Introduktion

Herz-Kreislauf-Erkrankungen zählen in den Industrieländern zu den häufigsten Todesursachen. In Europa starben 2021 48 % der Frauen an Folgen einer atherothrombotischen Erkrankung (ESC-Statistik 2022; [1]). Atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankungen sind die führende Todesursache bei Frauen. Die WHO erwartet zudem eine Zunahme der Fälle bis 2030 [1].

Die Vorbeugung von kardiovaskulären Erkrankungen (auf Englisch „cardiovascular diseases“ [CVD]) in allen Lebensabschnitten der Frauen führt zur Förderung der individuellen und sozialen Gesundheit. Vielen Frauen ist nicht bewusst, dass auch bei Frauen die CVD die Todesursache Nummer 1 darstellen, sie befassen sich demnach eher mit Erkrankungen gynäkologischer Ätiologie wie z. B. Brustkrebs oder Erkrankungen der Gebärmutter [2]. Das Bewusstsein für und der Umgang mit CVD bleibt bei Frauen weitgehend unzureichend. Diese Ungleichheit ist noch stärker ausgeprägt bei einem tieferen sozioökonomischen Status sowie einem niedrigen Bildungsniveau und erschwertem Zugang zur medizinischen Versorgung. Deshalb ist unter den Ärztinnen und Ärzten sowie anderen Gesundheitsfachpersonen ein grosses Anliegen, adäquate Richtlinien zur Risikoabschätzung bei Frauen anzuwenden [3].

Eine frühe Erkennung und Behandlung von kardiovaskulären Risikofaktoren bei Frauen vermindert die Morbidität und Mortalität durch CVD im höheren Lebensalter. Frauen mit bestimmten Erkrankungen und Faktoren, welche das Risiko für eine zukünftige CVD steigern, wie dem polyzystischen Ovarialsyndrom, einer vorzeitigen Menopause und schwangerschaftsassoziierten Zuständen (z. B. Präeklampsie, Gestationsdiabetes oder -hypertonie) oder systemischen Autoimmunerkrankungen (z. B. Lupus erythematodes oder rheumatoide Arthritis), sollten früher Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen zur frühzeitigen Diagnose und Optimierung von kardiovaskulären Risikofaktoren [4].

In diesem Artikel unterstützen wir die Empfehlungen für einen kardialen Check-up generell in der Perimenopause bzw. ab dem 50. Lebensjahr für alle anderen Frauen mit einem niedrigen kardiovaskulären Risikoprofil.

Endogene Östrogene während der reproduktiven Lebensphase haben einen grossen protektiven Effekt auf das kardiovaskuläre System. Sie beeinflussen den Blutdruck, die Funktion des Endothels und das kardiale Remodeling, aber auch die Fettverteilung, Stoffwechsel und Insulinsensitivität. Auch das Immunsystem wird vom Östrogenspiegel beeinflusst, weil die immunologische Reaktivität eng mit vaskulären Mechanismen und dem Altern verbunden ist [5].

Die Menopause ist charakterisiert durch eine Abnahme von 17β-Estradiol und Zunahme von follikelstimulierenden Hormonen. Die hormonelle Umstellung, welche die Menopause auszeichnet, erhöht das Risiko für atherosklerotische Herz-Kreislauf-Erkrankungen (ACVD). Normalerweise entstehen Komplikationen durch ACVD in Frauen 7–10 Jahre später als in Männern, was 10–15 Jahre nach Beginn der Menopause entspricht. Die frühzeitige Menopause ist ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für ACVD verbunden. Allerdings sind nicht alle metabolischen Veränderungen nur durch die Menopause begründet, sondern werden von den Veränderungen durch das steigende Alter überlagert, sodass deren Unterscheidung schwierig ist. Zudem ist die Menopause mit einer Zunahme des Körperfettanteils assoziiert, welche ebenfalls ein etablierter Risikofaktor für ACVD ist [5, 6].

Der niedrige Östrogenspiegel nach der Menopause ist mit einer veränderten vaskulären Funktion, erhöhter Entzündung und Hochregulierung von anderen hormonellen Systemen wie dem Renin-Angiotensin-Aldosteron-System und dem sympathischen Nervensystem sowie mit einer verminderten stickstoffmonoxidabhängigen Vasodilatation verbunden. Während gesunde Endothelzellen empfindlich auf die vasodilatatorischen Eigenschaften von Östrogen reagieren, geht diese Fähigkeit mit einer fortschreitenden Gefässversteifung und Atherosklerose verloren. Zusätzlich nimmt die Endothelfunktion mit steigendem Alter ab, was eine klare Trennung und Erforschung der schädlichen Einflüsse durch das Alter und tiefe Östrogenspiegel erschwert [7].

Der Zeitpunkt der Perimenopause (Übergangsphase zur Menopause) und Menopause, welche klinisch durch das Ausbleiben der Menstruation für über ein Jahr definiert ist, variiert von Frau zu Frau aufgrund der Beeinflussung von Genetik, Ethnie und Umweltfaktoren.

Frauen, die in Ländern mit hohem Einkommen leben, erreichen die Menopause normalerweise zwischen 48 und 52 Jahren (in Durchschnitt mit 51 Jahren). Bei etwa 5 % endet der Zyklus aber schon zwischen 40 und 45 Jahren, was als frühe Menopause gilt. Von einer vorzeitigen Menopause, das heisst vor dem 40. Lebensjahr, ist ungefähr 1 % aller Frauen betroffen. Je früher die Menopause eintritt, desto stärker nimmt das Risiko für CVD zu [4].

In einem systematischen Review unter Berücksichtigung von 32 Studien mit mehr als 310.000 Frauen wurde bei einem Einsetzen der Menopause vor dem 45. Lebensjahr ein um relativ 50 % höheres Risiko für koronare Herzkrankheit (relatives Risiko 1,50; 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,28–1,76) und ein um 19 % bzw. 12 % erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Mortalität bzw. Gesamtsterblichkeit ermittelt, jeweils im Vergleich zu Frauen mit späterer Menopause [8].

Auch das Schlaganfallrisiko war bei den jüngeren Frauen in den Wechseljahren vergleichsweise höher (+23 %), nicht aber die Schlaganfallmortalität. Wurde der Cut-off für die Menopause bei 50 Jahren gesetzt, so hatten die diesbezüglich älteren Frauen (Menopause mit 50–54 Jahren) eine um 13 % verringerte kardiovaskuläre Mortalität (relatives Risiko 0,87; 95%-KI 0,80–0,96) gegenüber den jüngeren Frauen; das Schlaganfallrisiko war in beiden Gruppen vergleichbar. Alle Datenanalysen erfolgten nach Adjustierung für kardiovaskuläre Risikofaktoren [8].

In einer Metaanalyse wurden individuelle Daten von mehr als 300.000 Frauen ausgewertet [9].

Bei 4,3 % war während des Follow-ups der primäre Endpunkt einer ersten nichttödlichen kardiovaskulären Erkrankung aufgetreten: 3,1 % hatten ein Koronare-Herzkrankheit(KHK)-Ereignis (Herzinfarkt oder Angina pectoris), 1,4 % einen Schlaganfall erlitten. Zwischen Menopause und den genannten Ereignissen waren im Mittel zwölf Jahre vergangen. Verglichen mit einem Alter von 50 bis 51 Jahren war das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung bei vorzeitiger Menopause um 55 % und bei früher Menopause um 30 % erhöht. Bei einem Menopausenalter von 45 bis 49 Jahren betrug das Zusatzrisiko noch 12 %. Ein späterer Eintritt war dagegen mit einem um 12 % reduzierten Risiko verbunden [9]. Ähnliche Zahlen ergaben sich bei getrennter Betrachtung von KHK und Schlaganfall. Am grössten fiel das zusätzliche kardiovaskuläre Risiko bei den unter 60-Jährigen aus: Es betrug +88 % bei vorzeitiger und +40 % bei früher Menopause. Diese Ergebnisse blieben unverändert, wenn die familiäre Vorbelastung mit kardiovaskulären Erkrankungen einbezogen wurde. Auch die Berücksichtigung des Rauchverhaltens führte nicht zu substanziellen Veränderungen; bei Exraucherinnen waren vorzeitige und frühe Menopause aber mit einem etwas stärkeren Risikoanstieg gekoppelt als bei Frauen, die nie geraucht hatten.

Ärzte sollten bei Frauen mit frühem oder vorzeitigem Beginn der Menopause womöglich ein aggressiveres Risikofaktorenmanagement vornehmen [10].

Lebensstil

Die Förderung eines gesunden Lebensstils ist einer der Ecksteine der Prävention von nichtübertragbaren Krankheiten, und es gibt viele Richtlinien und Empfehlungen, die die Effekte von Änderungen des Lebensstils auf das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zusammenfassen [10, 11].

Je nach geschätztem Risiko atherosklerotischer Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden Lebensstiländerungen allein oder in Kombination mit pharmakologischen Strategien empfohlen.

Die Lebensstiländerungen umfassen Strategien, um schlechte Gewohnheiten zu ändern, die mit den meisten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden sind (siehe Tab. 1; [4, 11]).

Tab. 1 Empfehlungen bei Frauen in den Wechseljahren [4, 11, 27]

Ernährung und Gewichtsstabilisation

Die WOMAN-Studie (Women On the Move through Activity and Nutrition) ist eine 5‑jährige randomisierte klinische Studie zur primären kardiovaskulären Prävention, die testet, ob eine aggressive nichtpharmakologische Lebensstilintervention subklinische kardiovaskuläre Erkrankungen verbessert [12]. An der Studie nahmen 508 Frauen teil, 455 (90 %) absolvierten die 18-monatige Studie. Frauen, die für die Lifestyle-Intervention randomisiert wurden, verbesserten im Vergleich zur Gruppe, die nur Informationen bekam, signifikant die körperliche Aktivität in der Freizeit, den Blutzuckerspiegel, den Body-Mass-Index (BMI), den Taillenumfang sowie das LDL-Cholesterin und reduzierten das Gewicht [12].

Der Erfolg der WOMAN-Studie stimmte mit früheren Erkenntnissen überein, die auf die Wirksamkeit lebensstilbasierter Programme zur Reduzierung von Risikofaktoren und zur Prävention chronischer Krankheiten in Bevölkerungsgruppen mit einem Risiko für Diabetes [13,14,15] und Herzerkrankungen hindeuteten [16]. Insbesondere bei postmenopausalen Frauen wurde gezeigt, dass eine Lebensstilintervention in der Perimenopause eine Gewichtszunahme [17] und den Anstieg von LDL‑C verhindert [18].

Körperliche Aktivität

Bewegungsmangel ist mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko assoziiert. Die positiven Wirkungen von Bewegung und Sport auf die kardiometabolische Risikomodifikation wurden auch bei Frauen in der Peri- und Postmenopause gezeigt [19].

Tabakentwöhnung

Raucherentwöhnung sollte eine Hauptempfehlung für alle Frauen sein, die in die Wechseljahre übergehen. Bei Frauen, die in der Lebensmitte rauchen, sowie auch bei älteren Frauen ist der regelmässige Konsum von Tabak mit einem dreifach höheren Risiko für ischämische Herzerkrankungen, einem 2,58fach höheren Schlaganfallrisiko und einer 2,2fach höheren Sterblichkeit durch kardiovaskuläre Erkrankungen verbunden als bei Frauen, die noch nie geraucht haben [20].

Die Raucherentwöhnung bei postmenopausalen Frauen führt zu einer Verringerung des Risikos eines ischämischen Schlaganfalls um 34 % innerhalb von 3 Jahren [21].

Diabetes und Adipositas

Der Übergang in die Menopause (d. h. je nachdem im Alter von 40 bis 65 Jahren) ist, nebst den erniedrigten Östrogenwerten und erhöhtem bioverfügbarem Testosteronspiegel (v. a. in den postmenopausalen Frauen), auch mit Veränderungen der Körperzusammensetzung durch den Anstieg von Fettmasse (viszerales und subkutanes Fett) assoziiert, wobei der Anteil an viszeralem Fett besonders zunimmt mit einem ungünstigen Fettverteilungsmuster [22]. Die Grössenzunahme der Adipozyten ist mit Fibrose, Hypoxie und reduzierter Sekretion von Adiponektin, welches vom Fettgewebe stammt, verbunden. Überdies ist ein tiefer Östrogenspiegel mit einer Steigerung von Nahrungsaufnahme und Portionsgrösse assoziiert und fördert somit Hyperphagie und Adipositas. Die Wirkung von Östrogen an Skelettmuskulatur, Leber, Fettgewebe und Immunzellen verstärkt die Insulinsensitivität und beugt übermässiger Fettansammlung und Entzündung vor. Des Weiteren reguliert Östrogen die Insulinausschüttung und Stoffwechselhomöostase über die Betazellen in den pankreatischen Langerhans-Inseln [23].

Die mit dem tiefen Östrogenspiegel wie auch steigenden Alter assoziierten Veränderungen der Energiebilanz, des Kohlenhydratstoffwechsels sowie der Leber‑, Fett- und Muskelfunktion triggern sowohl entzündliche Prozesse als auch die Insulinresistenz und verstärken somit die Neigung zur Entwicklung von Typ-2-Diabetes und Dyslipidämie (siehe auch Tab. 1; [23]). Der synergistische Einfluss dieser Risikofaktoren führt zur endothelialen Dysfunktion, ungünstigen Gefässveränderungen (v. a. erhöhte arterielle Gefässsteifigkeit) und beschleunigter Ausbildung von atherosklerotischen Plaques [5, 7]. Nichtsdestotrotz begünstigt auch eine Polypharmakotherapie eine Gewichtszunahme, insbesondere sollten dabei β‑Blocker, Steroide, Antidepressiva, Antiepileptika, Glitazone und Insulin berücksichtigt werden. Überdies können Depressionen und Schlafstörungen während der Menopause die Motivation, sich körperlich zu betätigen, zusätzlich reduzieren. Aus bisher unerklärlichen Gründen sind Frauen über alle Altersgruppen und Ethnien hinweg weniger körperlich aktiv im Vergleich zu Männern [24]. Wie bereits erwähnt hat Bewegung einen positiven Einfluss auf die kardiovaskuläre Gesundheit und verbessert die vasomotorischen Beschwerden der Frauen in der Peri- und Postmenopause. Demzufolge sollte die Bewegungsförderung stets einen hohen Stellwert in den kardiovaskulären Vorsorgeuntersuchungen haben. Sozioökonomische und kulturelle Ungleichheiten fördern eine adipogene Umwelt und beeinflussen die Wahrnehmung von Körpergewicht und adipositasassoziierte Lebensqualität [24]. Gewichtsbezogene Stigmatisierung kann für die Betroffenen eine Hürde darstellen, um kardiovaskuläre Check-ups aufzusuchen, und folglich zur Absage oder Verschiebung von Konsultationen führen, bis sie den gewünschten Gewichtsverlust erreicht haben. Bei unzureichendem Gewichtsverlust durch Lebensstilinterventionen kann immer in Kombination mit einer kalorienarmen Ernährung und adäquaten Bewegung eine medikamentöse Behandlung von Adipositas in Betracht gezogen werden. Die effektivste Therapie zur Gewichtsreduktion sind Glucagon-like-peptide-1(GLP-1)-Rezeptor-Agonisten (z. B. Semaglutid oral oder subkutan einmal wöchentlich). Natrium-Glukose-Kotransporter-2(SGLT-2)-Hemmer, welche zur Behandlung von Typ-2-Diabetes oder Herzinsuffizienz eingesetzt werden, führen ebenfalls zu einem Gewichtsverlust, wenn auch in geringerem Umfang im Vergleich zu den GLP-1-Analoga [4].

Hypercholesterinämie

In prospektiven Studien ist die Menopause mit der Entwicklung eines proatherogenen Lipidprofils assoziiert, welches durch eine Zunahme von zirkulierenden Triglyzeriden, Gesamtcholesterin und Low-density-Lipoprotein-Cholesterin (LDL-C) (plus 10–15 %) sowie eine Abnahme von High-density-Lipoprotein-Cholesterin (HDL-C) gekennzeichnet ist. Allerdings ist der Einfluss der Menopause auf die HDL-C-Werte und deren Richtung umstritten [6, 22]. Die Änderungen der Biomarker können direkt durch die hormonelle Umstellung in der Menopause bedingt sein oder auch indirekt durch die zunehmende Fettleibigkeit. In der Tromsø-Studie wurde ein Zusammenhang zwischen einer atherosklerotischen Karotisstenose und frühen Menopause festgestellt [25]. Letztendlich wurden prämenopausale Werte von LDL‑C, HDL‑C und Triglyzeriden als aussagekräftige Prädiktoren für die Karotis-Intima-Media-Dicke (IMD) in der postmenopausalen Phase identifiziert [26]. Folglich sind die Jahre während der letzten Menstruationsperiode besonders kritisch bezüglich Veränderungen des Lipidstoffwechsels und setzen eine engmaschige Kontrolle der Lipidwerte für einen rechtzeitigen Therapiebeginn voraus [4, 27].

Die Rolle der weiblichen Sexualhormone wird durch Studien mit menopausalen Hormonersatztherapien (MHT) verfestigt. Rein östrogenhaltige MHT reduzieren bei oraler Anwendung den LDL-C- und erhöhen den HDL-C-Spiegel, begleitet von einer Zunahme der Triglyzeridwerte [5]. Bei kombinierter MHT werden die Effekte auf HDL‑C durch die Gestagene moduliert. Zudem verbessert eine MHT die Blutzuckerregulierung und spiegelt umfassende systemische Effekte auf den Stoffwechsel wider. Die Rolle der MHT zur Reduktion von CVD ist aktuell umstritten [4, 5]. Das Timing des Beginns der MHT ist entscheidend für den Therapierfolg und v. a. für die zukünftige Reduktion von CVD.

Eine MHT wird aktuell nicht für alle Frauen in der Menopause empfohlen, sondern sollte gezielt die östrogenmangelbedingten Beschwerden (v. a. vasomotorische Symptome wie Hitzewallungen sowie Schlafstörungen, depressive Verstimmungen, urologische Beschwerden) und Erkrankungen der Wechseljahre beseitigen [4, 28]. Idealerweise werden Ärzt*innen (in einem integrierten multidisziplinären Team aus Gynäkologie, Kardiologie, Endokrinologie) und Patientinnen dann gemeinsam den Nutzen und die Risiken der therapeutischen Möglichkeiten abwägen und ein individualisiertes Vorgehen etablieren.

Arterielle Hypertonie

Die arterielle Hypertonie ist der wichtigste Risikofaktor, der bei Frauen zur erhöhten Mortalität führt. Bedauerlicherweise wird Bluthochdruck bei 50 % aller Patienten nicht rechtzeitig diagnostiziert oder nicht adäquat behandelt. Es gibt Unterschiede im Entwicklungsverlauf der Hypertonie zwischen Frauen und Männern über die gesamte Lebensspanne.

Unter dem 50. Lebensjahr kommt arterielle Hypertonie weniger häufig bei Frauen als bei Männern vor. Mit zunehmendem Lebensalter, insbesondere nach den Wechseljahren, steigt jedoch der Anteil der Frauen mit Bluthochdruck [29]. In der Schweiz lag im Jahr 2017 die Prävalenz der arteriellen Hypertonie bei 9,3 % bei Frauen im Alter zwischen 45 und 54 Jahren und bei 22,5 % bei Frauen im Alter zwischen 55 und 64 Jahren (Bundesamt für Statistik 2018).

In einer neuen prospektiven Kohortenstudie konnte gezeigt werden, dass der Blutdruck v. a. beim Übergang von der Prä‑/Peri- in die Postmenopause ansteigt [30].

Hypertonie bei perimenopausalen Frauen präsentiert sich oft mit Beschwerden, welche standardmässig der hormonellen Umstellung zugeschrieben werden, wie Nachtschweiss, Schlafstörungen, Dyspnoe, Brust- oder Rückenschmerzen und Wassereinlagerungen, da jene Symptome während dem Übergang in die Menopause auch bei einer arteriellen Hypertonie auftreten können [5].

Es ist somit sehr wichtig, bei Frauen in den Wechseljahren den Blutdruck beim kardiologischen Check-up immer zu messen, auch wenn die vorherigen Blutdruckwerte in Normbereich waren. Bei wiederholten Messungen im hypertonen Bereich (> 135/85 mm Hg bei häuslichen Messungen oder > 140/90 mm Hg beim Arzt) ist die Durchführung einer Langzeitblutdruckmessung sinnvoll.

Bei Frauen mit bekannter arterieller Hypertonie sind EKG, Echokardiogramm, Bluttest und ein Urintest (Mikroalbuminurie) die Untersuchungen der Wahl.

Fazit für die Praxis

Frauen und Gesundheitsfachpersonen sollten vermehrt dafür sensibilisiert werden, dass atherosklerotische Herz-Kreislauf-Erkrankungen (ACVD) die häufigste Todesursache bei Frauen sind und dass das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen nach der Menopause deutlich ansteigt. Folglich braucht es eine Begleitung der Frauen durch medizinisches Fachpersonal für eine bestmögliche kardiovaskuläre Vorsorge, insbesondere während der Menopause. Dies beinhaltet unter anderem eine optimale Einstellung von Blutdruck, Lipidwerten und Blutzucker sowie ausreichende körperliche Aktivität, gesunde Ernährung, Gewichtsverlust und Rauchstopp – gemäss den Empfehlungen der American Heart Association und European Society of Cardiology. Aufgrund der steigenden Lebenserwartung verbringen viele Frauen ungefähr ein Drittel ihres Lebens nach dem Beginn der Menopause. Die Anwendung von geeigneten Präventivmassnahmen, eine Früherkennung und Behandlung von kardiovaskulären Risikofaktoren können deren Auswirkung in der Menopause abschwächen und die Frauen vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen und der damit verbundenen Mortalität schützen unter Berücksichtigung ihrer Gesundheit und Lebensqualität.