Pflanzliche Arzneimittel spielen in der Selbstversorgung und in der allgemeinmedizinischen Praxis eine wichtige Rolle. Will man den Einsatz von Phytopharmaka im Alltag verstehen, müssen die Beweggründe und Folgen ihrer Verwendung umfassend abgebildet werden. Ein Phytopharmakaregister mit klar definierten Kriterien und der Erfassung von patientenzentrierten Endpunkten würde die wissenschaftliche Evidenz der Anwendung und des Nutzens transparent machen. In einem interdisziplinären Workshop wurden methodische und inhaltliche Standards eines derartigen Registers systematisch erörtert.

Hintergrund

Herausforderungen der Phytotherapie

Phytopharmaka haben einen etablierten Platz in der Therapie durch Heilberufe und in der Selbstmedikation bei leichteren Beschwerden, aber auch bei Symptomen, die nachhaltig die Lebensqualität beeinträchtigen [1]. Phytopharmaka beinhalten im Gegensatz zu chemisch definierten Monopräparaten einen Mix an Inhaltsstoffen [2].

Die arzneimittelrechtliche Regulation bietet für pflanzliche Arzneimittel unterschiedliche Marktzugangswege mit unterschiedlichem Aufwand und Anspruch [3, 4]: Vollzulassung, Zulassung grundsätzlich bekannter Stoffe mit der Nutzung von aufbereitetem wissenschaftlichem Erkenntnismaterial, Nachzulassungsverfahren und Registrierung [5].

Klassische Indikationen für pflanzliche Arzneimittel sind Atemwegsinfekte, funktionelle Störungen im Magen-Darm-Trakt und rezidivierende Harnwegsinfekte, gynäkologische Beschwerden sowie der Einsatz als Beruhigungs- und Schlafmittel [6]. Will man die Verwendung und Wirkung von Phytopharmaka im Alltag verstehen, müssen Daten generiert werden, die die Folgen einer ärztlichen Verordnung und/oder der Verwendung von Phytopharmaka in der Selbstmedikation umfassend abbilden. Es ist klar, dass man mit diesem Anspruch methodisch über klassische randomisierte kontrollierte Studien hinausgeht. Dies erscheint auch sinnvoll, vor dem Hintergrund der intraindividuellen Variabilität, mit der Patienten auf Arzneimittel reagieren. Von den 10 umsatzstärksten Arzneimitteln in den USA wurde berichtet, dass nur zwischen einer von 4 bis zu einer von 25 Patienten von der Routineverschreibung profitierten [7]. Entsprechend kann man auch bei pflanzlichen Arzneimitteln davon ausgehen, dass es spezifische Responderkriterien gibt: Während manche Patienten auf bestimmte Präparate sehr gut ansprechen, ist das bei anderen Patienten weniger der Fall. Diese Responderkriterien, die vom natürlichen Verlauf oder einem Placeboeffekt unterschieden werden müssen, sind ungenügend untersucht und verstanden.

Wer ein Register zur Nutzung und Wirksamkeit von Phytopharmaka aufbauen will, muss die oben skizzierten Rahmenbedingungen und Herausforderungen kennen, und kann darüber hinaus von den Erfahrungen mit der PhytoVIS-Datenbank [8] profitieren. Es muss klar definiert werden, was in das Register aufgenommen werden soll (Substanzen, Substanzklassen, Darreichungsformen), welche Ausschlusskriterien dahingehend gelten (z. B. Medizinprodukte, Homöopathika) und anhand welcher Parameter Nutzerverhalten (Selbstmedikation, ärztliche Verordnung, Empfehlung von dritter Seite etc.) und Wirksamkeit (Nachlassen der Symptome, Verbesserung des Wohlbefindens etc.) bewertet werden.

Herausforderungen der Generierung und Nutzung von RWE-Daten

In jüngster Zeit werden die Begriffe Real World Evidence (RWE) und Real World Data (RWD) zunehmend im Zusammenhang mit der Bewertung medizinischer Maßnahmen verwendet. Die Vorstellung ist, dass RWE auf Daten basiert, die in der realen Welt gewonnen werden (RWD).

Dies impliziert eine Abgrenzung zur „künstlichen Welt“ randomisierter kontrollierter Studien mit ihren engen Ein- und Ausschlusskriterien und der Applikation einer Therapie unter kontrollierten Bedingungen.

Der RWE-Ansatz bedient sich einer breiteren Datenbasis, wobei viele Daten bereits vorliegen wie beispielsweise die elektronische Patientenakte, Verordnungsdaten oder Register. Ergänzend bilden Beobachtungsstudien, Umfragen und digital erfasste Daten die „reale Welt“ ab.

Die internationalen Zulassungsbehörden Food and Drug Administration (FDA; [9]) und European Medicines Agency (EMA; [10]) zeigen sich aufgeschlossen, weil der RWE-Ansatz auch Änderungen im Einsatz eines Medikaments während seines Lebenszyklus abzubilden verspricht.

In Deutschland wurde diese Entwicklung durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) in einem Rapid Report im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) aufgegriffen, in dem der Terminus versorgungsnahe Daten (VeDa) geprägt wurde [11]. Des Weiteren wird eine Serie begleitender Memoranden unter Federführung des Deutschen Netzwerks für Versorgungsforschung (DNVF) erstellt [12, 13].

Dass darüber hinaus der Besitz von Real World Daten zukünftig auch Definitionsmacht bedeuten wird, zeigt sich in der Diskussion, wer die Aufgabe der erweiterten Medikationsberatung z. B. bei Polymedikation und oraler Antitumortherapie leisten sollte. Diese pharmazeutische Kassenleistung aus der Apotheke möchte die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) gerne in Eigenregie durchführen, da ihr alle Diagnosen und die in den Apotheken bezogenen verschreibungspflichtigen Medikamente für jeden versicherten Patienten vorliegen [14].

Versorgungsnahe Daten ergänzen Befunde, die unter kontrollierten Studienbedingungen gewonnen wurden. Sie spiegeln die Effektivität von medizinischen Maßnahmen in der relevanten Patientenpopulation unter Alltagsbedingungen wider. Auf diese Weise helfen sie, die oft beklagte Diskrepanz zwischen den Resultaten randomisierter Studien und der klinischen Erfahrung, den „efficacy–effectiveness gap“ [15, 16], zu verringern.

Allerdings sieht sich der RWE-Ansatz erheblichen methodischen und ethischen Herausforderungen gegenüber. Von methodischer Seite ist insbesondere die Datenqualität zu hinterfragen. Vollständigkeit, Plausibilität und Repräsentativität sind wesentliche Gütekriterien, die in diesem Zusammenhang zu nennen sind. Dazu kommen Kohärenz, Vergleichbarkeit und Zugänglichkeit. Gerade die Zugänglichkeit von Daten ist in einer Welt, in der einzelne Einrichtungen dazu neigen, die von ihnen gesammelten Daten nur für eigene Zwecke zu benutzen, ein großes Hindernis für die Gesundheitsforschung.

Aus Sicht der Forschungsethik ist insbesondere der Datenschutz zu nennen. Die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) rückt Datenkontrolle und Datensparsamkeit in den Vordergrund, sieht allerdings Optionen für die Verwendung von Daten zu Zwecken der Forschung aus Gründen der Gemeinnützigkeit vor [17].

Diese Herausforderungen wurden erkannt und in einer Reihe von rezenten Publikationen thematisiert [9,10,11,12,13, 18,19,20,21,22,23,24,25,26,27].

Ziele des vorliegenden Workshops

Vor dem Hintergrund dieser Problemstellung hat das Komitee Forschung Naturmedizin e. V. (KFN) einen Workshop zum Thema „Real World Evidence (RWE) in der Phytotherapie“ veranstaltet. Der Workshop soll grundsätzlich dazu dienen, den aktuellen Diskussionsstand zu RWE zu beleuchten und insbesondere die Nutzbarkeit für die Forschung im Bereich Phytopharmaka zu diskutieren.

Methodik des Workshops

Der Workshop bestand aus 2 Teilen.

Im 1. Teil brachten Impulsreferate den Teilnehmerkreis auf einen gemeinsamen Wissensstand zu den Themen RWE und Phytotherapie. Experten aus den jeweiligen Themenbereichen übernahmen die Referate.

Im 2. Teil ging es darum, die wesentlichen Aspekte innerhalb der Expertengruppe zu reflektieren und so zu bündeln, dass die Basis für ein Positionspapier entsteht. Dieses strukturierte Vorgehen der Wissensgenerierung und der Diskussion folgte der Methodik des nominalen Gruppenprozesses, bestehend aus der Generierung von Ideen mit ihrer nachfolgenden Diskussion und Priorisierung [28].

Ergebnisse

Positionsreferate

Tab. 1 informiert über die wesentlichen Argumente, die in der Expertenrunde ausgetauscht wurden und aus ganz unterschiedlichen Bereichen kamen: Forschung und Praxis der Phytotherapie, praktische Erfahrung mit der Registererstellung, Versorgungsforschung, künstliche Intelligenz/Machine Learning und Telemedizin. Dieser interdisziplinäre Austausch bereitete die Grundlage für den folgenden nominalen Gruppenprozess.

Tab. 1 Inhalt der Impulsreferate

Nominaler Gruppenprozess

Im nominalen Gruppenprozess wurden 8 Punkte behandelt, die im Folgenden samt den Rückmeldungen der Teilnehmer dargestellt werden (s. auch Tab. 2).

Tab. 2 Wesentliche Ergebnisse des nominalen Gruppenprozesses

Was sind die Chancen und Risiken der Phytotherapie im Kanon der medizinischen Therapieangebote?

Als Chancen wurden insbesondere Patient Empowerment und eine verbesserte Lebensqualität der Nutzer/Patienten bei erwiesenem Nutzen genannt. Die positive Resonanz von Anwendern pflanzlicher Arzneimittel ist vor allem auf den generellen gesellschaftlichen Trend hin zur Natur und zu einer natürlichen Lebensweise zurückzuführen. Phytotherapie erlaubt es Patienten, ihre Therapie selbst mitzugestalten. Als Risiken wurden insbesondere eine nicht ausreichende Definition des Begriffs Phytotherapie genannt sowie eine mangelhafte wissenschaftliche Basis.

Unter welchem Blickwinkel soll ein Phytoregister erstellt werden, beispielsweise in Bezug auf pharmakologische Aspekte, Patientenerwartungen, Patientennutzen oder Nebenwirkungen?

Nach Meinung der Expertengruppe sollen Phytoregister vor allem dem Nachweis des klinischen Nutzens von Phytotherapie dienen. Ebenso sollen Komedikationen und auftretende Wechselwirkungen/Nebenwirkungen untersucht werden. Weitere wichtige Themen sind Compliance, die Dokumentation des vom Patienten selbstempfundenen Werts der Therapie, seine Symptome und Befindlichkeiten mittels psychometrischer Instrumente und die spezifischen Indikationen, unter denen Phytotherapien verwendet werden.

Welchen Mehrwert hat ein Register in Ergänzung zu klassischen klinischen Studien?

Besonders hervorgehoben wurde die Abbildung der Behandlungsrealität. Dies ermöglicht laufende Qualitätssicherung und Wirksamkeitsbelege unter Alltagsbedingungen. Die Verbraucher- und Patientensicht sollte unbedingt eingebracht werden. Ein weiterer Aspekt sind auch Anregungen für weiterführende Forschungen im Sinne der Hypothesengenerierung.

Welche methodischen Standards müssen bei Registern unbedingt eingehalten werden?

Die Gruppe war sich einig, dass der State of the Art der Datenerhebung eingehalten werden muss. Einschlägige Manuale dienen als Regelwerke für die Registererstellung. Prioritär ist die Qualität der Datenquellen. Ebenso sind die Gesetzgebung hinsichtlich des Datenschutzes und das Rechtemanagement einzuhalten (vgl. Tab. 3).

Tab. 3 Modell für die Erstellung eines Registers (nach [27]

Wie kann die Finanzierung eines Registers sichergestellt werden (Stichwort „Datenspende“)?

Ein besonders heikles Thema ist die Finanzierung und die Aufrechterhaltung/„sustainability“ eines Phytoregisters. Vorerfahrungen haben gelehrt, dass die alleinige Finanzierung durch private und kommerzielle Mittel keine dauerhafte Lösung ist. Es sind Drittmittelprogramme der öffentlichen Hand auszuloten (BMG, BMBF, auf EU-Ebene IMI/Horizon Europe). Auch GKV-Modellvorhaben und Stiftungen kommen in Betracht. Darüber hinaus spielen Selbsthilfegruppen/Lobbying und Verbraucherschutzorganisationen eine Rolle. Eine Anschubfinanzierung des KFN-Kuratoriums kann vorbereitende Arbeiten und die Erstellung eines kompetitiven Antrags ermöglichen.

Mit welchen Kritikpunkten ist bei Registerdaten zu rechnen?

Bei der Erstellung eines Registers ist auch von vornherein mit möglichen Kritikpunkten zu rechnen. Aus methodischer Sicht werden insbesondere Datenvollständigkeit, Eindeutigkeit, Konsistenz, Repräsentativität, Compliance, Selektionsbias und Auswertungsstrategien kritisch hinterfragt. Ebenso darf keinesfalls der Anschein erweckt werden, dass ein Phytoregister als Marketingvehikel für Anbieter fungiert.

Welche Analysemethoden bieten sich für Registerdaten an? Gibt es hier Besonderheiten für ein Phytoregister?

Die Experten waren sich einig, dass es keine spezifischen Methoden für die Analyse von Phytoregistern gibt. Vielmehr ist die gesamte Palette etablierter Analysemethoden nutzbar. Quantitative und qualitative Methoden sind so zu wählen, dass auch kleinere Unterschiede im Sinne von „minimal important differences“ (MID) objektiv darstellbar sind. Die Analyse von Registern gehört in die Hand erfahrener Methodiker, die vorab statistische Analysepläne (SAP) spezifizieren. Diese Methodiker sind von Beginn an in das Projekt einzubeziehen und spielen eine wichtige beratende Rolle beim Aufbau des Registers.

Haben Register in der Phytotherapie einen besonderen Stellenwert (im Vergleich zu anderen medizinischen Bereichen)?

Register bieten durch hohe Fallzahlen die Chance, auch „kleinere Effekte“ zu erfassen, die in RCT möglicherweise nicht darstellbar sind. Ein digital gestaltetes Register kann für Nutzer/Patienten einen Mehrwert schaffen und zur Selbstwirksamkeit beitragen. Register können den chronisch fortschreitenden Verlauf von Erkrankungen erfassen und die Wirksamkeit von Phytopharmaka vom „natural course of disease“ abgrenzen. Offene Register ohne Limitierung hinsichtlich der Präparate und deren Hersteller bieten Probleme bei der Auswertung wegen der Unterschiedlichkeit der jeweils spezifischen Extrakte.

Diskussion

In weiten Teilen der Gesellschaft ist die Phytotherapie mit positiven Attributen verknüpft, was wesentlich zum wirtschaftlichen Erfolg von Phytopharmaka beitragen dürfte. Gesundes Leben im Einklang mit der Natur und Stärkung der Gesundheit mithilfe der Kräfte der Natur werden unweigerlich mit pflanzlichen Arzneimitteln in Verbindung gebracht.

Nichtsdestoweniger ist der Einsatz von Phytopharmaka aus wissenschaftlicher und ärztlicher Sicht nur vertretbar, wenn ein Nachweis für deren klinischen Nutzen, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit erbracht ist. Klassische klinische Studien mit ihren restriktiven Ein- und Ausschlusskriterien sind wenig geeignet, die Verwendungsrealität von Arzneimitteln im Allgemeinen und pflanzlichen Arzneimitteln im Besonderen abzubilden. Daher wurde in einem Workshop ausgelotet, inwiefern Register einen methodischen Zugang zur quantitativen und qualitativen Erfassung des Nutzens pflanzlicher Arzneimittel darstellen können.

Der Mehrwert von Registern wird aktuell intensiv diskutiert und ganz wesentlich durch die Sichtweise nationaler und internationaler Institutionen und Behörden bestimmt (IQWiG, EMA, FDA). Eine Reihe hochklassiger Dokumente und Memoranden fasst den aktuellen Diskussionsstand zusammen [9,10,11, 18, 22, 24, 27].

Es herrscht weitgehend Konsens dahingehend, dass klassische klinische Studien und Register nicht als Gegensätze zu betrachten sind, sondern einander ergänzende methodische Zugänge darstellen. Der wesentliche Vorteil von Registern ist die Abbildung des Behandlungsalltags. In diesem Zusammenhang ist auch die Abbildung geeigneter Outcomes von Interesse. Aus Sicht der Phytopharmakologie sind insbesondere patientenzentrierte und -berichtete Endpunkte, wie Symptomschwere, Lebensqualität, Empowerment und Nutzerzufriedenheit, von großer Bedeutung. Aktuell verfügbare Register haben bei der Erfassung dieser Outcomes große Lücken, was verschiedentlich thematisiert wurde [12, 13, 27]. Einem Phytopharmakaregister bietet sich hier modellbildend die Chance, einen genuinen methodischen Beitrag zu liefern. Wie in den Positionsreferaten zum Workshop dargestellt wurde, sind Apps und Wearables ein interessanter neuer Zugangsweg, um patientenzentrierte und -berichtete Erfahrungen und Endpunkte in Echtzeit zu erheben [29, 30]. Das Register sollte daher eine suffiziente automatisierte Übertragung der erhobenen Daten und Interoperabilität mit anderen Registern gewährleisten.

Register mit ihren hohen Fallzahlen können auch zu einem besseren Verständnis des Wirkspektrums von Phytopharmaka beitragen: Welche pflanzlichen Arzneimittel eigenen sich für welche Patienten bei welchen Beschwerden? In diesem Workshop ist der Terminus „Responderkriterien“ geprägt worden, der in einem Register konzeptuell und quantitativ stärker gefasst werden muss. Als neuartige Analysemethoden zur Spezifizierung von Registern können Verfahren der künstlichen Intelligenz (KI) und des Machine Learning zum Einsatz kommen [16, 31].

In jedem Fall muss sich ein Phytopharmakaregister an den gängigen methodischen Standards von Registern orientieren [27]. Zunächst einmal gilt es, die Ziele und Umsetzbarkeit eines Registers zu klären. Während unter den Workshopteilnehmern Einigkeit hinsichtlich der Ziele eines Registers herrschte (Nachweis von Wirkungen und Nebenwirkungen mit Fokus auf patientenzentrierte Endpunkte), wurden hinsichtlich der Umsetzbarkeit insbesondere die Finanzierung und Datengenerierung problematisiert. Rein industriefinanzierte Register sind kaum nachhaltig und erscheinen in der Außendarstellung interessengeleitet. Erfolgversprechender ist ein Mix verschiedener Förderinstrumente mit einer starken Komponente der öffentlichen Förderung. Eine Anschubfinanzierung seitens eines Interessenverbands mag hier hilfreich sein.

Auch muss gerade in der Anfangsphase der Fokus eines Registers besonders beachtet werden. Wahrscheinlich ist es zielführend, vorab ein spezialisiertes, gut abgrenzbares Indikationsgebiet zu wählen, das auch hinsichtlich der Datenakquise (Stichwort „Datenspende“) Erfolg verspricht [26]. Auch ist bereits in der Planungsphase zu klären, wem die Daten gehören („data ownership“) und wer unter welchen Voraussetzungen auf die Daten zugreifen und die Ergebnisse publikatorisch verwerten darf („intellectual property“).

Phytopharmaka kommen vor allem in bestimmten gut abgrenzbaren Gebieten, wie Erkältungskrankheiten, gastrointestinale Beschwerden oder Beruhigung/Schlafen, zum Einsatz. Weitere wichtige Anwendungsgebiete sind Symptome bei benignem Prostatasyndrom (BPS, LUTS), rezidivierende Blasenentzündungen, Menstruationsbeschwerden und Beschwerden in der Peri- und Postmenopause. Jedes dieser Gebiete ist durch bestimmte Outcomes gekennzeichnet, beispielsweise Linderung von Husten und Heiserkeit oder verbesserter Schlaf.

So bietet es sich an, zunächst ein Register für ein bestimmtes Fachgebiet aufzubauen, das sich im Erfolgsfall in modularer Weise um weitere Indikationsschwerpunkte ergänzen lässt. Für eine erfolgreiche Datensammlung können unterschiedliche Ansätze verfolgt werden (wie beispielsweise Apps, indikationsübergreifende und -spezifische Patient-Reported Outcomes) [30]. Erfolgversprechend erscheint auch die Mitarbeit von Ärzten (insbesondere aus der Allgemeinmedizin), Apothekern, Ambulanzen und der Hochschulmedizin.

Schlussfolgerung

Der Workshop hat aus unterschiedlichen Themengebieten den Stand des Wissens zu den beiden thematischen Schlagworten „Real World Data“ und „Phytopharmaka“ dargelegt und einen interdisziplinären Austausch angestoßen. Register sind ein zunehmend akzeptierter Weg, um Evidenz in Ergänzung zu klinischen Studien zu generieren. Der schrittweise Aufbau eines Registers für Phytopharmaka mit klar definierten methodischen Kriterien und der Erfassung von patientenzentrierten Endpunkten bietet die Chance, die wissenschaftliche Fundierung der Anwendung und des klinischen Nutzens von Phytopharmaka zu erweitern. Ein Ziel des Registers sollte es sein, Responderkriterien herauszufinden, um einen gezielteren Einsatz von Phytopharmaka zu ermöglichen. Diese Prädiktoren sollten eine Abgrenzung zu Placeboeffekten möglich machen.

Der erfolgreiche Aufbau eines Registers ist an eine solide Finanzierung inklusive eines Nachhaltigkeitskonzepts gebunden.

Fazit für die Praxis

  • Pflanzliche Arzneimittel spielen in der Selbstversorgung und in der allgemeinmedizinischen Praxis eine wesentliche Rolle.

  • Konventionelle klinische Studien bilden die Verwendung und Wirkweise von Phytopharmaka im Alltag nur unzureichend ab.

  • Ein Phytoregister zur Erhebung von Real World Data oder versorgungsnahen Daten, unter Einbeziehung patientenzentrierter Endpunkte, bietet sich als neuer methodischer Zugang an.

  • Anerkannte wissenschaftliche und forschungsethische Standards sind einzuhalten sowie ein nachhaltiger Betrieb des Registers sicherzustellen.