FormalPara Originalpublikation

Dotlic J, Radovanovic S, Rancic B, Milosevic B, Nicevic S, Kurtagic I, Markovic N, Gazibara T (2021) Mental health aspect of quality of life in the menopausal transition. J Psychosom Obstet Gynaecol. Mar;42(1):40-49. https://doi.org/10.1080/0167482X.2020.1734789

Hintergrund

Es gibt viele Hinweise dafür, dass die Wechseljahre mit einem erhöhten Risiko für eine mentale Gesundheitsbeeinträchtigung verbunden sind [1, 2]. Das Ziel der aktuellen Studie war es, Faktoren, die mit einer reduzierten mentalen Lebensqualität assoziiert sind, zu identifizieren.

Zusammenfassung

Die transversale Observationsstudie umfasst 500 Frauen im Alter von 40 bis 65 Jahren, von denen 53,4 % prä-/peri- und 46,6 % postmenopausal waren. Neben soziodemografischen Daten wurde mithilfe der validierten Fragebögen Women’s Health Questionnaire (WHQ; Domänen Depression, Angst, Vergesslichkeit, Insomnie) und Kurzform des SF-36 (mentaler Subscore) die mentale Lebensqualität erfasst. Bezugszeitraum war der zurückliegende Monat. Mithilfe eines adjustierten, linearen Regressionsmodells wurden die mit einer schlechteren mentalen Lebensqualität assoziierten Faktoren berechnet. Frauen mit psychischer oder maligner Erkrankung wurden ausgeschlossen. Nur wenige Frauen wandten zum Untersuchungszeitpunkt eine Hormonersatztherapie (HRT) an (Postmenopause 4,3 %, Prä‑/Perimenopause 7,5 %).

Insgesamt war die mittlere mentale Gesundheit bzw. Lebensqualität recht gut. Depression, Vergesslichkeit und Insomnie zeigten keinen Gruppenunterschied, nur Angststörungen traten bei prä-/perimenopausalen Frauen signifikant seltener als bei postmenopausalen Frauen auf.

Für prä-/perimenopausale Frauen wurden folgende Assoziationen errechnet: 1) Ein niedrigeres Einkommen (p = 0,046) war mir einem höheren Depressionslevel verbunden, 2) ein höherer Body-Mass-Index (BMI; p = 0,045) war mit einem höheren Angstlevel verbunden, 3) eine gynäkologische Komorbidität (z. B. Ovarialzyste, Uterus myomatosus, Uterusprolaps; p = 0,017) sowie menopausale Symptome (p = 0,039) waren mit mehr Vergesslichkeit verbunden, 4) Zusammenleben mit einem Partner (p = 0,036), Alkoholkonsum (p = 0,036) und mehr Bewegung (p = 0,041) waren mit einem besseren Schlaf verbunden.

Für postmenopausale Frauen wurden folgende Assoziationen errechnet: 1) Das Risiko für eine Depression war bei Frauen, die am Stadtrand wohnten (p = 0,009), unverheiratet waren (p = 0,038) und einer sitzenden Tätigkeit nachgingen (p = 0,049), höher, 2) ein niedriger Bildungsgrad (p = 0,030) war mit einem höheren Angstlevel verbunden, 3) ein niedriger Bildungsgrad (p = 0,045) sowie menopausale Symptome (p = 0,044) waren mit einem schlechteren Gedächtnis assoziiert, 4) fehlende regelmässige Freizeitaktivitäten (p = 0,031) waren mit einem besseren Schlaf verbunden. Die Autoren empfehlen, dass Frauen in den Wechseljahren nicht nur bzgl. des Managements von menopausalen Symptomen beraten werden sollten, sondern auch hinsichtlich individueller Faktoren und ihres Verhaltens.

Kommentar

Neben menopausalen Symptomen beeinflussen individuelle, soziale und Verhaltensfaktoren die mentale Lebensqualität von Frauen in den Wechseljahren. Das ist nicht überraschend. Interessant ist, dass menopausale Symptome sich negativ auf das Gedächtnis, nicht aber auf den Affekt und Schlaf auswirkten. Allerdings wurde das Ausmass von menopausalen Symptomen (Frequenz, Intensität) nicht erfasst. Unverständlich (auch für die Autoren) bleibt, warum regelmässige Freizeitaktivitäten sich in Abhängigkeit vom Menopausenstatus günstig bzw. ungünstig auf den Schlaf auswirken sollen (73 % in beiden Gruppen gaben regelmässige Freizeitaktivitäten an). Möglicherweise gab es Überschneidungen in den Items „Freizeitaktivität“ und „körperliche Aktivität“!? Da postmenopausale Frauen einen signifikant höheren BMI hatten und signifikant häufiger an chronischen Erkrankungen als prä-/perimenopausale Frauen litten, könnte vermehrte körperliche Aktivität in der Freizeit evtl. mit den Schlaf kompromittierenden Schmerzen verbunden sein. Die Empfehlung der Autoren ist zu unterstützen, wobei v. a. der Aspekt der Partizipation hervorgehoben werden sollte. Möglicherweise hilft auch hier eine HRT, die in einer älteren prospektiven Kohortenstudie in Deutschland die günstige psychoneuronale Systemwirkung der HRT sowohl auf kognitiver, psychomotorisch-reaktiver, emotional-sozialer und psychovegetativer Ebene beschrieben hat [3].