Für den Begriff der digitalen Transformation hat sich keine allgemeingültige Definition durchgesetzt. Je nach Provenienz beschreiben die Analysten die aktuellen Vorgänge mit Begriffen wie Industrie 4.0, vierte industrielle Revolution, Integrated Industry, Industrial Internet, Internet of Things and Services, Second Machine Age oder – und von der Informatik kommend – Cyber Physical System (CPS) beziehungsweise digitaler Zwilling.
Aber was zeichnet die digitale Transformation in der Wertschöpfung nun aus? Gemeint ist damit aber nicht weniger als die vollständige Automatisierung der gesamten Wertschöpfungskette über alle Beteiligten und die gesamte Produktlebensdauer hinweg. Relevante Informationen sollen medienbruchfrei in Echtzeit zwischen Mensch, Maschine und Werkstück, vom Rohmaterial bis hin zum Endverbraucher und noch weiter bis zum Entsorger fließen. Somit stellen alle im Gesamtprozess beteiligten Akteure, Maschinen und Werkstücke von der Wiege bis zur Bahre des Produktes alle notwendigen Informationen zur Verfügung. Diese Informationen erreichen dann unverfälscht und rechtzeitig jeweils die Stelle – namentlich die Maschine – in der Wertschöpfung, die sie gerade für ihre automatisierte Entscheidung benötigt.
Der Mensch bleibt im typischen Entscheidungsprozess hier schon allein deshalb weitgehend außen vor, weil er die Informationsflut gar nicht so schnell vollständig verarbeiten könnte und somit eher durch irrationale diskretionäre Eingriffe als Störfaktor erschiene. Diese Grundidee der digitalen Transformation wandelt also das Verhältnis Mensch und Maschine radikal.
So kooperierte das deutsch-chinesische Robotik-Unternehmen Kuka 2016 mit dem Verein Lebenshilfe, der behinderte Menschen im Arbeitsleben integrieren will. Bei dieser Kooperation wurden in den Werkstätten geistig behinderter Menschen in Limburg Kuka-Roboter eingesetzt, um Vorarbeiten für regionale Automobilzulieferer ausführen.
In diesem Zusammenhang formuliert der in Digitalisierungsfragen bekannte Journalist Sascha Lobo (05.09.2019, DIE ZEIT, Wenn die Roboter kommen) für die Automatisierung in der digitalen Transformation eine neue, durchaus provokante Regel. Diese Regel lautet: „Je klüger die Maschine, desto weniger gut ausgebildet muss die Person sein, die an oder mit ihr arbeitet – und desto geringer die Personalkosten.“
Die Grundidee des digitalen Wandels ist damit überaus radikaler als die Grundideen der industriellen Revolutionen zuvor. Damit wird hier auch überdeutlich, dass die Fragen der digitalen Transformation weit über die Informatik hinausgehen und unmittelbar auch die Soziologie, Psychologie und die sozialen Sicherungssysteme betreffen.