1 Einleitung

Das Beschreiben ist eine grundlegende Sprachhandlung im Sachunterricht (Gesellschaft für Didaktik des Sachunterrichts, GDSU 2013) und wird als bildungssprachliche Diskursfunktion angesehen (Hövelbrinks 2014; Steinhoff 2019). Vorgangsbeschreibungen, die Prozesse oder Kreisläufe wiedergeben, erfordern den Rückgriff auf das Beschreiben als zentralen Texthandlungstyp. Dieser setzt sich aus verschiedenen Textprozeduren, wie z. B. dem Vergleichen, zusammen (Feilke 2014; Feilke und Rezat 2020). Sie ermöglichen, dass über eine rein deskriptive Darstellung hinausgegangen und der darzustellende Vorgang u. a. durch das Aufzeigen von Ursache-Wirkungszusammenhängen verständlicher für den Adressaten bzw. die Adressatin wird (Schmölzer-Eibinger und Fanta 2014). Der Schreibende agiert zudem bildungssprachlich funktional, wenn er bzw. sie auf Handlungsschemata des Beschreibens zurückgreift und damit Anforderungen von Sachtexten im Fachunterricht erfüllt (Anskeit und Steinhoff 2019). Nicht geklärt ist, welche Handlungsschemata Lernende der Primarstufe verwenden, wenn sie Vorgangsbeschreibungen realisieren. Ziel der Studie ist es daher, sowohl theoriegeleitet als auch empirisch, mittels einer inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse (Kuckartz 2014) von Schülertexten, ein Kriterienraster für den Texthandlungstyp Beschreiben zu entwickeln.

2 Sachunterricht und Sprache

Der Zusammenhang zwischen dem fachlichen und sprachlichen Lernen wird in vielen Rahmenrichtlinien des Fachs Sachunterricht (s. exemplarisch Niedersächsisches Kultusministerium 2017) sowie im Fachdiskurs hervorgehoben (siehe dazu u. a. Ahrenholz et al. 2019; Giest et al. 2021; Rank und Wildemann 2022). „Sachunterricht hat mit Sprache zu tun, und Sprachbildung kann in sinnhafter Weise nicht ohne Bezug auf Sachen stattfinden“ (Giest et al. 2021, S. 9). Dabei wird Sprache als Werkzeug verstanden, das „der Aneignung, der Verarbeitung, der Modellierung und Konzeptualisierung der Inhalte (durch Konstruktion und Repräsentation) sowie der darauf bezogenen Kommunikation, Reflexion und damit der Orientierung und Einordnung von Erfahrungen“ (GSDU 2013, S. 11) dient. Durch Sprache als Mittel wird es möglich, fachliche Präkonzepte von Lernenden aufzugreifen und weiterzuentwickeln.

Mit Blick auf die „Kompetenzentwicklung in didaktischen Netzen“ führt Kahlert u. a. an, dass Lernende „Phänomene, Abläufe und Beobachtungen nachvollziehbar beschreiben und zunehmend fachliche Begriffe nutzen“ (Kahlert 2016, S. 227) sollen. Auch im Perspektivrahmen Sachunterricht (GDSU 2013) findet der Texthandlungstyp Beschreiben Verwendung. Deutlich wird, dass Schülerinnen und Schüler über rein deskriptive Beschreibungen hinausgehen und „einfache Ursache-Wirkungszusammenhänge […] angemessen sprachlich darstellen“ (GDSU 2013, S. 41) sowie Funktionsweisen beschreiben sollen (ebd., S. 70; Koch et al. 2021). Zanker und Hartmann (2021) kritisieren, dass im Perspektivrahmen weder eine Operationalisierung, noch eine sprachliche Progression der angeführten Operatoren erfolgt. Sie fordern eine „systematische und kritische Beschäftigung mit den angeführten Diskursverben“ (ebd., S. 125), die sie in Anlehnung an Vollmer und Thürmann (2010) auch als bildungssprachliche Schlüsselfunktionen im Wissenserwerb erachten.

2.1 Bildungssprachliche Textprozeduren

Die Aneignung von Bildungssprache im Rahmen einer Durchgängigen Sprachbildung stellt ein zentrales Ziel des Sachunterrichts dar (GDSU 2013; Giest et al. 2021). Bisherige Studien hatten vor allem das Anliegen, den Sprachstand von Lernenden zu ermitteln, um bildungssprachliche Herausforderungen zu identifizieren (Hövelbrinks 2014; Rank et al. 2018; Fornol 2020); teilweise mit einer isolierten Identifikation lexikalisch-semantischer und grammatischer bildungssprachlicher Mittel. Bildungssprachliche Fähigkeiten gehen aber darüber hinaus bzw. beinhalten Sprachhandlungen, innerhalb derer die sprachlichen Oberflächenmerkmale einzubetten sind (Morek und Heller 2019; Feilke 2019; Steinhoff 2019):

Neben einem Formulierungswissen, das morphologisch-syntaktische und lexikalische Komponenten im engeren Sinne umfasst, gehören zur Bildungssprache Diskurs- und Textkompetenzen, d. h. Musterwissen über den Aufbau von Textsorten und die konventionelle Art und Weise, bestimmte Sprachhandlungen auszuführen, also zum Beispiel zu berichten, zu beschreiben, zu begründen, zu argumentieren, zu erklären (Lengyel 2010, S. 597).

Gemäß Gogolin und Lange (2011) stellen sich Lernende, die über angemessene bildungssprachliche Fähigkeiten verfügen, auf spezifische sprachliche Anforderungen ein, „die – je nach Aufgabenstellung, fachlichem oder situativem Kontext – funktional sind“ (ebd., S. 116). Laut Morek und Heller (2012) dient Bildungssprache der Vermittlung kognitiver Informationen, ist referentiell eindeutig sowie inhaltlich kondensiert und erzeugt textstrukturelle Transparenz. Damit ist die Beherrschung von Bildungssprache als Medium des Wissenstransfers grundlegend, um die im Sachunterricht dominierende Textsorte des Sachtextes zu verstehen und selbst verschriften zu können. Lernende stehen dabei vor der Herausforderung, fachliche Texte zu produzieren, die „in der Regel möglichst unabhängig von ihrem situativen Kontext verstanden werden können“ (Kniffka und Roelcke 2016, S. 72). Sie benötigen Diskurs- und Textkompetenzen, die eine Umsetzung bildungssprachlicher Funktionen ermöglichen, sodass den Anforderungen an die Textsorte des Sachtextes entsprochen werden kann.

„Für die Erforschung bildungssprachlicher Handlungen bieten sich die Konzepte der ‚alltäglichen Wissenschaftssprache‘, der ‚Praktiken‘ und der ‚Textprozeduren‘ an, weil sie einschlägig, theoretisch fundiert und empirisch erprobt sind“ (Steinhoff 2019, S. 342). Das letztgenannte Konzept ist für die vorliegende Studie von Bedeutung: Textprozeduren stellen zweiseitige Einheiten, bestehend aus einem Handlungsschema (Funktion) sowie einem begrenzten Inventar von Textprozedurenausdrücken (Form), dar (Feilke und Rezat 2020). Sie sind „stabile und wiederkehrende Elemente in Schreibprozessen, und sie sind kompositionelle und flexible Elemente in Texten als Produkten“ (Feilke 2010, S. 1). Damit erleichtern sie das Verstehen sowie die Produktion von Texten. Feilke und Rezat (2020) zeigen auf, dass Texte auf Grundlage des Konzepts der Textprozeduren bausteinartig durchgliedert werden können. Auf der ersten Ebene ist die Textsorte mit ihrer globalen Funktion (z. B. Informieren, Appellieren oder Kontaktieren) zu verorten. Ihre Realisierung erfolgt durch Texthandlungstypen wie dem Erzählen, Beschreiben, Anleiten oder Erklären, die damit der zweiten Ebene zugeordnet werden. Auf der dritten Ebene befinden sich die Textprozeduren (Form-Funktions-Paare), aus denen sich die jeweiligen Texthandlungstypen zusammensetzen. So wird in einem Sachtext, welcher der Information dient, vornehmlich auf den Texthandlungstyp Beschreiben zurückgegriffen. Dieser wird u. a. durch das Handlungsschema des Vergleichens realisiert, indem spezifische Textprozedurenausdrücke (z. B. sieht aus wie) verwendet werden (Feilke 2014; Feilke und Rezat 2020). Damit ist die „Einheit von Handlungsschemata und Ausdruck“ (Feilke 2014, S. 14; Hervorhebungen im Original) zentral für die Beschreibung von Textprozeduren: „Nicht das Muster an sich, sondern der Gebrauchszusammenhang ist kompetenzrelevant“ (Feilke 2010, S. 3). Dies bedeutet, dass bildungssprachliche Funktionen, wie z. B. die Erzeugung textstrukturelle Transparenz, durch die Realisierung von Textprozeduren erreicht werden können: Der oder die Lesende erhält eine räumliche Orientierung und wird kognitiv gesteuert, wenn der oder die Schreibende Informationen in seinem bzw. ihrem Text lokalisiert. Die Lokalisierung erfolgt auf der Ausdrucksebene durch sprachliche Werkzeuge der Raumdeixis, wie z. B. lokalen Adverbien (Feilke und Rezat 2020). Dies bedeutet, dass bildungssprachliche Textprozeduren dazu beitragen, textsortenspezifische Anforderungen zu erfüllen. So wird beispielsweise eine allgemeingültige Darstellung in Sachtexten erwartet (Drumm 2016), die durch die Realisierung der Textprozedur des Verallgemeinerns erfüllt wird und der folgendes Handlungsschema zugeordnet werden kann: „Sachverhalte als unabhängig von persönlichen, zeitlichen und lokalen Situationsbezügen darstellen und als allgemein gültig behaupten“ (Feilke 2012, S. 9), indem z. B. das Passiv oder die man-Konstruktion verwendet wird.

Das Konzept der Textprozeduren wird in der Deutschdidaktik breit rezipiert. Studien fokussieren unterschiedliche Texthandlungstypen, Fächer sowie Altersklassen (Anskeit 2019; Akbulut et al. 2021; Rezat 2021; Marx und Steinhoff 2021; Michalak et al. 2021). In der Sachunterrichtsdidaktik werden bislang u. a. Texthandlungstypen wie das Erklären im Rahmen des politischen oder naturwissenschaftlichen Lernens untersucht (Asen-Molz und Rank 2021; Krupinski et al. 2021). Studien, die den Texthandlungstyp Beschreiben im Fach Sachunterricht fokussieren, liegen u. W. nicht vor, obwohl das Beschreiben als zentrale Sprachhandlung des Faches erachtet wird (Hövelbrinks 2014; Gadow 2016; Zanker und Hartmann 2021).

2.2 Der Texthandlungstyp Beschreiben im Sachunterricht

Im Fach Sachunterricht sollen zum einen Gegenstandsbeschreibungen, z. B. in Form von Beschreibungen morphologischer Merkmale von Tieren und Pflanzen (GDSU 2013, S. 45), angefertigt werden. Zum anderen sollen die Lernenden Vorgangsbeschreibungen verfassen. Diese können informierend-anleitend ausfallen, wie beispielsweise bei der Darstellung einer Versuchsdurchführung (Beese und Roll 2013). Wenn Schülerinnen und Schüler jedoch „einfache Sachverhalte und Zusammenhänge zu ausgewählten Phänomenen beschreiben“ (GDSU 2013, S. 52), haben diese Texte eine informierend-explikative Funktion (Rüßmann 2018). Es geht dabei weniger um das Leiten durch einen Vorgang, sondern um das Informieren über (chronologische) Prozesse mit Einbezug von Ursache-Wirkungszusammenhängen (GDSU 2013; Kahlert 2016).

Der Zweck einer Beschreibung besteht darin, ein möglichst genaues Abbild eines Sachverhalts beim Adressaten zu erzeugen (von Stutterheim und Kohlmann 2001). Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Beschreiben unterschiedliche Erfahrungen sowie individuelle Verständnis- und Informationsstrukturen zugrunde liegen. Eine exakte Abbildung der Realität ist somit nicht möglich (Feilke 2005). Dies ist auch mit der erforderlichen Adressatenorientierung zu begründen. Der „beschreibende Text muss (wie auch immer geartete Lesende) in die Lage versetzen, das Beschriebene nachkonstruieren zu können, indem das vorhandene Welt- und Sachwissen für die Vorstellungsbildung genauso berücksichtigt wird wie die Erwartungen an das Beschriebene“ (Rüßmann 2018, S. 56). Die Herausforderung besteht darin, dass Sachwissen aus anderen Texten neu strukturiert werden muss. Dies erfordert zum einen die Darstellung einer zeitlichen Abfolge. Zum anderen muss eine Anordnung und Strukturierung der Informationen in Zusammenhängen erfolgen, damit das Ziel der Beschreibung – die Vermittlung von Sachwissen – erreicht werden kann (Hövelbrinks 2014). Sinnvolle und kohärente Beschreibungen beinhalten u. a. das Handlungsschema des Erklärens (Schmölzer-Eibinger und Fanta 2014). Durch die Darstellung von Ursache-Wirkungszusammenhängen werden Beschreibungen funktional: „Eine funktionale Beschreibung ist nach der Funktion der beschriebenen Elemente organisiert und übersteigt insofern die reine Wahrnehmungsorientierung der sprachlichen Wiedergabe“ (Redder 2013, S. 120). Zudem betont Feilke (2005), dass Beschreibungen sich nicht ausschließlich auf sichtbare Räume beziehen, da insbesondere Vorgangsbeschreibungen über die Darstellung räumlich-statischer Sachverhalte hinausgehen.

Für den naturwissenschaftlichen Sachunterricht konnte Hövelbrinks (2014) das Beschreiben als zentrale Sprachhandlung neben dem Berichten, Erklären und Explorieren herausarbeiten. Sie ordnete mündliche Äußerungen von Erstklässlerinnen und -klässlern, die mehr als drei bildungssprachliche Mittel enthielten, verschiedenen Sprachhandlungen zu. Die Beschreibungen der Lernenden stellten sowohl Vorgangs- als auch Zustandsbeschreibungen dar. Beide Formen definierte Hövelbrinks als die Darstellung stetiger Eigenschaften, die im Gegensatz zum Berichten über einen Einzelfall hinausgeht. Die Analysen zeigten, dass die Lernenden beim Beschreiben auf Hypotaxen, Haupt- und Nebensatzkonnektoren, trennbare Verben, Präpositionen, die man-Form, untrennbare Verben, Nominalisierungen sowie Adjektivattribute zurückgriffen. Auch Gadow (2016) sowie Rank et al. (2018) und Fornol (2020) konnten empirisch belegen, dass Grundschülerinnen und -schüler im Mündlichen bzw. Schriftlichen auf die Sprachhandlung des Beschreibens zurückgreifen und in der Lage sind, diese funktional zu realisieren.

3 Forschung zu (bildungssprachlichen) Textprozeduren

In der Deutschdidaktik existieren verschiedene Studien (vgl. Abschn. 2.1), die sich mit Textprozeduren auseinandersetzen, da angenommen wird, dass ihre Realisierung die Qualität eines Textes beeinflusst und sie damit „die stabilen und als Ressourcen zur Verfügung stehenden Komponenten der Textkompetenz“ (Feilke 2014, S. 21; Hervorhebung im Original) darstellen. Nachfolgend wird der Blick auf Studien gelegt, die sich mit Textprozeduren informierender Texte befassen und Hinweise darauf geben, welche Textprozeduren den Texthandlungstyp Beschreiben kennzeichnen.

Für eine Beschreibung ist die Wahrnehmung des zu beschreibenden Gegenstandes vom Beschreibenden selbst ebenso bedeutsam wie eine Orientierung des Adressaten bzw. der Adressatin (vgl. Abschn. 2.2). Aus diesem Grund erachtet Anskeit (2019) die Textprozedur des Perspektivierens als Schlüsselprozedur für das Verfassen einer gelungenen Zimmerbeschreibung. In ihrer Interaktionsstudie untersucht sie, welche schreibdidaktischen Maßnahmen die Qualität von Zimmerbeschreibungen von Viertklässlerinnen und -klässlern beeinflussen. Dabei zeigt sich, dass von Prozedurenausdrücke des Perspektivierens dazu beitragen, „dass sich die Qualität der Schülertexte im Vergleich von Texterst- und Textendfassung signifikant erhöht“ (Anskeit 2019, S. 311). Die Prozedurenausdrücke wurden in Anlehnung an Augst et al. (2007) zusammengetragen. Sie unterstützen u. a. das Anführen eines einleitenden Referenzpunktes (Wenn man in mein Zimmer kommt, sieht man …) sowie eine binnenstrukturierte Anführung des Inventars, „um die kontinuierliche Orientierung im Raum sicherzustellen“ (Anskeit 2019, S. 87). Auch innerhalb der Studie von Rüßmann (2018) war die Orientierung der Lesenden von Bedeutung. Datengrundlage waren Personenbeschreibungen von Lernenden der sechsten Jahrgangsstufe, die ebenfalls in unterschiedlichen Schreibarrangements verfasst wurden. Für das prozedurenprofilierte Schreibarrangement stellte Rüßmann auf Basis einer Pilotierung acht Textprozeduren zusammen, die für die Anfertigung einer Personenbeschreibung von Bedeutung sind: Kategorisieren (… bei … handelt es sich um …), Kontextuieren (… hält sich … auf; befindet sich in …), Vergleichen (… erinnert an …; … sieht aus wie …), Visualisieren (… ganz oben sieht man …; … am auffälligsten ist …), Strukturieren (… hat … Kopf …; … trägt … Schuhe …), Verorten (… auf dem …; … in der …), Agentivieren (… mit … kann …; … um … zu …) und Deuten (… verfolgt das Ziel …; … will … weil …) (Rüßmann 2018).

Knopp et al. (2014) untersuchten u. a. einen Instruktionstext (Anleitung zum Nudelkochen). Sie prüften, ob das Vorhandensein einer texteröffnenden Textprozedur (Elemente, die eine chronologische Abfolge einleiten und markieren, wie z. B. zuerst) sowie textschließender Textprozeduren (formelhafte Markierungen des Textabschlusses, wie z. B. Guten Appetit!) die Textqualität beeinflusst. Es zeigte sich, dass die Qualität derjenigen Texte höher war, die texteröffnende Prozeduren umfassten (F (1,275) = 11,20, p = 0,001, partielles η2 = 0,043). Auch die Texte, die textabschließende Prozeduren enthielten, hatten höhere Werte bei der Textqualität als diejenigen, bei denen der Textschluss nicht markiert war (F (1,275) = 4,90, p = 0,028, partielles η2 = 0,031). Die Forschergruppe weist jedoch darauf hin, dass unklar bleibt, „ob die bessere Textqualität – und damit die höhere Textkompetenz – eine Folge des Einsatzes der Textprozeduren ist, oder ob die höhere Textkompetenz auch zu einem vermehrten Einsatz von Textprozeduren führt“ (Knopp et al. 2014, S. 126). Auch Feilke und Rezat (2020) befassten sich mit einem Instruktionstext, einer Bastelanleitung. Basierend auf der Analyse des Textes einer Schülerin arbeiteten sie charakteristische Textprozeduren heraus: Perspektivieren (der Standpunkt, von dem aus beschrieben wird, wird verdeutlicht, z. B. … ein Blatt Papier und legst es im Hochformat vor dich hin), Qualifizieren (dem zu Beschreibenden werden Eigenschaften zugesprochen und es wird mit etwas in Beziehung gesetzt, z. B. die Postkarte an der langen Seite, die beiden äußeren Kanten, Eck auf Eck, offene Seite), Lokalisieren (der oder die Lesende wird räumlich orientiert, z. B. In der Mitte (falten), von oben und unten (einschneiden), nach oben, rechts und links) und Temporalisieren (eine zeitliche Orientierung für den Leser bzw. die Leserin erfolgt, z. B. Man beginnt …, zuerst, dann, jetzt, nun, danach, zunächst). Dieser Einblick in Studien aus der Deutschdidaktik zeigt, dass sich grundlegende Anforderungen an das Beschreiben, wie eine adressatengerechte Darstellung der Inhalte (vgl. Abschn. 2.2), durch Textprozeduren umsetzen lassen. Deutlich wird jedoch auch, dass je nach Textsorte unterschiedliches beschreibendes Texthandeln erforderlich ist (Rüßmann 2018).

4 Forschungsdesign

4.1 Forschungsfrage

Das Beschreiben stellt im Sachunterricht eine zentrale Sprachhandlung dar (Hövelbrinks 2014). Eine Operationalisierung selbiger steht aber noch aus (Zanker und Hartmann 2021). Neben Gegenstandsbeschreibungen spielen im Sachunterricht auch Vorgangsbeschreibungen eine wichtige Rolle. Dabei werden sowohl instruktive Texte (z. B. Beschreibung einer Versuchsdurchführung) als auch informative Texte (z. B. Beschreibung des Wasserkreislaufs) eingefordert. In Orientierung an das Konzept der Textprozeduren nach Feilke (2014) ist davon auszugehen, dass dem Texthandlungstyp Beschreiben und damit informativen Texten Basisprozeduren, wie z. B. Strukturieren oder Vergleichen, zugrunde liegen, je nach Textsorte aber auch textsortenspezifische Prozeduren, wie z. B. Verallgemeinern, realisiert werden müssen (Feilke und Rezat 2020). Für Textsorten im Fach Deutsch liegen erste Ergebnisse vor (vgl. Kap. 3). In der darzustellenden Studie soll dagegen Texte aus dem Sachunterricht hinsichtlich des bildungssprachlichen Texthandlungstyps Beschreiben erforscht werden. Ziel ist es, ein erstes Kriterienraster textsortenspezifischer Prozeduren für naturwissenschaftliche und technische Vorgangsbeschreibungen zu entwickeln, das nachfolgend mit Blick auf andere Inhalte des Sachunterrichts erweitert bzw. angepasst werden kann. Im Zentrum steht dabei die Forschungsfrage: Welche Handlungsschemata des Texthandlungstyps Beschreiben lassen sich in elaborierten Vorgangsbeschreibungen aus dem naturwissenschaftlichen und technischen Lernbereich, die von Drittklässlerinnen und -klässlern verfasst wurden, identifizieren?

4.2 Datenerhebung und Stichprobe

Ausgangspunkt für die darzustellende Analyse ist das abgeschlossene Projekt von Fornol (2020), in dessen Rahmen die Realisierung bildungssprachlicher Mittel in Vorgangsbeschreibungen von Lernenden (n = 474) im Fach Sachunterricht untersucht wurde. Teilgenommen haben 17 Klassen der zweiten bis vierten Jahrgangsstufe. Die Datenerhebung erfolgte im Zeitraum von einem Jahr klassenweise an drei Messzeitpunkten. Die Lernenden haben sich mit unterschiedlichen Themen im Sachunterricht auseinandergesetzt und erhielten zum Abschluss der jeweiligen Unterrichtseinheit die folgende – an die Thematik der Unterrichtseinheit angepasste – Schreibaufgabe: Beschreibe XY so genau wie möglich für eine Person, die nicht mit uns im Unterricht gewesen ist. Basierend auf einem deduktiv entwickelten Kategoriensystem in Anlehnung an Hövelbrinks (2014) wurden u. a. das Vorhandensein und die Häufigkeit bildungssprachlicher Mittel in den Texten mit Hilfe einer quantitativen Frequenzanalyse (Mayring 2015) erfasst. Datengrundlage für die nachfolgende Analyse bildet eine Teilstichprobe, die mittels verschränktem Sampling (Kuckartz 2014) bestimmt wurde. Um Handlungsschemata des Beschreibens innerhalb von naturwissenschaftlichen und technischen Vorgangsbeschreibungen zu ermitteln, wurden bildungssprachlich elaborierte Texte analysiert. Daher wurden aus dem Datenkorpus diejenigen 18 Texte ausgewählt, denen frequenzanalytisch die häufigste Verwendung bildungssprachlicher Mittel zugeschrieben wurde. Die Texte wurden zu den Themen Die Verdauung, Der Weg des Wassers durch die Kläranlage sowie Der Weg des Stroms vom Kohlekraftwerk bis zur Steckdose verfasst. Sie haben eine Länge von 118 bis 226 Wörter und beinhalten 80 bis 109 bildungssprachliche Mittel. Die 18 Texte stammen von 16 Lernenden, da zwei Kinder jeweils zwei Texte verfasst haben. Von 15 Schülerinnen und Schülern liegen Hintergrundinformationen aus dem Elternfragebogen vor. Die Texte stammen von fünf Mädchen und zehn Jungen. Sie sind durchschnittlich 9,6 Jahre alt. 14 Kinder sind einsprachig deutsch aufgewachsen. Ein Kind hat in den ersten drei Jahren neben der deutschen Sprache eine weitere Sprache erworben.

4.3 Datenauswertung und Kriterienkatalog

Die Analyse der Daten erfolgte auf Grundlage der inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2014). Jeder Text stellte eine Analyseeinheit dar und wurde vor der Analyse orthographisch, aber nicht grammatikalisch korrigiert, um die Lesbarkeit zu erleichtern. Die Auswertung erfolgte in sieben Schritten (Kuckartz 2014). Basierend auf empirischen Befunden sowie theoretischen Annahmen zum Texthandlungstyp Beschreiben wurden zunächst thematische Hauptkategorien deduktiv entwickelt, welche diejenigen Textprozeduren darstellen, die dem Texthandlungstyp zugeordnet werden können: Verallgemeinern, Definieren, Vergleichen, Temporalisieren, Lokalisieren und Erklären. Im Anschluss wurde das gesamte Datenmaterial der Hauptuntersuchung kodiert. Auf dieser Basis und den Befunden einer Pilotierung wurden die Kriterien induktiv überarbeitet bzw. ausdifferenziert. So wurde u. a. mit dem Strukturieren eine neue Hauptkategorie entwickelt, die das Temporalisieren und Lokalisieren neben texteröffnenden und textabschließenden Prozeduren beinhaltet. Übergeordnetes Handlungsschema dieser Prozeduren ist die Orientierung des Adressaten bzw. der Adressatin bei der Darstellung des Sachverhalts (Tab. 1).

Tab. 1 Kriterien für den Texthandlungstyp Beschreiben in Vorgangsbeschreibungen im Sachunterricht

Der sich anschließende zweite Kodierprozess wurde mittels MAXQDA 2020® durchgeführt. Dabei wurden Sinneinheiten erfasst, da u. a. die Darstellung von Ursache-Wirkungszusammenhängen oft über Satzgrenzen hinausgeht. Mehrfachkodierungen waren möglich, da einzelnen Textsequenzen mehrere Handlungsschemata zugeordnet werden konnten. 25 % des Datenmaterials wurden von einem Interkoder kodiert (Cohens Kappa ҡ = 0,84).

5 Ergebnisse der Analyse

Die qualitativen Befunde werden zusammenfassend wiedergegeben und jeweils mit Beispielen veranschaulicht. Die Abfolge der Darstellung orientiert sich an den Hauptkategorien des Kriterienrasters (vgl. Abschn. 4.3).

Das Strukturieren dient der klaren, informationsstrukturellen Gliederung eines Textes (Morek und Heller 2012), dem der Beschreibende nachkommen muss, um den Adressaten zu orientieren. Dies erfordert, dass sich der Verfasser bzw. die Verfasserin dem zu beschreibenden Prozess neu widmen und zunächst die Frage nach dem Wie der Darstellung klären muss (Klotz 2013). In drei Texten zum Thema Kläranlage und einem Text zum Thema Stromproduktion wurde der Ausgangspunkt der Darstellung durch eine texteröffnende Prozedur (z. B. Der Rechen ist der erste Schritt in einer Kläranlage, Text 15_StDiS18) markiert. Eine textabschließende Prozedur (z. B. Dort wird alles weiter zerkleinert und schließlich über den After ausgeschieden, Text 2_EiHeS10) konnte dagegen in zwei Texten zum Thema Verdauung identifiziert werden. In allen Texten wurden lokal-strukturierende Prozeduren verwendet, d. h. der Vorgang wurde durch Orientierung an einzelnen Stationen des jeweiligen Prozesses wiedergegeben (z. B. Mund, Speiseröhre, Magen usw.; Kohlekraftwerk, Mühle, Brenner usw.; Rechen, Vorklärbecken, Fett- und Sandfang usw.), die als räumliche Ankerpunkte fungieren (Feilke und Tophinke 2016). In 17 Texten wird eine chronologische Ordnung erzeugt, indem die Abfolge der Stationen temporal markiert wird. Dabei greifen die Lernenden vornehmlich auf lokale Adverbien wie dann, schließlich, danach, jetzt sowie nun zurück.

Durch das Verallgemeinern kann dargestellt werden, dass es sich um einen grundlegenden, überzeitlich gültigen Prozess handelt (von Stutterheim und Kohlmann 2001), bei dem situative Bezüge ausgeblendet werden, sodass Allgemeingültigkeit erzeugt wird (Feilke 2012; Kniffka und Roelcke 2016). In allen Texten lässt sich eine Verallgemeinerung durch Deagentivieren identifizieren, indem auf das Zustand‑, Vorgangspassiv oder die Passiversatzform-man zurückgegriffen wird (z. B. Danach wird die Kohle angezündet, Text 3_EiHeS09). Darüber hinaus enthalten sechs Texte die Teilhandlung des indirekten Verallgemeinerns, indem Pronomen realisiert werden, die nicht auf bestimmte Individuen bzw. eine Personengruppe wie die eigene Familie, sondern auf die Gattung Mensch rekurrieren (Fornol 2020): Jeder hat einen Hausanschluss, Text 7_EiHeS11.

Das Vergleichen, Definieren und Erklären unterstützen das Verständnis des Lesers bzw. der Leserin und dienen damit dem Aufbau von Sachwissen. In sieben Vorgangsbeschreibungen werden Vergleichsprozeduren realisiert (z. B. Im Rechen wird der große Schmutz entfernt. Im Grunde funktioniert er wie ein Küchensieb, Text 14_StDiS20). Die Vergleichsobjekte stammen aus dem Alltag (z. B. Bohne, Schlauch, Rohr, Magnet). Es handelt sich also um vermeintlich bekannte und damit adäquate Vergleichsobjekte (Feilke 2012), die den Aufbau eines Vorstellungsbilds unterstützen. Einige Lernende nehmen zudem Bedeutungszuweisungen vor, indem sie definieren. In zwei Texten lassen sich klassisch-aristotelische Definitionen finden. So findet sich in Text 1_EiHeS09 die folgende Formulierung: Die Speiseröhre ist ein muskulöser Schlauch. Neben dieser Art der Definition wurden in dem Text von EiHeS09 exemplarische Definitionen realisiert (z. B. Speisen, wie Brot, Gemüse oder Obst bleiben 1–2h im Magen). In einem weiteren Text zum Thema Kläranlage finden sich ebenfalls beide der untersuchten Definitionsarten. Darüber hinaus konnten exemplarische Definitionen in zwei Texten zum Thema Stromproduktion (z. B. Dann fließt der Strom zu den Verbraucher, z.B. Lampe oder Kühlschrank, Text 11_EiScS05) sowie einem weiteren Text zum Thema Kläranlage kodiert werden.

Auch Handlungsschemata des Erklärens lassen sich in dem Datenmaterial wiederfinden. Wie in Abschn. 2.2. dargestellt, erfordern kohärente Beschreibungen den Rückgriff auf das Handlungsschema Erklären. Die Lernenden der dritten Jahrgangsstufe formulieren Erklärungen, die darstellen, was ein Objekt ausmacht bzw., was seine Aufgabe ist (z. B. Der Stromzähler zählt, wie viel Strom man verbraucht, Text 9_EiScS02). Hier konnten insgesamt 35 Kodierungen vorgenommen werden, und zwar in allen 18 Texten, d. h. in vielen Texten wurde das Erklären, was mehrfach realisiert. Auch hinsichtlich des Erklären, warum gab es bis zu zwei Kodierungen pro Text. Insgesamt wurden acht Kodierungen in fünf Texten vorgenommen (z. B. Der Rauch ist umweltschädlich und wird deshalb, mehrmals gefiltert, in die Luft geblasen, Text 12_EiScS11). Auch das Erklären, wie wurde teilweise zweimal pro Text realisiert. Insgesamt wurden 16 Kodierungen in 12 Texten vorgenommen, wobei neun Texte zu dem Thema Stromproduktion verfasst wurden (z. B. Danach wird die Kohle im Brenner verbrannt. Dadurch entsteht Hitze, mit der Wasser erhitzt wird, Text 9_EiScS02).

6 Limitationen und Ausblick

Im Rahmen der Studie wurde ein erstes Kriterienraster für den Texthandlungstyp Beschreiben entwickelt. Er zeigt Handlungsschemata auf, die Lernende beim Verfassen von naturwissenschaftlichen und technischen Vorgangsbeschreibungen im Fach Sachunterricht zu ausgewählten Themen realisieren. Bei der deduktiv-induktiven Entwickelung der Kriterien wurden ausschließlich Texte untersucht, die aufgrund ihrer sprachlich-fachlichen Verfasstheit bereits als elaborierte (bildungssprachliche) Texte eingeordnet wurden. Für die Validierung des Kriterienrasters ist eine Auswertung auf Basis eines breiteren Textkorpus an Vorgangsbeschreibungen aus dem naturwissenschaftlichen und technischen Lernbereich des Sachunterrichts erforderlich. In einem weiteren Schritt ist dann zu prüfen, ob sich (einzelne) der hier identifizierten Handlungsschemata zum Texthandlungstyp Beschreiben für weitere sachunterrichtliche Themen bestätigen.