Einleitung

Viele Frauen kennen leichte Symptome eines prämenstruellen Syndroms 2–3 Tage vor dem Periodenbeginn wie zum Beispiel ein Ziehen in der Brust, leichte Reizbarkeit und eventuell leichte Kopfschmerzen. Manche Patienten leiden unter schweren Symptomen, die unter dem Begriff prämenstruelles Syndrom (PMS) und prämenstruelle dysphorische Störung (PMDS) zusammengefasst werden.

Krankheitsbild

Das prämenstruelle Syndrom (PMS) wird durch wiederkehrende zyklusabhängige psychische und somatische Symptome definiert. Diese Symptome treten in der 2. Zyklushälfte auf und kommen bei ca. 20–30 % der Frauen vor [1].

Die prämenstruelle dysphorische Störung (PMDS) ist eine schwere Form des PMS, wobei die psychische Komponente im Vordergrund steht. Die Frauen leiden unter depressiver Verstimmung, Hoffnungslosigkeit, Angst oder einer starken Reizbarkeit, was die Alltagsbewältigung (Beziehung und Beruf) enorm belastet [1].

Die PMDS tritt bei ca. 2–8 % der Frauen in reproduktivem Alter auf [1].

Eine Zusammenfassung der Symptome sehen Sie in Tab. 1. Zusätzlich kann eine prämenstruelle Exazerbation von Vorerkrankungen (z. B. Depression, Angststörung, Panikattacken, Drogenkonsum, ADHS, Migräne, Hypothyreose, Asthma, Reizdarmsyndrom sowie Autoimmunerkrankungen etc.) auftreten [2, 3].

Tab. 1 Symptome bei prämenstrueller dysphorischer Störung

Ätiologie und Pathogenese

Ätiologie und Pathogenese des PMS/der PMDS sind nicht genau geklärt. Die Symptomentstehung ist multifaktoriell bedingt. Die Zusammensetzung der Hormone (vor allem Progesteron und Östrogen und deren Metabolite) sowie deren zyklusbedingte Schwankung im weiblichen Körper wirken auf die zerebrale Homöostase.

Die Rolle von Progesteron.

Progesteron wird im weiblichen Körper hauptsächlich im Corpus Luteum um die 10- bis 20-fach größere Menge als Estradiol produziert [5]. Die zweite Zyklushälfte ist damit durch die relative Progesterondominanz definiert. Seit Jahrzehnten wird Progesteron als Auslöser der PMS-Symptome vermutet [6]. Postmenopausale Frauen und Frauen im Zustand nach beidseitiger Adnexektomie sowie prämenarchale Mädchen erleben kein PMS. Außerdem werden durch die Progesterongabe bei betroffenen Frauen, die chirurgisch in die Postmenopause versetzt worden sind, PMS-ähnliche Symptome ausgelöst. Die Rolle des Progesterons bei der Auslösung der unerwünschten Symptomatik ist jedoch nicht eindeutig. So treten beispielsweise während der Schwangerschaft keine PMS-Symptome auf, obwohl die Progesteronwerte hoch sind. Allerdings sind in der Schwangerschaft auch die Östrogenkonzentrationen hoch und es gibt keine zyklische Schwankungen. Immer mehr nehmen Progesteronmetabolite (ALLO und Pregnanolon) in der Pathogenese der PMS-Symptomatik an Bedeutung zu. Diese Metabolite verfügen über psychoaktive Eigenschaften, deren Wirkung nicht über den klassischen Progesteronrezeptor entfaltet wird. Das GABA-erge und das Serotonerge System sind die zwei am besten untersuchten Neurotransmittersysteme, die bei der Entstehung der PMS-typischen Symptome eine große Rolle spielen [6].

GABA.

Die Aktivierung des GABA-ergen Systems hat eine starke sedierende und anxiolytische Wirkung. Die GABA-Rezeptoren sind weit im ZNS verbreitet. Zu den Hauptmetaboliten vom Progesteron gehören Allopregnanolon (ALLO) und Pregnanolon. Diese Neurosteroide werden im Corpus Luteum aus Progesteron produziert oder de novo im Gehirn synthetisiert [6].

Ursprünglich wurde ein ALLO-Mangel bei der Entstehung von PMS-Symptomen vermutet. Akute Behandlung mit ALLO zeigte anxiolytische, antidepressive und antikonvulsive Wirkungen. Allerdings löste chronische ALLO-Exposition eine angstähnliche Reaktion aus. Später wurde festgestellt, dass die Bindung vom ALLO an die GABAA-Rezeptoren eine räumliche Konfigurationsänderung dieses Rezeptors auslöst. Dadurch wird der GABAA-Rezeptor unsensibler zu GABA oder GABA-Agonisten. Aufgrund der fehlenden bzw. verminderten Aktivierung des GABA-ergen Systems steigt die depressive Verstimmung und Ängstlichkeit an [6].

Serotonin.

Serotonin ist ein Neuromediator, dessen Wirkung sich in der Stimmungsregulierung, im Essensverhalten und in zirkadianen Rhythmen zeigt. Ein Serotoninmangel äußert sich in Angstzuständen, depressionsähnlichen Symptomen, Heißhunger auf Kohlenhydrate, Konzentrationsschwierigkeiten und verminderter Schmerzschwelle. Die serotonerge Aktivität im Gehirn, insbesondere die Verfügbarkeit von Serotonin an den neuronalen Synapsen, wird durch Östrogen und Progesteron beeinflusst. Die betroffenen Frauen zeigen in der zweiten Zyklushälfte verminderte Basalwerte vom Serotonin im Blut und eine verminderte Aktivität der Monoaminoxidase (MAO) [6, 7].

Eine genetische Prädisposition spielt dabei eine wichtige Rolle. So konnten bei PMDS-Patientinnen u. a. Polymorphismen im Serotonin-1A-Rezeptor nachgewiesen werden [4].

Bekannte Risikofaktoren für ein PMS/eine PMDS sind: familiäre Prädisposition und (postpartale) Depression oder andere psychische Störungen in der Eigen- oder Familienanamnese [8].

Diagnostik

Die Diagnosestellung basiert auf der Anamnese. Eine Selbsteinschätzung der PMS-Symptomatik durch die Patientin und deren Dokumentation in einem validierten Fragebogen wie unter anderem dem „daily report of symptoms“ (DRSP; [9]), „premenstrual symptoms screening tool“ (PSST) oder „calendar of premenstrual experience“ (COPE; [10]) hilft zur Überschaubarkeit der zyklusabhängigen Beschwerden [1].

Wichtig bei der Abgrenzung zu anderen Erkrankungen ist, dass die Symptome fast ausschließlich in der 2. Zyklushälfte auftreten und mit Beginn der Menstruation nachlassen.

Falls die Symptome nicht nur in der Lutealphase, sondern auch in der Follikelphase vorkommen, ist auf weitere mögliche Ursachen der Beschwerden einzugehen.

Es empfiehlt sich daher, eine Symptomdokumentation über den gesamten Zyklus zu führen und dabei mindestens zwei Zyklen zu beschreiben [4].

Eine Hormonuntersuchung zeigt meist keine Auffälligkeiten. Die peripher gemessenen Progesteron-/Östrogenwerte bei PMS/PMDS-Patientinnen und gesunden Kontrollen zeigen häufig keine signifikanten Unterschiede. Dennoch ist eine Hormonbasisdiagnostik wichtig zu eruieren, um andere Ursachen auszuschließen. Differenzialdiagnosen sind:

  • Hyperprolaktinämie,

  • Schilddrüsenunterfunktion,

  • Hyperandrogenämie,

  • Perimenopause [2, 3, 11].

Mögliche Therapieoptionen

Empfohlen werden Sport, ausgewogene Ernährung, Hygiene des Schlaf-Wach-Rhythmus sowie der Verzicht auf Nikotin und Alkoholkonsum [1, 4]. Eine Phytotherapie mit Mönchspfeffer, Johanniskraut, Gingko biloba oder Kalzium- und Magnesiumsubstitution, sowie Vitamin-B6-Gabe [12] stellen weitere alternative Therapieoptionen dar (Tab. 2; [13]).

Tab. 2 Alternative Therapieansätze. (Modifiziert nach Stute et al. [11])

Hormonelle Therapie

Eine Unterbindung der zyklusabhängigen Schwankungen des Hormonspiegels im Blut kann durch eine Ovulationshemmung erreicht werden.

Die Therapie kann zunächst mit einem kombinierten oralen Kontrazeptivum (KOK) gestartet werden.

Cave: Bei der Wahl des Gestagens ist zu berücksichtigen, dass Levonogestrel, Norethindrone sowie Desogestrel PMS-ähnliche Symptome verursachen können [4].

In den USA wird ein drospirenonhaltiges orales Kontrazeptivum (20 µg Ethinylestradiol + 3 mg Drospirenon) zur Behandlung der PMDS angewendet.

Die Studie zeigte im kurzen Untersuchungszeitraum (3 Monate) den Erfolg der drospirenonhaltigen kombinierten oralen Kontrazeptiva.

Eine Steigerung der Produktivität und der sozialen Aktivitäten wurde berichtet [11].

Drospirenon ist ein Spironolactonderivat. Neben seiner gestagenen und antiandrogenen Effekte weist es eine antimineralokortikoide Partialwirkung auf. Als neuer östrogenfreier Ovulationshemmer stellt z. B. Drospirenon 4 mg eine zusätzliche Option in der Wahl eines oralen Kontrazeptivums dar. Auch Frauen mit BMI > 30 kg/m2, Alter > 35 Jahre und Raucherinnen können von dem Medikament ohne erhöhtes Thromboserisiko profitieren. Jedoch ist zu beachten, dass die entsprechenden Langzeitstudien noch ausstehen [14].

Viele Patientinnen berichten von PMDS-Symptomen nach dem Absetzen des langjährig eingenommenen oralen Kontrazeptivums bzw. nach der Schwangerschaft.

In diesem Fall, bei abgeschlossener Familienplanung, wäre die Einnahme des bereits gut vertragenen Kontrazeptivums zu empfehlen. Die Einnahme kann im Langzyklus erfolgen.

Östrogenhaltige orale Kontrazeptiva können das Mikrobiom des Darms verändern. Khalili et al. haben bewiesen, dass Frauen unter langjähriger Einnahme von KOK ein deutlich höheres Risiko für Entwicklung eines Morbus Crohn (MC) haben. Das Risiko für MC-assoziierte chirurgische Eingriffe stieg im Frauenkollektiv mit über 3 Jahren KOK-Einnahme ebenso signifikant an. Dieser Zusammenhang ist nicht bei der Anwendung von östrogenfreien Minipillen zu beobachten [15].

Bei Patientinnen mit Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Reizdarmsyndrom etc.) können besser Progesteron-only-Pills sowie Etonogestrel und Ethinylestradiol als Vaginalring zur Meidung der enteralen Absorption von Östrogen vaginal eingesetzt werden.

Alternativ kann eine Ovulationssuppression durch transdermale Östrogengabe oder Östrogeninjektion erreicht werden [11].

Dabei ist auf eine Gestagengabe sowie die korrekte transdermale Verabreichung des Östrogens aufzuklären. Ein Gestagenschutz kann durch ein gestagenhaltiges IUS gewährleistet werden.

Ein Levonorgestrel-IUS alleine kann allerdings nicht zur Behandlung eines PMS/einer PMDS angewendet werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die empfängnisverhütende Wirkung der Hormonspirale durch örtlich begrenzte Prozesse auf der Gebärmutterschleimhaut und dem Muttermund erreicht wird. Im Gegensatz zu oralen Kontrazeptiva unterdrückt das Levonorgestrel-IUS nicht den Eisprung. Die zyklusabhängige Schwankung der Hormone im Blut wird nicht ausreichend unterbrochen.

Bei starker Ödemneigung, Mastodynie sowie Flatulenz im Vordergrund der Beschwerden kann eine zyklische Gabe von Spironolacton bis zu 100 mg/Tag [11] oder zyklische Gestagengabe erwogen werden [4]. Bei Spironolaktonanwendung ist auf sichere Kontrazeption zu achten! Ein Erklärungsmechanismus für die o.g. Beschwerden ist die Lutealphaseninsuffizienz, die dem PMS in manchen Fällen zugrunde liegt. Progesteron ist ein starker Antagonist der Mineralkortikoidrezeptoren (MR) und hindert die Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS). Aldosteron ist für Natriumretention und Kaliumausscheidung in den Nierenglomeruli zuständig. Das führt zur Wasserretention und Ödembildung im Körper [13]. Ein Progesteronmangel in der zweiten Zyklushälfte hat demzufolge einen umgekehrten Effekt: die hemmende Wirkung auf das RAAS fällt weg, vermehrte Wasserretention zeigt sich in der Mastodynie, Flatulenz, Ödemen in Gesicht, Extremitäten etc. [3].

Von einer zyklischen Gestagengabe bei PMDS-Patientinnen mit psychischen Symptomen im Vordergrund ist allerdings abzuraten. Gestagene können, wie schon erwähnt wurde, PMS/PMDS-ähnliche psychische Beschwerden triggern [4].

Als Ultima Ratio wird die Anwendung von GnRH-Analoga empfohlen. Dies führt zur raschen Linderung der PMDS-Symptome, gleichzeitig jedoch auch zu klimakterischen Beschwerden, Osteoporose, Libidoverlust etc. Zur Vorbeugung der Nebenwirkungen ist eine Östrogensubstitution notwendig [4].

Modifikation der Neurotransmitterstoffwechselstörung

Der zweite Therapieansatz ist die Modifikation der ZNS-Prozesse mithilfe von selektiven Serotonin-Reuptake-Inhibitoren (SSRI) oder selektiven Noradrenalin-Reuptake-Inhibitoren (SNRI). Diese dürfen entweder kontinuierlich (über den gesamten Zyklus) oder zyklisch (nur in der zweiten Zyklushälfte) eingenommen werden (Tab. 3).

Tab. 3 Psychotrope Therapieansätze. (Nach Stute et al. [11])

Beide Darreichungsformen haben sich als effektiv erwiesen. Es empfiehlt sich allerdings, die Therapie zyklisch zu starten.

Anders als bei der Behandlung einer Depression werden nur sehr geringe Dosen des Medikaments (SSRI oder SNRI) in der Lutealphase angewendet (Start kurz vor der Ovulation bis Anfang der Periode).

Deswegen ist nicht mit Entzugserscheinungen beim Absetzen des Medikaments zu rechnen [4].

Bei ausbleibendem Erfolg ist ein Wechsel auf die kontinuierliche Verabreichung möglich. Zu den häufigsten Nebenwirkungen von SSRI gehören Übelkeit, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Durchfall und Schwindel (Inzidenz 15%). Diese klingen aber in der Regel innerhalb weniger Tage ab. Im Gegensatz dazu können sexuelle Funktionsstörungen wie verminderte Libido oder verzögerter Orgasmus bestehen bleiben (Häufigkeit 9-30%), erholen sich jedoch rasch nach Absetzen der SSRI [11]. Die Patientinnen sind über die Off-label-use-Anwendung von SSRI sowie SNRI in Therapie von PMS/PMDS aufzuklären.

Die symptomatische Behandlung bei Brustspannen, Ödemneigung, Unterleibsschmerzen oder Migräne kann ebenso mit Diuretika, Bromocriptin, NSAR oder Triptanen erfolgen.

Fazit für die Praxis

  • Das PMS ist ein häufiges Krankheitsbild mit physischen und psychischen Symptomen, die 20–30 % der gebärfähigen Frauen betreffen.

  • Die PMDS ist eine schwere Form von PMS mit vor allem psychischen Symptomen, die 2–8 % der gebärfähigen Frauen betrifft.

  • Zur Diagnosestellung kann ein Zyklustagebuch über mindestens 2 Zyklen erstellt werden.

  • Symptome von PMS sowie PMDS treten in der zweiten Zyklushälfte auf und lassen mit Beginn der Periode nach.

  • Die Therapie kann je nach Leitsymptom eine Ovulationshemmung, zyklische Gestagengabe oder Einnahme von oralen Antidepressiva sein.