Nach unserem erst jüngst erschienenen Sonderheft (2/2021) zur Krise der Abrüstung und Rüstungskontrolle, einem Thema, das im Kontext des russischen Aggressionskrieges besondere Relevanz gewonnen hat, erscheint nun Schlag auf Schlag auch unser Sommerheft 1/2022. „Klein, aber fein“ ist wohl die passendste Beschreibung für dieses Heft, das eine Mischung aus Fachaufsätzen, einer Replik und einem Literaturbericht enthält. Der und dem geübten ZeFKo-Leser*in wird jedoch auffallen, dass mit dem Forum eine der beliebtesten Rubriken unserer Zeitschrift dieses Mal nicht bedient wird. Bevor wir kurz in die publizierten Beiträge einführen, möchten wir unseren Leser*innen eine Erklärung zur Kürze dieses Heftes geben, verbunden mit einem Blick hinter die Kulissen unserer Zeitschriftenproduktion.

Digitalisierung und neue Technologien verändern gegenwärtig in einem hohen Tempo die Art und Weise wissenschaftlichen Publizierens. Sie eröffnen neue Chancen für den Zugang zu Wissen, etwa für weniger privilegierte Gruppen, stellen aber auch bisherige Wege der Publikation in Frage. Für uns als ZeFKo hat sich etwa mit dem DEAL mit unserem Verlagspartner Springer die einzigartige Möglichkeit ergeben, nicht nur alle Beiträge online first, also sofort nach erfolgreichem Abschluss des Begutachtungsprozesses, zu veröffentlichen, sondern auch jene von Autor*innen mit institutioneller Anbindung in Deutschland open access zu stellen, also ohne bezahlpflichtigen Zugang verfügbar zu machen. Diese Möglichkeiten werden sehr gut von unseren Leser*innen genutzt, wie etwa die stetig steigenden Klick- und Downloadzahlen unserer Beiträge zeigen. Dadurch ergeben sich aber für uns als Herausgeber*innen zwei letztlich voneinander immer mehr getrennte Prozessabläufe – der eigentliche Begutachtungsprozess und die anschließende Gestaltung eines gedruckten ZeFKo-Heftes, welches Sie vielleicht gerade in den Händen halten. So ist zu erklären, dass alle Beiträge dieses Heftes 1/2022 bereits seit längerer Zeit online first zu lesen sind, aber erst jetzt in einem gedruckten Heft erscheinen.

Darüber hinaus haben wir als Herausgeber*innen-Team in den vergangenen beiden Jahren auch Neuerungen angestoßen, die vor allem die Kohärenz und Substanz der publizierten wissenschaftlichen Auseinandersetzung stärken sollen. So setzen wir in der Forumssektion Themenschwerpunkte, teils auch mit Gastherausgeber*innen. Dort können Autor*innen kompakt und gemeinsam zu einem Problemkomplex veröffentlichen. Die Veröffentlichung eines ganzen Schwerpunktes mit zahlreichen Beiträgen setzt natürlich noch weitere prozedurale Anforderungen, so dass es hier und da zu Verzögerungen kommen kann. Wir haben viele spannende und wichtige Themen in der „Pipeline“ – und die und der neugierige Leser*in darf natürlich immer gern ein Auge auf online first werfen! Angesichts dieser Dynamiken hinterfragen wir als Herausgeber*innen zunehmend, ob ein gedrucktes Heft noch zeitgemäß und auch im Lichte der klimapolitischen Herausforderungen angemessen ist. Viele unserer Leser*innen schätzen gleichwohl noch immer eine „echte“ ZeFKo. Daher werden wir mit unseren Leser*innen in den kommenden Monaten über die Frage des gedruckten Hefts in einen Dialog treten.

Damit kommen wir zur Vorstellung der Beiträge, die wir in Heft 1/2022 veröffentlichen. Michael Hanzel entwickelt in seinem Beitrag eine Typologie potenzieller Motive für Akte von one-sided violence, um sowohl eine theoretische Basis, als auch eine konzeptionelle Grundlage zu schaffen. Mit der Replik von Andreas Braun eröffnen wir den direkten akademischen Austausch zu diesem Beitrag. Braun betont, dass die Typologie durchaus vielversprechend sei, hinterfragt jedoch kritisch die nicht weiter ausdifferenzierte Unterscheidung von Affekten und Emotionen und den Grad der Reflexion über die Relevanz von Motiven. Maximilian Kiefer macht in seinem Beitrag das theoretische Argument, dass in der Konstruktion von militarisierten Männlichkeiten in bewaffneten Gruppen die Ideologie eine maßgebliche Rolle spielt. Er veranschaulicht das Argument anschließend am Beispiel der salvadorianischen Guerilla Frente Farabundo Martí de la Liberación Nacional (FMLN). Der Literaturbericht von Kerstin Zettl analysiert die bisherigen Ansätze der Politikwissenschaft zum Thema Macht im Cyberspace, vergleicht bestehende Konzepte und fasst sie zu einem integrativen Modell zusammen.

Wir möchten den Beitrag von Kerstin Zettl zum Anlass nehmen, erneut Werbung für die Rubrik des Literaturberichts zu machen. Diese Rubrik wird weniger genutzt, als wir uns als Herausgeber*innen dies wünschen. Ein fundierter, ausführlicher und kritischer Überblick über den Wissens- und Literaturstand in einem Forschungsfeld und die entsprechenden Forschungslücken ist anspruchsvoll und wissenschaftlich enorm wertvoll. Der state of the art stellt den zentralen Ausgangspunkt für gute Forschung dar. Gerade für viele Doktorand*innen, die ihre Promotion kumulativ ablegen, wäre ein solcher Überblick eine ausgezeichnete Option für eine Publikation.

Die Herausgeber*innen freuen sich darüber, mit dem ZeFKo Teach-In ein neues Format vorzustellen, das dazu dienen soll, die Lehre in der Friedens- und Konfliktforschung wissenschaftlich zu reflektieren. In der letzten regulären Ausgabe hatten wir diese Neuerung schon angedeutet und nun können Manuskripte eingereicht werden. Der erste Beitrag wird in der nächsten Ausgabe zu lesen sein. ZeFKo Teach-Ins enthalten kurze Beiträge mit max. 3000 Wörtern. Diese können verschiedene Themen vor dem Hintergrund der (hochschul)pädagogischen Literatur wissenschaftlich analysieren, diskutieren und entwickeln. Es sollen innovative Ideen in der universitären Lehre, in der politischen Bildung und in praktischen Trainings vorgestellt werden. Auch ihre Umsetzung soll untersucht werden, indem Lernziele formuliert, Implementationen empirisch dokumentiert und analysiert und Ressourcen und Materialien entwickelt und bereitgestellt werden. Die kurzen Beiträge im ZeFKo Teach-In werden wie üblich im Peer-Review-Verfahren begutachtet. Wir freuen uns sehr auf Einreichungen!

Die ZeFKo-Redaktion und wir als Herausgeber*innen waren auch auf der AFK-Tagung 2022 vertreten, die seit 2019 erstmals wieder in Präsenz in Konstanz stattfand. Dies war, als kleine Randnotiz, auch das erste gemeinsame Präsenztreffen des nicht mehr so neuen Herausgeber*innenteams. Wir hatten die Gelegenheit, auf einem hybriden Beiratstreffen Rückmeldung zu unseren Ideen zur Weiterentwicklung der ZeFKo einzuholen und auch einige kritische Fragen, etwa im Hinblick auf das Publikationsformat Print vs. Online, zu diskutieren.

Ein ganz besonderes Highlight war der von Herausgeberin Hanna Pfeifer geleitete Roundtable zum Thema, wie (un)gleich die Möglichkeiten zur Publikation der eigenen Forschung sind. Die Diskussion setzte drei Schwerpunkte. Zunächst diskutierte das Podium die Frage, welche exkludierenden Strukturen es im wissenschaftlichen Publikationsbetrieb gibt und woher sie stammen. Witold Mucha erinnerte daran, dass das Wissen darüber, welche Ungleichheiten überhaupt und, wenn ja, in welchem Maße relevant sind, sehr begrenzt ist. So lasse sich etwa nicht nachvollziehen, wer aus welchem Grund eine Ablehnung für ein eingereichtes Manuskript von einer Fachzeitschrift erhalte und welche potenziellen Verzerrungen darin zum Ausdruck kämen. Siddharth Tripathi thematisierte die durch die Wissenschaftssprache Englisch verursachte grundsätzliche Ungleichheit und die damit verbundene Hegemonie bestimmter epistemischer Traditionen. Er betonte, dass es nicht nur um Hierarchien zwischen dem globalen Norden und Süden, sondern auch um solche innerhalb des globalen Nordens und des globalen Südens gehe. Tina Rosner-Merker unterstrich die Herausforderungen für early career researchers im Zusammenhang mit hochwertigen Publikationen. Diese reichten von mangelhaftem Mentoring – wie schriebe ich einen guten Artikel? – bis zu langen Begutachtungszeiten, die für befristete Wissenschaftler*innen besonders problematisch seien. Sie ging besonders auf die Gruppe der weiblichen ECRs ein. Bei ihnen kämen bekannte geschlechtsspezifische Hemmnisse und Verzerrungen in der frühen Karrierephase erschwerend hinzu. Daran anschließend diskutierte das Podium, welche problematischen Konsequenzen die Ungleichheit in der Sichtbarkeit von Forschungsergebnissen für individuelle Karrieren, aber auch breiter für das akademische System und die Qualität sowie Praxisrelevanz wissenschaftlichen Wissens hat. Die Runde schloss mit konkreten Vorschlägen für die Verbesserung von Publikationspraktiken, insbesondere gerichtet an Fachzeitschriften wie die ZeFKo und ihre Herausgeber*innen. Diese reichten von how-to-do-Videos für ECRs zu den Themen „Fachartikel einreichen“, „Gutachten verstehen“ und „Revisionen vornehmen“ bis zu open-access-Förderungen für Forscher*innen aus dem globalen Süden.

Die AFK-Tagung war auch eine der letzten „Amtshandlungen“ von Redakteurin Charlotte Meier, die im Mai 2022 in Elternzeit ging. Kirsty Campbell wird sie bis August 2023 vertreten. Sie hat einen Hintergrund in War Studies und befasst sich gegenwärtig für ihre Promotion mit der Rolle von deutschen Frauen in deutscher Kolonialgewalt.

Last but not least gebührt unser Dank unseren Gutachter*innen, die letztlich die Qualität der Zeitschrift durch ihre Begutachtung der eingereichten Manuskripte absichern. Ohne Sie und Euch gäbe es keine ZeFKo! Eine solche Begutachtung ist zwar ein zentraler Baustein im akademischen Forschungsbetrieb, aber leider keine Selbstverständlichkeit. Auch wir als Herausgeber*innen müssen aufgrund zahlreicher Verpflichtungen häufig selbst Gutachtenanfragen absagen und wissen um die volle Agenda vieler Kolleg*innen. Aufgrund der Auswirkungen der Pandemie ist es für die ZeFKo noch einmal deutlich schwieriger geworden, für jedes Manuskript adäquate Gutachter*innen zu finden – teils benötigt es mehr als sechs Anfragen. Viele der Absagen sind mehr als verständlich, stellen aber natürlich uns als Herausgeber*innenteam vor die Herausforderung, dennoch einen ausgewogenen und zügigen Begutachtungsprozess sicherzustellen. Umso mehr wissen wir das Engagement aller Gutachter*innen zu schätzen, die wir anschließend an dieses Editorial namentlich würdigen möchten.

Wir wünschen nun allen Leser*innen eine anregende Lektüre und freuen uns als Herausgeber*innen jederzeit über Kritik, Anregungen und vor allem über neue Einreichungen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Qualitätssicherung durch peer review, deutsche oder englische Beiträge, internationale Sichtbarkeit durch Springer, online first und kostenloses open access für Autor*innen an Forschungsstandorten in Deutschland. Nun hoffen wir auf eine fruchtbare Lektüre von Heft 1/2022!

Gutachter*innen in den Jahren 2020/2021:

  • Hakan Akbulut

  • Jürgen Altmann

  • André Armbruster

  • Felix S. Bethke

  • Andreas Braun

  • Gertrud Brücher

  • Claudia Brunner

  • Michael Brzoska

  • Margit Bussmann

  • Kristina Dietz

  • Myriam Dunn Cavelty

  • David Duriesmith

  • Stephan Engelkamp

  • Birgit Enzmann

  • Thomas Fischer

  • Heinz Gärtner

  • Carolina Galindo Hernández

  • Denise Garcia

  • Viviana García Pinzón

  • Florian Grafl

  • Owen John Greene

  • Christof Hartmann

  • Axel Heck

  • Andreas Heinemann-Grüder

  • Sara Hellmüller

  • Gregor Hofmann

  • Philip Terrence Hopmann

  • Alke Jenss

  • Katharina Kriegel-Schmidt

  • Sabine Kurtenbach

  • Gerrit Kurtz

  • David Lanz

  • Henri Myrttinen

  • Robert Nagel

  • Phil Orchard

  • Steven Pifer

  • Pavel Podvig

  • Kristina Roepstorff

  • Elvira Rosert

  • Maria Rost Rublee

  • Manuel Jose E. Salamanca

  • Tom Sauer

  • Jürgen Scheffran

  • Wolf Schuenemann

  • Philipp Schulz

  • Matthias Schulze

  • Anna Stavrianakis

  • Johannes Vüllers

  • Moritz Weiß

  • Jonas Wolff

  • Wolfgang Zellner