Einleitung

Mundgesundheit ist ein wichtiger Bestandteil der allgemeinen Gesundheit und bedeutend für das Wohlbefinden und die Lebensqualität [41]. Die vom Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) durchgeführte Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS) zeigt, dass sich die Mundgesundheit der Bevölkerung in den vergangenen Jahrzehnten verbessert hat [16]. Festmachen lässt sich dies z. B. an einer rückläufigen Entwicklung der Zahnkaries bei 12-Jährigen, von denen im Jahr 2014 81 % kariesfrei waren [15, 16]. Auch die Daten der epidemiologischen Begleituntersuchungen zur Gruppenprophylaxe, die im Auftrag der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege e. V. (DAJ) regelmäßig erhoben werden, bestätigen diesen Trend [4]. Die Daten zeigen allerdings auch, dass die Kariesprävalenz im Milchzahngebiss nach wie vor hoch ist: So hatten im Schuljahr 2015/16 13,7 % der 3-Jährigen in Kindertagesstätten und 43,6 % der 6- bis 7-Jährigen in der ersten Schulklasse Karieserfahrungen [4]. In allen Altersgruppen polarisiert zudem die Karieshäufigkeit, d. h. während die große Mehrheit der Kinder und Jugendlichen gesunde Zähne hat, weisen wenige eine hohe Karieslast auf [4]. Dies trifft z. B. auf Kinder und Jugendliche aus Familien mit niedrigem sozioökonomischen Status zu [4].

Ob an Milchzähnen oder bleibenden Zähnen - Karies entsteht durch Bakterien (Plaque), die Kohlenhydrate aus der Nahrung in Säure umwandeln und dadurch den Zahnschmelz angreifen und zerstören [11]. Bei der Kariesprophylaxe kommt damit einer zahngesunden Ernährung und Plaqueentfernung große Bedeutung zu. Außerdem ist eine wirksame und sichere Fluoridanwendung wichtig, da Fluoride den Zahnschmelz widerstandsfähiger machen [26, 29, 31]. Sie können auf ganz unterschiedliche Art und Weise in die Mundhöhle gebracht werden, z. B. durch Tabletten, die gelutscht werden sollen, durch fluoridhaltige Zahnpasta oder fluoridiertes Salz [11]. Darüber hinaus werden bei der Vorsorge in der Zahnarztpraxis beispielsweise auch Fluoridlacke auf die Zähne aufgetragen [36].

Bei paralleler Verwendung von unterschiedlichen Fluoridquellen steigt das Risiko für hohe Fluoridaufnahmen, die in der Phase der Zahnentwicklung (etwa bis zum Alter von 8 Jahren) zu Dentalfluorosen der bleibenden Zähne führen können [3]. Daher sollten Mehrfachexpositionen vermieden werden, und auf die Gabe von Fluoridtabletten sollte verzichtet werden, sobald fluoridhaltige Zahnpasta zum Einsatz kommt [2, 5]. Die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) hat für Fluorid eine tolerierbare Tageshöchstmenge ("tolerable upper intake level" [UL]) von 0,1 mg/kg Körpergewicht und Tag abgeleitet; das entspricht 1,5 mg/Tag bei Kindern im Alter von 1 bis 3 Jahren und 2,5 mg/Tag bei Kindern zwischen 4 und 8 Jahren [6]. In Deutschland kommen v. a. milde Fluorosen mit einer Prävalenz von etwa 10 % vor [15].

Lange Zeit gab es in Deutschland keine einheitlichen Empfehlungen zur Fluoridanwendung im Kindes- und Jugendalter. So empfahlen die pädiatrischen Fachgesellschaften für alle Säuglinge und Kleinkinder Fluoridsupplemente bis zum Erreichen einer regelmäßigen und angemessenen Fluoridexposition durch fluoridhaltige Zahnpasta oder fluoridiertes Salz. Eine fluoridhaltige Zahnpasta sollte erst dann genutzt werden, wenn die Kinder die Zahnpasta vollständig ausspucken können. Für die zahnmedizinischen Fachgesellschaften stand dagegen die lokale Wirkung des Fluorids im Vordergrund der Kariesprophylaxe. Sie empfahlen bereits ab Durchbruch des ersten Zahns fluoridhaltige Zahnpasta in altersbezogen zunehmend größeren Mengen. Einigkeit bestand darin, dass nach Durchbruch der ersten bleibenden Zähne 2-mal täglich eine Zahnpasta mit mindestens 1000 ppm Fluorid verwendet werden sollte [5]. Im Jahr 2021 wurden in Deutschland einheitliche Handlungsempfehlungen zur Kariesprävention im Säuglings- und Vorschulalter verabschiedet, wonach Säuglinge nur noch bis zum Durchbruch des ersten Milchzahns Fluoridtabletten (mit Vitamin D) erhalten und danach behutsam und schrittweise an das Zähneputzen mit zunehmend größeren Mengen fluoridhaltiger Zahnpasta herangeführt werden sollen [2].

Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden die Anwendung von Fluorid bei Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 0,5 und 17 Jahren in Deutschland dargestellt. Datenbasis sind die Ernährungsstudien KiESEL (Kinder-Ernährungsstudie zur Erfassung des Lebensmittelverzehrs) für 0,5- bis 5-Jährige sowie EsKiMo II (Ernährungsstudie als KiGGS-Modul) für 6- bis 17-JährigeFootnote 1, die in KiGGS Welle 2 zwischen 2014 und 2017 durchgeführt wurden. Die folgenden Auswertungen beziehen sich also auf die Zeit, als es in Deutschland noch keine einheitlichen Empfehlungen zur Fluoridanwendung im Kindes- und Jugendalter gab.

Methoden

KiGGS

Die Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) ist Bestandteil des Gesundheitsmonitorings am Robert Koch-Institut (RKI) [13, 22]. Sie wurde bisher in regelmäßigen Abständen mit dem Ziel durchgeführt, bevölkerungsbezogene Daten zur gesundheitlichen Lage der in Deutschland lebenden Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen 0 und 17 Jahren zu erheben. Bis heute konnten insgesamt 3 Erhebungen realisiert werden: Die KiGGS-Basiserhebung wurde zwischen 2003 und 2006 als kombinierter Untersuchungs- und Befragungssurvey mit einem breiten Spektrum an Gesundheitsthemen und insgesamt 17.641 Kindern und Jugendlichen durchgeführt [18]. Die erste Folgeerhebung KiGGS Welle 1 fand von 2009 bis 2012 als telefonischer Befragungssurvey mit einer reduzierten und modifizierten Auswahl an Themen und insgesamt 12.368 Kindern und Jugendlichen statt [25]. Die zweite Folgeerhebung KiGGS Welle 2 wurde im Zeitraum von 2014 bis 2017 erneut als Untersuchungs- und Befragungssurvey mit 15.023 Kindern und Jugendlichen und einem großen Themenspektrum verwirklicht [12]. Ergänzt wurden die KiGGS-Erhebungen jeweils durch eine Reihe von Modulstudien. Diese bieten die Möglichkeit, Untergruppen der KiGGS-Studiengruppe zu einem bestimmten Thema vertiefender zu untersuchen. Für eine differenzierte Betrachtung der Ernährungssituation wurden in KiGGS Welle 2 die Ernährungsstudien KiESEL für 0,5- bis 5-Jährige und EsKiMo II für 6- bis 17-Jährige durchgeführt (Abb. 1).

Abbildung 1 Figure 1
figure 1

© Robert Koch-Institut

Modulstudien in KiGGS Welle 2. (Quelle: Robert Koch-Institut, www.kiggs-studie.de. Mit freundlicher Genehmigung)

Study modules in KiGGS wave 2 (Source: Robert Koch Institute, www.kiggs-studie.de. With kind permission)

KiESEL

KiESEL wurde vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) als deutschlandweite repräsentative Kinder-Ernährungsstudie durchgeführt, um die Kenntnisse zum Lebensmittelverzehr aus der in den Jahren 2001 bis 2002 durchgeführten VELS-Studie (Verzehrsstudie zur Ermittlung der Lebensmittelaufnahme von Säuglingen und Kleinkindern für die Abschätzung eines akuten Toxizitätsrisikos durch Rückstände von Pflanzenschutzmitteln) zu aktualisieren und zu erweitern [10, 37]. Die Studie war als Modul an KiGGS Welle 2 gekoppelt und wurde mit einer Teilstichprobe von insgesamt 1104 Kindern im Alter von 0,5 bis einschließlich 5 Jahren zwischen 2014 und 2017 zeitversetzt zu KiGGS Welle 2 durchgeführt.

Eine Einladung für KiESEL setzte die vorherige Teilnahme an KiGGS Welle 2 voraus. Methodisch orientierte sich KiESEL an den Studienprotokollen der EsKiMo- und der früheren VELS-Studie [8]. Die Familien wurden telefonisch, per E-Mail oder Brief eingeladen und über Ziele und Inhalte der Studie sowie den Datenschutz informiert. Nach schriftlicher Einwilligung zur Teilnahme wurde ein Termin zum persönlichen Besuch vereinbart, bei dem ein fragebogengestütztes Interview durchgeführt wurde. Neben persönlichen Angaben zum Kind und dessen Ernährungsverhalten wurden in KiESEL auch Informationen zur Verwendung von Fluoridsupplementen, fluoridhaltiger Zahnpasta und fluoridiertem Salz erfasst. Die Daten aus dem Fragebogen wurden jeweils nach den Interviews über die webbasierte Anwendung LimeSurvey digitalisiert und für die Auswertung aufbereitet [10, 37].

EsKiMo II

Auch EsKiMo II wurde zeitversetzt zu KiGGS Welle 2 zwischen 2015 und 2017 durchgeführt [23, 28]. Eingeladen wurde eine Untergruppe von 6- bis 17-jährigen Kindern und Jugendlichen aus der Querschnitterhebung von KiGGS Welle 2, bei denen das Einverständnis zur Wiederkontaktierung vorlag. Insgesamt haben 2644 Kinder und Jugendliche an EsKiMo II teilgenommen. Details zur Studie sind an anderen Stellen ausführlich beschrieben [23, 28]. Zur Erfassung des Ernährungsverhaltens wurden je nach Alter unterschiedliche Erhebungsmethoden eingesetzt: Bei den 6- bis 11-jährigen Kindern wurden analog zu KiESEL die Eltern bzw. Sorgeberechtigten gebeten, ein Ernährungstagebuch über 4 zufällig ausgewählte Tage - 3 aufeinanderfolgende Tage und 1 weiterer unabhängiger Tag - zu führen. Bei Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren wurde die vom RKI entwickelte Computersoftware DISHES (Dietary Interview Software for Health Examination Studies) eingesetzt, welche die übliche Ernährung in den vergangenen 4 Wochen erfasst. Darüber hinaus wurden in einem computergestützten Interview weitere Informationen in einem kurzen Fragebogen erhoben, wie z. B. welche Zahnpasta üblicherweise zum Zähneputzen und welches Salz überwiegend zur Mahlzeitenzubereitung verwendet werden. Die Fragen wurden von den Eltern bzw. Sorgeberechtigten der 6- bis 11-Jährigen im Anschluss an die Einweisung in das Ernährungstagebuch beantwortet, die 12- bis 17-Jährigen beantworteten die Fragen nach dem DISHES-Interview selbst.

Datenerhebung zu Fluoridanwendungen

Fluoridsupplemente

In KiESEL wurden die Eltern bzw. Sorgeberechtigten gefragt, ob ihr Kind in den letzten 12 Monaten bzw. seit der Geburt (wenn jünger als 1 Jahr) ein Fluoridsupplement bekommen hat [1]. Wurde die Frage mit "ja" beantwortet, folgten Fragen zur Dauer und Häufigkeit der Verwendung, sodass für Fluoridsupplemente konkrete Angaben zur täglichen Einnahme über einen langen Zeitraum (12 Monate bzw. seit der Geburt) vorliegen.

Fluoridhaltige Zahnpasta

In KiESEL und EsKiMo II wurde erfragt, welche Zahnpasta üblicherweise zum Zähneputzen verwendet wird. Die Antwortkategorien waren:

  1. 1.

    "Kinderzahnpasta mit Fluorid",

  2. 2.

    "Kinderzahnpasta ohne Fluorid",

  3. 3.

    "Zahnpasta mit Fluorid",

  4. 4.

    "Zahnpasta ohne Fluorid",

  5. 5.

    "Unterschiedliche Zahnpasten" und

  6. 6.

    "Mein Kind verwendet (noch) keine Zahnpasta".

Um darzustellen, wie hoch der Anteil der Kinder und Jugendlichen ist, die üblicherweise eine fluoridhaltige Zahnpasta zum Zähneputzen verwenden, wurden die Antwortkategorien "Kinderzahnpasta mit Fluorid" und "Zahnpasta mit Fluorid" für die Analysen zusammengefasst (der Fluoridgehalt der verwendeten Zahnpasta wurde nicht erhoben).

Fluoridiertes Salz

Sowohl in KiESEL als auch in EsKiMo II wurde erfragt, welches Salz überwiegend zu Hause zur Zubereitung von Speisen für die Kinder verwendet wird. Die Antwortkategorien lauteten:

  1. 1.

    "Ich verwende generell kein Salz bei Zubereitungen für das Kind" (bei Beantwortung durch Eltern) bzw. "Wir verwenden generell kein Salz bei Zubereitungen" (bei Beantwortung durch die Jugendlichen),

  2. 2.

    "Mit Jod, Fluorid und mit Folsäure angereichertes Speisesalz",

  3. 3.

    "Mit Jod und Fluorid angereichertes Speisesalz",

  4. 4.

    "Mit Jod angereichertes Salz",

  5. 5.

    "Mit Jod angereichertes Meersalz",

  6. 6.

    "Anderes Meersalz",

  7. 7.

    "Natriumarmes Salz (Kaliumsalz)" und

  8. 8.

    "Normales Salz (ohne Zusätze)".

Für die Analysen wurden die Antwortkategorien "Mit Jod, Fluorid und mit Folsäure angereichertes Speisesalz" und "Mit Jod und Fluorid angereichertes Speisesalz" zusammengefasst, um den Anteil derjenigen auszuweisen, deren Mahlzeiten überwiegend mit fluoridiertem Salz gesalzen waren. Diejenigen, die angegeben hatten, generell kein Salz bei der Zubereitung von Mahlzeiten (für ihr Kind) zu nutzen, wurden in den Analysen mit in die Vergleichsgruppe aufgenommen, die kein fluoridiertes Salz verwendet.

Statistische Analyse

Die Auswertungen basieren auf Daten von 1104 Kindern zwischen 0,5 und 5 Jahren aus KiESEL sowie 2641 Kindern und Jugendlichen von 6 bis 17 Jahren aus EsKiMo II (Tab. 1). Für 3 Personen in EsKiMo II lag kein ausgefüllter Kurzfragebogen vor. Die Ergebnisse werden als Prävalenzen in Prozent mit 95 %-Konfidenzintervallen (95 %-KI) stratifiziert nach Geschlecht, Alter und sozioökonomischem Status der Familie (s. Infobox 1) dargestellt. Zusammenhänge zwischen der Fluoridanwendung und den ausgewählten Determinanten wurden mit multivariaten binär-logistischen Regressionsmodellen berechnet, als deren Ergebnisse Odds Ratios (OR) mit 95 %-KI ausgewiesen werden. Diese sind als Chancenverhältnis zu interpretieren und geben an, um welchen Faktor die Wahrscheinlichkeit für die Fluoridanwendung im Vergleich zur Referenzgruppe erhöht oder erniedrigt ist.

Die Analysen der KiESEL-Daten wurden mit SPSS Statistics Version 26 durchgeführt, die Analysen basierend auf den Daten von EsKiMo II mit den Survey-Prozeduren von SAS Version 9.4. Um repräsentative Aussagen treffen zu können, wurden die Analysen mit einem Gewichtungsfaktor durchgeführt, der Abweichungen der Stichprobe von der Gesamtbevölkerungsstruktur bezüglich Alter (in Jahren), Geschlecht, Bundesland (Stand 31.12.2015), deutscher Staatsangehörigkeit (Stand 31.12.2014) und elterlicher Bildung (Mikrozensus 2013 [7]) korrigiert. Von einem statistisch signifikanten Unterschied zwischen Gruppen wird ausgegangen, wenn der p-Wert kleiner als 0,05 ist.

Ergebnisse

Im Folgenden werden Anwendungsprävalenzen für Fluoridsupplemente (0,5 bis 5 Jahre) sowie für fluoridhaltige Zahnpasta und fluoridiertes Salz (0,5 bis 17 Jahre) für die in KiESEL und EsKiMo II untersuchten Kinder und Jugendlichen ausgewiesen und Unterschiede nach Alter, Geschlecht und sozioökonomischem Status der Familie berichtet. Auf Datengrundlage von KiESEL wird zudem die Fluoridaufnahme aus mehreren Quellen dargestellt.

Fluoridsupplemente

Von den Eltern der 0,5- bis 5-Jährigen gaben 14,6 % (n = 160) an, ihrem Kind Fluoridsupplemente zu geben bzw. gegeben zu haben. Meist waren dies Kombinationspräparate mit Fluorid und Vitamin D; nur 0,5 % der Kinder hatten Fluorid als Monopräparat erhalten (Daten nicht gezeigt). Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen bestanden nicht, wohl aber deutliche Unterschiede zwischen den Altersgruppen (Abb. 2): Während von den 0,5- bis 2-Jährigen etwa ein Drittel (32,3 %) Fluoridsupplemente erhielt, waren es bei den älteren Kindern (3 bis 5 Jahre) nur noch 2,2 %. Bei 44,4 % (n = 71) der Kinder, die ein Fluoridsupplement erhalten hatten, kam keine (fluoridhaltige) Zahnpasta zur Anwendung; bei allen anderen (55,6 %; n = 89) wurde das Fluoridsupplement zusätzlich zu fluoridhaltiger Zahnpasta gegeben.

Abbildung 2 Figure 2
figure 2

Einnahme von Fluoridsupplementen bei 0,5- bis 5-Jährigen nach Geschlecht und Alter (n = 1096) (nach Ausschluss der Personen mit fehlenden Angaben zum sozioökonomischen Status). (Datenbasis: KiESEL [2014-2017])

Use of fluoridesupplements by 0.5- to 5-year-olds according to sex and age (n = 1096) (after excluding those with missing socioeconomic status data). (Source: KiESEL [2014-2017])

Eine Auswertung der Daten nach sozioökonomischem Status der Familie ergab, dass Kinder der mittleren Statusgruppe seltener Fluoridsupplemente erhielten (12,1 %) als die in den beiden anderen Gruppen: niedriger sozioökonomischer Status: 19,0 % bzw. hoher sozioökonomischer Status: 18,3 %.

Fluoridhaltige Zahnpasta

Die Mehrheit der Eltern der 0,5- bis 5-Jährigen (80,4 %) gab an, zum Zähneputzen bei ihrem Kind üblicherweise eine fluoridhaltige Zahnpasta zu verwenden. In etwa 99 % der Fälle handelte es sich dabei um eine Kinderzahnpasta (Daten nicht gezeigt). Insgesamt wurde in der Altersgruppe der 0,5- bis 2-Jährigen signifikant seltener als bei den 3- bis 5-Jährigen fluoridhaltige Zahnpasta verwendet (63,4 % bzw. 92,4 %) (Tab. 2).

Die geringe Anwendungsprävalenz bei den 0,5- bis 2-Jährigen lässt sich zum Teil damit erklären, dass bei etwa einem Fünftel dieser Kinder (19,2 %; n = 87) zurzeit der Befragung überhaupt keine Zahnpasta zum Einsatz gekommen war. Betrachtet man nur die Kinder, bei denen Zahnpasta verwendet wurde (80,8 % der 0,5- bis 2-Jährigen bzw. 92 % der Gesamt-KiESEL-Gruppe), so erhöht sich bei den 0,5- bis 2-Jährigen der Anteil derer, bei denen das üblicherweise ein fluoridhaltiges Produkt war, auf 78,4 % (Daten nicht gezeigt).

Der Unterschied zwischen den beiden Altersgruppen (0,5 bis 2 Jahre und 3 bis 5 Jahre) war trotzdem und auch nach Adjustierung hochsignifikant. Darüber hinaus zeigten sich in der KiESEL-Gruppe keine signifikanten Unterschiede in der Verwendung fluoridhaltiger Zahnpasta - weder zwischen den Geschlechtern noch nach dem sozioökonomischen Status der Familien. Die Anwendungsprävalenzen lagen in allen 3 Statusgruppen bei rund 80 % (Tab. 2).

Die große Mehrheit (93,3 %) der 6- bis 17-Jährigen verwendete üblicherweise eine fluoridhaltige Zahnpasta zum Zähneputzen (Tab. 3). Statistisch bedeutsame Unterschiede nach Geschlecht, Alter und sozioökonomischem Status bestanden nicht. In allen Untergruppen lagen die Anwendungsprävalenzen bei über 90 % (Tab. 3).

Fluoridiertes Salz

Etwas mehr als die Hälfte der Eltern der 0,5- bis 5-Jährigen (51,3 %) gab an, zur Zubereitung von Mahlzeiten für ihr Kind überwiegend fluoridiertes Salz zu verwenden. Eltern der 0,5- bis 2-Jährigen verwendeten dies signifikant seltener als die der 3- bis 5-Jährigen (45,7 % bzw. 55,3 %). Auch bestand in Familien der mittleren und hohen sozioökonomischen Statusgruppen eine geringere Wahrscheinlichkeit, Mahlzeiten für das Kind mit fluoridiertem Salz zuzubereiten, als in Familien mit niedrigem sozioökonomischen Status (Tab. 2). Bei fast einem Drittel der 6- bis 17-Jährigen (29,8 %) wurde zur Zubereitung der Mahlzeiten überwiegend fluoridiertes Salz genutzt. Signifikante Unterschiede nach Geschlecht und sozioökonomischem Status zeigten sich nicht, wohl aber nach Alter: Im Vergleich zu den Eltern der 6- bis 11-Jährigen berichteten Jugendliche ab 12 Jahren seltener davon, dass bei ihnen zu Hause überwiegend fluoridiertes Salz zur Zubereitung von Mahlzeiten verwendet wird (36,5 % bzw. 23,6 %; Tab. 3).

Fluoridaufnahmen aus mehreren Quellen

Für mehr als die Hälfte der Kinder zwischen 0,5 und 5 Jahren (51,9 %) wurden Fluoridanwendungen aus mehr als einer Quelle angegeben. In den meisten Fällen handelte es sich dabei um Zahnpasta und Salz (46,0 %). Aber auch Mehrfachanwendungen von Fluoridsupplementen und Zahnpasta (8,2 %) oder von Supplementen und fluoridiertem Salz (6,6 %) wurden berichtet. Bei einem kleinen Teil der Kinder (4,4 %) kamen alle 3 der hier betrachteten Fluoridquellen zur Anwendung. Unter der Annahme, dass pro Person nur eine Zahnpasta und eine Sorte Salz gleichzeitig genutzt werden, kann die angegebene Verwendung von fluoridhaltiger Zahnpasta und fluoridiertem Salz als tägliche Anwendung interpretiert werden. Berücksichtigt man nur die Kinder, denen täglich ein Fluoridsupplement gegeben wurde, so kann mit hoher Wahrscheinlichkeit bei einem Teil der Kinder von einer täglichen Anwendung von Fluoridsupplementen und Zahnpasta (4,9 %), Fluoridsupplementen und fluoridiertem Salz (4,3 %) oder allen 3 Fluoridquellen (2,3 %) ausgegangen werden. Im Gegensatz dazu gaben 9,9 % der in KiESEL Befragten an, dass sie ihrem Kind weder Fluoridsupplemente noch fluoridhaltige Zahnpasta oder fluoridiertes Salz geben.

Diskussion

Bei der Kariesprophylaxe kommt einer wirksamen und sicheren Anwendung von Fluoriden eine wichtige Bedeutung zu. Fluoride machen den Zahnschmelz widerstandsfähiger und dadurch unempfindlicher gegenüber Karies. Ziel dieser Arbeit war es, die Anwendung von Fluorid aus unterschiedlichen Quellen bei Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 0,5 und 17 Jahren in Deutschland zu untersuchen und Unterschiede nach soziodemografischen Faktoren wie Geschlecht, Alter und sozioökonomischem Status der Familie aufzuzeigen.

Aktuelle Prävalenzen und zeitliche Entwicklung

Zur Abschätzung von Tendenzen in der zeitlichen Entwicklung können die Anwendungsprävalenzen aus den Modulstudien von KiGGS Welle 2 (2014-2017) mit denen der Vorgängererhebung, der KiGGS-Basiserhebung (2003-2006), verglichen werden. Ein direkter Vergleich der Ergebnisse ist aufgrund von Unterschieden in den FrageformulierungenFootnote 2 aber nicht möglich. Zu beiden Erhebungszeitpunkten lagen, wie eingangs beschrieben, keine einheitlichen Empfehlungen zur Fluoridanwendung im Kindes- und Jugendalter vor: So empfahlen die pädiatrischen, aber nicht die zahnmedizinischen Fachgesellschaften, dass Säuglinge und Kleinkinder bis zum Erreichen einer regelmäßigen angemessenen Fluoridexposition (durch fluoridhaltige Zahnpasta und fluoridiertes Salz) Fluorid in Tablettenform erhalten. Auch wurden die Effektivität und Sicherheit von fluoridhaltiger Zahnpasta bei Säuglingen und Kleinkindern von pädiatrischen und zahnmedizinischen Fachgesellschaften in Deutschland kontrovers diskutiert [5]. Dennoch lässt sich aus der vorliegenden Auswertung eine stark rückläufige Verwendung von Fluoridsupplementen in dem betrachteten Zeitraum von gut 10 Jahren ableiten: Während zur Zeit von KiESEL 32,3 % der 0,5- bis 2-Jährigen und 2,2 % der 3- bis 5-Jährigen Fluoridsupplemente einnahmen, waren es in der KiGGS-Basiserhebung noch 43,3 % der 0- bis 2-Jährigen und 6,8 % der 3- bis 6-Jährigen (für die hier definierte Gruppe der 3- bis 5-Jährigen liegen keine Auswertungen vor) [34, 35]. Ein Grund für diesen Rückgang könnte sein, dass in den Jahren seit der KiGGS-Basiserhebung zunehmend kontrovers über die Effektivität von Fluoridsupplementen zur Kariesprävention bei Kindern diskutiert wurde [17, 38, 39] und diese daher in der Praxis für Säuglinge und Kleinkinder seltener empfohlen wurden [40]. Zugleich war aber in der jüngsten Altersgruppe auch die Verwendung von fluoridhaltiger Zahnpasta leicht rückläufig: Während die vorliegende Auswertung zeigt, dass bei 63,4 % der 0,5- bis 2-Jährigen die Zähne mit fluoridhaltiger Zahnpasta geputzt wurden, waren es in der KiGGS-Basiserhebung noch 68,9 % der 0- bis 2-Jährigen [33]. Auch dieser Rückgang könnte im Zusammenhang mit den in der Vergangenheit in Deutschland kontrovers diskutierten Empfehlungen stehen - und einer daraus resultierenden Verunsicherung der Eltern. Allerdings war der negative Trend offenbar auf die jüngste Altersgruppe beschränkt, denn in den Altersgruppen zwischen 3 und 11 Jahren zeigten sich keine Unterschiede zur KiGGS-Basiserhebung, und bei den 12- bis 17-Jährigen war sogar eine Zunahme der Anwendung fluoridhaltiger Zahnpasta um 6 Prozentpunkte von 86,5 % auf 92,8 % zu verzeichnen [33].

Die Anwendungsprävalenzen von fluoridhaltiger Zahnpasta müssen allerdings auch im Zusammenhang mit den bereits im Jahr 2018 ausgewerteten Zahnputzhäufigkeiten betrachtet werden: Demnach wurden in KiGGS Welle 2 bei 77,7 % der Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen 0 und 17 Jahren die Zähne den damals geltenden Empfehlungen entsprechend geputzt [20]. Es zeigte sich, dass die Zahnputzhäufigkeit bei Jungen (im Vergleich zu Mädchen), bei 11- bis 17-Jährigen (im Vergleich zu Jüngeren) sowie bei Kindern und Jugendlichen aus Familien mit einem niedrigen sozioökonomischen Status (im Vergleich zur hohen sozioökonomischen Statusgruppe) häufiger nicht den Empfehlungen entsprach [20]. Diese Befunde deuten auf die Notwendigkeit einer verstärkten Kommunikation der Empfehlungen zum Zähneputzen hin, denn nicht nur das Fluorid in der Zahnpasta, sondern auch die Putzhäufigkeit ist für den kariespräventiven Effekt von Bedeutung [21].

Mehr als die Hälfte der Eltern (51,3 %) der 0,5- bis 2-Jährigen, aber weniger als ein Drittel (29,8 %) der 6- bis 17-Jährigen gab an, bei der Zubereitung von Mahlzeiten (für das Kind) überwiegend fluoridiertes Salz zu verwenden. Im Vergleich zur KiGGS-Basiserhebung hat die Verwendung von fluoridiertem Salz in allen Altersgruppen deutlich zugenommen: Damals wurden von 16,2 % der 0- bis 5-Jährigen und von 15,8 % der 6- bis 17-Jährigen mit fluoridiertem Salz zubereitete Mahlzeiten verzehrt [33]. Die häufigere Verwendung von fluoridiertem Salz ist bei den Kindern ab 6 Jahren positiv zu bewerten, da fluoridiertes Salz (das ausschließlich zur Verwendung im Haushalt angeboten wird) als preiswerte und einfach umzusetzende Möglichkeit zur Kariesprävention [27, 30] empfohlen wird. Für Säuglinge und Kleinkinder wird fluoridiertes Salz dagegen nicht oder nur in begrenztem Maße empfohlen - zum einen, weil in dieser Lebensphase Salz insgesamt nur sparsam verwendet werden sollte [19], und zum anderen, weil das Risiko für zu hohe Fluoridaufnahmen im Säuglings- und Kleinkindalter besonders hoch ist, wenn Fluorid aus mehreren Quellen aufgenommen wird [2].

In der aktuellen Auswertung zeigte sich, dass bei etwa der Hälfte der Kinder bis zum Alter von 5 Jahren parallele Mehrfachanwendungen von Fluorid erfolgten. Diese waren in abnehmender Reihenfolge: Zahnpasta und Salz (46 %), ein tägliches Fluoridsupplement und Zahnpasta (4,9 %) sowie ein tägliches Fluoridsupplement und Salz (4,3 %); ein sehr kleiner Teil der 0,5- bis 5-Jährigen (2,3 %) erhielt Fluorid sogar aus allen 3 Quellen. Die Konstruktion der Fragen nach der üblicherweise verwendeten Zahnpasta und dem überwiegend verwendeten Speisesalz erlaubt keine ganz zuverlässige Aussage darüber, ob es sich bei den Mehrfachangaben zu Zahnpasta und Salz tatsächlich um tägliche Mehrfachanwendungen handelte. Zumindest muss davon ausgegangen werden, dass an den Tagen, an denen die Kinder eine mit Salz zubereitete Mahlzeit erhielten und die Zähne geputzt bekamen, beide Fluoridquellen parallel zum Einsatz kamen. Variationen zwischen unterschiedlichen Salzsorten und Zahnpasten mit und ohne Fluorid werden als relativ unwahrscheinlich angesehen.

Insbesondere die parallele Anwendung von einem Fluoridsupplement und fluoridhaltiger Zahnpasta oder sogar von weiteren Quellen erhöht bei Kindern im Säuglings- und Vorschulalter das Risiko für Fluoridaufnahmen oberhalb der von der EFSA abgeleiteten tolerierbaren Tageshöchstmenge [6], wodurch es in der Phase der Zahnentwicklung (bis zum Alter von 8 Jahren) zu Dentalfluorosen an den bleibenden Zähnen kommen kann. Daher sollten Mehrfachexpositionen vermieden werden, und, sobald fluoridhaltige Zahnpasta zum Einsatz kommt, sollte auf die Gabe von Fluoridtabletten verzichtet werden [2, 5]. Selbst wenn die verfügbaren Daten darauf hindeuten, dass in Deutschland v. a. milde Fluorosen mit einer Prävalenz von 5-15 % vorkommen [15], sollten die Ergebnisse aus der KiESEL-Studie zum Anlass genommen werden, Eltern verstärkt über die gesundheitlichen Risiken überhöhter Fluoridaufnahmen zu informieren [3].

Unterschiede nach Geschlecht, Alter und sozioökonomischem Status

Sowohl bei den 0,5- bis 5-Jährigen als auch bei den 6- bis 17-Jährigen zeigten sich keine Geschlechterunterschiede in der Verwendung von Fluoridsupplementen, fluoridhaltiger Zahnpasta und fluoridiertem Salz. Altersunterschiede zeigten sich nur in den jüngeren Altersgruppen bei der Verwendung von fluoridhaltiger Zahnpasta, wobei über 90 % der 3- bis 5-Jährigen, aber nur knapp zwei Drittel (63,4 %) der 0,5- bis 2-Jährigen mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta die Zähne geputzt bekamen. Zusätzlich zu den bereits diskutierten nicht einheitlichen Handlungsempfehlungen, die insbesondere Eltern von Kindern der jüngsten Altersgruppe verunsichert haben könnten, lassen sich die beobachteten Altersunterschiede auch damit erklären, dass vermutlich noch nicht alle Kinder in diesem Alter Zähne hatten. Betrachtet man nur diejenigen, bei denen Zahnpasta überhaupt zum Einsatz kam, so erhöhte sich der Anteil der 0,5- bis 2-Jährigen, bei denen das eine fluoridhaltige war, um 15 Prozentpunkte auf 78,4 %. Nur knapp die Hälfte der Kinder, bei denen noch keine (fluoridhaltige) Zahnpasta zur Anwendung kam, hat stattdessen ein Fluoridsupplement erhalten. Wenngleich also Fluoridsupplemente bei den 0,5- bis 2-Jährigen deutlich häufiger zum Einsatz kamen als bei den 3- bis 5-Jährigen (32,3 % vs. 2,2 %), wurden sie vor dem Zahndurchbruch und bis zur Anwendung fluoridhaltiger Zahnpasta nur selten zur Kariesprophylaxe genutzt. In zukünftigen Studien sollte untersucht werden, ob die im Jahr 2021 in Deutschland verabschiedeten einheitlichen Handlungsempfehlungen für die Kariesprävention im Säuglings- und frühen Kindesalter [2] zu einer vermehrten empfehlungsgemäßen Anwendung von Fluoridsupplementen und fluoridhaltiger Zahnpasta - und auch zu einer Verringerung der Kariesprävalenz im Milchzahngebiss - führen.

Bei den Angaben zur Verwendung von fluoridiertem Salz zeigte sich, dass die 12- bis 17-Jährigen seltener als die Eltern der 6- bis 11-Jährigen berichteten, zur Zubereitung von Mahlzeiten überwiegend fluoridiertes Salz verwendet zu haben. Ein Grund hierfür könnte sein, dass Eltern in der Regel für die Mahlzeitenzubereitung zuständig sind und dadurch im Vergleich zu den 12- bis 17-Jährigen (Selbstangaben) besser wissen, ob fluoridiertes Salz verwendet wurde. Welche Gründe es dafür gab, dass bei den Teilnehmenden in EsKiMo II (6 bis 17 Jahre) insgesamt seltener fluoridiertes Salz verwendet wurde als in KiESEL (0,5 bis 5 Jahre), lässt sich anhand der Daten nicht erklären.

Mit Blick auf sozioökonomische Unterschiede zeigen die Daten, dass 0,5- bis 5-Jährige der mittleren Statusgruppe seltener Fluoridsupplemente und mit fluoridiertem Salz zubereitete Mahlzeiten erhielten als Gleichaltrige aus Familien mit niedrigem sozioökonomischen Status. Das deckt sich mit Beobachtungen aus der KiGGS-Basiserhebung (2003-2006), in der Kinder der niedrigen sozioökonomischen Statusgruppe häufiger Fluoridsupplemente erhalten hatten als Kinder der mittleren und hohen Statusgruppe [34]. Interessanterweise zeigen die Daten aus KiGGS Welle 2 aber auch, dass Kinder und Jugendliche der mittleren Statusgruppe häufiger zahnärztliche Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch nehmen als Gleichaltrige der niedrigen und hohen Statusgruppe [20]. Neuere Auswertungen belegen dies auch für die Altersgruppe 3 bis 5 Jahre (Daten für 0- bis 2-Jährige liegen nicht vor): Im Vergleich zu 3- bis 5-Jährigen der niedrigen Statusgruppe (78,4 %) nehmen Gleichaltrige der hohen und mittleren Statusgruppe (86,7 % bzw. 89,4 %) häufiger mindestens 1-mal im Jahr eine zahnärztliche Vorsorgeuntersuchung in Anspruch [32] und profitieren damit häufiger von einer frühzeitigen Ritualisierung dieser Untersuchungen und entsprechenden Maßnahmen zur Vermeidung und Früherkennung von Karies [11].

Stärken und Limitationen der Studie

Mit den Ergebnissen aus KiESEL und EsKiMo II liegen erneut bundesweite repräsentative Daten über die Anwendung von Fluorid aus verschiedenen Quellen bei Kindern zwischen 0,5 und 17 Jahren vor. Auch wenn aufgrund von Unterschieden in den Fragestellungen kein direkter Vergleich der vorliegenden Ergebnisse mit denen aus der KiGGS-Basiserhebung möglich ist, lassen sich einige Tendenzen aufzeigen, aus denen Schlussfolgerungen für die künftige Beratung gezogen werden können.

Wie bei allen Surveys ist ein Bias aufgrund selektiver Nichtbeteiligung nicht vollständig auszuschließen. Auch lassen sich aus den erhobenen Daten keine quantitativen Angaben zur Fluoridaufnahme aus den betrachteten Quellen ableiten, sodass keine konkreten Aussagen zu einer Unter- oder Überversorgung möglich sind. Die Ergebnisse legen aber nahe, dass die parallele Verwendung von Fluoridsupplementen, fluoridhaltiger Zahnpasta und/oder fluoridiertem Salz bei Kindern zwischen 0,5 und 5 Jahren durchaus vorkommt. Für eine Einschätzung der Gesamtexposition von Fluorid wären weitergehende Untersuchungen - z. B. über die Anteile verschluckter Zahnpasta bei Säuglingen und Kleinkindern - auch unter Berücksichtigung geeigneter Biomarker [14] oder über die Inanspruchnahme von Fluoridlackbehandlungen in der Zahnarztpraxis, aber auch über die Aufnahme von Fluorid aus anderen Quellen wie Trinkwasser oder Mineralwasser, z. B. durch Verknüpfung der in KiESEL und EsKiMo II erhobenen Verzehrdaten mit Fluoridgehaltsdaten aus der MEAL-Studie des BfR, notwendig.

Fazit und Ausblick

Zusammenfassend deuten die Ergebnisse darauf hin, dass im Säuglings- und Kleinkindalter, aber auch bei Kindern und Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren in Deutschland weitere Anstrengungen notwendig sind, um das Mundgesundheitsverhalten zu verbessern - und die Kariesprävalenz zu reduzieren. Damit dies gelingt, ist eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Zahnärztinnen und Zahnärzten, Ärztinnen und Ärzten für Kinder- und Jugendmedizin, Ärztinnen und Ärzten für Gynäkologie und Geburtshilfe und den Hebammen wichtig [9]. Die im Jahr 2021 verabschiedeten einheitlichen Handlungsempfehlungen für die Kariesprävention im Säuglings- und frühen Kindesalter bilden dafür eine gute Basis.