Epidemiologie

Die eosinophile Ösophagitis (EoE) wurde Anfang der 1990er-Jahre zeitgleich durch Prof. Alex Straumann (Olten, Schweiz) sowie Prof. Stephan Attwood (England) beschrieben. Beide Erstbeschreiber charakterisierten die EoE durch das Vorhandensein von Symptomen ösophagealer Dysfunktion in Kombination mit einem dichten eosinophilen Infiltrat. Trotz der zunehmenden Bekanntheit der EoE bei der Ärzteschaft in den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die mediane diagnostische Verzögerung, definiert als Intervall zwischen dem Auftreten der ersten EoE-bedingten Symptome und der Diagnosestellung, von rund 5 Jahren nicht relevant verändert. Dies hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass die EoE in der Allgemeinbevölkerung noch unzureichend bekannt ist und dass Patienten für längere Zeit die Nahrungsgewohnheiten anpassen, bevor sie den Arzt aufsuchen. Eine kürzlich publizierte Metaanalyse von populationsbasierten Studien beschrieb eine Inzidenz von 6,6/100.000 Personenjahre (95 %-Vertrauensintervall 3–11,7) und eine gepoolte Prävalenz von 34,4/100.000 Einwohner (95 %-Vertrauensintervall 23,1–47,5; [1]). Anders gesagt hat etwa einer von 3000 Einwohnern eine EoE, was rund 3000 Patienten/-innen in der Schweiz entspricht. Wir müssen davon ausgehen, dass die EoE eine „neue“ Erkrankung ist, welche vor 1990 nicht beschrieben wurde. Mehrere populationsbasierte Studien haben gezeigt, dass die Inzidenz überproportional zu der Anzahl der durchgeführten Gastroskopien zunimmt. Die EoE kann grundsätzlich in jedem Lebensalter auftreten, am häufigsten wird sie allerdings bei Männern in der dritten und vierten Dekade diagnostiziert [2]. Genetisch bedingt tritt die EoE bei Männern dreimal häufiger auf als bei Frauen. Atopische Begleiterkrankungen (Asthma, Rhinokonjunktivitis, Neurodermitis) werden bei bis 70 % der betroffenen EoE-Patienten beobachtet. Die Schweizer EoE-Kohorte (SEECS) wurde im Jahr 2016 gegründet mit dem Ziel, die Behandlungsqualität der betroffenen Patienten zu standardisieren und ultimativ zu verbessern. Aktuell werden über 600 erwachsene EoE-Patienten in der SEECS erfasst, was rund 20 % der Schweizer EoE-Population entspricht [3].

Pathogenese und natürlicher Verlauf

Die Pathogenese der EoE ist in der unten stehenden Abbildung zusammengefasst (Abb. 1). Nahrungsmittelallergene und/oder Aeroallergene penetrieren die mukosale Barriere des Ösophagus und werden durch Makrophagen metabolisiert, Teile der Allergene werden an T‑Zellen präsentiert, welche verschiedene Zytokine, unter anderem Interleukin‑5, produzieren, welche die Ausreifung der eosinophilen Vorläuferzellen im Knochenmark beschleunigen. Die eosinophilen Granulozyten werden durch die Expression des Eosinophilenrezeptors Eotaxin‑3 in der ösophagealen Mukosa ins Zielgewebe gelockt. Die aktivierten eosinophilen Granulozyten degranulieren und setzen die toxischen Substanzen (zum Beispiel „eosinophil-derived neurotoxin“) ihrer Granula frei, was einerseits ösophageale Motilitätsstörungen hervorrufen kann und andererseits ortsständige Fibroblasten zur Deposition von Bindegewebe anregt. Eine unkontrollierte eosinophilenprädominante Entzündung führt längerfristig zu ösophagealen Strikturen (Abb. 2; [4]). Ösophageale Strikturen stellen einen wichtigen Risikofaktor dar für Speisebolusimpaktationen, welche im Extremfall endoskopisch entfernt werden müssen. Speisebolusimpaktationen können potenziell lebensgefährlich sein, da sie mit ösophagealen Perforationen und Aspirationen assoziiert sein können (Abb. 3). Die EoE ist eine chronische Erkrankung, Spontanheilungen ohne Vermeidung der auslösenden Allergene wurden bisher keine berichtet.

Abb. 1
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Pathogenese der eosinophilen Ösophagitis

Abb. 2
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Langzeitverlauf der unbehandelten eosinophilen Ösophagitis

Abb. 3
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Komplette Blockade des Ösophagus durch ein Fleischstück

Diagnose

Die Diagnose einer EoE kann gestellt werden, falls folgende drei Kriterien erfüllt sind: erstens das Vorhandensein von Symptomen einer ösophagealen Dysfunktion; zweitens der Nachweis von mindestens 15 eosinophilen Granulozyten unter einer 400fachen mikroskopischen Vergrösserung (sogenanntes „high power field“, Abb. 4); drittens der Ausschluss anderer Ursachen, welche mit einer ösophagealen Eosinophilie assoziiert sein können, unter anderem einer gastroösophagealen Refluxkrankheit [2].

Abb. 4
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Die 400fache Vergrösserung einer ösophagealen Biopsie lässt klar mehr als 15 eosinophile Granulozyten pro Gesichtsfeld erkennen

Die Symptomatik der EoE variiert stark nach Alter der betroffenen Patienten [2]. Das Leitsymptom bei Erwachsenen ist die Dysphagie für solide Speisen, welche bis zur vollständigen Obstruktion des Ösophaguslumens führen kann. Daneben können retrosternale Schmerzen, ähnlich Sodbrennen, oder auch nicht retrosternal gelegene Thoraxschmerzen auftreten. Bei Kindern können Gedeihstörungen, refluxähnliche Schmerzen, Erbrechen, Abdominalschmerzen und Diarrhö beobachtet werden. Oftmals ist eine Gewöhnung der EoE-Patienten an ihre Beschwerden zu beobachten. Die Anamnese sollte folgende Punkte beinhalten: Zeit, um eine Mahlzeit einzunehmen; Ausweichmanöver mit Vermeidung von kritischen Nahrungsmitteln mit hoher oder faseriger Konsistenz; Speisemodifikation (zum Beispiel Pürieren von Nahrungsmitteln); exzessives Trinken, um die Nahrungsmittel in den Magen zu spülen.

Falls sich ein Patient mit Symptomen einer ösophagealen Dysfunktion (meist Dysphagie) präsentiert, ist der nächste Abklärungsschritt eine obere Panendoskopie mit strukturierter Biopsieentnahme, wobei selbst bei unauffälliger Endoskopie ösophageale Biopsien entnommen werden. Die histologische Diagnose der EoE wird meist anhand einer Hämalaun-Eosin-Färbung gestellt.

Zur Diagnosestellung der EoE sollten mindestens 3 Biopsien aus dem distalen sowie 3 Biopsien aus dem proximalen Ösophagus entnommen werden; bevorzugt werden Regionen mit EoE-typischen Läsionen [2]. Bei Anwendung dieser Biopsietechnik liegt die diagnostische Wahrscheinlichkeit für eine EoE bei über 95 %. Im Rahmen der Gastroskopie bei Erstdiagnose sollten auch Biopsien aus Magen und Duodenum entnommen werden mit Fragestellung nach ebenfalls vorhandener Eosinophilie im Magen oder Duodenum respektive Vorhandensein eines Helicobacter pylori respektive einer Zöliakie. Besteht ein hoher klinischer Verdacht auf eine EoE und kann die Diagnose in ösophagealen Biopsien initial nicht gestellt werden, kann es sich lohnen, Knopflochbiopsien aus der Submukosa zu entnehmen, da in einem Drittel der Fälle höhere Eosinophilenzahlen in der Submukosa verglichen mit der Mukosa beobachtet werden.

Die endoskopischen Veränderungen sind nicht Teil der diagnostischen EoE-Kriterien. Folgende endoskopische Alterationen können im Falle einer EoE beobachtet werden (Abb. 5): 1) Ödem der Mukosa (verminderte Gefässzeichnung); 2) zirkuläre Ringe; 3) weisse Exsudate (diese entsprechen mikroskopisch eosinophilen Granulozyteninfiltraten); 4) längliche Furchen; 5) Strikturen (Einengung des ösophagealen Durchmessers, Abb. 2).

Abb. 5
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Endoskopische Alterationen bei eosinophiler Ösophagitis: Ödem, weisse Exsudate, längliche Furchen, Ringbildungen, Striktur

Etliche andere Erkrankungen können mit einer ösophagealen Eosinophilie assoziiert sein und sollten bei klinischem Verdacht gezielt gesucht werden (Aufzählung nicht abschliessend): gastroösophageale Refluxkrankheit, ösophageale Infektionen (Candida, Herpes, gewebeinvasive Helminthen wie Anisakis), Achalasie, ösophagealer Befall eines Morbus Crohn [2].

Generell wird eine Zuweisung zu einem Allergologen/Immunologen empfohlen aufgrund der eingangs erwähnten häufig vorhandenen atopischen Komorbiditäten [2]. Einschränkend muss erwähnt werden, dass eine Allergietestung mittels serumspezifischer IgE, Skin-prick-Tests und Atopy-patch-Tests die der EoE zugrunde liegenden Nahrungsmittelallergene mit einer schlechten diagnostischen Wahrscheinlichkeit identifiziert („overall accuracy“ von 45 %) und daher nicht empfohlen werden kann.

Initial sind Routineblutuntersuchungen zu empfehlen (z. B. Differenzialblutbild, CRP, fäkales Calprotectin), um unter anderem nach einer eosinophilen Gastroenteritis und einem hypereosinophilen Syndrom zu suchen. In der Folge aber sind regelmässige Blutuntersuchungen nicht notwendig, da eine allfällig vorhandene Bluteosinophilie schlecht mit der ösophagealen Eosinophilie korreliert und somit nicht als Verlaufsparameter geeignet ist.

Therapeutische Optionen

Patienten mit einer EoE sollten behandelt werden zwecks Verbesserung der Lebensqualität durch Symptomkontrolle sowie zur Reduktion des Risikos von Komplikationen aufgrund der ösophagealen Umbauvorgänge (Remodeling). Zur Therapie der EoE stehen Medikamente, Diäten sowie die ösophageale Dilatation (im Falle von Strikturen) zur Verfügung. Die Wahl der Therapie hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie Symptomschwere, Phänotyp der EoE (inflammatorisch vs. fibrotisch vs. Kombination der zwei Formen), Patientenwunsch sowie lokaler Expertise der Diätberaterinnen [5]. Nachfolgend werden die verschiedenen Optionen näher beleuchtet.

Medikamente

Topisch wirksame Kortisonpräparate (Budesonid oder Fluticasonpropionat) sind die Medikamente der Wahl zur Behandlung der symptomatischen und entzündlich aktiven EoE. Eine kürzlich publizierte Metaanalyse von verschiedenen prospektiven, placebokontrollierten Studien dokumentierte eine klinische und histologische Wirksamkeit (definiert als < 15 eosinophile Granulozyten/„high power field“) bei rund zwei Dritteln der behandelten adulten und pädiatrischen Patienten [6]. Aufgrund der bis vor Kurzem fehlenden Zulassung eines EoE-spezifischen Medikaments in der Schweiz musste sich die Ärzteschaft über die letzten zwei Jahrzehnte mit Magistralrezepturen für einen Sirup (entweder mit Budesonid oder Fluticason) behelfen, alternativ wurden Patienten ermuntert, das topische Steroid in Pulverform zu schlucken. Seit vier Jahren ist in der Schweiz mit Jorveza® eine Budesonidschmelztablette vorhanden, welche aktuell von den Krankenkassen als Induktionstherapie mit 2 × 1 mg/Tag während 2‑mal 3 Monaten pro Jahr übernommen wird. Eine Langzeitstudie mit der Budesonidschmelztablette zeigte, dass nach erfolgter Induktion einer klinischen und histologischen Remission beide Erhaltungsdosen (2 × 1 mg/Tag vs. 2 × 0,5 mg/Tag) ein Rezidiv in rund drei Viertel der so behandelten Patienten verhinderten, während unter Placebo weniger als 5 % Patienten in Remission blieben [7]. Diese Studie zeigte auch, dass der Grossteil der Patienten innert 3 Monaten nach Absetzen der Budesonidschmelztablette wieder symptomatisch wurde. Eine Rückerstattung der Erhaltungstherapie mit 2 × 0,5 mg/Tag durch die Schweizer Krankenkassen wird in Kürze erwartet. Bei einer Therapiedauer von einem Jahr werden pharyngeale resp. ösophageale Candida-Infektionen in ca. 10 % der derart behandelten Patienten beobachtet [2]. Die bisher vorliegenden Kurzzeitdaten attestieren kein Risiko für eine Suppression der Nebennierenachse respektive eine Osteoporose.

Rund ein Drittel der EoE-Patienten spricht klinisch sowie histologisch in der Induktionstherapie auf Protonenpumpenhemmer an [5, 6]. Da es keine Studien gibt, in denen die Therapie mit Placebo verglichen wurde, lassen sich keine genaueren Aussagen zur Wirksamkeit in der Dauertherapie treffen. Die PPI sind als Säureblocker nicht offiziell zur Therapie der EoE zertifiziert. PPI können dank ihres günstigen Sicherheitsprofils und ihrer Wirksamkeit bei der EoE zum Einsatz kommen, jedoch sollte bei fehlender Wirksamkeit zügig auf eine andere Therapieoption umgestellt werden.

Bei einer geringen Fraktion der Patienten gelingt es nicht, die EoE-bedingten Symptome und die zugrunde liegende eosinophilenprädominante Entzündung mittels obig erwähnter Optionen zu kontrollieren. Aktuell sind mehrere monoklonale Antikörper in Phase-II/III-Studien in Evaluation bei EoE-Patienten und haben ermutigende Resultate gezeigt, so zum Beispiel Dupilumab (Dupixent®, blockiert IL‑4 und IL-13), Cendakimab (blockiert IL-13) und Benralizumab (Fasenra®, blockiert IL-5-Rezeptor; [8]).

Eliminationsdiäten

Zur EoE-Behandlung stehen 3 Diätansätze zur Verfügung [5]. Bei einer Elementardiät verzichtet der Patient komplett auf Proteine und ernährt sich von einem mit Wasser angerührten aminosäurehaltigen Pulver. Die Elementardiät verzeichnet mit gut 90 % hohe Remissionsraten. Ein relevanter Hemmfaktor ist die Adhärenz der Patienten an diese Diät [2].

Eine Eliminationsdiät basierend auf der Austestung von verschiedenen Speiseallergenen ist mit histologischen Remissionsraten um 45 % assoziiert und kann somit nicht empfohlen werden [2].

Bei der empirischen Eliminationsdiät werden die am häufigsten an der EoE beteiligten Speiseallergene eliminiert ohne vorherige allergologische Abklärung. Die häufigsten Speiseallergene bei der EoE sind Milch(proteine) (60 %), Weizen/Gluten (50 %), Nüsse (10 %), Eier (10 %) sowie seltener Soja, Fisch und Meeresfrüchte. Werden alle diese sechs Lebensmittelkategorien aus dem Speiseplan eliminiert, bezeichnet man die Diät als „6-food elimination diet“. Diese Diät weist bei Kindern wie auch Erwachsenen eine bis zu 70 %ige histologische Remissionsrate auf [5]. Nach rund 8‑wöchiger Elimination wird eine erneute Endoskopie mit Biopsien durchgeführt, im Falle einer histologischen Remission werden schrittweise einzelne Nahrungskategorien wieder eingeführt (typischerweise eine Speisekategorie für 2 Monate, stets gefolgt von einer endoskopischen und histologischen Kontrolle; [3]). Eine „6-food elimination diet“ dauert also etwa ein Jahr und erfordert etwa 7 Endoskopien. Um die Komplexität für die Patienten zu reduzieren, kann auch primär eine Elimination von Milch und Weizen durchgeführt werden (sogenannte „2-food elimination diet“, welche mit einer histologischen Remissionsrate bis 50 % assoziiert ist). Die Diäten sind komplex und erfordern motivierte Patienten sowie eine diätetische Betreuung [2].

Dilatation

Ösophageale Strikturen können mittels einer Dilatation (entweder via Bougie oder „through-the-scope balloon“ oder via BougieCap) behandelt werden [5]. Die Prozedur ist sicher und das Perforationsrisiko liegt < 1 % pro Endoskopie. Die Dilatationsbehandlung sollte mit einer antientzündlichen Basistherapie kombiniert werden.

Langzeitbehandlung der EoE

Werden die entzündungshemmenden Therapien gestoppt, kommt es leider meistens nach wenigen Tagen bis Wochen zu einem Rezidiv der Entzündung mit darauffolgenden Beschwerden. Da die Beschwerden unzureichend mit dem endoskopischen und histologischen Schweregrad der EoE korrelieren, sollten auch asymptomatische Patienten regelmässig endoskopisch kontrolliert werden (alle 1–2 Jahre nach bestätigter Remission; [9]).