Die Überzeugungen von Personen, inwieweit menschliche Eigenschaften und Fähigkeiten veränderbar oder stabil sind, kann sich entscheidend auf deren lern- und leistungsbezogenes Verhalten auswirken (siehe Burnette et al. 2013). Der Ansatz von Carol Dweck (siehe Dweck und Leggett 1988; Dweck 2000; für einen historischen Abriss des Ansatzes und dessen Wurzeln siehe Dweck und Yeager 2019) systematisiert solche Überzeugungen unter dem Begriff der impliziten Theorien (welche auch als Mindsets bezeichnet werden; siehe Lüftenegger und Chen 2017). In diesem Zusammenhang wird zwischen zwei impliziten Theorien unterschieden: einer Wachstumstheorie (growth mindset) und einer Entitätstheorie (fixed mindset). Während Personen mit einer Wachstumstheorie (Wachstumstheoretiker/-innen) davon ausgehen, dass sich menschliche Fähigkeiten durch gezieltes Üben wesentlich verbessern lassen, gehen Personen mit einer Entitätstheorie (Entitätstheoretiker/-innen) davon aus, dass Fähigkeiten einen stabilen und unveränderlichen Kern besitzen. Implizite Theorien werden dabei oft als ein Kontinuum verstanden, das sich von einer starken Wachstumstheorie bis hin zu einer starken Entitätstheorie erstreckt (siehe Lüftenegger und Chen 2017). Implizite Theorien zu Fähigkeiten werden meist domänenübergreifend in Bezug auf die Veränderbarkeit versus Unveränderbarkeit von Intelligenz erfasst (siehe Costa und Faria 2018), können aber auch in Bezug auf spezifischere, mehr oder weniger breite Domänen erfasst werden, wie zum Beispiel mathematische Fähigkeiten (Da Fonseca et al. 2009; Jones et al. 2012), naturwissenschaftliche Fähigkeiten (Chen und Pajares 2010; Chen 2012) oder auch Fähigkeiten im Bereich Schreiben (Karlen und Compagnoni 2017; Limpo und Alves 2014) oder Biologie (Dai und Cromley 2014).

Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass sich eine Wachstumstheorie hinsichtlich Fähigkeiten günstig auf lern- und leistungsbezogenes Verhalten auswirkt, während eine Entitätstheorie eher ungünstige Auswirkungen zeigt (siehe Burnette et al. 2013, sowie Dweck und Master 2008, für einen Überblick). Beispielsweise neigen Entitätstheoretiker/-innen im Vergleich zu Wachstumstheoretikerinnen und Wachstumstheoretikern eher dazu, Rückschläge als Zeichen für Fähigkeitsdefizite zu werten (Robins und Pals 2002) und Anstrengung als Zeichen fehlender Fähigkeiten (Tempelaar et al. 2015), weshalb sie häufig weniger Anstrengung investieren (Cury et al. 2008; Rickert et al. 2014), lernförderlichen Herausforderungen eher aus dem Weg gehen (Hong et al. 1999; Nussbaum und Dweck 2008) und auf Rückschläge häufig mit Vermeidungsverhalten reagieren (Blackwell et al. 2007; Robins und Pals 2002; Smiley et al. 2016) – anstatt zu versuchen, diese Rückschläge zu überwinden (Dresel et al. 2013; Jones et al. 2012). Dieses Verhalten führt dazu, dass Entitätstheoretiker/-innen teilweise auch schlechtere Schulleistungen erbringen als Wachstumstheoretiker/-innen, wobei die Befundlage hier jedoch uneinheitlich ist und verschiedene Gruppen von Forschenden die Größe dieses Zusammenhangs unterschiedlich einschätzen (siehe Sisk et al. 2018; Yeager und Dweck 2020).

Während bereits viele Studien zu impliziten Theorien bei Lernenden vorliegen, sind die impliziten Theorien von pädagogischen Agenten (wie Lehrkräften und Eltern) sowie Zusammenhänge mit deren lern- und leistungsbezogenen Verhalten gegenüber Lernenden weit weniger gut untersucht. Besonders auffällig ist hierbei der Mangel an Studien zu impliziten Theorien von Eltern (siehe beispielsweise Stern und Hertel 2020). Gerade angesichts der großen Bedeutung von Eltern für die Lern- und Leistungsentwicklung ihrer Kinder (siehe Barger et al. 2019; Pomerantz et al. 2007) stellt dies eine wichtige Forschungslücke dar.

Es sind mehrere Möglichkeiten denkbar (siehe Abb. 1), wie sich elterliche implizite Theorien auf die drei gut erforschten und einander beeinflussenden Bereiche kindliche implizite Theorien, kindliches lern- und leistungsbezogenes Verhalten sowie kindliche Schulleistungen (Kästen mit schwarzem Hintergrund in Abb. 1) auswirken könnten. Dabei ist davon auszugehen, dass elterliche implizite Theorien indirekt auf die impliziten Theorien ihrer Kinder sowie auf kindliches lern- und leistungsbezogenes Verhalten und Schulleistungen wirken (Pfeile mit gestrichelten Linien in Abb. 1). Es kann angenommen werden, dass solche Einflüsse elterlicher impliziter Theorien (falls vorhanden) über elterliches Verhalten vermittelt werden, wie es allgemein für den Einfluss elterlicher Überzeugungen auf die Überzeugungen und das Lern- und Leistungsverhalten ihrer Kinder angenommen wird (siehe Jacobs und Eccles 2000). Basierend auf diesen Vorüberlegungen wurde eine systematische Literaturrecherche durchgeführt, um Studien zusammenzutragen, welche die Zusammenhänge zwischen elterlichen impliziten Theorien und den anderen in Abb. 1 dargestellten Bereichen untersuchen.

Abb. 1
figure 1

Untersuchte mögliche Zusammenhänge in Studien zu elterlichen impliziten Theorien. (Pfeile mit durchgezogenen Linien stellen direkte Einflüsse dar, während Pfeile mit gestrichelten Linien indirekte Einflüsse der impliziten Theorien von Eltern darstellen)

Das Ziel dieser Literaturrecherche bestand darin, die folgenden vier Forschungsfragen zu beantworten: Wie hängen implizite Theorien von Eltern mit (a) den impliziten Theorien ihrer Kinder, (b) dem lernbezogenen Verhalten von Eltern und (c) dem lern- und leistungsbezogenen Verhalten und den Schulleistungen ihrer Kinder zusammen? Und (d) unter welchen Bedingungen sagen die impliziten Theorien von Eltern deren Verhalten vorher?

1 Vorgehen bei der Literaturrecherche

Im Rahmen der Recherche wurden empirische Studien zu den Korrelaten von elterlichen impliziten Theorien ermittelt (siehe Abb. 1), die in internationalen Zeitschriften publiziert worden waren. Dafür wurde in den Datenbanken PsycINFO, PSYNDEX und ERIC für den Zeitraum von 1990 bis 2021 nach Zeitschriftenartikeln gesucht. Die Suchkriterien bestanden darin, dass sowohl (a) der Titel mindestens einen der beiden Textbausteine parent* oder mother* enthalten musste (der Asterisk steht dabei für beliebig viele weitere Zeichen, wodurch auch Begriffe wie parental, parents oder mothers abgedeckt werden sollten), als auch (b) das Abstract mindestens einen der Textbausteine implicit theor*, mindset*, incremental, entity, fixed* oder malleab* enthalten musste (ähnlich den Suchbegriffen, die Burnette et al. 2013, in ihrer Metaanalyse zu Korrelaten der impliziten Theorien von Lernenden genutzt hatten).

Mithilfe dieser Suchanfragen konnten insgesamt 604 Artikel identifiziert werden, aus denen zunächst anhand des Titels diejenigen für eine genauere Betrachtung vorausgewählt wurden, welche möglicherweise relevant sein könnten. Aufgrund der Schwerpunktsetzung auf lern- und leistungsbezogenes Verhalten bestand das erste Kriterium für diese Auswahl darin, dass der Artikel elterliche implizite Theorien im Sinne des Ansatzes von Carol Dweck (siehe Dweck und Leggett 1988; Dweck 2000; Dweck und Yeager 2019) bezüglich der Veränderbarkeit von Intelligenz oder Fähigkeiten in einem breiteren Sinne (z. B. schulische, mathematische oder sprachliche Fähigkeiten) erfasst hatte. Das zweite Kriterium bestand darin, dass zusätzlich mindestens einer der folgenden vier Aspekte erfasst worden war: (a) Implizite Theorien (im oben genannten Sinne) der Kinder, (b) elterliches lernbezogenes Verhalten (Verhalten mit Bezug zu kindlichen Lernprozessen, wie beispielsweise Kommentierung von Erfolgen oder Misserfolgen, Reaktionen auf Leistungsergebnisse und Lernschwierigkeiten sowie elterliche Unterstützung von Lernprozessen), (c) lern- oder leistungsbezogenes Verhalten von Kindern (zum Beispiel Umgang mit Lerngelegenheiten, Herausforderungen und Rückschlägen sowie Bewertung von Anstrengung und Leistungsergebnissen; siehe Dweck und Master 2008; Yeager und Dweck 2020) oder (d) schulische Leistungen von Kindern (also beispielsweise Schulnoten, Leistungen in schulnahen kognitiven Tests oder durch Lehrkräfte eingeschätzte schulbezogene Kompetenzen). Um möglichst viele relevante Studien zu identifizieren, wurden keine Einschränkungen hinsichtlich des Alters der Kinder gemacht.

Von den ursprünglich 604 Artikeln blieben nach dieser Vorauswahl anhand des Titels noch 32 Artikel übrig, deren Relevanz gemäß den oben genannten Kriterien anschließend anhand des Abstracts und wenn nötig anhand des Methodenteils überprüft wurde. Anschließend wurde geprüft, ob die verbleibenden Artikel methodische Mindeststandards erfüllten, also ob die relevanten Variablen mit validen Skalen oder Verfahren erfasst und die entsprechenden Zusammenhänge berichtet wurden. Im ersten Schritt wurden 17 Artikel ausgeschlossen, weil sie keine impliziten Theorien von Eltern im oben genannten Sinne erfasst hatten. Anschließend wurden zwei weitere Artikel ausgeschlossen, weil sie keines der oben genannten Korrelate von elterlichen impliziten Theorien erfasst hatten. Schließlich wurden zwei Artikel aus methodischen Gründen ausgeschlossen. Einer davon hatte die impliziten Theorien von Eltern mit einer einzelnen, offenbar selbst konstruierten Frage erfasst, während der andere keine Reliabilitäten für seine Messinstrumente berichtete sowie Elternverhalten kodiert hatte, ohne dass ersichtlich wurde, inwieweit eine Kodiererübereinstimmung geprüft und sichergestellt worden war.

Nach dieser Auswahl blieben von den 32 vorausgewählten Artikeln 11 Artikel übrig (siehe Tab. 1 und 2). Auf Grundlage dieser Artikel wurden die enthaltenen Befunde zusammengetragen, inwieweit elterliche implizite Theorien (a) mit den impliziten Theorien ihrer Kinder, (b) dem lernbezogenen Verhalten der Eltern gegenüber ihren Kindern und (c) mit dem lern- und leistungsbezogenen Verhalten der Kinder sowie deren Schulleistungen (vermittelt über das lernbezogene Verhalten der Eltern) zusammenhängen. Außerdem wurden Hinweise dazu gesammelt, (d) unter welchen Bedingungen die impliziten Theorien von Eltern ihr Verhalten vorhersagen.

Tab. 1 Artikel zu elterlichen impliziten Theorien und die in ihnen untersuchten Variablen
Tab. 2 Weitere methodische Charakteristika der Artikel zu elterlichen impliziten Theorien

2 Wie hängen implizite Theorien von Eltern mit den impliziten Theorien ihrer Kinder zusammen?

Inwieweit die impliziten Theorien von Eltern mit den impliziten Theorien ihrer Kinder zusammenhängen, ist nicht zuletzt deshalb von großer Relevanz, weil die Entwicklung von impliziten Theorien bei Kindern noch nicht hinreichend verstanden ist (siehe Barger und Linnenbrink-Garcia 2016). Auf den ersten Blick scheinen zumindest indirekte Einflüsse der impliziten Theorien von Eltern auf die impliziten Theorien ihrer Kinder naheliegend, also dass Eltern ihre impliziten Theorien an ihre Kinder weitergeben, wie dies auch bei mehreren anderen Überzeugungen im Zusammenhang mit Lernen und Leistung der Fall zu sein scheint (siehe beispielsweise Friedel et al. 2007 und Jodl et al. 2001) – vermittelt zum Beispiel über das lernbezogene Verhalten der Eltern. In zwei der drei vorliegenden Studien konnte jedoch kein Zusammenhang zwischen den impliziten Theorien von Eltern und denen ihrer Kinder nachgewiesen werden. Bei Gunderson et al. (2013), die 53 US-amerikanische Kinder im Alter von durchschnittlich 8 Jahren untersucht hatten, sagten die impliziten Theorien von Eltern die impliziten Theorien ihrer Kinder nicht vorher. Einen vergleichbaren Befund erbrachten auch Haimovitz und Dweck (2016), welche 73 US-amerikanische Kinder in der 4. und 5. Klasse und deren Eltern befragt hatten. Dagegen fand sich bei Matthes und Stoeger (2018) in einer Stichprobe von 723 deutschen Kindern im Alter von durchschnittlich 10 Jahren eine umso stärkere Wachstumstheorie, je stärker ausgeprägt diese bei ihren Eltern war.

3 Wie hängen implizite Theorien von Eltern mit ihrem lernbezogenen Verhalten zusammen?

Zu Zusammenhängen zwischen den impliziten Theorien von Eltern und ihrem lernbezogenen Verhalten gegenüber ihren Kindern existieren nur wenige Studien. Diese konzentrieren sich auf elterliches Rückmeldungsverhalten angesichts von Erfolgen und Misserfolgen ihrer Kinder, autonomieunterstützendes bzw. kontrollierendes Verhalten sowie auf den Affekt der Eltern in Lernsituationen ihrer Kinder.

In Studien zu Zusammenhängen zwischen elterlichen impliziten Theorien und ihren Rückmeldungen als Reaktion auf Erfolge und Misserfolge ihrer Kinder wird zwischen prozessorientierten und personenorientierten Kommentaren unterschieden. Während prozessorientierte Kommentare die Rolle von Anstrengung und Strategien als Erklärung für Erfolge bzw. Misserfolge hervorheben, betonen personenorientierte Kommentare die Rolle stabiler Eigenschaften wie beispielsweise Intelligenz (siehe Gunderson et al. 2018 und Kamins und Dweck 1999). Kommentieren Eltern das Lernen und die Leistungen ihrer Kinder prozessorientiert statt personenorientiert, so kann sich dies positiv auf das lern- und leistungsbezogene Verhalten ihrer Kinder auswirken (siehe Pomerantz et al. 2007). In diesem Zusammenhang konnte gezeigt werden, dass prozessorientierte Kommentare den betreffenden Lernenden nahelegen, dass es wichtig ist, die eigenen Fähigkeiten zu verbessern und Herausforderungen zu meistern (Mueller und Dweck 1998), was auch vorhersagt, dass die Lernenden lösungsorientierter auf Rückschläge reagieren (Kamins und Dweck 1999). Für personenorientierte Rückmeldungen hingegen konnte gezeigt werden, dass sie Lernenden das Gefühl geben, ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen und Herausforderungen vermeiden zu müssen (Mueller und Dweck 1998), was auch vorhersagt, dass sie angesichts von Rückschlägen schneller aufgeben (Kamins und Dweck 1999).

Obgleich man mit Blick auf die Forschung zu impliziten Theorien von Lernenden erwarten könnte, dass Eltern mit einer Wachstumstheorie eher prozessorientiert kommentieren und Eltern mit einer Entitätstheorie eher personenorientiert, konnte in keiner der uns bekannten Studien ein solcher Zusammenhang nachgewiesen werden (siehe auch Haimovitz und Dweck 2017). Gunderson et al. (2013) kodierten natürlich auftretende Äußerungen von Eltern gegenüber 53 US-amerikanischen Kindern zu drei Messzeitpunkten (als die Kinder 14, 26 und 38 Monate alt waren), wobei sie erfassten, wie die Eltern die Erfolge ihrer Kinder lobten. Obgleich Kinder, deren Erfolge über die drei Messzeitpunkte hinweg häufiger prozessorientiert gelobt worden waren, später im Alter von 7 bis 8 Jahren häufiger eine Wachstumstheorie vertraten, korrelierte der Anteil an prozessorientiertem Lob der Eltern nicht mit ihren impliziten Theorien. Auch Haimovitz und Dweck (2016) konnten keinen Zusammenhang zwischen den impliziten Theorien von Eltern und ihren selbstberichteten Reaktionen auf Misserfolge ihrer Kinder (lern- und prozessorientiert vs. leistungs- und personenorientiert) nachweisen, als sie eine Stichprobe von 160 US-amerikanischen Eltern befragten, deren Kinder eine Bildungseinrichtung besuchten. Anlässlich dieser Nullbefunde stellten Haimovitz und Dweck (2016) die Hypothese auf, dass elterliche implizite Theorien für deren Kinder in der Regel nicht sichtbar sind – und zeigten, dass sich elterliches Rückmeldungsverhalten stattdessen durch elterliche failure mindsets vorhersagen lässt, also durch Überzeugungen dahingehend, ob Rückschläge als lernhinderlich und negativ oder als lernförderlich und positiv zu bewerten sind. Dieses Konstrukt scheint mit elterlichen impliziten Theorien mittelhoch zusammenzuhängen (r = 0,29; Haimovitz und Dweck 2016).

Neben den Zusammenhängen der impliziten Theorien von Eltern mit ihrem Rückmeldungsverhalten wurde auch untersucht, inwieweit elterliche implizite Theorien mit autonomieunterstützendem bzw. kontrollierendem Verhalten sowie mit Äußerungen von positiven bzw. negativen Gefühlen in Lernsituationen einhergehen. Autonomieunterstützendes Verhalten ist dadurch gekennzeichnet, dass pädagogische Agenten die Perspektive der Lernenden anerkennen, ihnen Wahlmöglichkeiten gewähren, Einschränkungen von Wahlfreiheit begründen sowie die Lernenden ihr Verhalten selbst initiieren lassen (siehe Pomerantz et al. 2007; Reeve 2009; Soenens und Vansteenkiste 2010). Kontrollierendes Verhalten zeichnet sich dadurch aus, dass pädagogische Agenten Druck ausüben, um Lernende zu bestimmten Verhaltensweisen zu bewegen, wobei sie beispielsweise deren Handlungen unterbrechen und direktive Sprache oder gar Drohungen einsetzen (siehe Pomerantz et al. 2007; Reeve 2009; Soenens und Vansteenkiste 2010). Es konnte gezeigt werden, dass es sich positiv auf das Lernen und die Leistungen von Kindern auswirkt, wenn ihre Eltern sich ihnen gegenüber autonomieunterstützend anstatt kontrollierend verhalten (Cooper et al. 2000; Grolnick et al. 2002). Solche positiven Effekte waren auch dann zu beobachten, wenn Eltern in Lernsituationen ihren Kindern gegenüber positive anstatt negativer Gefühle äußerten (Nolen-Hoeksema et al. 1995; Pomerantz et al. 2005).

Da Personen mit einer Wachstumstheorie Rückschläge eher als Lerngelegenheiten betrachten (Haimovitz und Dweck 2016) und Schwierigkeiten beim Lernen eher als überwindbar ansehen (Rattan et al. 2012), kann angenommen werden, dass sie in Lernsituationen lösungsorientierter und weniger kontrollierend agieren – und dass sie gerade beim Auftreten von Problemen in Lernsituationen weniger negative Gefühle zum Ausdruck bringen (siehe auch Grolnick 2003, für eine ähnliche Argumentationslinie). Diese Annahmen konnten in mehreren Studien bestätigt werden. In einer Untersuchung von Moorman und Pomerantz (2010) mit 79 Müttern und deren Kindern (Durchschnittsalter 8 Jahre) unterstützten diese Mütter ihre Kinder im Labor beim Lösen von Intelligenztestaufgaben. Zuvor wurde den Müttern entweder eine Wachstumstheorie oder eine Entitätstheorie induziert, indem sie entweder darauf hingewiesen wurden, dass die Aufgaben Intelligenz erfassten, welche sich durch Übung steigern ließe (Wachstumstheorie) oder dass die Aufgaben Intelligenz als zeitstabiles Merkmal messen würden (Entitätstheorie). Während der anschließenden Aufgabenbearbeitung wurde das Verhalten von Müttern und Kindern beobachtet und kodiert. Dabei zeigte sich, dass Mütter, denen zuvor eine Wachstumstheorie induziert worden war, sich seltener in kontrollierender Weise einmischten und weniger negative Gefühle zum Ausdruck brachten als Mütter, denen zuvor eine Entitätstheorie induziert worden war. Hinsichtlich des Umfangs von Autonomieunterstützung und der Äußerung positiver Gefühle zeigten sich hingegen keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Allerdings steigerten Mütter, denen zuvor eine Entitätstheorie induziert worden war, ihr kontrollierendes Verhalten und die Äußerungen negativer Gefühle, wenn das Kind bei der Aufgabenbearbeitung Frustration und Hilflosigkeit zum Ausdruck brachte.

Verschiedene Studien weisen ebenfalls darauf hin, dass Eltern mit stärkerer Wachstumstheorie angesichts kindlicher Lernschwierigkeiten dazu neigen, lernorientiert und geduldig zu bleiben, anstatt sich kontrollierend zu verhalten oder negative Gefühle zu äußern. So fanden Jose und Bellamy (2012) bei 197 Eltern aus Neuseeland, den Vereinigten Staaten, China und Japan, dass diejenigen mit einer stärkeren Wachstumstheorie mehr Ermutigung ihrer Kinder (zwischen 7 und 8 Jahren alt) bei Rückschlägen und schwierigen Aufgaben berichteten. Matthes und Stoeger (2018) konnten bei 723 deutschen Grundschulkindern (Durchschnittsalter 10 Jahre) feststellen, dass deren Eltern umso weniger Konflikte wegen Hausaufgaben berichteten und umso weniger angaben, auf eine überraschende schlechte Note ihres Kindes mit kontrollierendem Verhalten zu reagieren, je stärker sie eine Wachstumstheorie vertraten. Muenks et al. (2015) führten zwei Untersuchungen mit US-amerikanischen Eltern durch (300 Eltern von Kindern mit einem Durchschnittsalter von 10 Jahren in Studie 1, 83 Eltern von Kindern mit einem Durchschnittsalter von 8 Jahren in Studie 2). Studie 1 ergab, dass Eltern mit stärkerer Wachstumstheorie mehr autonomieunterstützendes und weniger kontrollierendes Verhalten berichteten (nachdem sie gebeten worden waren, sich vorzustellen, dass ihr Kind im Vorschulalter Schwierigkeiten in Mathematik und Lesen hat). Studie 2 ergab, dass Eltern mit stärkerer Wachstumstheorie zwar mehr autonomieunterstützendes Verhalten berichteten, aber nicht weniger kontrollierendes Verhalten (beides erfasst wie in Studie 1). Außerdem berichteten die Eltern in Studie 2 umso mehr gemeinsame mathematik- und lesebezogene Aktivitäten mit ihren Kindern, je stärker sie eine Wachstumstheorie vertraten.

Einen weiteren Beleg für einen Zusammenhang zwischen elterlicher Wachstumstheorie und allgemeiner Unterstützung von kindlichem Lernen erbrachten Jiang et al. (2019), die 1694 Paare von Müttern und Vätern chinesischer Grundschulkinder (Alter 9 bis 11 Jahre) befragten. Sie fanden sowohl für Mütter als auch für Väter einen positiven Zusammenhang zwischen dem Ausmaß ihrer Wachstumstheorie und der Beteiligung an der Schulbildung ihrer Kinder, beispielsweise in Form von Kommunikation mit den Lehrkräften der Kinder.

4 Wie hängen implizite Theorien von Eltern mit dem lern- und leistungsbezogenen Verhalten und den Schulleistungen ihrer Kinder zusammen?

Angesichts der Zusammenhänge zwischen impliziten Theorien von Eltern und ihrem lernbezogenen Verhalten gegenüber ihren Kindern ist zu erwarten, dass sich implizite Theorien von Eltern – vermittelt über deren lernbezogenes Verhalten – auch auf das Lern- und Leistungsverhalten ihrer Kinder auswirken (siehe Abb. 1). Bislang existieren jedoch nur sehr wenige Studien, die diese Zusammenhänge untersuchen (siehe Tab. 1). Insgesamt zeichnet sich ab, dass Kinder, deren Eltern eine Wachstumstheorie vertreten, stärker lern- und bewältigungsorientiert und weniger vermeidend auf Herausforderungen reagieren. Jose und Bellamy (2012) untersuchten eine Stichprobe von 197 Eltern (aus Neuseeland, den Vereinigten Staaten, China und Japan mit Kindern im Alter zwischen 7 und 8 Jahren) und ließen deren Kinder bei einer Aufgabe im Labor Misserfolge erleben. Dabei reagierten Kinder, deren Eltern eine Wachstumstheorie aufwiesen, auf ihre Misserfolge mit weniger Hilflosigkeit. Dieser Effekt wurde zum Teil dadurch vermittelt, dass Eltern mit einer stärker ausgeprägten Wachstumstheorie angaben, ihre Kinder bei schwierigen Aufgaben häufiger zu ermutigen. Schleider et al. (2016) fanden bei 131 US-amerikanischen Kindern im Alter von durchschnittlich 7 Jahren, dass diese umso weniger Angst vor negativer Bewertung durch andere Personen berichteten, je stärker ihre Eltern eine Wachstumstheorie vertraten. Đurović et al. (2019) konnten in einer Stichprobe von 59 serbischen Grundschulkindern im Alter zwischen 6 und 7 Jahren zeigen, dass die Kinder umso mehr lern- und lösungsorientiertes Verhalten statt hilfloses Verhalten berichteten, je weniger ihre Eltern eine Entitätstheorie vertraten. Das Verhalten der Kinder wurde jedoch nicht dadurch vorhergesagt, wie stark die Eltern eine Wachstumstheorie vertraten. In der Studie von Pomerantz und Dong (2006), in der 126 US-amerikanische Eltern und deren Kinder (Durchschnittsalter 10 Jahre) befragt wurden, wirkten sich elterliche implizite Theorien nicht direkt auf die Attributionen der Kinder in Bezug auf Leistungsergebnisse und auf die Stärke ihrer Präferenz für herausfordernde Aufgaben aus, sondern fungierten als Moderator. Kinder, deren Mütter die schulischen Kompetenzen ihrer Kinder gering einschätzten, zeigten einen ungünstigeren Attributionsstil. Sie erklärten ihre Misserfolge eher durch internale, stabile und globale Ursachen, ihre Erfolge hingegen eher durch externale, variable und spezifische Ursachen. Zudem zeigten sie eine geringere Präferenz für herausfordernde Aufgaben. Wiesen die Mütter jedoch zugleich eine starke Wachstumstheorie auf, so fielen die Attributionen und Präferenzen der Kinder günstiger aus.

Wenn elterliche implizite Theorien mit dem lern- und leistungsbezogenen Verhalten ihrer Kinder zusammenhängen, so sind auch Zusammenhänge mit den Schulleistungen der Kinder erwartbar (siehe Abb. 1). Diesbezüglich ist die Befundlage der wenigen existierenden Studien jedoch gemischt. So konnten Matthes und Stoeger (2018) bei 723 deutschen Grundschulkindern im Alter von durchschnittlich 10 Jahren einen positiven Zusammenhang zwischen elterlicher Wachstumstheorie und den Schulnoten der Kinder nachweisen. Dieser war zum Teil darüber vermittelt, dass Eltern mit einer Wachstumstheorie weniger kontrollierendes Verhalten und weniger Konflikte anlässlich von Hausaufgaben berichteten. Pomerantz und Dong (2006) wiesen dagegen bei 126 US-amerikanischen Eltern und deren acht- bis zehnjährigen Kindern lediglich einen Moderatoreffekt nach, wie sie ihn auch für das lern- und leistungsbezogene Verhalten der Kinder nachgewiesen hatten: Eine negative Einschätzung der schulischen Kompetenzen des Kindes durch deren Mütter sagte im Längsschnitt schlechtere Schulleistungen vorher – vertraten die Mütter allerdings eine starke Wachstumstheorie, so fielen diese negativen Auswirkungen schwächer aus. Rautiainen et al. (2016) fanden bei 97 finnischen Kindern (41 Schüler/-innen aus der dritten Jahrgangsstufe und 56 aus der sechsten Jahrgangsstufe) sogar einen erwartungswidrig negativen Zusammenhang zwischen elterlicher Wachstumstheorie und Schulleistungen: Je stärker die Eltern eine Wachstumstheorie vertraten, desto geringer schätzten die Lehrkräfte die schulischen Kompetenzen der Kinder in deren Muttersprache sowie in Mathematik ein. Die Autoren interpretierten diesen Befund dahingehend, dass Eltern durch schlechte Schulleistungen ihres Kindes dazu veranlasst werden, dessen Fähigkeiten eher als veränderbar zu betrachten und sich somit eher einer Wachstumstheorie zuzuneigen, während Eltern durch gute Schulleistungen ihres Kindes dazu veranlasst würden, dessen Fähigkeiten eher als stabil zu betrachten und somit eher eine Entitätstheorie anzunehmen. Auch Đurović et al. (2019) fanden bei 59 serbischen Grundschulkindern im Alter zwischen 6 und 7 Jahren einen negativen Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der elterlichen Wachstumstheorie und den Leistungen ihrer Kinder in einem kognitiven Schuleignungstest (sowie einen Nullzusammenhang zwischen elterlicher Entitätstheorie und den Leistungen der Kinder im Test). Dies erklärten sie damit, dass Eltern von Kindern, welche mit kognitiven Aufgaben Schwierigkeiten haben, stärker an die Veränderbarkeit von kognitiven Fähigkeiten glauben wollen und sich somit eher einer Wachstumstheorie zuneigen.

5 Unter welchen Bedingungen sagen die impliziten Theorien von Eltern deren Verhalten vorher?

Da sich in mehreren der aufgeführten Studien kein direkter Zusammenhang zwischen den impliziten Theorien von Eltern und deren lernbezogenem Verhalten gezeigt hat (z. B. Gunderson et al. 2013), stellt sich die Frage, inwieweit sich die Rahmenbedingungen dieser Studien systematisch von denen unterscheiden, die einen solchen Zusammenhang nachweisen konnten (z. B. Muenks et al. 2015). Einen Hinweis in diese Richtung liefert die Metaanalyse von Burnette et al. (2013), in der gezeigt werden konnte, dass die impliziten Theorien von Lernenden sich dann stärker auf deren lern- und leistungsbezogenes Verhalten auswirkten, wenn die Lernenden mit Informationen konfrontiert wurden, die deren aktuelle Kompetenzen infrage stellten, wie beispielsweise mit Rückschlägen. Analog dazu vermuteten Haimovitz und Dweck (2017) angesichts der Befunde zu den Korrelaten der impliziten Theorien von Eltern (insbesondere mit Blick auf elterliches Rückmeldungsverhalten), dass sich die impliziten Theorien von Eltern dann stärker auf deren Verhalten auswirken sollten, wenn die Eltern sich mit dem intellektuellen Potenzial ihrer Kinder beschäftigen. Dies kann den Autorinnen zufolge beispielsweise dadurch ausgelöst werden, dass Eltern eine Entscheidung bezüglich der weiteren Bildungslaufbahn ihres Kindes treffen müssen. Es kann somit vermutet werden, dass die impliziten Theorien der Eltern vor allem in Situationen verhaltenswirksam werden, die Eltern dazu anregen, sich mit dem Potenzial ihrer Kinder zu beschäftigen – darunter auch Anforderungssituationen, in denen mit kindlichen Misserfolgen gerechnet werden muss oder wo solche bereits eingetreten sind.

Einige Studien scheinen diese Annahme zu bestätigen. So ging in der Untersuchung von Moorman und Pomerantz (2010) eine elterliche Entitätstheorie insbesondere dann mit kontrollierendem Verhalten und der Äußerung negativer Gefühle einher, wenn das Kind bei der Aufgabenbearbeitung Frustration und Hilflosigkeit zum Ausdruck brachte. In der Studie von Pomerantz und Dong (2006) sagte eine elterliche Entitätstheorie nur dann einen ungünstigeren Attributionsstil, eine geringere Präferenz für Herausforderungen und schlechtere Schulleistungen der Kinder vorher, wenn die Eltern die schulischen Kompetenzen ihres Kindes als gering einschätzten.

Drei weitere Studien, in denen Zusammenhänge zwischen elterlichen impliziten Theorien und dem lernbezogenen Verhalten der Eltern oder dem Lern- und Leistungsverhalten der Kinder nachgewiesen werden konnten, wurden mit Bezug zu Situationen mit starkem Anforderungscharakter durchgeführt. So untersuchten Jose und Bellamy (2012) sowie Muenks et al. (2015) den Einfluss elterlicher impliziter Theorien auf elterliche Reaktionen bei kindlichen Lernschwierigkeiten. Matthes und Stoeger (2018) untersuchten unter anderem den Zusammenhang von elterlichen impliziten Theorien mit kontrollierendem Verhalten angesichts von schlechten Noten der Kinder. Im Gegensatz dazu wurden zwei der drei Studien, die keine Zusammenhänge zwischen elterlichen impliziten Theorien und dem Verhalten von Eltern oder Kindern nachweisen konnten, in neutralen Situationen ohne Bezug zu Misserfolgen oder besonderen Herausforderungen durchgeführt: Abgesehen von der Untersuchung von Haimovitz und Dweck (2016), in der die Eltern nach ihrer Reaktion auf eine schlechte Note ihres Kindes gefragt wurden, erfassten sowohl Gunderson et al. (2013) als auch Rautiainen et al. (2016) die Auswirkungen von elterlichen impliziten Theorien ohne Bezug zu Misserfolgen oder Anforderungssituationen.

6 Diskussion und Implikationen für Forschung und Praxis

Zusammenfassend lassen sich lediglich einige der Pfade zu den möglichen Korrelaten von elterlichen impliziten Theorien in Abb. 1 hinreichend empirisch belegen. Eine genaue Einschätzung der Bedeutung von elterlichen impliziten Theorien wird vor allem durch die geringe Anzahl der existierenden Studien erschwert.

Lediglich eine von drei Studien deutet auf Zusammenhänge zwischen den impliziten Theorien von Eltern und deren Kindern hin (Matthes und Stoeger 2018), während in den anderen beiden Studien keine derartigen Zusammenhänge nachgewiesen werden konnten (Gunderson et al. 2013; Haimovitz und Dweck 2016). Dies deckt sich weitgehend mit der Hypothese von Haimovitz und Dweck (2017), dass implizite Theorien von Eltern für ihre Kinder in der Regel nicht sichtbar sind.

Die Zusammenhänge zwischen impliziten Theorien von Eltern und deren lernbezogenem Verhalten gegenüber ihren Kindern sind mit sieben Studien etwas umfassender untersucht. Hier scheint sich die Befundlage zu elterlichem Rückmeldungsverhalten von der zu anderem lernbezogenen Elternverhalten zu unterscheiden. Keine der beiden Studien, in denen der Zusammenhang zwischen elterlichen impliziten Theorien und elterlichem Rückmeldungsverhalten untersucht worden war (Gunderson et al. 2013; Haimovitz und Dweck 2016), weist auf Zusammenhänge hin. Hingegen liefern fünf Studien (Jose und Bellamy 2012; Matthes und Stoeger 2018; Moorman und Pomerantz 2010; beide Studien in Muenks et al. 2015) Belege dafür, dass eine Wachstumstheorie auf Seiten der Eltern vorhersagt, dass diese sich angesichts kindlicher Lernschwierigkeiten lernorientierter und geduldiger verhalten und weniger unkonstruktives Verhalten zeigen. Außerdem belegen zwei Studien, dass Eltern mit einer Wachstumstheorie dazu neigen, mehr Lernunterstützung zu zeigen als Eltern mit einer Entitätstheorie (Jiang et al. 2019; Muenks et al. 2015).

Ebenfalls vergleichsweise gut belegt erscheint der Zusammenhang zwischen elterlichen impliziten Theorien und dem lern- und leistungsbezogenen Verhalten von Kindern. In drei der vier existierenden Studien konnte ein derartiger Zusammenhang nachgewiesen werden (Đurović et al. 2019; Jose und Bellamy 2012; Schleider et al. 2016), in einer Studie zeigte sich kein direkter Zusammenhang (Pomerantz und Dong 2006). Insgesamt deutet sich damit an, dass Kinder von Eltern mit einer Wachstumstheorie dazu neigen, sich lern- und lösungsorientierter zu verhalten als Kinder von Eltern mit einer Entitätstheorie. Auch hier erscheint die Befundlage für eine endgültige Bewertung jedoch noch etwas zu dünn.

Die Hypothese, dass Kinder von Eltern mit einer Wachstumstheorie bessere Schulleistungen erbringen als Kinder von Eltern mit einer Entitätstheorie, bestätigte sich in drei der vier vorliegenden Studien nicht: Lediglich in einer Studie fand sich der erwartete Zusammenhang (Matthes und Stoeger 2018), in einer Studie fand sich kein direkter Zusammenhang (Pomerantz und Dong 2006) und in zwei Studien fand sich sogar ein negativer Zusammenhang (Đurović et al. 2019; Rautiainen et al. 2016). Insbesondere in diesem Bereich stellt sich jedoch die Frage nach der Wirkrichtung: Es wäre denkbar, dass die Schulleistungen der Kinder die impliziten Theorien der Eltern beeinflussen. Um dies genauer zu untersuchen, wären experimentelle Studien erforderlich, in welchen die impliziten Theorien von Eltern gezielt beeinflusst werden. Zudem wäre es wichtig, die vermittelnden Mechanismen genauer zu betrachten.

Leider wurden in keiner der existierenden Studien (siehe Tab. 1) sowohl die impliziten Theorien und das lernbezogene Verhalten von Eltern als auch die impliziten Theorien, das lern- und leistungsbezogene Verhalten sowie die Schulleistungen ihrer Kinder erfasst. Unter anderem deshalb sind weitere Studien erforderlich, die alle relevanten Aspekte und deren Zusammenspiel systematisch untersuchen (siehe Abb. 1). Beispielsweise könnten derartige Studien zu einem besseren Verständnis beitragen, welche elterlichen Verhaltensweisen durch implizite Theorien beeinflusst werden und wie diese genau mit kindlichem Lern- und Leistungsverhalten sowie, darüber vermittelt, mit kindlichen Leistungen zusammenhängen. Die zwei existierenden Studien (Jose und Bellamy 2012; Matthes und Stoeger 2018) legen zwar nahe, dass die Auswirkungen elterlicher impliziter Theorien womöglich stärker über kontrollierendes Verhalten und negativen Affekt in Lernsituationen als über Rückmeldungsverhalten vermittelt sind, eine Überprüfung dieser Vermutung steht allerdings noch aus.

Darüber hinaus fällt auf, dass die meisten Studien elterliches Verhalten mittels Selbstbericht erfasst haben. Daher wäre es empfehlenswert, dass in zukünftigen Studien Elternverhalten vermehrt ökologisch valide mithilfe verhaltensnaher Maße anstelle von Selbstberichten erfasst wird. Besonders wünschenswert wären Studien, welche elterliches Verhalten über einen längeren Zeitraum zuhause beobachten und kodieren (wie Gunderson et al. 2013) sowie Verhaltensbeobachtungen im Labor, welche auch gezielte Manipulationen ermöglichen (wie Moorman und Pomerantz 2010) – anstatt Erfassungsmethoden, die Reaktionen auf vorgestellte schlechte Noten oder kindliche Lernschwierigkeiten erfragen (wie teilweise bei Matthes und Stoeger 2018 und Muenks et al. 2015).

Ein weiterer Ansatzpunkt für künftige Forschung wäre eine gezielte Untersuchung der Auswirkungen von elterlichen impliziten Theorien in unterschiedlichen Situationen. Besonders interessant erscheinen in diesem Zusammenhang Situationen, in denen sich Eltern vermutlich über das intellektuelle Potenzial ihrer Kinder Gedanken machen, wie angesichts von kindlichen Misserfolgen oder in Anforderungssituationen. Dazu gehört beispielsweise der Kontext der häuslichen Hausaufgabenunterstützung, der häufig durch Rückschläge gekennzeichnet ist und oft sowohl von Eltern als auch von Kindern als herausfordernd und frustrierend erlebt wird (siehe Pomerantz et al. 2005). Auch könnte überprüft werden, inwieweit elterliche implizite Theorien elterliches Verhalten beeinflussen, wenn Eltern eine Entscheidung hinsichtlich der weiteren schulischen Laufbahn ihres Kindes treffen müssen, anlässlich der sich Eltern womöglich besonders intensiv mit dem Potenzial ihrer Kinder beschäftigen (siehe Haimovitz und Dweck 2017).

Ein weiterer vielversprechender Zugang für zukünftige Studien besteht darin, systematisch zu überprüfen, wie sich eine starke Beschäftigung von Eltern mit dem intellektuellen Potenzial ihrer Kinder bzw. Zweifel an diesem Potenzial auf die Prädiktionskraft von elterlichen impliziten Theorien auswirken. Besonders aufschlussreich könnten in diesem Zusammenhang Studien sein, in denen gezielt manipuliert wird, inwieweit Eltern sich mit dem intellektuellen Potenzial ihres Kindes beschäftigen. Auch könnte im Kontext von Anforderungssituationen wie Hausaufgaben und Bildungsentscheidungen erfasst werden, als wie ausgeprägt die Eltern die schulischen Kompetenzen ihres Kindes einschätzen. Aufgrund bisheriger Studien wäre zu erwarten, dass die impliziten Theorien von Eltern deren Verhalten stärker beeinflussen, wenn Eltern das aktuelle Kompetenzniveau ihres Kindes als gering einschätzen (siehe Pomerantz und Dong 2006) oder wenn sie mit schlechten Leistungsergebnissen ihres Kindes konfrontiert sind.

Darüber hinaus wäre denkbar, Trainings zur gezielten Vermittlung einer Wachstumstheorie an Eltern zu entwickeln, um Einblicke in vermittelnde Mechanismen und moderierende Einflüsse im Zusammenhang mit elterlichen impliziten Theorien zu gewinnen. Es existieren bereits als wirksam bestätigte Trainings für Lernende (siehe Paunesku et al. 2015; Yeager et al. 2016, 2019), die hierfür als Ausgangspunkt dienen könnten. Im Kontext eines solchen Trainings ließe sich beispielsweise untersuchen, unter welchen Rahmenbedingungen eine gezielte Veränderung von impliziten Theorien das lernbezogene Verhalten von Eltern gegenüber ihren Kindern sowie das kindliche lern- und leistungsbezogene Verhalten beeinflusst.

Aus den vorliegenden Befunden zu elterlichen impliziten Theorien lassen sich auch einige praktische Implikationen ableiten. So ist insbesondere davon auszugehen, dass eine Wachstumstheorie bei Eltern nicht automatisch mit zielführendem Rückmeldungsverhalten einhergeht (siehe Haimovitz und Dweck 2017). Somit scheint es bei Eltern angezeigt, sie für die möglichen Auswirkungen ihrer Überzeugungen auf das eigene lernbezogene Verhalten und das Lern- und Leistungsverhalten ihrer Kinder zu sensibilisieren (insbesondere im Kontext von schulischen Herausforderungen wie Hausaufgaben, Noten und Selektionsentscheidungen). Angesichts der vorliegenden Befunde kann davon ausgegangen werden, dass selbst Eltern mit einer Wachstumstheorie von Trainings zu prozessorientierten Rückmeldungen profitieren könnten. Allerdings erscheint die Befundlage zu den Auswirkungen von elterlichen impliziten Theorien aktuell noch nicht umfassend genug, um daraus detaillierte pädagogische Empfehlungen abzuleiten.

7 Limitationen

Der vorliegende Literaturüberblick besitzt jedoch auch eine Reihe von Limitationen. Die erste Limitation besteht darin, dass sich die aufgeführten Studien zu den Auswirkungen von elterlichen impliziten Theorien hinsichtlich einer Vielzahl von verschiedenen Merkmalen unterscheiden, was Rückschlüsse auf systematische Muster in den Befunden erschwert. Vor diesem Hintergrund haben wir uns lediglich mit denjenigen Merkmalen beschäftigt, hinsichtlich derer wir Muster zu erkennen glaubten, welche zur Aufklärung der uneinheitlichen Befundlage beitragen könnten (wie beispielsweise das Vorliegen von Anforderungssituationen). Darüber hinaus weisen die vorliegenden Studien aber auch eine große Heterogenität in Bezug auf mehrere andere Aspekte auf (siehe Tab. 2), hinsichtlich welcher wir zwar keine Muster im Hinblick auf die Befunde identifizieren konnten, die jedoch durchaus die Studienergebnisse beeinflussen könnten. So wurden beispielsweise in den Studien verschiedene Altersgruppen von Kindern betrachtet, die von Beginn der Grundschulzeit (Đurović et al. 2019) bis zum Beginn der Sekundarschulzeit (Rautiainen et al. 2016) variieren. Auch die unterschiedlichen kulturellen Kontexte, in welchen die Studien durchgeführt wurden, könnten deren Ergebnisse beeinflussen. Gerade was elterliche implizite Theorien und lernbezogenes Verhalten sowie den Zusammenhang zwischen diesen beiden Variablen betrifft, könnte man durchaus Unterschiede zwischen sehr individualistischen Ländern wie den USA (wo die Mehrheit der vorliegenden Studien durchgeführt wurde) und eher kollektivistischen Ländern wie China oder Japan vermuten (siehe Dweck et al. 1995; Plaut und Markus 2005). Zusätzlich zu den Aspekten in Tab. 2 fällt auch die Heterogenität der Skalen auf, die zur Erfassung der elterlichen impliziten Theorien verwendet wurden. Während beispielsweise die meisten Studien die impliziten Theorien von Eltern hinsichtlich Intelligenz erfragen (Đurović et al. 2019; Gunderson et al. 2013; Haimovitz und Dweck 2017; Jose und Bellamy 2012; Pomerantz und Dong 2006; Rautiainen et al. 2016) und dabei unterschiedlich gut etablierte Items verwenden, erfragen andere Studien implizite Theorien hinsichtlich allgemeiner Fähigkeiten (Jiang et al. 2019), schulischer Fähigkeiten (Matthes und Stoeger 2018) oder hinsichtlich etwas spezifischerer Domänen wie verbalen und mathematischen Fähigkeiten (Muenks et al. 2015). Diese unterschiedlichen Operationalisierungen könnten die Ergebnisse beeinflussen, da beispielsweise gezeigt werden konnte, dass implizite Theorien bezüglich Fähigkeiten in spezifischen Fächern einen stärkeren Zusammenhang mit schulischen Leistungen aufweisen als implizite Theorien zu Intelligenz (siehe Costa und Faria 2018).

Somit besteht eine zweite Limitation darin, dass sich unsere Schlussfolgerungen auf implizite Theorien hinsichtlich Intelligenz beziehungsweise kognitive Fähigkeiten im weiteren Sinne beziehen. Da sich die vorliegenden Studien hauptsächlich mit dieser Art von impliziten Theorien befassen, kann kaum eine Aussage bezüglich impliziter Theorien in anderen Bereichen getroffen werden. Besonders nennenswert erscheinen uns in diesem Zusammenhang implizite Theorien bezüglich der Fähigkeit zu selbstreguliertem Lernen (siehe Stern und Hertel 2020) und hinsichtlich der Bedeutung von Misserfolgen (failure mindsets; siehe Haimovitz und Dweck 2017). Diese Arten von Theorien haben wir bei unserer Recherche bewusst ausgeklammert, da beide sich klar von impliziten Theorien hinsichtlich Intelligenz abgrenzen lassen (Haimovitz und Dweck 2016; Hertel und Karlen 2021). Beide Arten von impliziten Theorien könnten jedoch womöglich ebenfalls einen Beitrag zur Aufklärung der uneinheitlichen Befundlage zu den Auswirkungen von elterlichen impliziten Theorien liefern (siehe Haimovitz und Dweck 2017; Stern und Hertel 2020).

8 Fazit

Dieser Artikel stellt unseres Wissens die erste systematische Literaturübersicht zu den Auswirkungen elterlicher impliziter Theorien dar. Die betrachteten Studien legen nahe, dass die impliziten Theorien von Eltern meistens nicht mit den impliziten Theorien ihrer Kinder zusammenhängen, wobei jedoch erst sehr wenige Studien zu diesem Zusammenhang vorliegen. Mit Blick auf elterliches lernbezogenes Verhalten zeigen sich keine Zusammenhänge zwischen den impliziten Theorien von Eltern und ihrem Rückmeldungsverhalten, während jedoch Eltern mit einer Wachstumstheorie eher dazu neigen, sich im Umgang mit kindlichen Lernschwierigkeiten geduldig und lösungsorientiert zu verhalten, anstatt kontrollierend zu werden oder negative Gefühle zu äußern. Was die Zusammenhänge zwischen elterlichen impliziten Theorien und dem lern- und leistungsbezogenen Verhalten und den Schulleistungen ihrer Kinder angeht, neigen Kinder von Eltern mit einer Wachstumstheorie eher dazu, sich angesichts von Herausforderungen lern- und lösungsorientiert zu verhalten – bessere Schulleistungen lassen sich jedoch meistens nicht nachweisen. Mit Blick auf Bedingungen, unter denen die impliziten Theorien von Eltern deren Verhalten vorhersagen, deutet sich an, dass dies vor allem in Anforderungssituationen der Fall zu sein scheint, in denen mit kindlichen Misserfolgen gerechnet werden muss oder wo solche bereits eingetreten sind. Allerdings ist kritisch anzumerken, dass die Studienlage zu den Auswirkungen elterlicher impliziter Theorien insgesamt noch sehr dünn ist. Zudem fällt bei den vorliegenden Studien eine große methodische Heterogenität auf, was das Ableiten verallgemeinerbarer Schlussfolgerungen zusätzlich erschwert. Deswegen erscheint uns im nächsten Schritt eine Meta-Analyse angezeigt, um unsere Forschungsfragen auf quantitative Weise zu beantworten. Zuvor müssten jedoch noch mehr Studien zu den Auswirkungen elterlicher impliziter Theorien durchgeführt werden.