Um uterine Blutungen von solchen mit zervikaler Genese oder vaginaler Genese abzugrenzen, spricht man von abnormen uterinen Blutungen (AUB). Diese sind außerhalb der Schwangerschaft im prämenopausalen Alter einer der häufigsten Gründe, weshalb Patientinnen ihre Gynäkolog:innen konsultieren. Sie können akut oder chronisch auftreten.

Definition

Neben akuten und chronischen AUB kann ebenso die Frequenz des Blutungsmusters oder das Blutvolumen selbst verändert sein. Eine überperiodenstarke Blutung über drei Tage oder eine Blutung mit einem Volumen > 80 ml wird als „heavy menstrual bleeding“ (HMB) bezeichnet [1].

Ätiologie

Uterine Blutungen können struktureller Natur oder nicht strukturell bedingt sein (siehe Tab. 1). Die Klassifikation nach FIGO von 2011 beschreibt neun Ursachen der AUB mittels eines Akronyms: PALM (strukturell bedingte Ursachen) und COEIN (nicht strukturell bedingte Ursachen). Diese Klassifikation hat das Ziel, international unterschiedliche Klassifikationen einer AUB zu vereinheitlichen [2, 3].

Diagnostik

Strukturelle Ursachen einer Blutung können meist durch körperliche Untersuchung und Sonographie diagnostiziert werden. Nicht strukturell bedingte Ursachen lassen sich durch eine gute Anamnese teilweise schon erkennen. Zunächst ist daher eine ausführliche Anamnese notwendig, um sinnvolle weitere diagnostische Schritte zu identifizieren: Alter, Reproduktionsstatus, Beginn der AUB, Medikamentenanamnese, Gewichtsveränderungen, Familienanamnese für Gerinnungsstörungen. Risikofaktoren wie Trauma, Geschlechtsverkehr, Operationen, Blutungscharakteristika (uterin meist stärker und menstruationsassoziiert; zervikal, vaginal und vulvär meist schwächer und sporadisch), Zykluscharakteristika (Abgrenzung ovulatorische AUB: meist zyklisch verstärkt und verlängert vs. anovulatorische AUB: nicht vorhersehbar in Dauer und Stärke; [2]).

Die Diagnostik bei akuter und chronischer AUB unterscheidet sich insbesondere in der Genauigkeit der Labordiagnostik [2]. Zur zügigen Behandlung einer AUB ist ein Hormonlabor nicht unbedingt notwendig. Um jedoch eine chronische AUB, ein Rezidiv oder eine akute AUB langfristig erfolgreich zu behandeln, sollte die Ursache der Blutung bekannt sein. Neben der Bestimmung der Vitalparameter und einer körperlichen Untersuchung sollte ebenso der Ausschluss einer Infektion erfolgen und eine Zytologie bestimmt werden. Eine Schwangerschaft als Ursache der Blutung muss ausgeschlossen werden. Die Bestimmung des Hormonstatus ist bei chronischer AUB obligat, bei akuter AUB fakultativ: FSH, LH, E2, Progesteron, TSH, Prolaktin, Gesamttestosteron und DHEAS. Je nach Anamnese kann es sinnvoll sein, die Labordiagnostik um folgende Parameter zu ergänzen: Hämoglobin, Hämatokrit, Ferritin, CRP, Transaminasen und Kreatininbestimmung, Blutgruppe. Bei Verdacht auf eine Gerinnungsstörung sollten zusätzlich die aktivierte partielle Thromboplastinzeit, Prothrombinzeit, Faktor VIII, Von-Willebrand-Faktor-Antigen und -Aktivität, Blutungszeit bzw. Thrombozytenfunktion bestimmt werden [1, 2].

Therapie

Bei akuter AUB und hämodynamisch instabiler Patientin ist – seitdem keine intravenösen Östrogene mehr verfügbar sind – eine sofortige Kürettage indiziert. Postoperativ ist es sinnvoll, zur Vermeidung eines Rezidivs und zur langfristigen Stabilisierung mit einer hormonellen Substitutionstherapie zu beginnen [2].

Bei akuter AUB und hämodynamisch stabiler Patientin ist die medikamentöse Therapie die Therapie der ersten Wahl. Es stehen folgende Möglichkeiten zur Verfügung (vgl. Tab. 2):

  • Östradiol (E2) 2 mg alle 4 bis 6 h p.o., bis die Blutung minimal ist, dann Reduktion auf E2 1 × 2 mg/Tag. Eine Östrogenmonotherapie sollte maximal für 25 Tage durchgeführt werden. Um eine Endometriumtransformation und Entzugsblutung zu gewährleisten, sollte anschließend Medroxyprogesteronacetat (MPA) 1 × 10 mg/Tag für 10 Tage verabreicht werden. Antiemetika sollten parallel zur Hochdosisöstrogentherapie verabreicht werden.

  • Schema mit kombinierten hormonalen Kontrazeptiva (COC) mit 35 μg Ethinylestradiol (EE) pro Tablette:

    • 1. Tag 5 Tabletten,

    • 2. Tag 4 Tabletten,

    • 3. Tag 3 Tabletten,

    • 4. Tag 2 Tabletten

    • ab 5. Tag 1 Tablette/Tag

Bei moderater AUB startet das Therapieregime mit dem 3. Tag.

Tritt mindestens eine Woche Blutungsfreiheit auf, sollte die Einnahme der COC 3 bis 5 Tage unterbrochen werden, um eine Entzugsblutung zu ermöglichen. Anschließend kann eine konventionelle COC-Gabe erfolgen. Auch hier sollten Antiemetika parallel zur Hochdosisöstrogentherapie verabreicht werden.

Tab. 1 Klassifikation der abnormen uterinen Blutungen [2, 3]
Tab. 2 Therapie akuter AUB bei hämodynamisch stabiler Patientin. Modifiziert nach [2]. Kein Anspruch auf Vollständigkeit

Cave: Beide vorangehenden Schemata bergen ein erhöhtes Risiko für venöse Thromboembolien.

  • Orale Gestagenmonotherapie: MPA 2 × 10 bis 20 mg/Tag oder Norethisteron (NET) 1 bis 2 × 5 mg/Tag über mindestens 5 bis 10 Tage. Diese Therapie ist nur dann sinnvoll, wenn das Endometrium nicht zu schmal ist.

  • Antifibrinolytika: Tranexamsäure 3 bis 4 × 1–1,5 g/Tag oral oder intravenös (cave: erhöhtes Risiko für venöse Thromboembolien) (Tab. 2)

Bei chronischer AUB ist die Pharmakotherapie die Therapie der ersten Wahl (Tab. 3). Ziel der Therapie ist die Wiederherstellung regelmäßiger ovulatorischer Zyklen. Bei der Therapieentscheidung sollten selbstverständlich die Lebensumstände der Patientin mit berücksichtigt werden: besteht Kinderwunsch oder Kontrazeptionsbedarf, gibt es Kontraindikationen gegen Hormone, Schweregrad und Beeinträchtigung im Alltag durch die Blutung, andere Symptome oder Komorbiditäten.

Tab. 3 Therapie chronischer AUB. Kein Anspruch auf Vollständigkeit. Modifiziert nach [2]

Als First-line-Therapie gelten hier:

  • Kombinierte hormonale Kontrazeption (COC)

    • 30–35 μg EE pro Tag enthaltende COC oder Verhütungspflaster im klassischen Regime (21/7)

    • Im Langzyklus (3–4 × 21/7)

      → Reduktion des Blutverlusts um 40 %

  • Hormonspirale Levonorgestrel(LNG)-IUD

    → Reduktion des Blutverlusts um 75–95 %

  • Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) 1. bis 5. Zyklustag bzw. bis Blutungsende

    • Mefenaminsäure 3 × 500 mg/Tag

    • Naproxen 2 × 500 mg 1. ZT, dann 250–500 mg/Tag

    • Ibuprofen 3 × 400 mg/Tag.

      → Reduktion des Blutverlusts um 20–40 %

Als Second-line-Therapie gelten hier:

  • Tranexamsäure 3–4 × 1,0–1,5 g/Tag p.o. 1. bis 5. Zyklustag

    → Reduktion des Blutverlusts um 35–60 %

  • Orale Gestagene 15. bis 26. Zyklustag oder blockweise, zum Beispiel 1. bis 12. Tag des Kalendermonats (nur bei Anovulation sinnvoll):

    • MPA 5–10 mg/Tag

    • NET 1–2 × 5 mg/Tag

    • Dydrogesteron 1–2 × 10 mg/Tag

    • Mikronisiertes Progesteron 200–300 mg/Tag (bei Kinderwunsch vorzuziehen)

  • Gonadotropin-Releasing-Hormon-Agonisten

  • Gonadotropin-Releasing-Hormon-Antagonisten plus Add-back-Hormontherapie (Tab. 3)