1 Einleitung

Gemäß § 22a SGB VIII sind Eltern in Kindertageseinrichtungen zum Wohl des Kindes an „wesentlichen Angelegenheiten der Erziehung, Bildung und Betreuung zu beteiligen“. Die Bundesländer konkretisieren diese Anforderung in Gesetzen zur Kindertagesbetreuung sowie in Bildungs- und Erziehungsplänen. In diesen ist die Verwendung des Terminus der „Bildungs- und Erziehungspartnerschaft“ weit verbreitet (Buse 2017). Dabei handelt es sich um eine partnerschaftliche, auf Dialog beruhende Zusammenarbeit zwischen Eltern und Fachkräften, in der z. B. zum Beispiel Erziehungs- und Bildungsziele ausgetauscht und vereinbart werden (Vollmer 2012, S. 134). Obwohl die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft als Ideal der Zusammenarbeit propagiert wird, werden in den letzten Jahren diverse mit diesem Konzept einhergehende Dilemmata diskutiert und nachgewiesen (Betz 2015; Betz et al. 2017).

In Studien im Schulkontext wird belegt, dass die erfolgreiche Zusammenarbeit von Eltern und Lehrkräften die Leistungen der Kinder verbessert (Downey und Condron 2016). Im Kita-Kontext deuten internationale Forschungsergebnisse in eine ähnliche Richtung (Şengönül 2022). Entsprechend wird eine gelingende partnerschaftliche Zusammenarbeit von Kita-Fachkraft und Eltern in der fachpolitischen Debatte mit der Hoffnung verknüpft, insbesondere die Bildungschancen für Kinder aus Familien mit geringer kultureller und ökonomischer Kapitalausstattung oder Migrationshintergrund zu verbessern. Eine erfolgreiche Zusammenarbeit wird damit zum Vehikel für Bildungsgerechtigkeit. Belege dafür sind bisher jedoch selten (Betz 2015). Im Gegenteil gibt es Hinweise, dass die Gestaltung dieser Zusammenarbeit in der Schule die Reproduktion sozialer Ungleichheit fördert (Kayser und Betz 2015).

Das Konzept der „kulturellen Passung“ (Bourdieu und Passeron 1971, 1973) betont den Einfluss der sozialen und kulturellen Herkunft von Familien auf die Zusammenarbeit mit Bildungseinrichtungen. Entsprechende Forschungen der letzten Jahrzehnte bezogen sich vorwiegend auf den Schulkontext. Doch wächst in jüngster Zeit das Interesse der erziehungswissenschaftlichen Forschung daran, wie das Verhältnis von Fachkräften und Eltern durch die soziale und kulturelle Herkunft der Familie beeinflusst wird und welche Auswirkungen das auf die Bildungschancen von Kindern hat (z. B. Betz et al. 2019; Bischoff-Pabst 2021; Chamakalayil et al. 2022). In der vorliegenden Untersuchung wurden die Ergebnisse dieser vorrangig qualitativen Studien genutzt, um Hypothesen zum herkunftsspezifischen Passungserleben im Fachkraft-Eltern-Verhältnis abzuleiten. Die Hypothesen wurden dann mit quantitativen Daten aus einer Querschnittstudie überprüft, bei der Fachkräfte und Eltern von insgesamt N = 93 Vorschulkindern aus neun Kitas mittels eines standardisierten Fragebogens zu ihrer persönlichen Beziehung zueinander befragt wurden.

Im Folgenden werden mit Bezug auf das Konzept der kulturellen Passung (Kap. 2) sowie unter Berücksichtigung von Forschungsergebnissen (Kap. 3) Hypothesen zum herkunftsspezifischen Passungserleben im Kita-Fachkraft-Eltern-Verhältnis aufgestellt (Kap. 4) und nach der Beschreibung von Stichprobe sowie Methoden (Kap. 5) quantitativ geprüft (Kap. 6). Die zentralen Befunde werden abschließend zusammengefasst und an Diskurse sowie Forschungsergebnisse rückgebunden (Kap. 7).

2 Theoretische Einbettung und Gegenstandsklärung

Die Zusammenarbeit von Eltern und Fachkräften wird in den Sozialwissenschaften mithilfe verschiedener theoretischer Bezüge beschrieben und reflektiert (Sadownik 2023a). Mit Blick auf die Reproduktion sozialer Ungleichheit ist die These der kulturellen Passung besonders anschlussfähig. Bourdieu und Passeron lieferten mit ihr bereits vor rund 50 Jahren Hinweise dafür, wie Bildungsinstitutionen zur Reproduktion sozialer Ungleichheit beitragen (ebd. 1971, 1973). Grundlegend für diese These ist das Habituskonzept. Der Habitus umfasst Denk‑, Wahrnehmungs- und Handlungsschemata, die sozialstrukturell eingebettet sind (Bourdieu 1987). In den Feldern Kita oder Schule trifft, so die Grundannahme, der primäre, familiär und schichtgeprägte Habitus der Kinder und Eltern auf den sekundären, in den Bildungsinstitutionen vorherrschenden Habitus. Privilegierte Bevölkerungsgruppen, die über vergleichsweise hohes ökonomisches und kulturelles Kapital verfügen, bestimmen, welcher sekundäre Habitus sich in den Institutionen als legitim durchsetzt. Infolgedessen werden die zwischenmenschlichen, kulturellen und sprachlichen Fähigkeiten von privilegierten Kindern und Eltern in Bildungseinrichtungen geschätzt und belohnt (Sadownik 2023b; Şengönül 2022; Herrera et al. 2020). Zudem bestimmen sie maßgeblich, was in Bildungsinstitutionen vermittelt wird (Inhalte und Bedeutungen) und wie diese Vermittlung erfolgt (z. B. Art und Weise des pädagogischen Handelns) (Kramer 2017). Die Machtverhältnisse sind somit zugunsten privilegierter Bevölkerungsgruppen verteilt (McWayne et al. 2021), was stillschweigend akzeptiert wird (Kramer 2017).

Während in der Vergangenheit vor allem über den Schulkontext diskutiert wurde (Bauer 2012; Kayser und Betz 2015; Kramer 2017), rückt in den letzten Jahren auch die Kita als Bildungsort mit ähnlichen ungleichheitsrelevanten Mechanismen in den Fokus (Vandenbroeck 2015; Bischoff-Pabst 2020). International wird insbesondere das Konzept des parental involvement kritisch betrachtet, das unter anderem den Austausch zwischen Fachkräften und Eltern sowie die Teilnahme von Eltern an Veranstaltungen der Kita umfasst. In Deutschland steht hingegen die geforderte Umsetzung einer „Bildungs- und Erziehungspartnerschaft“ zwischen Kita-Fachkraft und Eltern auf dem Prüfstand. Beide Konzepte werden kontrovers diskutiert, da hierbei beispielsweise sozial strukturell ungleiche Voraussetzungen der Eltern nicht ausreichend berücksichtigt werden und eine zu starke Orientierung an den Praktiken und Normen von Mittelschichtseltern gegeben ist. Dadurch werden Routinen, Anforderungen und Anerkennungsmechanismen in Kitas geschaffen, durch die Familien mit geringer Kapitalausstattung benachteiligt werden (Crosnoe und Ansari 2015; Devlieghere et al. 2020; Buse 2017; Betz et al. 2019; Bischoff-Pabst 2021; Solberg 2018) und somit tendenziell eine Nichtpassung erleben.

Es bedarf weiterer Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der Kapitalausstattung der Eltern auf die kulturelle Passung mit der Kita und den Konsequenzen einer Nichtpassung (Buse 2017). In diesem Artikel wird dabei der Fokus auf die Beziehungsebene von Kita-Fachkraft und Eltern gelegt und nicht z. B. auf die organisatorische Kultur der Kita (Bischoff-Pabst 2021). Untersucht wird somit das subjektive Erleben der Passung in dieser persönlichen Beziehung (sogenanntes Passungserleben). Im Verständnis dieses Artikels liegt eine Passung vor, wenn das Fachkraft-Eltern-Verhältnis aus Sicht der Fachkräfte oder Eltern durch Übereinstimmungen (z. B. hinsichtlich der Erziehungsziele) geprägt ist und die Beziehung als positiv erlebt wird.

3 Forschungsstand

Das herkunftsspezifische Verhältnis zwischen Lehrkräften und Eltern wird seit Jahrzehnten international erforscht (Todd und Higgins 1998; Lareau und Horvat 1999). Im Vergleich dazu gibt es nur wenige Untersuchungen, die sich mit dem herkunftsspezifischen Verhältnis zwischen Kita-Fachkräften und Eltern befassen. In den vorliegenden Kita-Studien werden Unterschiede häufiger in Bezug auf den Migrationshintergrund der Eltern untersucht als Unterschiede in Bezug auf deren Kapitalausstattung. Zudem liegt der Fokus öfter auf der Perspektive der Kita-Fachkräfte als auf derjenigen der Eltern (Devlieghere et al. 2020). Meist werden qualitative Methoden wie Interviews, Beobachtungen, Gruppendiskussionen und Analysen von Einrichtungskonzepten verwendet (vgl. Kuhn 2018; Morgan 2016; Thon 2022; Cottle und Alexander 2013), teilweise werden ethnographische Methoden genutzt (Sieber Egger und Unterweger 2019; Sieber Egger et al. 2020; Sieber Egger und Unterweger 2022; Betz et al. 2019; Solberg 2018). Hingegen sind quantitative Studien selten (Otyakmaz und Döge 2015). Im Folgenden werden die Ergebnisse dieser Kita-Studien näher erläutert.

In der quantitativen Untersuchung von Otyakmaz und Döge (2015) wurde mithilfe der Daten der NUBBEK-Studie geprüft, inwieweit sich die Zusammenarbeit von Kita-Fachkräften mit Müttern (n = 714) ohne, mit russischem sowie mit türkischem Migrationshintergrund unterscheidet. Während die Fachkräfte Items der Parent-Teacher-Relationship Scale II beurteilten, bewerteten die Eltern lediglich ihre Zufriedenheit, 1. hinsichtlich des Umgangs der Fachkraft mit dem Kind und 2. hinsichtlich ihres Kontakts mit der Fachkraft. Es zeigt sich, dass die Bewertung der Beziehung durch die Fachkräfte mit dem Bildungshintergrund sowie dem Migrationshintergrund der Mütter in Zusammenhang steht. Die Beurteilung der Fachkraft-Eltern-Beziehung fällt für Mütter türkischer Herkunft, die höchstens über einen Hauptschulabschluss verfügen, am niedrigsten aus. Mit Blick auf die Bewertung der Eltern wird deutlich, dass Mütter mit türkischer Herkunft mit dem Umgang der Fachkraft mit ihrem Kind signifikant unzufriedener sind. Bleibt der Migrationshintergrund unberücksichtigt, unterscheiden sich die Bewertungen der Mütter mit maximal Abitur einerseits und höherem Abschluss als Abitur andererseits nicht signifikant voneinander.

Aus dem Feld der qualitativ ausgerichteten Studien ist insbesondere die detaillierte Analyse von Betz et al. (2019) zu nennen. In deren Fokus steht, welche Verhaltensweisen der Eltern bzw. Kita-Fachkräfte aus der jeweils anderen Perspektive positiv wahrgenommen und bewertet werden („Passungen“) und welche negativ („Spannungen“ und „Konflikte“) (ebd., S. 68 f.). Ausgewählte Erkenntnisse dieser Studie werden im Folgenden durch die Ergebnisse weiterer nationaler und internationaler Erhebungen angereichert. Dabei wurden drei Kategorien herausgearbeitet, in denen herkunftsspezifische Differenzen und Differenzsetzungen im Fachkraft-Eltern-Verhältnis sichtbar werden:

Wenn Bildungs- und Erziehungsvorstellungen sowie -praktiken (1) von Kita-Fachkräften und Eltern ähnlich sind, fördert dies das Passungserleben. Fachkräfte empfinden es z. B. als positiv, wenn ihre fachlichen Einschätzungen von den Eltern übernommen werden. Differierende Vorstellungen führen dagegen sowohl aus Fachkraft- als auch aus Elternperspektive zu Spannungen und Konflikten (Betz et al. 2019). Solche Unterschiede werden von Kita-Fachkräften mitunter auf den kulturellen bzw. ethnischen Hintergrund der Eltern zurückgeführt (ebd.; Morgan 2016; Kuhn 2018; Sieber Egger und Unterweger 2022; Cottle und Alexander 2013). Mangelnde Deutschkenntnisse können aus Sicht der Fachkräfte ebenfalls dazu führen, dass fachliche Empfehlungen nicht bei den Eltern ankommen (Betz et al. 2019). Darüber hinaus verknüpfen Fachkräfte „sozial schwache“ Familien oder das Leben in einem sozialen Brennpunkt mit einer nicht ausreichenden Entwicklungsförderung des Kindes und einer unangemessenen Freizeitgestaltung (ebd.; Cottle und Alexander 2013; Thon 2022). Eltern der Mittelschicht haben hingegen teilweise zu hohe Anforderungen an ihre Kinder (Cottle und Alexander 2013). Zudem wurde mehrfach erforscht, inwieweit sich Bildungs- und Erziehungsvorstellungen sowie (pädagogische) Anforderungen der Eltern an die Kita je nach Kapitalausstattung der Familie unterscheiden (z. B. Bauer 2012; Graßhoff et al. 2013; Betz und de Moll 2015).

Positiv für das Passungserleben der Fachkräfte ist die Einhaltung von Regeln, Absprachen und Routinen (2) durch die Eltern. Unzuverlässigkeit kann dagegen zu Spannungen führen. Wenn sich Eltern nicht an Abmachungen halten, erklären die Fachkräfte dies wiederum mit anderen kulturellen Lebensweisen oder unzureichenden Deutschkenntnissen der Eltern (Betz et al. 2019). Besonders beim Essen und in Abholsituationen zeigt sich, wie Regeln und Rituale der Einrichtungen, die auch eine kulturelle Prägung haben können, von den Fachkräften durchgesetzt werden und zu Missverständnissen und Spannungen mit den Eltern führen können, denen diese fremd sind (Sieber Egger et al. 2020; Solberg 2018). Überdies wird dabei deutlich, dass je nach Hintergrund der Eltern unterschiedlich vonseiten der Fachkräfte auf eine Nichteinhaltung von Regeln reagiert wird (Solberg 2018).

Engagement und Unterstützung (3) der Einrichtung durch die Eltern kann das Passungserleben aus Sicht der Fachkräfte erhöhen (Betz et al. 2019). National wie auch international ist empirisch belegt, dass sich gerade kapitalstarke Familien beteiligen, die Kita freiwillig unterstützen und insgesamt präsenter in der Einrichtung sind als Eltern mit geringer Kapitalausstattung (Arnold et al. 2008; Graßhoff et al. 2013; Hönig 2019; Betz et al. 2017).

Trotz dieser zentralen Erkenntnisse bestehen weiterhin Forschungsdesiderate: Erstens ist fraglich, ob sich die dargestellten Unterschiede bei größeren Fallzahlen quantitativ messen lassen. Zweitens liegt der Fokus in den qualitativen Studien oft auf dem Verhältnis zwischen Fachkraft und einem vermeintlichen Kollektiv (z. B. Familien aus sozialen Brennpunkten) anstatt auf dem Verhältnis zwischen Fachkraft und konkreten Eltern mit spezifischen soziodemografischen oder kulturellen Hintergründen. Drittens fällt auf, dass Fachkräfte häufig Unterscheidungen treffen, die sich auf die soziale und kulturelle Herkunft der Eltern beziehen. Es bleibt jedoch unklar, ob ebenso die Eltern je nach ihrem eigenen sozialen und kulturellen Hintergrund das Verhältnis zur Fachkraft unterschiedlich wahrnehmen. Insgesamt wird der Mangel an Studien zur Perspektive der Eltern auf die Zusammenarbeit kritisiert (Devlieghere et al. 2020). Die quantitative Studie von Otyakmaz und Döge (2015) liefert zwar wichtige Hinweise zur herkunftsspezifischen Zusammenarbeit, doch sowohl die verwendeten Instrumente als auch die unabhängigen Variablen ermöglichen keine ausreichende Differenzierung für eine genaue Analyse des Passungserlebens. Zudem ist ein Vergleich der Bewertungen von Fachkräften und Eltern aufgrund der Verwendung unterschiedlicher Instrumente nicht möglich. Im folgenden Abschnitt werden die aufgezeigten Desiderate aufgegriffen und Hypothesen zum herkunftsspezifischen Passungserleben von Fachkräften und Eltern abgeleitet, um sie anschließend einer quantitativen Überprüfung zu unterziehen.

4 Hypothesen

Unter Berücksichtigung der qualitativen Forschungsergebnisse wurden Zustimmungsfragen entwickelt, um das Fachkraft-Eltern-Verhältnis zu operationalisieren. Diese Fragen zielen darauf ab, die Bewertung der Passung im persönlichen Verhältnis von Fachkräften und Eltern zu erfassen, z. B. in Bezug auf gegenseitiges Vertrauen oder das Vorhandensein von Konflikten (siehe Kap. 5). Da mehrere Studienergebnisse darauf hindeuten, dass das Passungserleben je nach sozialem Hintergrund der Eltern unterschiedlich sein kann, wird der soziale Status der Eltern (gemessen anhand eines Herkunftsschichtindex) als unabhängige Variable einbezogen. Es werden zwei Hypothesen überprüft:

  1. 1.

    Je höher die Herkunftsschicht der Eltern, desto höher ist das Passungserleben aus Perspektive der Fachkräfte.

  2. 2.

    Je höher die Herkunftsschicht der Eltern, desto höher ist das Passungserleben aus Perspektive der Eltern.

Noch häufiger werden in Studien Differenzen und Differenzsetzungen beschrieben, die sich auf den kulturellen Hintergrund oder Migrationshintergrund der Eltern beziehen. Doch fehlen oftmals Spezifizierungen, etwa was mit Migrationshintergrund gemeint ist. Im Folgenden werden die Gruppen „Eltern mit deutschem Geburtsland“ und „Eltern mit ausländischem Geburtsland“ verglichen und diese zwei Hypothesen geprüft:

  1. 3.

    Fachkräfte haben ein höheres Passungserleben, wenn die Eltern in Deutschland geboren sind.

  2. 4.

    Eltern haben ein höheres Passungserleben, wenn sie selbst in Deutschland geboren sind.

Gemäß Betz et al. (2019) kann das Fachkraft-Eltern-Verhältnis spannungsreicher sein, wenn Eltern der deutschen Sprache nicht mächtig sind und es dadurch zu Verständigungsschwierigkeiten kommt. Da in der vorliegenden Studie keine Daten über die Deutschkompetenz der Eltern erhoben wurden, werden Unterschiede zwischen den Gruppen „Eltern mit deutscher Familiensprache“ und „Eltern mit nichtdeutscher Familiensprache“ untersucht. Es werden zwei Hypothesen geprüft:

  1. 5.

    Fachkräfte haben ein höheres Passungserleben, wenn in der Familie überwiegend Deutsch gesprochen wird.

  2. 6.

    Eltern haben ein höheres Passungserleben, wenn in der eigenen Familie überwiegend Deutsch gesprochen wird.

Fachkräfte thematisieren deutlich häufiger spannungsreiche Verhältnisse als Eltern (Betz et al. 2019). Daher wird folgende Hypothese ebenfalls aufgenommen:

  1. 7.

    Fachkräfte bewerten ihr Passungserleben negativer als Eltern.

5 Methoden

In neun Kindertageseinrichtungen in der Metropolregion Nürnberg wurden querschnittlich N = 100 Vorschulkinder, jeweils ein Elternteil und die jeweilige Fachkraft zu persönlichen Beziehungen in und außerhalb der Kita befragt. Die Erhebungen fanden zwischen März und August 2019 statt. In diesem Artikel werden hauptsächlich die Ergebnisse aus der standardisierten schriftlichen Befragung von Fachkräften und Eltern verwendet.

5.1 Stichprobe und Erhebungssituation

Die Rekrutierung der Einrichtungen erfolgte über berufliche Kontakte. Es wurden vorwiegend Kitas angesprochen die selbst angaben, von sozial heterogenen Familien besucht zu werden. Weitestgehend alle Eltern der Vorschulkinder wurden mit Flyern und teilweise persönlichen Gesprächen über die Studie informiert. Von insgesamt 166 Vorschulkindern willigten schließlich 100 Eltern und Kinder ein, an der Studie mitzuwirken. Die Teilnahmequote pro Kita reichte von 37 bis 92 %.

Es wurden diejenigen Fachkräfte in die Studie einbezogen, die die meisten Gespräche mit den Eltern der teilnehmenden Kinder führten bzw. als „Bezugserzieher/-in“ des Kindes galten. Die Fachkräfte erhielten die Fragebögen zum Fachkraft-Eltern-Verhältnis zum eigenständigen Ausfüllen. Es wurde jeweils vermerkt, um welches Elternteil es bei der Bewertung gehen soll.

Den Eltern wurde der Fragebogen am Ende eines Interviews übergeben. In der Regel füllten sie ihn alleine in der Kita aus und übergaben ihn direkt an die Forscherin. Da bekannt war, dass einige Familien nur Arabisch sprechen, wurde der Fragebogen auch ins Arabische übersetzt. Interviewerin und ggf. Übersetzer/-innen standen für Verständnisfragen zur Verfügung.

Einige Eltern und Fachkräfte füllten den Fragebogen nicht aus, entweder aufgrund mangelnden Kontakts zueinander oder Zeitmangels. Für 85 Kinder liegen sowohl Bewertungen eines Elternteils als auch der Fachkraft vor. Zusätzlich liegt für 8 Kinder eine Bewertung entweder durch das Elternteil oder durch die Fachkraft vor. Diese 8 Bewertungen werden bei der Prüfung der Hypothesen 1 bis 6 ebenfalls berücksichtigt. Somit fließen Daten von 93 Kindern in die Auswertungen ein.

5.1.1 Beschreibung der Fachkräfte

Insgesamt wurde der Fragebogen zur Bewertung des Fachkraft-Eltern-Verhältnisses 27 Fachkräften übergeben. Nur eine Fachkraft ist männlich, 3 sind im Ausland geboren. Als höchsten Berufsabschluss gaben 21 an, eine Erzieher/-innenausbildung absolviert zu haben. Hinzu kommen 3 Kinderpflegerinnen und 2 Sozialpädagoginnen. Eine ehemalige Lehrerin hat eine Weiterbildung zur pädagogischen Fachkraft absolviert.

5.1.2 Beschreibung der Elternteile

Das Interview wurde mit demjenigen Elternteil geführt, das häufiger Kontakt zum bzw. zur (Bezugs‑)Erzieher/-in des Kindes hat. In 78 Fällen war dies die Mutter, in 15 Fällen der Vater. Von den interviewten Elternteilen der 93 Kinder sind 45 % im Ausland geboren, wobei 17 nichtdeutsche Geburtsländer erfasst wurden, am häufigsten Syrien, Rumänien und Griechenland. Das interviewte Elternteil wurde gefragt, ob zu Hause überwiegend Deutsch oder eine andere Sprache gesprochen wird. Hierbei gaben 36 % der 93 Elternteile eine andere Familiensprache als Deutsch an (8 × Arabisch, 8 × Türkisch, 3 × Griechisch, 3 × Kurdisch, 11 × Sonstiges).

Die Kapitalausstattung des interviewten Elternteils wurde mithilfe eines Schichtindex berechnet. Dieser Index berücksichtigt als Annäherung an Bourdieus Kapitaltheorie Aspekte des kulturellen Kapitals (Schulabschlüsse bzw. Schuljahre des interviewten Elternteils und Anzahl an Büchern im Haushalt) sowie des ökonomischen Kapitals (subjektive Einschätzung der finanziellen Situation der Familie), ergänzt durch den höchsten beruflichen Status des interviewten Elternteils (ISEI 08), ein Indikator für kulturelles und ökonomisches Kapital (Details zur Berechnung in Schimmer 2022).

Es wurden vier Schichten mit einer nahezu gleichen Spanne an Indexpunkten klassifiziert, die sich auch mit den subjektiven Einschätzungen der Forscherin im Sinne der Augenscheinvalidität decken. Für die folgenden Analysen wurden sie in zwei Gruppen zusammengefasst:

  • „Unterschicht“ (4,1 bis < 7,5 Indexpunkte, 24 % der Elternteile) und „untere Mittelschicht“ (7,5 bis < 10,5 Indexpunkte, 25 % der Elternteile); insgesamt 45 Elternteile.

  • „Obere Mittelschicht“ (10,5 bis < 13,5 Indexpunkte, 26 % der Elternteile) und „Oberschicht“ (ab 13,5 Indexpunkte, 26 % der Elternteile); insgesamt 48 Elternteile.

5.2 Fragebogen

Aufgrund des Mangels an quantitativen Studien und Instrumenten zum herkunftsspezifischen Passungserleben wurde ein standardisierter Fragebogen entwickelt, um zu prüfen, inwieweit das Fachkraft-Eltern-Verhältnis als positiv erlebt wird und durch Übereinstimmungen geprägt ist. Dabei wurden Aspekte wie Vertrauen, Unterstützung, Sympathie, aber auch das Vorhandensein von Konflikten in Zustimmungsfragen (5-stufige Likert-Skalen) operationalisiert (siehe Tab. 1), die in den Ergebnissen qualitativer Studien eine wichtige Rolle spielen.

Tab. 1 Komponentenladung der Variablen zum Passungserleben von Kita-Fachkräften und Eltern

Fachkräften und Eltern wurden die gleichen (spiegelbildlich formulierten) Fragen gestellt. Dabei wurden sie gebeten, ihre Antworten immer auf eine konkrete Person (Elternteil oder Fachkraft) zu beziehen, sodass der Vergleich der Bewertungen bei späteren Analysen möglich war (Hypothese 7). Der Fragebogen wurde im Jahr vor der Erhebung mit sechs Elternteilen und drei Fachkräften getestet.

Die qualitativen Befunde anderer Studien (siehe Kap. 3) deuten darauf hin, dass das Passungserleben ein multidimensionales Konstrukt ist, das Aspekte wie gleiche Erziehungsvorstellungen, gegenseitige Unterstützung oder Passungen einerseits und Spannungen und Konflikte andererseits umfasst. Jedoch ergab die Hauptkomponentenanalyse der 14 Variablen, dass bei der Bewertung des Eltern-Fachkraft-Verhältnisses durch die Fachkräfte nur von einer Skala ausgegangen werden kann. Die Hauptkomponente zeigt einen Eigenwert von 9,05 (Kaiser-Guttman-Kriterium) und auch der Scree-Plot unterstützt eindeutig die Verwendung einer Hauptkomponente. Die Ladungen der Variablen sind in Tab. 1 dargestellt. Die Hauptkomponente erklärt 65 % der Varianz und die interne Konsistenz der Variablen erreicht mit Cronbachs Alpha = 0,955 einen exzellenten Wert. Daher wurde ein MittelwertFootnote 1 über die 14 Variablen berechnet, der im weiteren Verlauf als Skala für das Passungserleben aus Sicht der Fachkräfte verwendet wird. Die Wahl eines Mittelwerts erleichtert den Vergleich mit der Bewertung der Eltern und ermöglicht insgesamt eine leichtere Interpretation der Ergebnisse.

Die Hauptkomponentenanalyse der Elternantworten ergab keine eindeutigen Ergebnisse. Das Kaiser-Guttmann-Kriterium deutet auf drei Hauptkomponenten hin, von denen jedoch nur zwei Eigenwerte knapp über 1 aufweisen und jeweils weniger als 10 % der Varianz erklären können. Der Scree-Plot spricht eindeutig für nur eine Hauptkomponente, weshalb in diesem Fall auch nur eine verwendet wurde. Die Ladungen der Items sind in Tab. 1 ersichtlich. Die Hauptkomponente erklärt 44 % der Varianz. Die Skala zeigt eine hohe interne Konsistenz mit einem Cronbachs Alpha von 0,878. Analog zur Vorgehensweise bei den Fachkräftebewertungen wurde ein Mittelwert über alle Variablen berechnet, um das Passungserleben der Eltern zu erfassen.

6 Ergebnisse

6.1 Deskriptive Statistik

In Tab. 2 finden sich Mittelwerte der 14 Variablen, die in die Skala „Passungserleben“ einfließen. Die Antwortskala umfasste Werte von 1 (stimme ganz und gar nicht zu) bis 5 (stimme voll und ganz zu). Je höher der Wert, desto passender wird das Fachkraft-Eltern-Verhältnis erlebt.

Tab. 2 Das Fachkraft-Eltern-Verhältnis aus Perspektive der Fachkräfte und der Eltern

Im Durchschnitt zeigen sich hohe Zustimmungswerte. Sowohl Eltern also auch Fachkräfte berichten überwiegend von einer hohen Passung im Fachkraft-Eltern-Verhältnis.

6.2 Prüfung der Hypothesen

Zur Prüfung der Hypothesen 1 und 2 wurde zunächst für die Skala „Passungserleben“ eine Pearson Produkt-Moment-Korrelation gerechnet. Als unabhängige Variable fließt der Herkunftsschichtindex des interviewten Elternteils ein.

Tab. 3 zeigt, dass die Skala „Passungserleben“ positiv mit dem Herkunftsschichtindex des interviewten Elternteils korreliert, r = 0,397, p < 0,000. Darüber hinaus wurde ein ungepaarter T‑TestFootnote 2 über die zwei Gruppen „Unterschicht“ und „untere Mittelschicht“ einerseits sowie „obere Mittelschicht“ und „Oberschicht“ andererseits gerechnet. Der T‑Test belegt auch hier hochsignifikante und starke Unterschiede der beiden Gruppen t (71,477) = −3,501, p < 0,001, d = −0,746. Während die Fachkräfte die Passung zu Eltern aus der Oberschicht und oberen Mittelschicht (N = 46) mit M = 4,44 (SD = 0,56) bewerten, liegt ihr Passungserleben mit Eltern aus der unteren Mittelschicht (N = 23) bei M = 4,05 (SD = 0,81) und mit Eltern aus der Unterschicht (N = 21) nur bei M = 3,70 (SD = 0,99). Hypothese 1 kann somit angenommen werden.

Tab. 3 Zusammenhang Herkunftsschichtindex und Passungserleben

Gleichzeitig zeigen die Daten aus Tab. 3, dass der Herkunftsschichtindex der Eltern in keinem Zusammenhang mit ihrem Passungserleben steht (r = −0,067, p = 0,559). Hypothese 2 wird somit abgelehnt.

Tab. 3 beinhaltet zudem einen interessanten Nebenbefund: Hinsichtlich des Prinzips der Reziprozität wäre ein Zusammenhang des Passungserlebens der Fachkräfte und der Eltern naheliegend. Die Daten zeigen jedoch keine Korrelation, dass Signifikanzniveau von 5 % wird knapp verfehlt (r = 0,199, p = 0,085).

Zur Prüfung der Hypothesen 3 und 4 wurde jeweils ein ungepaarter T‑Test gerechnet. Der Mittelwertvergleich zeigt zunächst, dass die Fachkräfte die Passung zu Elternteilen, die im Ausland geboren sind (N = 41), etwas schlechter beurteilen (M = 4,06, SD = 0,92) als die Passung mit in Deutschland geborenen Eltern (N = 49, M = 4,25, SD = 0,68). Der T‑Test belegt allerdings, dass die Unterschiede nicht signifikant sind, t (72,464) = −1,096, p = 0,277. Hypothese 3 muss entsprechende abgelehnt werden.

Das Passungserleben von Elternteilen, die im Ausland geboren sind (N = 31, M = 4,50, SD = 0,51), unterscheidet sich nicht vom Passungserleben der Elternteile, die in Deutschland geboren sind (N = 48, M = 4,49, SD = 0,45). Der T‑Test belegt entsprechend, dass es keine signifikanten Unterschiede gibt t (77) = 0,092, p = 0,927. Hypothese 4 wird daher ebenfalls abgelehnt.

Zudem zeigen sich nur kleine Unterschiede zwischen dem Passungserleben von Fachkräften hinsichtlich ihres Verhältnisses zu Eltern, die eine deutsche Familiensprache im Interview angaben (N = 58, M = 4,22, SD = 0,75), und Eltern mit nichtdeutscher Familiensprache (N = 31, M = 4,08, SD = 0,89). Der ungepaarte T‑Test belegt, dass die Unterschiede nicht signifikant sind, t (88) = −0,790, p = 0,432. Hypothese 5 wird entsprechend abgelehnt.

Aufgrund der fehlenden Normalverteilung in Kombination mit der kleinen Stichprobe für Eltern, deren Familiensprache nicht Deutsch ist (N = 21) wurde ein Mann-Whitney-U-Test berechnet, um zu prüfen, ob sich die Bewertung des Verhältnisses der Eltern entsprechend der Familiensprache unterscheidet. Die Verteilungen der beiden Gruppen unterscheiden sich nicht voneinander (Kolmogorov-Smirnov p > 0,05). So gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen dem Median von Eltern mit deutscher Familiensprache (Mdn = 4,57) und mit nichtdeutscher Familiensprache (Mdn = 4,71), U = 499,500, Z = −1,218, p = 0,223. Hypothese 6 wird daher ebenfalls abgelehnt.

Bereits in Tab. 2 fällt auf, dass die Fachkräfte das Fachkraft-Eltern-Verhältnis etwas negativer bewerten als die Eltern. Zur Prüfung der Hypothese 7 wurde für die Skalen „Passungserleben“ ein gepaarter T‑Test gerechnet. Die Bewertung der Passung durch die Fachkräfte ist signifikant schlechter als die der Eltern, t (75) = −3,596, p < 0,001, d = −0,412. Hypothese 7 wird somit angenommen.

7 Diskussion

Mit Blick auf Kitas wird im Zusammenhang mit der These der kulturellen Passung postuliert, dass Umgangsweisen, Normen sowie Erziehungsziele und -praktiken von Eltern je nach ihrer Kapitalausstattung in unterschiedlichem Maße mit denen von Kita-Fachkräften korrespondieren. In der vorliegenden Studie bestätigt sich, dass Fachkräfte eine positivere Beziehung und größere Übereinstimmungen mit Eltern wahrnehmen, die über höhere ökonomische und kulturelle Ressourcen verfügen. Konträr zur Hoffnung, dass der Kita-Besuch für Kinder mit geringer Kapitalausstattung zu besseren Bildungschancen führt, reiht sich dieses Ergebnis in zahlreiche Belege für ihre (nicht intendierte) Benachteiligung im Bildungssystem ein. Denn einer erfolgreichen Zusammenarbeit von Fachkräften und Eltern bzw. einer gelungenen Bildungs- und Erziehungspartnerschaft werden verschiedene Vorteile für das Kind zugeschrieben, z. B. die Vorbeugung möglicher Entwicklungsrisiken (Şengönül 2022) oder die positive Beeinflussung des Fachkraft-Kind-Verhältnisses (Otyakmaz und Döge 2015).

Eltern hingegen bewerten das Verhältnis zu den Fachkräften unabhängig von ihrer eigenen Kapitalausstattung sowie insgesamt etwas positiver als Fachkräfte. Diese beiden Erkenntnisse fügen sich in bereits bestehende Forschungsergebnisse ein (Otyakmaz und Döge 2015; Betz et al. 2019).

Es gibt mehrere mögliche Gründe dafür, dass das Passungserleben der Fachkräfte von der Kapitalausstattung der Eltern abhängig ist, während die Eltern unabhängig von ihrer Kapitalausstattung das Verhältnis zur Fachkraft bewerten. Erstens stehen Fachkräfte vor spezifischen Zielkonflikten, denn einerseits haben sie den Auftrag, eine partnerschaftliche Beziehung auf Augenhöhe mit den Eltern einzugehen, andererseits sollen sie bestimmte Bildungs- und Erziehungsziele im Hinblick auf das Kind verfolgen. Wenn diese Ziele nicht mit den Vorstellungen der Eltern übereinstimmen, kann sich dies auf die Beziehung zu den Eltern auswirken. Des Weiteren haben Fachkräfte mehr Kontakt zu verschiedenen Eltern als Eltern zu verschiedenen Fachkräften, was sie ggf. sensibler für Unterschiede zwischen den Eltern macht. Zudem ist es möglich, dass Eltern mit geringer Kapitalausstattung Machtstrukturen in der Kita als gegeben ansehen. Dementsprechend werden Regelungen und Routinen, pädagogische Ziele oder pädagogisches Handeln von Eltern unhinterfragt akzeptiert sowie anerkannt und schlagen sich nicht negativ in der Bewertung des Fachkraft-Eltern-Verhältnisses nieder. Darüber hinaus ist denkbar, dass die in der Befragung verwendeten Variablen das Passungserleben aus Sicht der Eltern nicht hinreichend erfassen.

In der vorliegenden Studie kann nicht belegt werden, dass das Verhältnis zwischen Fachkräften und Eltern durch das Geburtsland oder die Familiensprache der Eltern beeinflusst wird. Dabei zeigen zahlreiche qualitative Studien, dass der Migrationshintergrund der Eltern gerade aus Sicht der Fachkräfte ein zentrales Differenzmerkmal darstellt (z. B. Betz et al. 2019; Morgan 2016; Kuhn 2018). Aufgrund des empirisch nachgewiesenen Zusammenhangs von Migrationshintergrund und Kapitalausstattung kann der Befund ein Beleg dafür sein, dass von den Fachkräften wahrgenommene Nichtpassungen eher auf die weniger offensichtliche Kapitalausstattung der Eltern und damit verbundene Habitusunterschiede zurückzuführen sind als auf einen Migrationshintergrund oder Sprachkenntnisse. Dass in der vorliegenden Studie Fachkräfte nicht über Personengruppen (z. B. Familien aus sozialen Brennpunkten) sprachen, sondern nach ihrem Verhältnis zu konkreten Elternteilen gefragt wurden, kann als besondere Stärke der Untersuchung gelten. Dies macht aber auch deutlich, dass die Fachkräfte entsprechende schichtspezifische Unterschiede in der Beziehung zu Eltern nicht „herbeireden“, sondern wahrnehmen. Daher sollten habitusspezifische Dispositionen im Sinne einer „Habitussensibilität“ (Betz und Bischoff 2017; Sander 2014; Bischoff-Pabst 2020) professionell reflektiert werden, um soziale Ungleichheiten nicht weiter zu verschärfen. Der für diese Studie entwickelte Fragebogen kann in diesem Sinne in der Praxis genutzt werden, das Passungserleben zu prüfen, kritisch zu reflektieren und weiterzuentwickeln.

Obwohl die Stichprobengröße der Studie vergleichsweise klein war, konnten dennoch signifikante und konsistente Effekte identifiziert werden, die auf eine potenzielle Generalisierbarkeit der Ergebnisse hinweisen. Insbesondere ist es gelungen, Familien mit unterschiedlicher Kapitalausstattung zu erreichen. Dennoch sei angemerkt, dass weitere Forschungen mit größeren Stichproben erforderlich sind, um diese Ergebnisse zu bestätigen und z. B. eine Differenzierung der Analyse nach Geburtsland der Eltern zu ermöglichen. Eine höhere Anzahl befragter Fachkräfte würde zudem eine Unterscheidung nach ihrem sozialen oder kulturellen Hintergrund ermöglichen, da Habitusmuster von Fachkräften mitunter milieuspezifisch ausgeformt sind und dies die pädagogische Praxis beeinflusst (Bischoff-Pabst 2020).