Was schreibt man in ein Editorial in Zeiten wie diesen, hin und her gerissen zwischen „business as usual“ und „everybody panic!!!“Footnote 1? Wir haben uns für den Mittelweg entschieden und wollen zuerst auf ein paar Dinge aus dem „normalen“ ZeFKo Alltag eingehen, der uns hoffentlich auch die nächsten Jahre wieder mehr beschäftigen wird, anschließend aber auch explizit auf die Corona-Pandemie hinweisen.

Doch zuerst die Neuigkeiten aus dem Alltag, denn wir haben durchaus viel Positives zu berichten. Die deutsche DEAL Vereinbarung mit Springer Nature ist unterschrieben.Footnote 2 Dies hat einige Konsequenzen für die ZeFKo und unsere Autor*innen. Es bedeutet, dass seit Anfang des Jahres Autor*innen, die an einer von 750 deutschen Universitäten oder Forschungseinrichtungen arbeiten, die Möglichkeit haben, ihren Beitrag in der ZeFKo für die Autor*innen kostenfrei Open Access zu publizieren. Wir freuen uns sehr über diese Option, da sie die Zugriffsmöglichkeiten auf diese Beiträge erhöhen wird und viel mehr Menschen in der ganzen Welt so kostenlos Zugang zu Wissen und aktuellen Forschungsergebnissen erhalten. Wichtig ist dabei, dass die „korrespondierende“ Person an einer teilnehmenden Institution in Deutschland beschäftigt ist. Die eigentliche Reihenfolge der Autor*innen ist dabei nicht ausschlaggebend. Es geht nur darum, wer zu dem Zeitpunkt des Online-first-Erscheinens hauptverantwortlich für die Kommunikation mit Springer ist. Wir werden in Zukunft in unserer Kommunikation mit den Autor*innen gezielt darauf hinweisen, um für so viele Beiträge wie möglich diese Option offen zu halten. Die Kosten für die Open-Access-Publikationen werden von den teilnehmenden Institutionen getragen und nicht von den Autor*innen.

Dies wirft natürlich Fragen bezüglich des jetzigen Finanzierungsmodells der ZeFKo auf. Momentan bezahlt die AFK aus den Einnahmen der Mitgliedsbeiträge einen Anteil für die Publikation unserer Zeitschrift an Springer. Im Gegenzug erhalten alle AFK-Mitglieder die ZeFKo persönlich. Jenseits der Frage, ob gedruckte Ausgaben per Post noch zeitgemäß sindFootnote 3, entsteht durch die DEAL Vereinbarung ein völlig anderes Finanzierungsmodell, in dem nicht mehr Abonnent*innen im Vordergrund stehen, die für den Zugriff auf Inhalte bezahlen, sondern einzelne Open-Access-Beiträge, die durch die Institutionen der Autor*innen finanziert werden. Die Interessen von Springer haben sich damit grundlegend verschoben. Daher bedarf es in Kürze einer Neuverhandlung des Vertrags mit Springer über die zukünftige Finanzierung und eine faire DEAL-Lösung für alle Seiten.

Insgesamt ist die Frage nach der Finanzierung einer wissenschaftlichen Zeitschrift ein komplexes und heikles Thema. So wird momentan beispielsweise die Redaktion der ZeFKo (zwei halbe TV-L 13 Stellen) an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg durch Berufungsmittel von Alexander Spencer finanziert. Die AFK-Mitglieder beteiligen sich durch ihre Beiträge an der Finanzierung einer studentischen Hilfskraft, die die Redaktion unterstützt. Die Personalmittel für die Redaktion laufen jedoch im März 2021 aus. Wie es danach mit der Redaktion weitergeht, ist momentan ungewiss, obgleich wir als Herausgeber*innen natürlich aktiv nach verschiedenen Varianten suchen.

Um die finanzielle Problematik der wissenschaftlichen Zeitschriftenlandschaft im deutschsprachigen Raum und mögliche Perspektiven zu thematisieren, ist für die IB-Sektionstagung in Freiburg am 8. Oktober 2020 ein Roundtable zusammen mit der Zeitschrift für Internationale Beziehungen (ZIB) geplant.

Kommen wir zum aktuellen Heft. Das Heft 1/2020 ist gefüllt mit sehr unterschiedlichen Beiträgen. Den Auftakt macht der Fachaufsatz von André Armbruster, in dem er mit Rückgriff auf Bourdieu aufzeigt, dass Selbstmordattentate als soziale Praxis verstanden werden können. In ihrer Replik unterstreicht Lotta Mayer die Relevanz seines Arguments, betont jedoch, dass jenseits der direkten Entwicklung des Habitus eines Selbstmordattentäters in terroristischen Trainingscamps vor allem entsprechend unintendierte Sozialisationsprozesse in der Gesellschaft vernachlässigt werden.

Der zweite Aufsatz von Jens Heinrich befasst sich mit nuklearer Rüstungskontrolle in Südasien und argumentiert, dass als Alternative zur formalen, vertragsbasierten Rüstungskontrolle auch eine gradualistische Strategie einen positiven Beitrag zur Stabilität zwischen Indien und Pakistan leisten kann.

Der Literaturbericht von Siddharth Tripathi und Kristina Roepstorff befasst sich mit der Friedens- und Konfliktforschung in Indien. Sie fragen, wie historische, gesellschaftliche und politische Umstände im Land den Diskurs um Frieden beeinflusst haben und wie dies nützlich sein könnte für einen globaleren Dialog über Frieden in der Welt.

In unserem Forumsschwerpunkt greifen wie dieses Mal die Evaluation des Friedens- und Konfliktforschung durch den Wissenschaftsrat auf, die seit dem Start der Evaluation durch einen Bundestagsbeschluss 2016 nahezu alle Wissenschaftler*innen und Institutionen der Friedens- und Konfliktforschung beschäftigt hat. In insgesamt sechs Beiträgen werden die Prozesse, die Ergebnisse und die (möglichen) Konsequenzen der Evaluation aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Diesem Sonder-Forum haben wir eine eigene kurze Einleitung vorangestellt, in dem wir den Hintergrund der Evaluation und die zentralen Ergebnisse vorstellen.

In der Rubrik Forum publizieren wir neben einem inhaltlichen Schwerpunkt auch zwei spannende Einzelbeiträge. Der Forumsbeitrag von Susanne Buckley-Zistel stellt das Weltrechtsprinzip als kaum erforschtes Phänomen vor, beschreibt, wie es in Deutschland auf in Syrien begangene Verbrechen angewandt wird bzw. werden könnte, und ordnet es in den Kontext von Transitional Justice ein. Der Forumsbeitrag von Christina Pesch und Witold Mucha befasst sich mit der Frage, wer in den vier großen, für die deutsche Friedens- und Konfliktforschung besonders relevanten wissenschaftlichen Zeitschriften (ZeFKo, Friedenswarte, ZIB, S + F) publiziert – und wer nicht. Sie zeigen, dass Autorinnen immer noch unterrepräsentiert sind, dass Publikationen aus einigen wenigen Standorten in Deutschland (Berlin, Hamburg, Frankfurt) dominieren und dass Beiträge aus dem Globalen Süden so gut wie nicht vorkommen.

Als Abschluss eines sehr umfassenden Hefts schließt diese Ausgabe mit drei Repliken als Weiterführung der Diskussion aus dem Special Issue zu „Studying micro dynamics in civil wars“ (2/2019). Die Autorinnen sind Hannah Smidt, Lisa Hultmann und Kaisa Tidblad-Lundhol sowie Clara Neupert-Wentz.

Kommen wir zur Corona-Pandemie. Jenseits der gravierenden Auswirkungen auf unseren Alltag hat die derzeitige Krise auch Konsequenzen für die Friedens- und Konfliktforschung. Durch die Verschiebung des AFK-Kolloquiums und der Tagung der Jungen AFK verlieren alle Wissenschaftler*innen eine Möglichkeit für den wissenschaftlichen Austausch (und für andere soziale Gepflogenheiten). Für die ZeFKo ist dies besonders schade, da das Kolloquium immer auch ein Ort war, auf dem wir als Herausgeber*innen auf interessante Forschungsaufsätze aufmerksam wurden und ganz aktiv zu Einreichungen ermuntert haben. Daher haben alle Papergiver des Kolloquiums von uns eine E‑Mail bekommen, in der wir ihnen eine Einreichung ihrer Beiträge ans Herz legen, um wenigstens so den wissenschaftlichen Austausch jenseits eines direkten Treffens und Diskutierens weiter zu forcieren. Natürlich freuen wir uns auch weiterhin über alle anderen Beiträge, besonders in den Kategorien Aufsatz oder Literaturbericht.

Wie unzählige Kolleg*innen aus anderen Wissenschaftsgebieten verstehen auch wir die Corona-Pandemie als Herausforderung, aus unserem Forschungsbereich heraus und mit unserem Wissen als Friedens- und Konfliktforscher*innen einen Beitrag zum Verständnis und zum Umgang mit dieser historischen Krise zu leisten. Daher haben wir Ende März etwas Neues begonnen und selbständig als Herausgeber*innen einen Call for Papers zur Corona-Krise aus der Sicht der Friedens- und Konfliktforschung herausgegeben.Footnote 4 Wenn möglich, sollen die ersten Beiträge dazu bereits in einem Forum-Schwerpunkt in Heft 2/2020 veröffentlicht werden. Über den Call hinaus möchten wir selbstverständlich weiterhin alle Autor*innen ermutigen, uns jederzeit Beiträge zur Corona-Krise in den Rubriken Aufsatz oder Literaturbericht einzureichen.

Last but not least möchten wir unseren Gutachter*innen aus den Jahren 2018 und 2019 ganz herzlich danken. Ohne ihre Unterstützung gäbe es keine ZeFKo. Jenseits dieses Danks hoffen wir, dass die Möglichkeit der Veröffentlichung der in ihren Gutachten geäußerten Ideen in der Form einer Replik die Gutachter*innen für ihre Tätigkeit wenigstens ein wenig honoriert. Für all Ihre Arbeit vielen Dank!

Gutachter*innen im Jahr 2018:

  • Corinne Bara

  • Marlon Barbehön

  • Felix Bethke

  • Andreas Bock

  • Jürgen Brandsch

  • Tobias Debiel

  • Werner Distler

  • Han Dorussen

  • Jost Dülffer

  • Anna Geis

  • Axel Gotthard

  • Felix Haaß

  • Kai Hebel

  • Gisela Hirschmann

  • Lisa Hultmann

  • Philipp Hunziker

  • Alexander de Juan

  • Julian Junk

  • Christoph Kampmann

  • Claudia Kemper

  • Gert Krell

  • Daniel Lambach

  • Hanna Meißner

  • Thomas Nielebock

  • Thania Paffenholz

  • Hanna Pfeifer

  • Christian Reuter

  • Sabine Rutar

  • Adam Scharpf

  • Hannah Smidt

  • Abbey Steele

  • Isak Svensson

  • Willy Viehöver

  • Christoph Weller

  • Taylan Yildiz

  • Kerstin Zimmer

Gutachter*innen im Jahr 2019:

  • Marlon Barbehön

  • Pablo Andres Ramos Baron

  • Margit Bussmann

  • Jürgen Brandsch

  • André Brodocz

  • Wolfgang Dietrich

  • Felix Haaß

  • Axel Heck

  • Alke Jens

  • Alexander de Juan

  • Oliver Jütersonke

  • Teresa Koloma Beck

  • Simon Koschut

  • Joakim Kreutz

  • Lotta Mayer

  • Anne Menzel

  • Anja Mihr

  • Clara Neupert-Wentz

  • Elvira Rosert

  • Christoph Safferling

  • Adam Scharpf

  • Ulrich Schneckener

  • Moritz Weiß

  • Christian Wendt

  • Julian Wucherpfennig

  • Herbert Wulf

  • Taylan Yildiz