Heranwachsende verabreden sich über Messenger-Gruppen zum Fußballspielen im Park oder fahren mit dem Rennrad gemeinsam durch die Stadt, während mithilfe von Tracking-Apps Geschwindigkeiten gemessen werden. Die Nutzung von Sportinfrastrukturen verändert sich, indem öffentliche Grünflächen durch Fitness-Apps von Individualsportbegeisterten und Plattformunternehmen temporär oder kontinuierlich für Sport und Bewegung genutzt werden (Abb. 1). Belegungslücken in der Sportinfrastruktur werden von digitalen Sport-Start-ups in Anspruch genommen; Bolzplätze, Stadien und Sporthallenkomplexe werden über soziale Medien und digitale Netzwerke unerwartet mit hohen Publikumszahlen konfrontiert, wie das Beispiel eines jungen Berliner FußballvereinsFootnote 1 aufzeigt. Transformationsprozesse manifestieren sich gegenwärtig im Zuwachs und Bedeutungsgewinn digitaler Hilfsmittel und Online-Communities. Nicht erst seit der Covid-19-Pandemie vollzieht sich deshalb ein Paradigmenwechsel in der Stadtplanung. Grundlegende Parameter der städtebaulichen Entwicklung (z. B. Dichte, Mischung, kurze Wege, Freiräumqualitäten) werden seit der Pandemie neu verhandelt, wobei digitale Infrastruktur, Gesundheitsprävention und Multicodierung von Flächen eine besondere Rolle einnehmen, wenn sozialen und räumlichen Ungleichheiten planerisch begegnet werden soll. Diese Wechselwirkungen sind die Grundlage für zukünftige Stadtentwicklungspolitiken, die Planung sowie Gestaltung von Städten und Bewegungsförderung.

Abb. 1
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Öffentliche Grünflächen werden durch Fitness-Apps kontinuierlich für Sport und Bewegung genutzt. (Foto: LSB NRW/Marc Hermenau)

Problemstellung: Hybride Raumaneignung und digital unterstütztes Bewegungserleben setzen öffentliche Räume unter Druck und schaffen neue Akteurskonstellationen

Diese digital getriebene Neuorganisation verändert bereits Grün‑, Frei- und Straßenflächen. Kommunale Grünflächen- und Sportstättenverwaltungen diskutieren über die kommerzielle Nutzung öffentlicher Räume mit ungewohnten Stakeholdern wie Plattform- oder Sportartikelunternehmen. Dabei prägen besonders Nutzungskonflikte und lokale RechtsstreitigkeitenFootnote 2 die Debatten um digital vernetzte Sport- und Fitnessaktivitäten in der Stadt. Neben der Planungspraxis stehen ebenso die Sportwissenschaften sowie die Planungs- und Raumwissenschaften vor der Herausforderung, den Blick zu öffnen, um gemeinsame Handlungs- und Forschungsfelder für eine integrierte Stadt- und Sportentwicklung im Kontext der Digitalisierung zu identifizieren, bestenfalls potenzielle Synergien zu erschließen. Insbesondere um Gesundheitschancen für Kinder und Jugendliche zu erhöhen, sind Planungsprozesse nicht sektoral, sondern ganzheitlich zu gestalten. Gerade die Unterschiede im Umgang mit digitalen Wissensbeständen erfordern ein gemeinsames Vokabular. Wesentliche Erkenntnisse zur inter- und transdisziplinären Erschließung des Forschungsbereichs „hybrider Sport- und Bewegungswelten in der Stadt“Footnote 3 für die Planungs- und Raumwissenschaft gewannen wir in einer langfristigen Kollaboration zwischen Forschenden, Sportbegeisterten und Sachverständigen der Planung. Welche Zusammenhänge bestehen zwischen sport- und planungsräumlichen Komponenten hybrider Settings? Anhand von raum- und subjektbezogenen Erhebungen stellen wir Kategorien an der Schnittstelle von Digitalität und urbanem Bewegungserleben als Zwischenergebnis zusammen. Mit diesem ersten Grundriss zu cyber-physischen Bewegungsaktivitäten und Stadträumen vermitteln wir digitale Hilfsmittel, Angebote, Beteiligte, Orte und Infrastrukturen. Denn „im öffentlichen Raum installierte oder in Bewegung“ befindliche cyber-physische Systeme schaffen „neue Impulse“ sowie „veränderte Funktionsabläufe und Nutzungsanforderungen“ (BBSR 2022b, S. 5). Daraus ergeben sich kaum erforschte Kriterien und Kennwerte für die Weiterentwicklung der postpandemischen Stadt hin zur cyber-physischen Stadt.

Gesellschaftlicher Hintergrund: Aus digitalen, hybriden und analogen Erfahrungen der Pandemie lernen

Die eingeschränkte Bewegungsfreiheit während der Pandemie hat gezeigt, dass wohnungsnahe Freiräume – vom Balkon bis zum Stadtpark – insbesondere für Heranwachsende ein besonderes Potenzial für das Sozialleben und die Gesundheitsprävention darstellen (DAKJ 2020; Bertram et al. 2021). Gleichwohl stiegen die Internet- sowie Spielzeiten mit Smartphone und Computer deutlich an (Schmidt et al. 2021, S. 12), alternative Sportangebote wurden selbstverständlich – der On-Demand-Kultur folgend – intensiviert und ausprobiert. Zugleich verstärkt diese Lernerfahrung das gesamtgesellschaftliche Bewusstsein, dass nicht nur der institutionalisierte Sport als Stabilitätsfaktor der Gesundheit, des sozialen Zusammenhalts und wichtiger Entwicklungsfaktor für Heranwachsende gilt. Deshalb gewinnen „unorganisierte“ und kooperative Sport- und Bewegungslandschaften (Wäsche und Schwarz 2022) und informelle Sport- und Bewegungsangebote in urbanen und virtuellen Räumen (Bentlin et al. 2021) weiter an Bedeutung. Einerseits erleben Spiel‑, Skateplätze, Laufstrecken, Grün- und Freiflächen sowie Fitness- und Calisthenics-Parks für individuelle Bewegungsaktivitäten eine hohe Nachfrage. Andererseits sind virtuelle Sport- und Bewegungsangebote von jungen Abonnent*innen nachgefragter denn je (Ruth et al. 2022, S. 8). Lokale Initiativen und Sportbegeisterte gründen virtuelle Netzwerke und Plattformen. Abseits von institutionellen Anbietenden erscheinen hybride Sport- und Bewegungsnetzwerke als kaum greifbare und fluide Settings an öffentlichen Orten niedrigschwelliger Sportgemeinschaften, die ein neues Zusammenspiel von online, offline und hybriden Räumen konstruieren.

In privaten wie öffentlichen Räumen stellte die Zuflucht Heranwachsender in digitalen Welten eine Strategie zur Bewältigung der Pandemieeinschränkungen dar. So traten anstelle der gewohnten Treffen und körperlichen Aktivitäten beispielsweise Chats, Social-Media-Applikationen und Videospiele (Schmidt et al. 2021, S. 12). Forschende der LMU und des Else Kröner-Fresenius-Zentrum (EKFZ) an der TU München zeigten bereits im ersten Jahr der Pandemie, dass der Bewegungsmangel durch geschlossene Fitnessstudios, Sportvereine und Schwimmhallen körperliche und psychische Gesundheitsrisiken erhöhte (Huber et al. 2021, Koletzko et al. 2021). Laut Studien konnten viele Teilnehmende, die vor dem Lockdown viel Sport trieben, ihr Fitness-Level halten, während weniger Aktive im Lockdown noch seltener Bewegungsaktivitäten nachgingen. Die häufigsten Sportarten im Lockdown waren Laufen, Radfahren und Muskeltraining sowie Yoga. Die Gesundheitsforschungen von Koletzko et al. (2021) zeichnen ein Bild, dass gerade Heranwachsende von Eltern aus Bevölkerungsschichten mit niedrigem Einkommen ein viel größeres Risiko für gesundheitliche Lasten aufweisen. Die EKFZ-Studie zeigt darüber hinaus, dass Kleinkinder überall und spontan eine Gelegenheit finden, sich auszutoben und zu spielen, dagegen Schulkinder sich offenbar in institutionalisierten Bewegungsformen des Schul- oder Vereinssports wiederfinden – gerade eine Angebotsvielfalt mit Alternativräumen bietet Möglichkeiten, flexibel auf Bewegungsbedürfnisse zu reagieren, wie zum Beispiel in Calisthenics‑, Skate-Parks (Abb. 2) oder Pump-Tracks.

Abb. 2
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Kind mit Pennyboard schaut sich Videos auf dem Smartphone an. (Foto: Freepik.com/Arthur Hidden)

Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand: Digitalisierungsprozesse urbaner Sport- und Bewegungsräume verstehen

Die Stadt – und insbesondere der öffentliche Raum – als übergeordnete Einheit für Bewegung und körperliche Aktivität tritt mit den Pandemie-Erfahrungen in aktuellen Debatten in den Vordergrund, obwohl auch private Innen- und Außenräume durch digitale Angebote für Bewegung neu genutzt wurden. Bereits vor der Pandemie und unter Ausklammerung von Digitalität konstatiert das Entwicklungspapier der Kommission „Sport und Raum“ der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (Verch 2013) dahingehend fehlende Grundlagen. Insbesondere werden „Studien zur Nutzung von Sport- und Bewegungsräumen“ (Verch 2013, S. 9) angemahnt, denn die Komplexität des Themenfelds wird demzufolge bereits in der Beschreibung verschiedenster Ausprägungsformen des Sporttreibens und Vielfalt deutlich anhand von

  1. 1.

    Sport- und Bewegungsräumen,

  2. 2.

    Angebots- und Organisationsformen unterschiedlicher Beteiligter sowie Institutionen und

  3. 3.

    interdisziplinären Zuständigkeiten bei der Konzeption (z. B. Sportpolitik, Stadtplanung, Gesundheitsförderung).

Es zeigt sich in den vergangenen Jahren, dass der Stellenwert der Digitalisierung in den Sportwissenschaften inzwischen als „Neuland“ und als „unübersehbar großes“ Forschungsfeld (Wäsche 2020, S. 20 und 22) an der Schnittstelle zu den Raumwissenschaften diskutiert wird: „Technologische Entwicklungen sowie eine digitalisierte und globalisierte Vernetzung und Vermarktung des Sports erschaffen neue, virtuelle Räume des Sports“ (Wäsche 2020, S. 20), die zu einer Hybridisierung baulich-physischer und cyber-physischer Raumkonstruktionen führt.

Die damit in Verbindung stehenden gegenwärtigen Veränderungen des gesellschaftlichen Raumerlebens durch die Digitalisierung lassen sich anhand eines relationalen Raumkonzepts (Löw 2001) verdeutlichen. Digitale Vernetzung, veränderte Sozialisationserfahrungen und die Entstehung virtueller Räume (Löw 2001, S. 111) führen dazu, dass zum Beispiel private Wohnzimmer oder Stadtparks unterschiedliche Bedeutungen erhalten und neue Zuschreibungsprozesse stattfinden. Entgegen des teils noch vorherrschenden Verständnisses von Raum als Behälter- oder Containerraums, formen vielfältige Einflüsse unser Raum- und Bewegungserleben. Physische Grenzen und ein einheitliches, materielles und dauerhaftes Umfeld sind nur ein Aspekt der Raumproduktion. Denn der Raum wird insbesondere durch „den Umgang mit neuen Medien […] nun nicht länger nur als kontinuierlich umgebender, sondern auch als flüchtiger, vernetzter und immaterieller erlebt“ (Löw 2001, S. 112). Normierte wie nicht normierte Sportstätten sind Löw folgend nicht als Raumbehälter zu verstehen, sondern vielmehr werden sie „in Syntheseleistungen und Spacings […] als relationales Gefüge konstituiert“ (Löw 2001, S. 259). Die Verknüpfung unterschiedlicher Orte und Objekte zu Räumen erfolgt nicht nur durch die Stadtbevölkerung selbst, seit jeher werden Verbindungen und Stadtraumimpulse für Bewegungsaktivitäten durch architektonische Anordnungen von Planenden hergestellt (Lynch 1960; Gehl 2010). Aus stadtplanerischer und raumsoziologischer Sicht sind Bewegungsräume keine eindimensionalen Orte des Sports und der Aktivität, sondern bilden je nach Perspektive und sozialer Rolle unterschiedliche Lebenswelten.

Dabei wird deutlich, dass jede räumliche Struktur eine Form des Handelns generiert, welche vor dem Hintergrund des relationalen Raumkonzeptes die Konstitution von Räumen und dadurch jene räumliche Struktur reproduziert (vgl. Löw 2001, S. 172). Diese Reproduktion wird gesellschaftlich über Institutionen organisiert – im Sport über die Vereine und Verbände des sogenannten organisierten Sports (vgl. Bindel 2008; Werkmann 2021). So reproduziert sich der macht- und ordnungspolitische Ausdruck des organisierten Sports in der hierarchisierten Struktur des Vereinssports bis heute. Dabei werden Sport- und Bewegungsräume immer mehr durch individualisierte und im Besonderen digitalisierte Gefüge konstituiert und reproduziert. Voraussetzungen dafür sind Fähigkeiten oder Kenntnisse zu digitalen Hilfsmitteln, die einerseits durch fehlende Zugänglichkeit Gruppen ausschließen (aufgrund von z. B. Klasse, Herkunft, Sprache, Alter) und andererseits Handlungsmöglichkeiten eröffnen. Digitale Communities, wie von Sportartikelherstellern organisierte Laufclubs, formieren beispielsweise neue Bewegungsbereiche und -zeiten in Parks oder auf Straßen mittels Chatgruppen oder Apps. „Das, was Vereine und Verbände oder auch die Schule anbieten, ist Retro-Sport. Jugendliche betreiben Sport heute zunehmend ‚on demand‘ und nicht mehr in festgelegten Bahnen“, konstatiert der Sportpädagoge Tim Bindel (2021, S. 21). Räumliche Nähe sowie Fan- und Kundschaftsbindung mittels Social Media intensivieren diese Gewohnheiten. „Aufgrund ihrer gesellschaftlichen Reichweite und der damit einhergehenden wirtschaftlichen Potenz“ vergrößern E‑Sport-Veranstaltungen – und darüber hinaus alle digitalen Sport- und Bewegungsangebote – in der Folge den „Handlungsspielraum oder den infrastrukturellen Möglichkeitsraum“, womit „das herkömmliche Sportverständnis herausgefordert“ wird (Wäsche 2020, S. 21). Wenn sich diese Prozesse und Muster verändern, entsteht auch ein Änderungsbedarf für die räumlichen, sozialen und zeitlichen Bewegungsstrukturen.

In der Stadtplanung mangelt es hingegen bisher an Beiträgen dieser in den Sportwissenschaften bereits thematisierten Synthese zwischen Sport, Raum und Digitalität. Die Digitalisierung wirkt sich zwar zunehmend auf den Raum aus (vgl. Bruck et al. 2022; ARL 2022). Aktuelle Beiträge beziehen sich jedoch bisher auf die Raumwirksamkeit der Digitalisierung im Allgemeinen (Soike et al. 2019) oder auf technologische Anwendungsbereiche städtischer Infrastruktur (BBSR 3,4,a, b). Dabei wird jedoch deutlich, dass online und offline Welten in vielen Lebensbereichen in hybrider Weise miteinander verbunden sind. Digitale und analoge Strukturen überlagern sich (vgl. Soike et al. 2019, S. 6), wodurch cyber-physische Systeme und Räume (z. B. intelligente Straßenbeleuchtung und Verkehrsführung, Shared Mobility, smarte Mülleimer) längst bestehen und erst seit wenigen Jahren in der angewandten Forschung berücksichtigt werden. Die Erforschung digitaler Transformationsprozesse erfordert deshalb nicht nur die Perspektiven und das Zusammenspiel verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen (Schmitt et al. 2023, S. 4–5), sondern es entstehen vielfältige Herausforderungen, Synergien und Innovation für die Stadtentwicklung und die Planungspraxis. An der Schnittstelle zu Sport und Digitalität gilt es, die Vielschichtigkeit hybrider Sport- und Bewegungswelten zu verstehen und zu gestalten. Exemplarisch werden hier Hybridisierungsprozesse des Raum- und Bewegungserlebens in der Stadt nachvollziehbar.

Methode: Online-Befragung und Expert*innen-Diskussionen

Um die Konstitution und Reproduktion hybrider Sport- und Bewegungsräume aus Sicht der Stadtplanung zu erforschen, sind wechselseitige Lernprozesse zwischen Gesellschaft und Wissenschaft ein vielversprechender Zugang. Vor dem Hintergrund des komplexen und dynamischen Forschungsfeldes sehen wir ein großes Potenzial in der Integration von aktuellem Wissen – praktisches Handlungswissen und wissenschaftliche Erkenntnisse – mittels einer transdisziplinären Vorgehensweise (Jahn et al. 2012). Einerseits gründeten wir im Sommer 2022 das Netzwerktreffen „Hybrid Sports Berlin“Footnote 4 aus Repräsentant*innen aus der Plattformökonomie, Sportunternehmen, Verwaltungen und Zivilgesellschaft, und traten in einen Dialog mit dem Ziel, lebensweltliche Herausforderungen und Handlungsfelder der Stadt- und Sportentwicklungsplanung gemeinsam zu erschließen. Wir ordnen damit praktisches Know-how und Wissenschaftsexpertisen ins Forschungs- und Arbeitsfeld der Stadtplanung ein. Im Fokus von drei semistrukturierten Gruppendiskussionen (n = 31) standen aktuelle Herausforderungen an der Schnittstelle zwischen Online-Angeboten und Offline-Aktivitäten an konkreten Orten in Berlin. Anhand entsprechender Hauptfragen über Arbeitsfelder, Chancen und Risiken wurden die Aussagen einer künstlich zusammengestellten Gruppe (Vogl 2014, S. 584) in einer digitalen Mind-Map vor Ort geclustert.

Des Weiteren führten wir eine Online-BefragungFootnote 5 zur Beschreibung hybrider Sport- und Bewegungswelten Heranwachsender durch. Der entwickelte Fragebogen entstand auf Grundlage der im Netzwerktreffen hervorgebrachten Themen- und Handlungsfelder und eigenständiger Recherche zum aktuellen Stand digitaler Angebote. Auf Basis der Sportstudie Berlin (Senatsverwaltung für Inneres und Sport 2018, S. 66) wurde zum Beispiel ein breites Feld an Sport- und Bewegungsarten für die Online-Befragung erstellt. Wir nutzen das laufende Forschungsprojekt für die kritische Diskussion der Fragebogenvalidierung und der Studienergebnisse. Anhand der systematischen Stichprobe werden an dieser Stelle qualitative Betrachtungen für zwei Fokusgruppen sportaffiner Heranwachsender herangezogen: Personen im Alter von 15–19 Jahren (n = 128) und Personen im Alter von 20–24 Jahren (n = 152). Für die Teilnehmer*innen-Akquise der Online-BefragungFootnote 6 wurde eine zielgruppenorientierte Ansprache innerhalb diverser Sport- und Bewegungscommunities vorgenommen. Die für die Online-Befragung ausgearbeiteten mehrheitlich geschlossenen Fragen orientierten sich unter Berücksichtigung der Altersgruppe (Nachtsheim und König 2019, S. 930 f.; Brake 2009, S. 397 f.) an vier Kategorien: digitale Hilfsmittel (Art und Nutzung digitaler Hilfsmittel), Raumbezüge (zwischen digitalen Hilfsmitteln, Stadt und Sport), Sport und Bewegung (Motivation und Hybridisierungsprozesse) und personenbezogene Fragen. Die Auswertung der Daten wurde anhand einer univariaten deskriptiven Analyse durchgeführt.

Als Ergebnis dieser explorativen Vorgehensweise stellen wir Kategorisierungen hybrider Sport- und Bewegungswelten her, um damit fehlende Stadtraumbezüge im Forschungsfeld zu ergänzen und ein entsprechendes Vokabular zur Verfügung zu stellen. Mit Hilfe von Stadtraum- und Bewegungstypen sollen Grundlagen geschaffen werden, die zur Erforschung von raumbezogenen Hybridisierungsprozessen beitragen. Typologische Analysen und Klassifikationssysteme (Lang 2005, S. 43) haben seit ihrem Auftreten als Grundlage für Erkenntnisgewinne in der Theorie des Städtebaus gedient. Sie „stehen auch in engem Zusammenhang mit disziplinären und gesellschaftlichen Diskursen über das Urbane und darüber, wie der physische Raum konzipiert und transformiert werden sollte“ (Bentlin 2021, S. 312). Indem wir die identifizierten Themen- und Handlungsfelder aus Sicht der Stadtplanung im folgenden Kapitel kategorisieren und mit ersten Stichproben diskutieren, zeigen wir einen Weg, neue Praktiken und Bewegungsformen mit bereits vorhandenem Wissensbeständen zu kombinieren.

Ergebnisdarstellung: Kategorisierungen hybrider Sport- und Bewegungswelten

Um die Problemlagen und die Komplexität des Forschungsfelds zu organisieren, werden im folgenden Kapitel Stakeholder sowie Institutionen, digitale Hilfsmittel, urbane Sport- und Bewegungsformen, entsprechende Orte und Infrastrukturen sowie Angebots- und Organisationsstrukturen in Form von tabellarischen Kategorisierungen zusammenfassend und überblicksartig dargestellt.

Stakeholder hybrider Sport- und Bewegungsaktivitäten

Die aus dem Netzwerktreffen hervorgegangenen Akteur*innen bilden die Grundlage der hier definierten Stakeholder-Konstellation. Entsprechend werden die für das Forschungsfeld relevanten Bezugs- und Angebotsgruppen innerhalb von drei übergeordneten Sphären präsentiert: Im Spektrum der Stakeholder zwischen öffentlicher Hand, Zivilgesellschaft und Wirtschaft zeigen sich ganz unterschiedliche digitale Einflüsse und Prozesse, um Menschen in Bewegung zu bringen. Im Rahmen der Netzwerktreffen haben sich Akteur*innen selbst auf der Stakeholder-Karte (Abb. 3) positioniert und damit ihre Betroffenheit im Forschungsfeld positioniert. Innerhalb der drei Bereiche wird mittels einer Betroffenheitsskala in unmittelbar betroffen, unterstützend und beobachtend deutlich, inwiefern die jeweiligen Akteur*innen involviert sind. Auf Grundlage dieser Kategorisierung werden Wissens‑, Beziehungs- und Machtverhältnisse sichtbar. Neue akteur*innenbezogene Perspektiven eröffnen weitere Forschungen, wie zum Beispiel über Aushandlungsprozesse zwischen Sportunternehmen und öffentlicher Hand beim Bau von Sportinfrastruktur an öffentlichen Orten.

Abb. 3
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Die Gruppe der Beteiligten (n = 31) setzt sich aus einem transdisziplinären Kreis vielfältiger Akteur*innen und Anbieter*innen zusammen, die zum einen durch das Forschungsprojekt ermittelt und zum anderen über weitere Netzwerkpartner*innen involviert wurden. Eigene Darstellung

Digitale Hilfsmittel als Werkzeuge für Sport- und Bewegungsaktivitäten

In den Raumwissenschaften ist der Begriff der digitalen Hilfsmittel weitestgehend unbekannt. Im Rahmen der Gruppendiskussionen des Netzwerktreffens zeigte sich die Notwendigkeit einer Definition, um mit gleichem Vokabular und Verständnis von Digitalität sprechfähig zu sein. Insbesondere die Berliner Alltagspraktiken sind durch ein vielfältiges digitales Aktivitätenangebot geprägt, welches vielfach über digitale Plattformen, Applikationen, Webseiten, Channels und weitere technologische Unterstützung realisiert wird. Gerade für Heranwachsende sind digitale Hilfsmittel wesentlicher Bestandteil des alltäglichen Handelns. Eine Tendenz dahingehend zeigt die Online-Befragung, denn dort gaben 34,1 % der 15–19-Jährigen (n = 126) und 56,1 % der 20–24-Jährigen (n = 148) an, digitale Hilfsmittel seit 2019 (und davor) zu verwenden – 33,3 % der 15–19-Jährigen und 24,3 % der 20–24-Jährigen gaben an, Applikationen, Messenger-Chats und weitere Hilfsmittel seit 2020 zu nutzen.

Aufbauend auf der Notwendigkeit, digitale Hilfsmittel zu definieren, ist im Nachgang und mit Reflexion der Netzwerktreffen sowie in Vorbereitung auf die Online-Befragung ein Set an digitalen Hilfsmitteln entstanden (Tab. 1). Mit Blick auf die fortwährende Digitalisierung handelt es sich bei der vorliegenden Aufzählung um eine Momentaufnahme mit dem Potenzial zur Erweiterung. Zwei Ebenen sowie fünf Kategorien ermöglichen einen ersten differenzierteren Blick auf Hybridisierungsprozesse, die aktuell im Stadtraum angewendete digitale Hilfsmittel aufzeigen. Innerhalb dieses Spektrums zeigen sich unterschiedliche Nutzungstendenzen in der Online-Befragung: Messenger Gruppen-Chats, Orts‑, Navigations- und Trackingapplikationen sowie Audiostreaming (Software) und Wearables (Hardware) werden regelmäßiger für Sport und Bewegung genutzt als beispielsweise Webseiten. Etwa 75 % der Befragten in der Altersgruppe der 15–19-Jährigen gaben an, dass sie digitale Hilfsmittel bei sportlichen Aktivitäten allein nutzen (20–24-Jährige circa ein Viertel der Befragten).

Tab. 1 Kategorisierung digitaler Hilfsmittel

Digitale Hilfsmittel dienen Heranwachsenden als Werkzeug für Aktivitäten im öffentlichen Raum, aber auch zur Interaktion mit anderen. Sie ermöglichen und fördern die alltägliche Sport- und Bewegungspraxis, indem sie einerseits das Kommunizieren und Verabreden zu individuellen oder Team- bzw. Vereinsaktivitäten fördern. Andererseits tracken und messen u. a. Apps und Wearables Strecken oder Leistung. Letzteres kann im Besonderen für 15–19-Jährige als Absicht gedeutet werden, um digitale Hilfsmittel zu nutzen. Denn etwa 50 % der Befragten sehen Wettkampf und Leistung als Motivationsfaktor zur Nutzung digitaler Hilfsmittel. Ferner begünstigen die Hilfsmittel das Informieren und Lernen neuer Bewegungsabläufe, Gesundheitsthemen o. ä. über Videos oder Blogs (z. B. durch Influencer*innen) – mindestens 40 % der befragten 15–24-Jährigen schauen sich regelmäßig oder jeden Tag die Inhalte von Influencer*innen auf Social Media an. Schließlich bieten digitale Hilfsmittel Heranwachsenden die Möglichkeit, sich geografisch über lokative Medien (wie z. B. Kartendienste) temporär oder kontinuierlich zu organisieren, orientieren und informieren, um beispielsweise Sportinfrastrukturen oder Grünflächen ausfindig zu machen.

Digitale Hilfsmittel beeinflussen Hybridisierungsprozesse für Sport und Bewegung, indem sie die Raumnutzung und das Bewegungsverhalten steuern. Mittels der Kategorisierung werden für Forschung und Praxis zuerst einmal die unterschiedlichen Formen und der Umfang digitaler Hilfsmittel deutlich. Darüber hinaus lassen sie hybride Praktiken und Handlungsmuster ableiten, die den Raum und das Sporterleben beeinflussen, wie beispielsweise digitale Lernprozesse zu Übungen, Tricks und Streckenoptimierung.

Urbane Sport- und Bewegungsformen

Das Leitmotiv „Urbanität durch Dichte“ (Siebel 2018, S. 2756) verweist auf die raumbezogenen Einflussfaktoren für das Bewegungserleben in der Stadt: Lokale Allgegenwärtigkeit von Angeboten und Räumen, die „Polarisierung von öffentlichen und privaten Räumen“ und „die Betonung unterschiedlicher Stadträume“ (Straßen, Plätze, Parks) schaffen ein dichtes und durchmischtes Nebeneinander städtischer Bewegung. Entsprechend breit definiert die Weltgesundheitsorganisation „physical activity as any bodily movement produced by skeletal muscles that requires energy expenditure“ (WHO 2020, S. 15), wobei jede Art von Bewegung auf unterschiedlichen Niveaus gemeint ist, auch zum Vergnügen in der Freizeit, für die Beförderung zu und von Orten oder im Rahmen der Arbeit. Obgleich der stetig wachsenden Zahl an Sport- und Bewegungsformen summieren die Sportwissenschaften (Hartmann-Tews 2014, S. 202; Wopp et al. 2010, S. 29) überwiegend sechs Aktivitätskategorien ohne Raumbezug: Ausdauer/Outdoor, Gesundheit/Fitness, Spiele, Tanz/Kreativität/Bewegungskünste, Abenteuer/Risiko, Kämpfen. Heutzutage werden aus anthropologischer Sicht (Lieberman et al. 2021) jedoch bewusste Entscheidungen für Bewegung notwendiger, besonders in urbanisierten sowie technologisierten Lebenswelten und individualisierten sowie kreativ-produzierenden Stadtgesellschaften. Fußgängerfreundliche Umgebungen erhöhen zum Beispiel die körperliche Aktivität (Althoff et al. 2017, S. 338) sowohl während der Arbeit als auch in der Freizeit. Erste Ansätze einer raumbezogenen Kategorisierung von Sport- und Bewegungsformen fanden anhand der Berliner Studie „Impulse für mehr Sport und Bewegung in der Stadt“ (Senatsverwaltung für Inneres und Sport 2021, S. 15) Eingang in das Forschungsfeld. Auch im Netzwerktreffen wurde deutlich, dass es an orts- und infrastrukturspezifischen Anknüpfungspunkten mangelt.

Die urbanen Sport- und Bewegungsformen in Tab. 2 zeigen einen Zusammenhang zwischen Bewegungsabläufen, stadtraumbezogenen Sport- und Bewegungsformen sowie baulich-räumlicher Infrastruktur (z. B. Innenraum, Spielfeld und Wasser) auf. Dabei stehen distanzbedingte Sport- und Bewegungsformen in besonderem Zusammenhang zum Stadtgrundriss und der Verkehrsinfrastruktur, wie z. B. Radfahren oder Joggen. Dagegen werden ortsspezifische Anlagen wie Bolzplätze oder Volleyballfelder eher von lokalen Stadträumen geprägt. Innen- und außenraumbezogene Sport- und Bewegungsarten sowie distanzbedingte Sportarten spielen für Heranwachsende eine herausragende Rolle: Sowohl bei den 15–19-Jährigen als auch bei den 20–24-Jährigen handelt es sich bei Gehen, Laufen und Radfahren um die meistgenannten Sport- und Bewegungsformen der Online-Befragung. Digitalisierte Sport- und Bewegungsformen, also Sportarten die von mehr als 50 % der Nutzer*innen mit digitalen Hilfsmitteln durchgeführt werden, sind einerseits dem Cluster Kraftsport und Fitness und den innenraumbedingten Sportarten (z. B. Yoga und Fitness zu Hause) zuzuordnen und andererseits den distanzbedingten Sportarten (z. B. Laufen und Radfahren) zuzuweisen. Grundsätzlich betreiben junge Menschen weitestgehend in der Nähe ihres Wohnumfeldes körperliche Aktivitäten – etwa 50 % der 15–19 Jährigen und etwa 60 % der 20–25 Jährigen beschreiben die Entfernung zu ihrem Wohnort als nah bzw. eher nah.

Tab. 2 Kategorisierung Sport- und Bewegungsformen

Die vorliegende Sportformen-Kategorisierung im Kontext von (urbaner) Infrastruktur ermöglicht einen differenzierteren Blick auf die Weiterentwicklung von Bewegungsinfrastrukturen und das Verhältnis zwischen öffentlichen sowie privaten Räumen und urbanem Sport. Beispielsweise finden Yoga-Übungen nicht mehr nur angeleitet im Studio statt, sondern in Wohnzimmern und Parks mit digitaler Anleitung. Besondere Relevanz entwickelt dieses neue Raumverhältnis vor dem Hintergrund, dass nicht nur die vorgefundene Infrastruktur die Sportaktivität bestimmt, sondern auch digitale Parameter zu Veränderungen der Sportübungen und Orte führen. Die Auswahlmöglichkeiten „ohne Geräte“, „geringe Lautstärke“ oder „wenig Fläche“ in Sport-Apps deuten auf sich ändernde Bewegungs-Settings hin.

Orte und Infrastrukturen des selbstorganisierten Sports zwischen Wohnung, Wald und Stadt

Die Allgegenwärtigkeit, Überlagerung und Gleichzeitigkeit urbaner Sport- und Bewegungsformen offenbaren neue Anforderungen und Flächenansprüche, wie auch aktuelle Nutzungskonflikte und Umbauprozesse in den Berliner Parks belegen. Öffentliche Grün- und Sportflächen, wie die Neuköllner Hasenheide, werden in Folge von Bevölkerungswachstum (Helsper et al. 2019, S. 160) und in Folge der Covid-19-Lernerfahrungen durch privatwirtschaftliche und zivilgesellschaftliche Aktivitäten immer mehr beansprucht. Diese Diversifizierung und Angebotsintensivierung kann zu einer hohen Flächeninanspruchnahme führen. Folgen dieser prozessual-operativen Änderungen zeigen sich konkret anhand von Vegetationsschäden, Überbuchung von Sporthallen oder neuen Infrastrukturen in Parks, wie den privatfinanzierten Calisthenics-Parks (adidas playgrounds) mit ungeklärten Betriebsmodellen und Pflegekosten. Rechtlich-regulatorische als auch organisationale Einschränkungen bei der Nutzung öffentlicher Räume waren Schwerpunkte innerhalb der Gruppendiskussionen. Dazu zählen beispielsweise die Priorisierung und starke Nachfrage von Sportstätten durch den organisierten Sport und mangelnde Beteiligungsmöglichkeiten von plattformbasierten Sportgruppen. Das zeigt, dass die Ansprüche an baulich-räumliche Settings vielfältig sind und sich besonders im Kontext der Digitalisierung stetig verändern.

Die Online-Befragung zeigt, dass vor allem zeitlich flexible sowie frei zugängliche Orte und öffentliche Infrastrukturen von Heranwachsenden genutzt werden. Folglich waren der private Innenraum, Straßen und Gehwege sowie teilweise Parks, Grünflächen, Plätze und Wald die meistgenannten Orte und Infrastrukturen. Die fünf Kategorien der Tab. 3 orientieren sich vornehmlich an den Ergebnissen der Online-Befragung. Hier zeigte sich, dass der private Innenraum und spezifische Sportinfrastrukturen eine besondere Rolle bei Sport- und Bewegungsaktivitäten Heranwachsender einnehmen. Trotz der stetigen Nutzung stadträumlicher Freiflächen (Park, Grünfläche, Platz, Straße, Gehweg), sind sie für 15–24-Jährige kaum Motivationsgrund, selbstorganisierten Sport zu treiben. Die Präferenz für Bewegung in naturräumlichen Freiflächen (15–19 Jährige etwa 30 %, 20–24 Jährige etwa 40 %) war wesentlich höher als für Aktivitäten in stadträumlichen Freiflächen (15–19 Jährige etwa 5 % und 20–24 Jährige etwa 4 %). Bei den 15–19-jährigen Befragten ist die Sporthalle die meistgenutzte Infrastruktur. Sie belegte bei den 20–24-Jährigen den zweiten Platz – und wird im Gegensatz zu anderen vielfach genannten Orten und Infrastrukturen kaum mit digitalen Hilfsmitteln genutzt. Vielfach finden Sport und Bewegung auch zu Hause statt: etwa 70 % der 20–24-Jährigen (n = 149) und 60 % der 15–19-Jährigen (n = 126) gaben als Ort des Sporttreibens den privaten Innenraum an, digitale Hilfsmittel nutzen dabei mehr als 60 % der befragten Heranwachsenden. Mit der vorliegenden Kategorisierung von Orten und Infrastrukturen zeigt sich eine deutliche Diversifizierung im Spannungsfeld zwischen der eigenen Wohnung und der Stadt.

Tab. 3 Kategorisierung Orte und Infrastrukturen

Tab. 3 stellt eine Grundlage dar, um digitale Hilfsmittel, urbane Sport- und Bewegungsformen, Angebote und Aktivitäten sowie Akteur*innen baulich-räumlich einzuordnen. Auf diese Weise werden unterschiedliche Hybridisierungsprozesse verortet. Vielfältige hybride Sportangebote beeinflussen die Nutzung von Straßen- und Grünräumen (zum Beispiel durch Lauf-Apps und Running Communities), während beispielsweise Sporthallen kaum im Fokus der Digitalisierung stehen. Orte und Infrastrukturen des selbstorganisierten Sports werden für die Planungspraxis stadträumlich kategorisiert, um sie für cyber-physische Ansprüche weiterzuentwickeln.

Organisationsstrukturen hybrider Angebote und Aktivitäten

In den Gruppendiskussionen wurde die Vielzahl digitaler Angebote verschiedener Anbieter*innengruppen herausgestellt, mit denen Heranwachsende konfrontiert sind. Ähnlich wie bei digitalen Hilfsmitteln handelt es sich auch hierbei um eine aktuelle Momentaufnahme im Kontext der fortwährenden Digitalisierung. Im Fokus der Diskussion standen ermöglichende und einschränkende Faktoren zur Ansprache und Beteiligung von Heranwachsenden. Die bedarfs- und zielgruppenorientiert gestalteten Angebote setzen unterschiedliche Geräte-Ressourcen (z. B. Datenvolumen) und räumliche Bedingungen (z. B. Stadt als Erkundungsort oder eine Bewegungsfläche für Übungen) voraus. Vor diesem Hintergrund werden in Tab. 4 sehr unterschiedliche Zugänge zu Sport- und Bewegungsangeboten dargestellt: Zum einen werden die digitalen Settings beschrieben (z. B. kommerzielle Community-Plattform zum Laufen, gemeinwohlorientierte Messenger-Gruppe für Lauftreff). Zum anderen werden spezifische Organisationsformen (z. B. informelle Community, institutionalisierter Verein), Zugangsmöglichkeiten durch das Interface (z. B. Plattform, App, Website) sowie die entsprechende Funktion (z. B. Tracking) ablesbar.

Tab. 4 Kategorisierung Sport und Bewegungsangebote sowie -aktivitäten

Die Online-Befragung deutet an, dass gerade Community-Angebote, Aktivitäten in Social Media und Influencer*innen-Angebote von Heranwachsenden nachgefragt werden. Die Gruppe der 15–24-Jährigen betreibt Sport und Bewegung vorwiegend im Kontext von Freundschaften, privat bzw. individuell oder über eine Bildungseinrichtung. Kommerzielle Angebote und Aktivitäten werden eher von Personen über 24 Jahren genutzt: Etwa 25 % der 15–19-Jährigen (n = 126) und ca. 31 % der 20–24-Jährigen (n = 149) stehen im Vergleich etwa 36 % der 24–50-Jährigen (n = 210) gegenüber. Die vorgestellte Kategorisierung in Tab. 4 veranschaulicht die thematische Vielschichtigkeit und die flexible Ausrichtung der Angebote. Sie ermöglicht eine differenzierte Beschreibung der Raumaneignung in hybriden Sport- und Bewegungswelten. In der Gesamtschau zeigt sich, dass die Angebote und Aktivitäten durch ein breites Spektrum an Communities, Anbieter*innen, Einzelpersonen (z. B. Influencer*innen) und weitere Gruppen (z. B. Vereine, informelle Sportgruppen) beeinflusst werden und Räume dahingehend angeeignet werden.

Im Spektrum von gemeinwohlorientierten und kommerziellen Angebotsstrukturen (teils mit kostenlosen Elementen) stellen sich hybride Angebote und Aktivitäten dar. Aspekte der Zugänglichkeit und der Zugehörigkeit beeinflussen das Nutzer*innenverhalten, etwa kostenpflichtige Abonnements, vertragliche Datenvolumen oder der Besitz von Geräten. Für die Praxis (z. B. Vereine) ergeben sich Weiterentwicklungsmöglichkeiten zur digitalen Ansprache, Beteiligung und Organisation für Sportaktivitäten.

Diskussion und Ausblick

Drei Jahre nach der Covid-19-Pandemie sind hybride Sport- und Bewegungsräume etabliert, während die Bewegungseinschränkungen und Digitalisierungserfahrungen zunehmend aus dem öffentlichen, medialen und politischen Diskurs verschwinden. Die Auswirkungen sind präsent: Psychische und physische Folgen der Bewegungseinschränkungen einerseits und digitale Beschleunigung anderseits betreffen Heranwachsende in hohem Maß. Damit stehen auch die planungs- und raumwissenschaftlichen Disziplinen in der Pflicht, auf neue und bestehende Anforderungen zum Wohlbefinden und Gesundheit in der Stadt zu reagieren. Mit der Kategorisierung hybrider Settings weisen wir auf Parameter zur Entwicklung von Sport- und Bewegungsräumen hin, wobei weitere wissenschaftliche Untersuchungen über die Zusammenhänge zwischen sport- und planungsräumlichen Komponenten hybrider Settings anzustreben sind. Mit diesen ersten Grundlagen zu cyber-physischen Bewegungsaktivitäten und Stadträumen ergeben sich folgende Fragen: Wie gestalten wir hybride Orte für Sport und Bewegung? Wo und wie entstehen Anziehungspunkte für Gemeinschaft und wo Rückzugsorte für Einzelpersonen? Körperliche Aktivität und urbanes Bewegungserleben sind vielversprechende Untersuchungsbereiche, wenn es um die transdisziplinäre Gestaltung cyber-physischer Räume geht. Nicht zuletzt geht es um die Frage, wie wir den partizipativen Weg hin zu einer sozial kohärenten und integrierten Stadt- und Sportentwicklungsplanung im digitalen Zeitalter organisieren.

Die Untersuchung zeigt, dass die Digitalisierung von Sport- und Bewegungsaktivitäten eine weitreichende Veränderung von urbanen Verhaltensweisen zur Folge hat. Städtische Nähe und Öffentlichkeit in durchmischten Stadtquartieren sind prägende Merkmale, um hybride Sport- und Bewegungsaktivitäten in der Stadt zu betrachten. Wirtschaftlich und zivilgesellschaftlich angetriebene (Online‑)Communities etablieren neue Gelegenheitsorte für körperliche Aktivitäten in der Stadt, indem vor allem öffentlich zugängliche und zeitlich flexible (Frei‑)Flächen angeeignet werden. Innenräume und insbesondere private Innenräume sind im Kontext von gesundheitlichen Interventions- und Präventionsmaßnahmen in Planung und Forschung stärker einzubeziehen. Nutzungskonflikte auf öffentlichen Sport- und Grünflächen zeigen, dass neue Betriebsmodelle notwendig werden. Die Einflussnahme von unorganisierten und digitalen Sport- und Bewegungscommunities stellt sich als ein dynamisches Forschungs- und Entwicklungsfeld dar. Sie sind Akteur*innen der Stadtproduktion. Hier gilt es, neue Formen der digitalen Analyse für Planungswissenschaften zu erproben. Mit den vorgestellten Zwischenergebnissen wird aber auch deutlich, dass digitale Hilfsmittel die Nutzung von Stadträumen und Bewegungsinfrastrukturen intensivieren. Dabei stehen nicht einzelne technologische Fortschritte oder gesellschaftliche Phänomene im Fokus, sondern eine gemeinsame Perspektive zur Gestaltung lokaler Bewegungsgelegenheiten in Quartieren.

Mit der Ausformulierung einer Kategorisierungsübersicht wird nicht nur ein Begriffskatalog zur Beschreibung von Akteur*innen und Mitteln für zukünftige Forschungs- und Praxisprojekte zur Verfügung gestellt. Vielmehr werden die unterschiedlichen Hybridisierungsprozesse sichtbar, die das urbane Bewegungserleben verändern. Weiterführende Untersuchungen von nicht-sportaffinen Heranwachsenden und von Betrachtungsräumen außerhalb der Metropole Berlin sind anzustreben und stellen die Limitationen dieser Forschung dar. Die Katalog-Komponenten stellen Anknüpfungspunkte zur Erforschung cyber-physischer Räume sowie interdisziplinärer Forschungsmethoden dar und generieren neue Aufgabenfelder. Dazu zählen Einflussfaktoren von nicht-kommerziellen oder kommerziellen Akteur*innen (z. B. Sportunternehmen) auf cyber-physische Räume oder der Einflussgrad digitaler Hilfsmittel auf die Aneignung öffentlicher Räume, wie Parks (Abb. 4) oder Sportstätten, oder die Orientierung und Wegoptimierung in der Stadt. Von hoher Bedeutung sind demzufolge distanzbedingte Bewegungsformen wie das Laufen, die grundlegende Formen körperlicher Aktivität darstellen. Sie gehören zum Grundvokabular einer cyber-physischen Stadt.

Abb. 4
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Bloggerin produziert Yoga-Videos am Ufer. (Foto: Freepik.com/prostooleh)