches Wetter), die einen entsprechenden Einfluss auf die Stimmung des Pferdes hätten haben können. In der vorliegenden Studie wurde dem Pferd kein Leid zugefügt. Die ethische Behandlung des Tieres wird garantiert.

4 Ergebnisse

Bei der Betrachtung der deskriptiven Ergebnisse ist zu erkennen, dass die Personen in der Experimentalgruppe in der Low Power Pose (negative Runde) länger brauchten, um den Slalom zu durchlaufen als in der neutralen Runde und in der High Power Pose (positive Runde). In der High Power Pose benötigten sie außerdem weniger Zeit als in der neutralen Runde. Die Mittelwerte der Gruppen je nach Runde sind in Tab. 1 dargestellt.

Tab. 1 Mittelwerte und Standardabweichungen der drei Runden der EG und KG

Zunächst wurde mit Hilfe eines t-Tests für unabhängige Stichproben geprüft, ob sich die EG und die KG in dem jeweiligen neutralen Durchgang zeitlich unterschieden. Hier zeigte die Auswertung, dass kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen vorlag (t(89) = −0,52, p = 0,61, n.s.). Die aufgestellten Hypothesen wurden mit Hilfe einer ANOVA mit Messwiederholung geprüft. Bei der Analyse der drei Runden in der Experimentalgruppe zeigte sich – unter Berücksichtigung der Greenhouse-Geisser-Korrektur – ein hoch signifikantes Ergebnis (F(1,32, 59,28) = 56,11, p < 0,001, ηp2 = 0,56). Es handelte sich nach Cohen (1992) um einen starken Effekt (f = 0,90). Der nachfolgende Bonferroni-korrigierte Post-hoc-Test zeigte, dass sich die erste (neutrale) Runde hoch signifikant von der zweiten (Low Power Pose) und dritten (High Power Pose) Runde sowie die zweite Runde (Low Power Pose) signifikant von der dritten Runde (High Power Pose) unterschieden. Demnach brauchten die Proband/innen in der High Power Pose im Vergleich zu der neutralen Runde und der Low Power Pose signifikant weniger Zeit, um die Pylonen zu umrunden. Weiterhin benötigten sie in der Low Power Pose signifikant mehr Zeit als in der neutralen und negativen Haltung. Weitere Berechnungen zu möglichen Unterschieden zwischen pferdeerfahrenen und pferdeunerfahrenen Personen sowie Unterschieden zwischen den beruflichen Stellungen ergaben keine signifikanten Ergebnisse. Auf eine Berechnung möglicher Geschlechterunterschiede wurde aufgrund der geringen Anzahl männlicher Teilnehmer verzichtet.

Ergänzend zu der quantitativen Auswertung wurden die Videos im Hinblick auf die Pferd-Mensch-Interaktionen sowie die Aussagen der Coachees im Anschluss an die Übungen betrachtet und von zwei geschulten Beobachtern analysiert. Bei der Analyse der Videos zeigten sich unterschiedliche Verhaltensweisen des Pferdes je nach menschlicher Pose. In der Übung mit der Low Power Pose ging das Pferd weniger bereitwillig mit der jeweiligen Person los, blieb während des Slaloms häufiger stehen und rempelte teilweise die Pylonen an.

Grundsätzlich schien es fast allen, bis auf zwei Personen, sehr leicht zu fallen, sich eine positive und eine negative Situation vorzustellen und die entsprechende Körperhaltung einzunehmen. Zwei Personen gaben allerdings im Anschluss an die Runde in der Low Power Pose an, Schwierigkeiten hiermit gehabt zu haben, da sie sich auch im Alltag mehr auf positive Dinge fokussierten und Negatives „nicht so an sich heranlassen“ würden. In der neutralen Runde zeigten sich sowohl bei den Personen der KG als auch bei denjenigen der EG keine besonderen Auffälligkeiten. Hier passierte es bei insgesamt vier Personen, dass das Pferd im Slalom stehen blieb und laut Aussage der Personen erneut motiviert werden musste mitzugehen.

In der negativen Runde (Low Power Pose) hatten die Personen eine geringe Spannung im Körper und ihr Kopf bzw. ihr Blick war gesenkt. Knapp zwei Drittel der Proband/innen hatten bereits Schwierigkeiten beim Losgehen mit dem Pferd. Die Pylonen wurden häufig nicht alle umrundet – ein Bogen war häufig zu groß und die Personen schienen das Pferd nicht mehr in die gewünschte Richtung „lenken“ zu können. Hier passierte es auch bei vier Personen, dass eine Pylone umgerannt wurde und diese umfiel. Weiterhin zeigte sich ein häufiges Stehenbleiben des Pferdes. Das Pferd übernahm auch teilweise die Führung und gab die Richtung an; in wenigen Fällen auch so, dass Pferd und Mensch aneinanderstießen. Der Führstrick wurde häufiger sehr kurz und teilweise auf Spannung gehalten. Diejenigen, bei denen das der Fall gewesen war, sagten im Anschluss, sie hätten so versucht mehr Führung zu erhalten. Die Proband/innen sagten weiterhin nach der Runde, dass alles viel schwieriger als noch in der neutralen Runde gewesen sei – z. B. auch das Pferd zu überzeugen mitzugehen. Sie hätten „einfach keine Führung mehr gehabt“ und der Fokus habe bei ihnen selbst und nicht mehr auf anderen bzw. auf dem Pferd gelegen. So hätten sie die Umwelt nicht mehr (richtig) wahrnehmen können, wie beispielswiese die Geräusche einer flatternden Plastikplane oder das Wiehern eines anderen Pferdes. Das Pferd wurde außerdem als „bockig“ und die Interaktion als weniger harmonisch bezeichnet – es sei „kein Miteinander“ mehr gewesen. Der Begriff der „Anstrengung“ fiel häufiger und dass das Pferd lustlos gewesen sei. Eine Teilnehmerin sagte: „Es ging einfach nichts mehr, da war zwar viel Aufwand, es hat aber nichts gebracht. Jeder hat sein eigenes Ding gemacht, wir waren kein Team mehr“. Weitere Personen gaben an, unsicher gewesen zu sein, ob das Pferd überhaupt folgen würde und die Erwartung wurde entsprechend bestätigt („Zack, es hat auch nicht mehr geklappt – meine negativen Gedanken haben mein Handeln direkt beeinflusst.“). Außerdem wurde diese Runde als schwerfällig bezeichnet, die „gefühlt endlos“ gedauert habe. Man habe keine Chance mehr gehabt, das Pferd zu überzeugen. Die Verwunderung war bei den Teilnehmenden groß, wie viel es ausmache, sowohl innerlich als auch äußerlich die negative Haltung einzunehmen. Sie hätten nicht erwartet, wie sehr negative Ausdrucksstärke „alles dominiere“. Im Anschluss an die Low Power Pose erfolgte der Transfer in alltägliche Situationen insofern, dass man in negativen Gefühlszuständen und Körperhaltungen ebenfalls wenig von der Umwelt mitbekomme und alles schwerfalle. Es gaben jedoch auch drei Personen an, zügig und dennoch möglichst gut durch den Slalom gekommen zu sein. Dies sei auch im Alltag so – wenn sich schwierige Umstände auftäten und sie sich in einer negativen Stimmung befänden, würden sie es dennoch „durchziehen und performen“. Sechs Personen berichteten, das Pferd sei in dieser Runde „stützend“ bei ihnen gewesen und hätte einen gewissen Halt dargestellt. So sei es auch im Alltag, auch dort erhielten sie Unterstützung und Halt durch andere Personen.

In der positiven Runde mit der High Power Pose fiel auf, dass die Teilnehmenden durchgehend in einer aufrechten Haltung (Blick geradeaus) vor dem Pferd gingen und klar die Richtung sowie die Geschwindigkeit angaben. Die Mensch-Pferd-Paare stoppten während der Übung weniger häufig als in der negativen Runde und alle Pylonen wurden umrundet. Das Pferd folgte meist bereitwillig und wurde von knapp zwei Drittel der Personen an einem durchhängenden Führstrick geführt. Die Personen schauten fokussiert in Richtung ihres Ziels und lächelten häufig. Einige Personen sagten bereits beim Losgehen zu dem Pferd energisch „komm!“. Die Rückmeldungen der Personen nach der positiven Runde waren, dass es einfach und schnell war, sie Spaß gehabt hatten und es „extrem gut gelaufen“ sei – ganz anders als in der negativen Runde in der Low Power Pose. Sie hätten sich nicht mehr unsicher gefühlt und das gute Gefühl und die inneren Bilder „im ganzen Körper gespürt“. Der Transfer auf den Alltag fiel auch hier allen Personen leicht. So würde auch im Alltag alles besser klappen und der Wahrnehmungsradius sei größer. Man habe sich viel besser auf das Pferd einlassen und mit diesem zusammenarbeiten können als in der negativen und neutralen Runde und so sei es auch im Alltag. Wenn man sich in einer guten Laune befände, sei man körperlich „größer“ und könne sich viel mehr auf andere Personen und die Umwelt einlassen sowie Freude an diesen haben. In der positiven Runde berichteten außerdem drei weitere Personen, dass dies „keine Herausforderung“ gewesen sei – wenn die Stimmung gut sei, könnten sie auch im Alltag alles mit Leichtigkeit schaffen. In Abb. 2a–c sind die Pferd-Mensch-Interaktionen der neutralen Runde in neutraler Pose (Abb. 2a), der negativen Runde in der Low Power Pose (Abb. 2b) sowie der positiven Runde in der High Power Pose (Abb. 2c) dargestellt.

Abb. 2
figure 2

Pferd-Mensch-Interaktionen. a Neutrale Pose, b Low Power Pose, c High Power Pose

5 Diskussion

Es wird angenommen, dass körperliche Variablen, wie die Körperhaltung und Bewegung sowie imaginative Verfahren einen Einfluss auf eigene Einstellungen, die Gefühlslage und die Situationsbewertung haben (vgl. Larro-Jacob 2007; Price et al. 2012). Diese Annahmen können auf die vorliegende Studie übertragen werden, bei der High und Low Power Posen nach Körner und Schütz (2019) und Instruktionen zur aktiven Hervorrufung zugehöriger innerer Bilder eingesetzt wurden. Entsprechende Embodied-Cognition-Ansätze können somit ebenfalls Anwendung finden, wobei sich laut diesen Kognitions‑, Wahrnehmungs- und Bewegungsprozesse gegenseitig bedingen und beeinflussen (Löffler et al. 2020).

Aus den Ergebnissen dieser Untersuchung kann geschlussfolgert werden, dass sich die Pose einer Person – einschließlich der zugehörigen inneren Bilder – auf die Dauer des Durchlaufens eines Parcours sowie auf die Interaktion mit dem Pferd auswirken kann. In einer High Power Pose waren die Personen beim Durchlaufen des Slaloms signifikant schneller als in der neutralen und negativen Runde in der Low Power Pose. Sie fühlten sich besser, hatten mehr Freude und bewerteten die Interaktion mit dem Pferd als einfacher. Dies war auch in der Videoanalyse sichtbar – das Durchlaufen des Parcours sah auch von außen leichter und zügiger aus. In der Low Power Pose benötigten die Personen mit dem Pferd signifikant mehr Zeit, um den Parcours zu beenden und dies wirkte sowohl in der Selbst- auch in der Fremdwahrnehmung (Video) schwerfälliger und aufwändiger. Darüber hinaus konnten die Erlebnisse entsprechend auf den Alltag im Umgang mit Menschen transferiert werden.

Pferde können als Übungsobjekt für die Bewältigung von Aufgaben dienen (Friesenhahn 2015b), weshalb auch in der vorliegenden Studie ein Pferd als Interaktionspartner gewählt wurde. Dass Pferde sensibel auf ihr menschliches Gegenüber und dessen Körperhaltung sowie Emotionen reagieren und menschliche Signale feinfühlig lesen, konnte auch hier – kongruent mit dem bisherigen Stand der Forschung – gezeigt werden (vgl. Gehrke 2009; Krüger et al. 2011). Die Wirkung des Pferdes kann in der vorliegenden Untersuchung als sozialer Katalysator, Verhaltensspiegel sowie Übungspartner gewirkt haben (Mc Nicholas und Collis 2000; Meyer 2009; Serad 2010). Die Ergebnisse stützen somit Gehrkes (2009) Annahme, dass die Tiere gut im Lesen der Körpersprache und zugehöriger nonverbaler Kommunikation sind. Darüber hinaus reagierte das Pferd trotz des identischen Aufbaus der Übung nicht bei allen Personen sowie in den jeweiligen Runden gleich. Es kann davon ausgegangen werden, dass das Pferd die Übung nicht „auswendig gelernt“ hatte und kein antrainiertes Verhalten zeigte. Vielmehr kann angenommen werden, dass das Pferd tatsächlich individuell auf die Person in der jeweiligen Runde reagierte, wie es auch Schütz et al. (2018) nachweisen konnten.

In der Low Power Pose wiesen die Personen eine geringe Körperspannung sowie eine gebückte Körperhaltung auf, wie auch Friesenhahn (2017) feststellen konnte, wenn ein/e Coachee in der zugehörigen Studie im Rahmen eines pferdegestützten Coachings emotional berührt war. Eine weitere Fokussierung auf positive und negative Emotionen oder Körperhaltungen gab es hier jedoch nicht. Mödinger (2014) beschreibt, dass Klient/innen aufgrund der Klarheit der nonverbalen Sprache u. a. ihre eigene Körperhaltung wahrnehmen und gezielt einsetzen können. Das Bewusstwerden über die Wirkung der eigenen Körperhaltung wurde auch in der vorliegenden Studie deutlich. Weiterhin wird davon ausgegangen, dass Pferde für eine klare Kommunikation eine eindeutige, klare Körperhaltung eines menschlichen Gegenübers erwarten und einfordern, wodurch die Körperspannung gefördert werden kann (Dettling et al. 2018). Auch in dieser Studie forderte die Stute die Klarheit ihres Gegenübers ein und ging beispielswiese nicht los, wenn sich die Person in der Low Power Pose befand – ganz anders als in der High Power Pose. Die Proband/innen gaben außerdem an, sich ihrer Körperhaltung und -spannung durch die Übungen bewusster zu sein und diese Erkenntnis auf Alltagssituationen in der Interaktion mit Menschen übertragen zu können. Dabei wurde gesagt, man könne im Alltag probieren, eine High Power Pose einzunehmen, wenn man gerade in einer negativen Stimmung sei – vorausgesetzt, man wolle in diesem Moment „aus der Stimmung herauskommen“. Vor einer Prüfung oder Präsentation könnten High Power Posen bewusst eingenommen werden, um sich besser bzw. stärker zu fühlen und möglicherweise auch von anderen Personen so wahrgenommen zu werden. Zudem sensibilisiert diese Studie möglicherwiese für das genauere Wahrnehmen der Körperhaltung anderer Personen. In verschiedenen Situationen kann es dazu kommen, dass die Körperhaltung einer Person inkongruent zu deren Aussagen ist und es beispielsweise zu Missverständnissen in der Kommunikation kommt. Diese Inkongruenzen können nicht nur von Pferden, sondern auch von Menschen wahrgenommen werden. So kann die Selbstreflexion verdeutlichen, wie die eigene Körperhaltung die Kommunikation beeinflussen kann.

Es kann weiterhin geschlussfolgert werden, dass die verwendete Übung mit den zugehörigen Posen in Kombination mit den inneren Bildern und das generelle Setting des pferdegestützten Coachings ausschlaggebend für die signifikanten Ergebnisse sind. Welche(r) individuelle(n) Moment(e) die signifikanten Veränderungen hervorgerufen hat/haben, kann in dieser Untersuchung nicht eindeutig festgestellt werden. Den theoretischen Hintergrund betrachtend, können professionelle Feedbacks (Lindart 2016; Meyer 2009) oder auch die generelle Begegnung und Interaktion mit dem Pferd (Friesenhahn 2015b) elementare Wirkfaktoren des pferdegestützten Coachings darstellen. Hier kann weiterhin der Bezug zur Selbstreflexion hergestellt werden, wobei es sich um einen Prozess handelt, bei dem man über sich selbst nachdenkt und das eigene Selbstkonzept hinterfragt. Dabei gilt das Selbstkonzept als die Summe aller selbstbezogenen Gedanken und Gefühle (Maddux 1995), weshalb die Selbstbewertung auch als Teilkomponente des Selbstkonzeptes verstanden werden kann. In Coachingsituationen könnten Klient/innen bei bestimmten Themen (z. B. Selbstwirksamkeitserwartung, Selbstvertrauen) instruiert werden, bewusst eine High Power Pose einzunehmen, wenn diese besprochen werden.

Weiterhin sollte kritisch angemerkt werden, dass die Personen der Experimentalgruppe den Slalom mit den zugehörigen Posen in einer vorgegebenen Reihenfolge absolvierten. Aus methodischer Sicht können Reihenfolge- und Lerneffekte, die neben den Teilnehmenden auch das Pferd betreffen können, somit nicht ausgeschlossen werden. Eine randomisierte Zuordnung der Runden wäre methodisch besser gewesen, sodass auch das Pferd mit einer zufälligen Reihenfolge der Runden konfrontiert gewesen wäre. Wäre das Pferd bei den Teilnehmenden der EG immer direkt im Anschluss an die dritte Runde zu seiner Herde zurückgebracht worden, hätte dies als Verstärker fungieren können, sodass das Pferd in der dritten Runde die Pylonen womöglich intrinsisch motiviert besonders schnell umrundet hätte. Da das Tier jedoch im Anschluss an die letzte Runde immer bei den Gesprächen mit den Coachees dabei war und neben den Personen stand, ist von einem möglichen Einfluss dieser Störvariable nur bedingt auszugehen. Hier wurden die methodischen Aspekte jedoch zurückgestellt, da ein ethisch vertretbares Vorgehen im Vordergrund stand. Die Teilnehmenden sollten die Studie bewusst nicht in einer negativen Pose mit den zugehörigen inneren Bildern beenden und das Setting so verlassen. Gedächtnispsychologisch wäre im Sinne des Recency-Effekts (Übergewichtung von zuletzt dargebotenen Informationen) womöglich das negative Erlebnis bei einigen Personen in Erinnerung geblieben, da negative, autobiografische Ereignisse häufig besser erinnert werden als positive, wie bereits in Studien zu traumatischen Ereignissen gezeigt werden konnte (vgl. Berntsen und Rubin 2002). Dies sollte vermieden werden. So beschreiben einige Teilnehmende im Anschluss an die Studie, dass sie froh gewesen seien, in der High Power Pose aus der Gesamtübung gegangen zu sein, da es sich in der zweiten Runde (Low Power Pose) um schwerwiegende Ereignisse gehandelt habe, aus denen sie sonst womöglich nicht so schnell wieder „herausgekommen“ wären. Auch im (psycho)therapeutischen Kontext wird häufig auf einen positiven Abschluss verwiesen (vgl. Parnell 2003).

Erwartungseffekte bei den Teilnehmenden können ebenfalls einen Einfluss auf die Ergebnisse gehabt haben. So liegt die Vermutung nahe, dass die Personen der EG im Anschluss an die negative Runde eine positive Runde erwarteten. Auch (unbewusste) Erwartungseffekte bei den Versuchsleiter/innen könnten einen Einfluss gehabt haben (u. a. Rosenthal- und Andorra-Effekt). Es wurde den Teilnehmenden während der Durchführung jedoch zu keinem Zeitpunkt erzählt, wie sich das Pferd bei den vorherigen Personen verhalten hatte. Hier kann auch auf das Verhalten des Pferdes, das individuell auf die Personen reagierte und sich vermutlich nicht durch die Erwartung der Coaches beeinflussen ließ, verwiesen werden.

Die Studie wurde von pferdegestützten Coaches (Psycholog/innen) durchgeführt. Diese waren u. a. im Bereich der Beobachtertendenzen geschult, um den geringstmöglichen Einfluss im Sinne von Störvariablen zu nehmen, brachten möglicherweise jedoch gewisse Vorerfahrungen und Erwartungshaltungen mit in die Coachings. Andere Personen ohne einen derartigen Hintergrund hätten jedoch womöglich eine neutralere Haltung einnehmen können. Dies war allerdings aus mehreren Gründen nicht möglich. Da es sich um pferdegestützte Coachings handelte, mussten Sicherheitsaspekte und versicherungsrelevante Aspekte berücksichtigt werden, sodass andere Personen mit diesem Pferd die Studie nicht hätten durchführen können. Auch im Sinne der Qualitätsstandards, die im Rahmen des Coachings eingehalten werden mussten, um mögliche negative Effekte aufzufangen, wären weitere, „neutralere“ Personen als Studienleiter weniger geeignet gewesen. Zudem muss auf die standardisierten Fragen, die den Personen der EG nach den drei Runden gestellt wurden (während erst danach auf den weiteren Coachingkontext sowie den Transfer in den Alltag eingegangen wurde), hingewiesen werden. Hierdurch sollten mögliche Einflüsse zugehöriger Störvariablen weitestgehend eliminiert oder zumindest reduziert werden.

6 Ausblick

Die Studie liefert den ersten Nachweis, dass Pferde im Coaching unterschiedlich auf Coachees reagieren, je nachdem, in welcher Pose sich diese befinden und welche inneren Bilder diese visualisieren und dass dies einen Einfluss auf die Interaktion mit dem Tier hat. Weiterhin ermöglichte den Teilnehmenden die Mensch-Pferd-Interaktion einen Transfer in den Alltag. Dennoch bleiben weitere Fragen offen, was beispielsweise spezifische Situationen anbelangt, in denen die Selbstreflexion der Teilnehmenden besonders angeregt wurde. Dies könnte unter anderem in weiteren experimentellen Studien untersucht werden. Welchen Anteil der Einsatz des Pferdes an den Ergebnissen hat, bleibt offen. In einer Folgestudie könnte daher eine weitere Experimentalgruppe hinzugenommen werden, die den Slalom ohne Pferd durchläuft. So könnte der Einflussfaktor des Pferdes genauer analysiert werden. Darüber hinaus könnte der Einfluss der Körperhaltungen auf das menschliche Gegenüber im Sinne der Selbst- und Fremdeinschätzung analysiert werden. Wie werden Personen, die bewusst eine High oder Low Pose einnehmen, wahrgenommen und wie fühlen sie sich dabei? Zudem könnte die weitere Interaktion zwischen diesen Personen erforscht werden. Dabei könnte betrachtet werden, wie ein zugehöriges Gespräch verläuft oder die Bewertung der anderen Person erfolgt, je nachdem, ob nur eine Person eine Pose einnimmt oder beide Personen die gleichen oder unterschiedliche Posen.

An der vorliegenden Studie nahmen nur wenige Männer teil, weshalb keine Analyse der Geschlechterunterschiede bei den Power Posing Übungen möglich war. Hier könnte eine weitere Untersuchung der Geschlechterunterschiede interessant sein. Weiterhin konnten keine Unterschiede zwischen Menschen mit und ohne Pferdeerfahrung festgestellt werden. In Folgeuntersuchungen sollte geprüft werden, ob sich bei größeren Stichproben, bei denen der Fokus zusätzlich auf dem Geschlecht, dem Alter sowie weiteren soziodemografischen Variablen liegt, ebenfalls keine signifikanten Ergebnisse zeigen. Es sollten außerdem größere Stichproben untersucht werden, bei denen sowohl ranghohe als auch rangniedere Pferde als Interaktionspartner eingesetzt werden. So könnte festgestellt werden, ob der Rang innerhalb der Herde ebenfalls einen Einfluss auf Ausführung der Aufgabe hat. In der vorliegenden Stute handelte es sich um eine ranghohe Stute. Darüber hinaus sollten standardisierte Erhebungsinstrumente (z. B. zu positiven und negativen Emotionen, der Selbstwirksamkeitserwartung oder dem subjektiven Selbstwertgefühl) Anwendung finden, um weitere Konstrukte mit einbeziehen zu können. Die aufgenommenen Videos könnten zudem mit dem Proband/innen gemeinsam analysiert werden, um feststellen zu können, welche Momente in der Interaktion mit dem Pferd besonders elementar und aufschlussreich waren. Zudem kann in der vorliegenden Untersuchung keine Langzeitwirkung nachgewiesen werden, da die Messungen lediglich an einem Tag stattfanden. Im Rahmen einer Folgestudie könnten weitere Messzeitpunkte inkludiert werden, um mögliche Veränderungen im Alltag der Teilnehmenden analysieren zu können. Auch qualitative Befragungen wären eine sinnvolle Ergänzung, um bewerten zu können, in welchen Bereichen des Lebens Veränderungen eintreten und bei welchen Themen das Power Posing keine oder sogar negative Effekte hat. Hier könnte auf Fallbeispiele eingegangen werden.

Die methodische Kritik, dass eine zufällige Reihenfolge bei den Durchgängen der EG wünschenswert gewesen wäre, sollte ebenfalls in Folgestudien mit aufgenommen werden. Hier könnte überlegt werden, wie mögliche negative Folgen einer Low Power Pose in der dritten Runde vermieden werden könnten, sodass nicht alle Teilnehmenden die High Power Pose als letzten Durchgang erleben.

Der hier erbrachte Nachweis, dass sich die Pose einer Person innerhalb eines pferdegestützten Coachings auf die Interaktion mit dem Pferd sowie auf die im Anschluss an die Übungen folgende persönliche Einschätzung und den Transfer in den Alltag auswirkt, ist ein weiteres wissenschaftlich fundiertes Pro-Argument für ein pferdegestütztes Coaching. Mögliche Störvariablen müssen dennoch berücksichtigt werden. Trotz des in dieser Studie generierten Erkenntnisgewinns bleiben jedoch noch viele Fragen auf dem bislang wenig erforschten Gebiet des pferdegestützten Coachings offen. Daher sollten weitere empirische Untersuchungen zu dieser Thematik folgen.