Die Definition eines geeigneten Technologiedesigns ist eine wesentliche Determinante für die Entwicklung innovativer Softwareprodukte und Dienstleistungen in digitalen Start-ups. Die Entscheidungen, die während der Definition von Technologiedesigns getroffen werden müssen, sind jedoch mit verschiedenen Herausforderungen und substanziellen Unsicherheiten verbunden, was häufig dazu führt, dass Technologiedesigns über die Zeit revidiert werden müssen. Sofern solche notwendigen Anpassungen umfangreich sind, spricht man von der Durchführung sogenannter „Technologie-Pivots“. In digitalen Start-ups werden Entscheidungen für Technologie-Pivots häufig jedoch nur sehr zögerlich getroffen, da ein tieferes Verständnis für Technologie-Pivots fehlt und die entstehenden Auswirkungen von Technologie-Pivots oftmals unbekannt sind. Als Konsequenz daraus, werden Technologie-Pivots häufig zu spät begonnen oder verlaufen nicht erfolgreich. Basierend auf aktuellen Forschungsergebnissen, helfen wir sowohl Gründer*innen von digitalen Start-ups als auch deren Mentor*innen und Investor*innen dabei, ein besseres Verständnis der Motivationsgründe und Auswirkungen von Technologie-Pivots sowie der mit ihnen verbundenen Herausforderungen zu entwickeln.

Zunehmende Bedeutung des Begriffs Pivot

Unter Gründer*innen digitaler Start-ups sind fundamentale strategische Kurswechsel, sogenannte Pivots, keine Seltenheit. Viele berichten während des Aufbaus ihres Start-ups davon, bereits einen Pivot durchgeführt zu haben oder diesen aktuell in Betracht zu ziehen. Ebenso sind Pivots Teil des Alltags vieler Mentor*innen, die Start-ups unterstützen und Investor*innen, die diese finanzieren [1]. Mentor*innen und Investor*innen empfehlen digitalen Start-ups immer dann einen Pivot durchzuführen, sofern diese im Hinblick auf ihre Produkt- oder Geschäftsmodellentwicklung sowie ihre Wachstumsstrategie in eine Sackgasse geraten sind. Umgangssprachlich sind mit dem Begriff Pivot umfangreiche Anpassungen an Geschäftsmodellkomponenten oder den eingesetzten mehrwertgenerierenden Technologien von digitalen Start-ups gemeint [2].

Die zunehmende Nutzung des Begriffs Pivot in digitalen Start-ups für Anpassungen am Produkt, Geschäftsmodellkomponenten oder Technologien mit unterschiedlichstem Umfang und strategischer Relevanz führt zu einem ungleichen Verständnis zwischen Gründer*innen, Mentor*innen und Investor*innen, mit Hinblick auf die Komplexität des Vorhabens und den auftretenden Herausforderungen. Dies kann zu Situationen führen, in denen sich Gründer*innen nicht ausreichend auf die Durchführung eines Pivots vorbereiten und entsprechend darüber bewusst werden, welche Implikationen sie durch einen Pivot im Hinblick auf das eigene Produkt und Geschäftsmodell erwarten sollten sowie welche operativen Tätigkeiten notwendig werden können. Nicht ohne Grund führt die Durchführung von Pivots in zahlreichen Fällen zum Scheitern digitaler Start-ups [3]. Parallel können Mentor*innen digitale Start-ups nur adäquat vorbereiten und in der Durchführung von Pivots begleiten, sofern ihr eigenes Pivot-Verständnis nicht zu stark von dem der Gründer*innen abweicht. Darüber hinaus sind Investor*innen potenziell enttäuscht, wenn die im Rahmen eines Pivots durchgeführten Veränderungen nicht weitreichend genug sind, um eine notwendige Stabilität des Produkts zu erreichen oder ein ausreichend starkes Wachstum zu versprechen.

Mit diesem Beitrag möchten wir Gründer*innen, Mentor*innen und Investor*innen, die sich auf den Aufbau und die Unterstützung digitaler Start-ups fokussieren, eine Orientierung zu Technologie-Pivots bieten. Alle im folgenden vorgestellten Erkenntnisse basieren dabei auf qualitativ als auch quantitativ erhobenen Forschungsergebnissen [4,5,6].

Begriffsklärung und Bedeutung von Technologie-Pivots

Digitale Start-ups entwickeln innovative Produkte und Dienstleistungen, welche im Kern auf digitalen Innovationen aufbauen und hierdurch attraktive Wertversprechen für Nutzer*innen und Kund*innen ermöglichen [7]. Hierbei beruht sowohl die Wertschöpfung als auch der Vertrieb in digitalen Start-ups vollumfänglich auf digitalen Technologien, was eine hohe Skalierbarkeit der Produkte und Dienstleistungen ermöglicht. Zu den wertvollsten Unternehmen der Welt gehören heute eine Reihe nun etablierter digitaler Start-ups, die ihre Produkte erfolgreich skaliert haben, wie beispielsweise Facebook oder Google. Insbesondere in den letzten Jahren sind viele weitere aufstrebende digitale Start-ups, wie beispielsweise Airbnb, Snap, Spotify und Uber, hinzugekommen, von denen nicht wenige einen oder mehrere Pivots durchgeführt haben [8]. Ursprünglich wurde der Begriff des Pivot im, von Eric Ries entwickelten, Lean-Startup-Ansatz geprägt [9]:

A pivot is a special kind of change designed to test a new fundamental hypothesis about the product, business model, and engine of growth. (S. 172)

Bei einem Pivot handelt es sich folglich um eine fundamentale Neuausrichtung des Produkts, des Geschäftsmodells oder des Wachstumsmotors. Es gibt verschiedene Pivot-Typen, deren Bezeichnung sich in der Regel auf den Bereich bezieht, in dem eine fundamentale Kurskorrektur vorgenommen werden soll, z. B.:

  • einen Customer-Segment-Pivot (die Ausrichtung auf ein völlig neues, bisher nicht adressiertes, Kundensegment),

  • einen Customer-Need-Pivot (die Ausrichtung auf ein für Kund*innen wichtigeres, ungelöstes Problem) oder

  • einen Channel-Pivot (die Ausrichtung auf einen Vertriebskanal mit größerer Effektivität).

Für digitale Start-ups ist, aufgrund des umfangreichen Einsatzes digitaler Technologien, insbesondere die Durchführung von Technologie-Pivots relevant [4,5,6]. Typische Beispiele für Technologie-Pivots sind die Implementierung von hybriden Technologien zur Adressierung verschiedener Plattformen, der Wechsel von einer monolithischen zu einer mikroservicebasierten Architektur, der Wechsel von On-Premise- zu cloudbasierten Lösungen, der Wechsel von Open-Source- zu proprietären Lösungen, der Wechsel von Programmiersprachen oder signifikante Schnittstellenanpassungen. Als Ergebnis von Technologie-Pivots werden bereits implementierte Technologiedesigns, die auf verschiedenen Annahmen hinsichtlich der zu lösenden Problemstellung den potenziellen Nutzer*innen und Kund*innen oder den Anforderungen an eine Lösung konzeptioniert wurden [10], grundlegend revidiert. Technologie-Pivots resultieren hierbei in umfangreichen Anpassungen an die technologischen Kernkomponenten eines digitalen Start-ups, die von strategischer Bedeutung bei der Generierung von Kundenmehrwerten sind. Im Rahmen von Technologie-Pivots werden hierzu Substitutionen genutzter Technologien durchgeführt oder zusätzliche technologische Innovationen implementiert. Außerdem sind Anpassungen des IT-Architekturdesigns regelmäßig Teil von Technologie-Pivots [6].

Die Durchführung von Technologie-Pivots stellt für digitale Start-ups häufig eine zentrale Herausforderung dar, da ihre gesamte Wertschöpfung auf der Nutzung von digitalen Technologien und Innovationen beruht und Änderungen an diesen somit direkt den Kern der Unternehmung betreffen. Parallel können digitale Start-ups nur auf begrenzte Ressourcen zurückgreifen, was wiederum nur einen kleinen Spielraum für Fehler und Verzögerungen zulässt. Ein missglückter Technologie-Pivot kann, aufgrund des hohen Ressourceneinsatzes, folglich zum Scheitern eines gesamten Start-ups führen. Es ist daher wenig überraschend, dass digitale Start-ups die Durchführung eines Technologie-Pivots nur zögerlich in Betracht ziehen und ihnen die Entscheidung für einen Technologie-Pivot häufig schwerfällt [3].

Zusammenfassung

  • Als Ergebnis von Technologie-Pivots werden bereits implementierte Technologiedesigns in digitalen Start-ups grundlegend revidiert.

  • Technologie-Pivots sind für viele digitale Start-ups aufgrund von substanziellen Technologie- und Marktunsicherheiten unausweichlich.

  • Technologie-Pivots stellen für digitale Start-ups eine zentrale Herausforderung dar, da ihre Wertschöpfung vollständig auf digitalen Technologien und Innovationen beruht.

Motivationsgründe und Auswirkungen

Um bestehende Unsicherheiten von Gründer*innen zu Technologie-Pivots abzubauen, ist es daher wichtig, typische Motivationsgründe für diese zu verstehen und die zu erwartenden Effekte einordnen zu können.

Als Auslöser für Technologie-Pivots liegen in digitalen Start-ups häufig technische Motivationsgründe vor (siehe Abb. 1). Hierzu gehört z. B., dass eine deutlich höhere oder verlässlichere Systemleistung benötigt wird, als zunächst angenommen. Dies kann unter anderem Verbesserungen mit Hinblick auf Stabilität, Reaktionszeit und Rechenleistung einschließen, die jedoch mit dem bestehenden Technologiedesign nicht realisierbar sind. Twitter führte mit wachsenden Nutzerzahlen beispielsweise einen Technologie-Pivot durch, indem sie von einer monolithischen Architektur zu einer skalierbaren Mikroservices-Architektur wechselten, um ein leistungsfähigeres, zuverlässigeres und effizienteres Produkt zu erreichen [11]. Ein solcher Technologie-Pivot mündet dann idealerweise in ein System mit verbesserter Nutzererfahrung sowie einer Reduzierung negativer Kundenrückmeldungen.

Abb. 1
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Motivatoren von Technologie-Pivots

Technologie-Pivots können aber auch dann notwendig werden, wenn die Effizienz der Softwareentwicklung in digitalen Start-ups abnimmt. Dies kann z. B. aufgrund von entstandener Komplexität der aufgebauten Architektur der Fall sein. Mittels Technologie-Pivots können komplexe Funktionsbereiche dann neu strukturiert oder ersetzt und eine höhere Systemwartbarkeit realisiert werden. Eine reduzierte Komplexität sorgt daraufhin nicht nur bei bestehenden Mitarbeiter*innen für Entlastung, sondern erleichtert auch die Einarbeitung neuer Mitarbeiter*innen. Sollte das aktuelle Technologiedesign nicht die erwünschte Zukunftsfähigkeit aufweisen, da beispielsweise eine sich wandelnde Produktstrategie mit dem implementierten Technologiedesign nicht umsetzbar ist, oder sich einzelne ausgewählte Technologiekomponenten über die Dauer im Markt nicht etablieren (bspw. Adobe Flash, Google Tango oder Java Applets), kann dies ebenfalls ein Auslöser für umfangreiche Anpassungen an Technologiedesigns sein und entsprechend Technologie-Pivots notwendig machen. Durch die Auswahl neuer Komponenten für Technologiedesigns kann – neben höherer Zukunftsfähigkeit – dann auch ein zusätzlicher Funktionsumfang realisierbar werden, der mit einem bestehenden Technologiedesign nicht abbildbar war. Zusätzlich können benötigte Schnittstellenkomponenten Auslöser für die Durchführung von Technologie-Pivots sein. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Integration mit externen Systemen oder Prozessen ermöglicht werden muss (bspw. mittels Schnittstellen zu Enterprise-Ressource-Planning-Systemen), um eine höhere Kundenakzeptanz zu erreichen, die mit den Komponenten des aktuellen Technologiedesigns jedoch nicht umsetzbar sind.

Darüber hinaus ist bei der Betrachtung von Motivationsgründen für Technologie-Pivots auch eine ökonomische Perspektive relevant. Für digitale Start-ups, mit wenigen bis gar keinen Umsätzen, stellen vor allem die monatlichen Ausgaben eine konstante Herausforderung dar. Steigen die Ausgaben im Bereich der IT, kann ein Technologie-Pivot notwendig sein, um zukünftige fixe als auch variable Entwicklungs- und Betriebsausgaben zu reduzieren (bspw. können sich die Ausgaben für den Betrieb von dedizierten Server-Infrastrukturen stark von denen für virtuelle Server-Infrastrukturen unterscheiden). Zusätzlich kann eine Gesetzeskonformität mit (neuen) Vorschriften verantwortlich dafür sein, dass Technologie-Pivots durchgeführt werden müssen (wie bspw. durch die Einführung der Datenschutz-Grundverordnung [DSGVO]). Die Notwendigkeit, bestimmte IT-Standards zu erfüllen, um Zertifizierungen zu erreichen, bildet hierbei einen weiteren Motivator. Darüber hinaus ist es aufgrund der internen Agilität und dem Ziel stark zu wachsen, für digitale Start-ups nicht ungewöhnlich, neue oder zusätzliche Geschäftsopportunitäten zu verfolgen. Werden neue Geschäftsmöglichkeiten entdeckt, die beispielsweise durch aufkommende IT-Innovationen adressierbar erscheinen, kann dies den Wunsch, einen Technologie-Pivot durchzuführen, auslösen, um die entsprechende Opportunität nutzen zu können (wie bspw. im Falle der Einführung des Apple iPhone und zugehöriger Plattformen wie dem Apple AppStore). In diesem Zusammenhang kann auch ein vorheriger Pivot einen Technologie-Pivot notwendig oder wünschenswert machen. So kann beispielsweise die Fokussierung auf neue, potenziell profitablere Kundensegmente (Customer-Segment-Pivot) dazu führen, dass ein anderes Technologiedesign notwendig wird (bspw. dann, wenn Kund*innen in einem anderen technologischen Ökosystem agieren, das nicht mit dem eigenen Technologiedesign harmoniert).

Die Durchführung von Technologie-Pivots kann zahlreiche Auswirkungen beinhalten (siehe Abb. 2). In zahlreichen Fällen kann als Ergebnis von Technologie-Pivots eine Veränderung der Einnahmequellen beobachtet werden (bspw. über neue Plattformpartner). Dies kann sowohl die Erschließung weiterer als auch den Wechsel auf vollständig neue Einnahmequellen beinhalten. Zusätzlich können sich Anpassungen an den Ausgaben digitaler Start-ups ergeben. Dies ist beispielsweise bei Effizienzverbesserungen der Fall, die zu verringerten Ausgaben führen. Zusätzlich können Anpassungen im Personalmanagement durch die Einstellung neuer Mitarbeiter*innen mit bestimmten Fachkenntnissen oder durch Umschulungen von bestehenden Mitarbeiter*innen auf neue Technologien auftreten. Hierdurch können ebenfalls zusätzliche Ausgaben notwendig werden. Im Rahmen der Durchführung von Technologie-Pivots können zusätzlich Änderungen im Bereich von Partnerschaften und Kooperationen vorgenommen werden. Dies können aktive, neu gegründete Partnerschaftsverträge sein, oder aber auch die Zusammenarbeit mit der Open-Source-Gemeinschaft beinhalten. Das Etablieren neuer Partnerschaften und Kooperationen erfordert ebenfalls nicht unerhebliche Aufwände, die idealerweise zu Synergien führen. Im Rahmen von Technologie-Pivots können darüber hinaus insbesondere Kundeninteraktionen Veränderungen erfahren. Dies kann beispielsweise beinhalten, dass das angebotene Produkt nach einem Technologie-Pivot mehr Autonomie aufseiten der Kund*innen ermöglicht, als auch, dass Kund*innen durch neue Vertriebskanäle angesprochen werden können. Als weitere Auswirkung von Technologie-Pivots kann die Notwendigkeit zur Durchführung weiterer Pivots unterschiedlicher Art entstehen.

Abb. 2
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Auswirkungen von Technologie-Pivots

Temporäre Komplikationen durch Technologie-Pivots

Umfangreiche Änderungen, wie sie im Rahmen von Technologie-Pivots durchgeführt werden, lösen zusätzlich temporäre Komplikationen in digitalen Start-ups aus. So entstehen beispielsweise temporäre Aufwände für digitale Start-ups durch die Planung als auch die Durchführung von Technologie-Pivots, die in bestehende Zeitpläne integriert werden müssen. Sofern digitale Start-ups bereits eine gewisse Größe erreicht haben, ist auch mit Konflikten zwischen verschiedenen Stakeholdern zu rechnen. Typische Auslöser hierfür sind Meinungsverschiedenheiten über die Notwendigkeit von Technologie-Pivots und auftretende Frustration während deren Durchführung. Ein gezieltes Veränderungsmanagement kann deshalb notwendig werden, welches wiederum Zeit bedarf und Aufwand generiert.

Kernthesen

  • Die Revidierung von Technologiedesigns ist essenzieller Bestandteil in digitalen Start-ups während der Entwicklung innovativer digitaler Produkte.

  • Technologie-Pivots in digitalen Start-ups werden durch technische, aber auch durch ökonomische Gründe motiviert.

  • Technologie-Pivots lösen temporäre Komplikationen aus, die adressiert und gelöst werden müssen.

Notwendigkeit, Machbarkeit und Durchführbarkeit

Vielen digitalen Start-ups fällt die Entscheidung für Technologie-Pivots schwer, da die Notwendigkeit individuell bewertet werden muss sowie nicht zu vernachlässigende Machbarkeits- und Durchführungsrisiken bestehen. Als erster Schritt während der Entscheidung für einen Technologie-Pivot sollten wichtige Motivationsgründe identifiziert werden, die die Notwendigkeit eines Technologie-Pivots bestätigen (vgl. Abb. 1). Anschließend sollten die Machbarkeit und die Durchführbarkeit überprüft werden. Die Machbarkeit beschreibt die wissensbasierte Fähigkeit, die geplanten technologischen Veränderungen im Zuge eines Technologie-Pivots umsetzen zu können, für die häufig zunächst ein Machbarkeitsnachweis mittels Prototyp erbracht wird. Die Durchführbarkeit wird abschließend überprüft, um zu validieren, ob – basierend auf den verfügbaren Ressourcen (z. B. Mitarbeiter*innen und monetäre Mittel) und dem jeweilig verfolgten strategischen Zeitplan – eine ausreichend große Aussicht auf erfolgreiche Durchführung eines Technologie-Pivots besteht.

Relevanz über alle Lebenszyklen hinweg

Technologie-Pivots sind über alle Lebenszyklusphasen hinweg für digitale Start-ups relevant und werden häufig bereits während der initialen Konzeptions- und Entwicklungsphase durchgeführt. In dieser werden regelmäßig bereits fundamentale Annahmen widerlegt, die dann einen Technologie-Pivot auslösen. Mit sinkenden Unsicherheiten und zunehmendem Selbstvertrauen in das eigene Vorhaben werden jedoch auch in späteren Lebenszyklusphasen (der Kommerzialisierungs-, der Wachstums- und der Stabilitätsphase) noch Technologie-Pivots nötig, beispielsweise wenn neue Geschäftsopportunitäten identifiziert werden. Aus diesem Grund beurteilen digitale Start-ups Technologie-Pivots als sehr wichtig für ihren Wachstumsweg in erfolgreiche und nachhaltige Unternehmen.

Zügige Durchführung

Die Durchführung und der Abschluss von Technologie-Pivots erfolgen zumeist sehr zügig. Technologie-Pivots in den ersten Lebenszyklusphasen (Konzeption und Entwicklung sowie der Kommerzialisierung) eines digitalen Start-ups werden in der Regel binnen drei Monaten und in der darauffolgenden Lebenszyklusphase (Wachstum) innerhalb von vier bis sechs Monaten abgeschlossen. Bei Eintritt der Stabilitätsphase steigt die Umsetzungsdauer zumeist auf über sechs Monate. Die kurzen Umsetzungszeiten unterstreichen, dass Technologie-Pivots insbesondere in frühen Lebenszyklusphasen eine schnelle strategische Kurskorrektur beinhalten. Im späteren Verlauf dauern diese unter anderem aufgrund der gewachsenen IT-Architektur und Applikationslandschaft entsprechend länger.

Einfluss auf das Geschäftsmodell digitaler Start-ups

Die Durchführung von Technologie-Pivots verursacht Implikationen (siehe oben), die auch einen direkten Einfluss auf das Geschäftsmodell von digitalen Start-ups haben [4,5,6]. Dieser Einfluss lässt sich anhand von vier Dimensionen beschreiben [12]. Das Wertversprechen eines digitalen Start-ups kann als Ergebnis eines Technologie-Pivots, mit Hinblick auf die angebotenen Funktionalitäten und den Leistungsumfang der entwickelten Produkte oder Dienstleistungen sowie den wahrgenommen Kundenmehrwert, deutlich spürbare Änderungen erfahren. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn neue Geschäftsmöglichkeiten realisiert werden oder weitere Pivots geplant sind, wie beispielsweise Customer-Segment-Pivots. Die Wertarchitektur, basierend auf den zur Wertschöpfung genutzten Kernressourcen, wird einschließlich der Aspekte der technologischen Architektur und Infrastruktur ebenfalls häufig durch Technologie-Pivots beeinflusst. Hierbei werden Änderungen an der Wertarchitektur, insbesondere durch Anpassungen am Technologiedesign zur Steigerung der Systemleistung, Systemwartbarkeit oder auch der Steigerung der Zukunftsfähigkeit, spürbar. Im Wertschöpfungsnetzwerk, in Form von internen und externen Parteien, wie Mitarbeiter*innen und Geschäftspartner*innen, können mit Bezug auf die Zusammenarbeit ebenfalls Änderungen durch Technologie-Pivots entstehen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn digitale Start-ups Partnerschaften aufbauen, um beispielsweise Teil von bestehenden digitalen Plattformen (bspw. Salesforce AppExchange) oder der Open-Source-Gemeinschaft zu werden. Abschließend kann ein Technologie-Pivot unmittelbar Einfluss auf die Wertfinanzierung haben, indem sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben in digitalen Start-ups durch Anpassungen an genutzten Technologien beeinflusst werden. Es ist daher von besonderer Wichtigkeit, die individuellen Implikationen eines Technologie-Pivots auf das eigene Geschäftsmodell zu analysieren, zu evaluieren und im Verlauf zu beobachten, um bei unerwarteten oder unerwünschten Effekten entsprechend gegensteuern zu können, oder weitere Pivots durchzuführen.

Handlungsempfehlungen

  • Kundenanforderungen erarbeiten und Annahmen ausformulieren. Darauf basierend ein initiales Technologiedesign definieren. Bereits von Anfang an das eigene Technologiedesign als dynamisch betrachten.

  • Konzeption eines initialen Technologiedesigns durch erfahrene Gründer*innen und Experten*innen aus dem jeweiligen Bereich begleiten lassen, um von den Erfahrungen anderer profitieren zu können.

  • Regelmäßig reflektieren, ob das eigene Technologiedesign noch den aktuellen und zukünftigen Ansprüchen genügt, oder ob stichhaltige Gründe für einen Technologie-Pivot vorliegen.