Tibiaplateaufrakturen stellen mit einer Inzidenz von 1 % aller knöcherner Verletzungen ein eher seltenes Ereignis dar [27]. Betrachtet man das Vorkommen in der Patientengruppe ab einem Alter von 50 Jahren, steigt ihr Anteil in dieser Altersklasse auf 8 % deutlich an [20, 27]. Vor allem bei älteren Frauen treten bei Freizeit- oder häuslichen Unfällen Niedrigenergietraumata gehäuft auf, während vorwiegend junge Patienten nach Sport- oder Arbeitsunfällen Hochenergietraumata in Form von Luxations- oder Trümmerfrakturen im Bereich der proximalen Tibia erleiden.

Dabei präsentieren sich Tibiaplateaufrakturen klinisch in einer Vielzahl an Formen und Arten. Sie entstehen durch direkte Gewalteinwirkung, v. a. bei Hochrasanztraumata, indirekte Gewalteinwirkung in Form von Varus- oder Valgusstress, Rotationsverletzungen sowie vor allem in Folge einer Kombination aus Valgusstress und axialem Krafteintritt [1]. In Abhängigkeit der Gewalteinwirkung unterscheiden sich die Art der knöchernen Läsion sowie das Ausmaß der weichteiligen Begleitverletzungen stark. Trotz adäquater Behandlung führen diese Verletzungen in bis zu 58 % der Fälle zu sekundärer Arthrose mit eingeschränktem funktionellem Ergebnis [11, 27].

Aufgrund des heterogenen Patientenkollektivs, des stark divergierenden Unfallmechanismus sowie der vergleichsweisen geringen Inzidenz stellt die adäquate Diagnostik, korrekte Klassifikation und schlussendlich die optimale Behandlungsstrategie weiterhin eine große Herausforderung im klinischen Alltag dar.

Begleitverletzungen

Durch die Nähe zu Gefäßen, Nerven, dem Bandapparat sowie Muskeln treten Tibiaplateaufrakturen gehäuft mit – oft komplikativen – Begleitverletzungen auf. Hier sind neben Ligament‑, Knorpel- und Meniskusverletzungen v. a. Fibulakopffrakturen mit oder ohne begleitender lateraler oder posterolateraler Ligamentverletzung, Verletzungen des Gefäß- und Nervensystems sowie zugangskompromittierender Weichteilschwellungen in Betracht zu ziehen, die primär bei der oft schmerzbedingt eingeschränkten klinischen Beurteilung und vorliegenden Schwellung nicht erkannt werden [1, 7]. Eine genaue Untersuchung kann oftmals nur in Narkose bzw. im Rahmen der osteosynthetischen Versorgung durchgeführt werden.

Eine akute Unterbrechung der A. politea kann trotz zeitgerechter Versorgung zur Amputation führen

Zudem besteht bei Frakturen des Tibiaplateaus neben der reinen Kapsel-Band-Verletzung vor allem die Gefahr einer Schädigung des poplitealen Gefäß-Nerven-Bündels, die mit einer Inzidenz von 11–37 % beschrieben werden [15, 18]. Dabei führt eine akute Unterbrechung der Arteria politea in 49 % der Fälle zu einer kompletten Ischämie des Unterschenkels, unbehandelt zur Amputation in bis zu 85 % der Fälle sofern nicht innerhalb von 6–8 h die operative Rekonstruktion erfolgt [9, 15]. Trotz umgehender operativer Versorgung ist mit einer erneuten Ischämie von 4–17 % zu rechnen [9, 15]. Hier kann es neben einem akuten Verschluss der A. poplitea auch zu einem zweizeitigen Verschluss durch sekundäre Thrombosierung kommen. Zusätzlich besteht im Bereich des Fibulakopfes das Risiko einer Läsion des N. peroneus in 1–7 % der Fälle [15, 19]. Weitaus höher ist das Risiko einer Peroneusläsion bei Tibiaplateauluxationsfrakturen einzuschätzen. Hier zeigt die Literatur Inzidenzen von 16–40 % [18, 26].

Meniskusläsionen treten bei Tibiaplateaufrakturen gehäuft auf. Vor allem bei lateralen Impressions- oder Splitfrakturen zeigt sich eine konsekutive Außenmeniskusläsion in bis zu 90 % der Fälle, wohingegen mediale Meniskusläsionen in 20–44 % der Fälle beschrieben werden [1, 7, 12]. Affektionen des medialen Meniskus treten besonders gehäuft bei medialen Kondylenfrakturen mit einer Inzidenz von 86 % auf [7].

Verletzungen der vorderen und hinteren Kreuzbänder sind ebenfalls bekannte Weichteilverletzungen bei Tibiaplateaufrakturen. Dabei ist die Affektion des vorderen Kreuzbandes mit einer Inzidenz von 57 % deutlich ausgeprägter als die mit einer Inzidenz von 28 % auftretenden Verletzung des hinteren Kreuzbandes [7]. Das Außenband zeigt sich in bis zu 29 % der Fälle rupturiert, während sich das Innenband in 32 % der Tibiaplateaufrakturen affiziert zeigt [7].

Ein Kompartmentsyndrom kann bei Tibiaplateaufrakturen schwere Folgen haben. Die Inzidenz wird in der Literatur mit 8–17 % bei geschlossenen bzw. offenen Frakturen angegeben [1, 22].

Eine der wichtigsten Komplikationen stellt bei offenen Frakturen sowie nach operativen Eingriffen die Infektionsgefahr mit einem Auftreten von 8–12 % dar [22]. Im Zuge der Infektion kann das Risiko für eine Pseudarthrose deutlich steigen und eine Amputation der entsprechenden Extremität zur Folge haben.

Diagnostik

Anamnese und klinische Untersuchung

Im Rahmen der Diagnostik steht die umfassende Anamnese sowie eingehende klinische Untersuchung des Patienten an erster Stelle. Neben dem Alter und bekannten Vorerkrankungen (Osteoporose, Tumorerkrankungen) spielt vor allem der Traumamechanismus eine entscheidende Rolle. So ist bei Hochenergietraumata ein komplexeres Verletzungsmuster zu erwarten, während bei älteren Patienten trotz Bagatelltraumata die Qualität des osteoporotischen Knochens über die Komplexität der Fraktur entscheiden kann und grundsätzlich auch schwere Weichteilaffektionen bedacht werden müssen [13].

Eine Bewegungsprüfung sollte bei Verdacht auf eine Tibiaplateaufraktur unterbleiben

Im Rahmen der klinischen Untersuchung hat die Inspektion und Palpation des Weichteilmantels eine besondere Bedeutung. Es muss zwischen offener und geschlossener Fraktur unterschieden werden. Zusätzlich sollte die Evaluation von Spannungsblasen, Kontusionen und Weichgewebszustand ermittelt werden. Eine Bewegungsprüfung sollte bei klinischem Verdacht auf eine Tibiaplateaufraktur unterbleiben. Auch die Stabilitätsprüfung des Bandapparats ist schmerz- und schwellungsbedingt nur eingeschränkt möglich.

In der klinischen Praxis hat sich die Unterteilung in Tibiaplateau- und Tibiaplateauluxationsfrakturen unter Berücksichtigung ligamentärer und neurovaskulärer Begleitverletzungen bewährt. Dabei definiert eine Vielzahl von Klassifikationen die knöcherne Frakturcharakteristik, wohingegen Moore ein Klassifikationssystem für Luxationsfrakturen unter Berücksichtigung ligamentärer und neurovaskulärer Begleitverletzungen und Unfallmechanismen entwickelte [18]. Als bildgebende Verfahren dienen das konventionelle Röntgen, die Computertomographie (CT) sowie die Magnetresonanztomographie (MRT). Dabei ist im Rahmen der bildgebenden Untersuchungen die native Röntgendiagnostik die initiale Untersuchung der Wahl. Bei weiterhin bestehendem Verdacht oder Vorliegen einer Tibiaplateaufraktur ist eine computertomographische Aufnahme zwingend erforderlich und spielt zusammen mit dem Röntgen eine entscheidende Rolle im Bereich der bildgebenden Diagnostik [3, 19, 24].

Auch der Stellenwert der MRT findet in der Diagnostik von Tibiaplateaufrakturen zunehmend größere Beachtung. Aufgrund der hohen Inzidenz begleitender Weichteilverletzungen, insbesondere von Meniskusrupturen, sollte eine MRT bei tiefen Gelenkstufen, großen Gelenkspalten sowie bei einem Verdacht auf eine Luxationsfraktur durchgeführt werden [7, 15, 19, 23].

Konventionelles Röntgen und Computertomographie

Tibiaplateaufrakturen präsentieren sich klinisch mit großer Varianz. Traditionell erfolgte die nativradiologische Darstellung in anterior-posteriorer (a.p.) sowie seitlicher Ansicht (Abb. 1). Die so angefertigten Einzelaufnahmen erlauben jedoch keine exakte Beurteilung des 3‑dimensionalen Frakturcharakters und eine entsprechende Planung der operativen Strategie, insbesondere bei komplexen Frakturen. Die Reliabilität der nativradiologisch klassifizierten Tibiaplateaufrakturen wurde als schlecht oder mäßig bewertet [3, 4]. Die a.p. und laterale Aufnahme haben dabei eine Sensitivität von 79 % in der Diagnostik von Tibiaplateaufrakturen (Abb. 1; [8, 19]).

Untersuchungen konnten zeigen, dass eine zusätzlich angefertigte CT-Aufnahme die Frakturklassifikation in 12–71 % der Fälle änderte, das operative Vorgehen wurde dabei bei 26–59 % der Patienten revidiert (Abb. 2; [4, 14, 16, 23, 28]). Die Inter- und Intraobserver-Reliabilität zeigten im Vergleich zur rein nativradiologischen Bildgebung bezogen auf die Schatzker- und AO (Arbeitsgemeinschaft Osteosynthese) -Klassifikation eine signifikante Verbesserung [2, 3]. Dabei ist das CT vor allem beim Nachweis von posteromedialen und -lateralen Frakturen sinnvoll, da diese häufig auf der nativradiologischen Aufnahme übersehen werden ([24]; Abb. 2).

Die native CT-Bildgebung ist Goldstandard bei Diagnostik und präoperativer Planung von Tibiaplateaufrakturen

Diese Ergebnisse sowie die flächendeckende Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger Computertomographen haben die native CT-Bildgebung bei Tibiaplateaufrakturen als Goldstandard bei der Diagnostik und präoperativen Planung etabliert. Insbesondere bei der Diagnostik koronarer Frakturlinien, die bei komplexen Tibiaplateaufrakturen mit einer Inzidenz von 30–39 % auftreten, zeigt sich das CT im Gegensatz zum klassischen Röntgen führend, da diese konventionell radiologisch häufig nicht erkannt werden (Abb. 1 und 2; [2, 3, 21]).

Abb. 1
figure 1

Röntgenaufnahme in a.p. (a) und lateraler Ansicht (b) einer lateralen Tibiaplateaufraktur AO (Arbeitsgemeinschaft Osteosynthese) 41B1.1 (Pfeile). Aufgrund der geringen Dislokation bei Spaltbrüchen ist die nativradiologische Diagnostik nicht zuverlässig

Abb. 2
figure 2

Computertomographie der lateralen Tibiaplateaufraktur (AO [Arbeitsgemeinschaft Osteosynthese] 41B1.1). Mittels der Darstellung in drei Ebenen (a frontal, b sagittal und c axial) erkennt man neben dem anterolateralen Fragment eine weitere posteromedial verlaufende Frakturlinie, die im Röntgenbild (s. Abb. 1) nicht zu erkennen gewesen ist

Luxationsverletzungen sowie Tibiaplateauluxationsfrakturen besitzen neben der unfallbedingten Gelenkinstabilität zusätzlich ein hohes Risiko für ligamentäre und neurovaskuläre Begleitverletzungen. Dabei stellt die Verletzung von mindestens 2 der 4 Hauptsäulen des Kniegelenks eine Kniegelenkluxation dar (peripher: mediale und laterale Kapselbandstruktur; zentral: vorderes und hinteres Kreuzband; [26]). Die Rate an Weichteilverletzungen variiert nach Moore et al. zwischen 20 und 50 % in Abhängigkeit des Verletzungsmechanismus [1, 18]. Dabei liegt das Risiko, eine Luxationsverletzung im klinischen Alltag zu übersehen, bei 50 % [25]. So erfordert der Verdacht auf eine Kniegelenkluxation eine umgehende Diagnostik.

Neben der klinischen Untersuchung ist die Erhebung des Ankle-Brachial Index (ABI) sehr sensitiv für eine Gefäßverletzung, die bei Luxationsfrakturen ausgeschlossen werden sollte. Studien konnten zeigen, dass eine interventionsbedürftige Intimaläsion und Dissektionen bei einem normalen Pulsstatus und ABI >0,9 ausgeschlossen werden können [17, 26]. Eine weitere Möglichkeit eine Gefäßverletzung bei Verdacht auf eine Luxationsfraktur auszuschließen ist die CT- oder MRT-angiographische Bildgebung der Poplitealgefäße [26]. Darüber hinaus ist die Erhebung des neuromuskulären Befundes unverzichtbar [1].

Moderne Klassifikationssystemen nutzen die CT-Aufnahmen in drei Ebenen inklusive 3‑D-Rekonstruktionen für eine verbesserte Planung des operativen Vorgehens und des Nachbehandlungsregimes [14, 21]. Das Hinzuziehen von CT-Bildern mit entsprechenden 3‑D-Rekonstruktionen erhöht entsprechend nicht nur die Reliabilität der Klassifikationssysteme, sondern nützt vor allem dem chirurgischen Team hinsichtlich der Auswahl des korrekten operativen Zugangs und der Patientenlagerung maßgeblich [3, 14].

Magnetresonanztomographie

Die im Zuge der Fraktur auftretenden Begleitverletzungen von Menisken, Kreuz- und Seitenbändern werden im Rahmen der nativradiologischen und computertomographischen Bildgebung selten diagnostiziert und entziehen sich aufgrund der starken Schmerzhaftigkeit in der Regel der klinischen Untersuchung [1, 7, 23]. Dabei besteht bereits bei einfachen Tibiaplateaufrakturen ein Risiko für intra- und periartikulare Begleitverletzungen. Eine Gelenkflächenimpression >6 mm und/oder Gelenkspalterweiterung >5 mm sind im Rahmen einer lateralen Tibiaplateaufraktur assoziiert mit Verletzungen des Außenmeniskus, des Außenbandes sowie des hinteren Kreuzbandes [6, 12, 22]. Im klinischen Alltag geben diese Parameter oftmals nur einen groben Anhalt und einen – wenn überhaupt – indirekten Nachweis mittels der CT.

Der Nachweis von Begleitverletzungen im MRT beeinflusst das operative Vorgehen

Diese diagnostische Lücke kann heutzutage mit hoher Sensitivität von 90–95 % durch das MRT geschlossen werden und dabei das chirurgische Vorgehen und/oder das Nachbehandlungsschema entscheidend beeinflussen [5, 7, 22, 23]. Prokop et al. konnten bei 54 untersuchten Patienten mit B‑ und C‑Frakturen bei 93 % Weichteilbeteiligungen nachweisen [23]. Gardner et al. wiesen bei 103 untersuchten Patienten mit Tibiaplateaufrakturen zu 99 % Weichteilbeteiligungen mittels MRT nach [7]. 77 % hatten einen vollständigen Riss oder Ausriss eines oder mehrerer Kreuz- oder Seitenbänder und 68 % zeigten Risse von einer oder mehreren posterolateralen Eckstrukturen des Knies (Abb. 3 und 4). Die so nachgewiesenen Begleitverletzungen haben in 21–23 % der Fälle einen signifikanten Einfluss auf das operative Vorgehen [5, 7, 16, 22, 23, 29].

Abb. 3
figure 3

CT (a, b) und MRT (c, d) eines nach medial luxierten Risses des Außenmeniskus sowie knöchernen Ausrisses des hinteren Kreuzbandes. Fallbeschreibung: 60-jähriger Mann mit Kniegelenkluxation nach Fahrradsturz. In dem CT zeigte sich ein knöcherner Ausriss des hinteren Kreuzbandes (a und b), die angiographische Phase zeigte keine Gefäßbeteiligung. In der zusätzlich präoperativ angefertigten MRT-Untersuchung war der knöcherne Ausriss des hinteren Kreuzbandes nur schlecht zu erkennen (d). Allerdings lässt sich ein nach medial luxierter Riss des Außenmeniskus (d), eine Ruptur des medialen Kollateralbandes nachweisen (c) sowie der Verdacht auf eine Affektion des vorderen Kreuzbandes stellen

Abb. 4
figure 4

CT (a) und MRT (bd) einer bikondylären Tibiaplateaufraktur mit begleitender Ruptur des vorderen Kreuzbandes, des lateralen Kollateralbandes sowie Innenmeniskushinterhorns. Fallbeschreibung: 41-jährige Patientin nach erlittenem Hochrasanztrauma mit Zusammenprall als Fußgängerin mit einem PKW mit ca. 80 km/h. Neben einem Schädel-Hirn-Trauma und einer offenen distalen Femurfraktur rechts zeigte sich eine Fraktur des medialen sowie lateralen Tibiaplateaus (a). Aufgrund des Traumamechanismus und des klinisch hochgradigen Verdachts auf weichteilige Begleitverletzungen zeigte eine MRT-Untersuchung eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes (b) sowie des lateralen Kollateralbandes (c) und eine nichtdislozierte Ruptur des Innenmeniskushinterhorns (d)

Zudem zeigen Studien eine verbesserte Abgrenzung von Knochenfragmenten bei vor allem komplexeren AO-C-Frakturen mittels MRT [7, 16, 23, 29]. Im Gegensatz dazu können begleitende Knochenödeme und Ergüsse durch die entstandene Unschärfe die korrekte Bestimmung von Lage und Rotation der Knochenfragmente auch verhindern [23]. Dabei scheint die Kombination aus MRT und Röntgen gegenüber CT und Röntgen eine höhere Interobserver-Reliabilität hinsichtlich der Frakturklassifikation sowie des operativen Vorgehens zu erzeugen [7, 16, 29]. Yacoubian et al. konnten zusätzlich nachweisen, dass mithilfe eines erfahrenen Radiologen die intraoperativ gestellte Frakturklassifikation zu 100 % mit der präoperativ magnetresonanztomographisch erstellten Klassifikation übereinstimmte [29].

Allerdings gibt die aktuelle Studienlage keine Auskunft über den optimalen Zeitpunkt der MRT-Bildgebung. Bei komplexen C‑Frakturen nach der AO-Klassifikation oder Luxationsfrakturen nach Hochenergietraumata kann ein präoperatives MRT aufgrund der hohen Rate an Begleitverletzungen hilfreich sein. Das Nadelöhr der MRT-Bildgebung stellt die oft in vielen Kliniken nur eingeschränkt vorhandene Verfügbarkeit dar. Obwohl Haller et al. auch bei komplexen Tibiaplateaufrakturen keinen Unterschied im klinischen Ergebnis zwischen einer frühzeitigen oder verzögerten Anlage eines Fixateur externe zeigen konnten, wird im klinischen Alltag oft am Konzept „span, scan, plan“ noch am Unfalltag festgehalten, was eine präoperative MRT-Bildgebung aufgrund des bereits eingebrachten Fremdmaterials zusätzlich erschwert [10].

Somit ist die Bildgebung mittels MRT im klinischen Alltag eine sehr gute und bei komplexen Frakturen auch hilfreiche Alternative bzw. Ergänzung zu der CT-Bildgebung mit 3‑D-Rekonstruktion. Aktuell gibt es jedoch keine Evidenz, dass die präoperative Durchführung einer MRT bei Tibiaplateaufrakturen zu einem besseren klinischen Ergebnis führt. In Einzelfällen ist dies sicherlich zu erwarten. Die Autoren empfehlen deshalb aufgrund der klinischen Erfahrung bei Frakturen mit Luxationsmechanismus ein präoperatives MRT. Ansonsten beeinflussen Dislokationsgrad, geplanter Zugang, geplante Exposition der Gelenkfläche mit der Möglichkeit der direkten Visualisierung von Menisken und Kreuzbändern auch die Indikation zur präoperativen MRT. Sollte die Frakturmorphologie eine umgehende Anlage eines Fixateur externe indizieren, empfehlen die Autoren die Anlage eines MRT-fähigen Modells.

Fazit für die Praxis

  • Das klassische Röntgen stellt weiterhin die primäre bildgebende Diagnostik zum Frakturausschluss dar. Bei weiterhin bestehendem Verdacht bzw. diagnostizierter Tibiaplateaufraktur ist ein CT obligat.

  • Bei Verdacht auf eine Luxationskomponente sollte zum Ausschluss einer Gefäßverletzung eine CT/MR-Angiographie durchgeführt werden.

  • Eine 3‑D CT-Bildgebung verbessert die operative Planung und die Auswahl des operativen Zugangs.

  • Ein MRT ist bei Verdacht auf weichteilige Begleitverletzungen oder okkulte Frakturen zusätzlich zum CT anzufertigen. Insbesondere gilt dies bei Luxationsfrakturen oder dislozierten Frakturbereichen, die durch den operativen Zugang nur unzureichend visualisiert werden können.

  • Nach Hochenergietraumata zeigt die MRT-Bildgebung gegenüber dem klassischen CT aufgrund der oft ausgeprägten Begleitverletzungen diagnostisch einen größeren klinischen Nutzen und sollte entweder vor Anlage eines Fixateur externe oder nach Anlage eines MRT-fähigen Fixateur externe erfolgen.

  • Das operative Vorgehen kann durch eine präoperative MRT-Diagnostik entscheidend beeinflusst werden.